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Für eine strahlende Zukunft: Bill Gates und Toshiba bauen zusammen einen Atomreaktor

Als ich vorhin diese Schlagzeile gelesen habe, musste ich erstmal laut loslachen: „Bill Gates und Toshiba wollen zusammen einen Atomreaktor bauen“. Gepaart mit dem Umstand, dass diese Neuigkeit nirgendwo anders als in der „India Times“ zu finden war, erschien mir das Ganze etwas suspekt. Nun, zehn Minuten später, flattert eine DPA-Meldung mit genau dieser Geschichte durch das Netz. Was lerne ich daraus: „India Times“ ist schneller als die DPA hierzulande und der Microsoft-Gründer und zweitreichste Mann der Welt und will tatsächlich mit dem japanischen Technologiekonzern einen Atomreaktor bauen.

Der Hintergrund der Story ist dieser: Die Energiefirma Terrapower verfolgt das ebenso ambitionierte wie in meinen Augen etwas unrealistische Ziel, einen Mini-Reaktor zu entwickeln beziehungsweise zur Serienreife zu bringen, der die Energieprobleme unserer Welt lösen soll. Diese Firma nun gehört zu Intellectual Ventures, einer privat finanzierten Organisation, die in „klimafreundliche Energieerzeugung“ investiert. An der Spitze dieser Organisation steht Nathan Myhrvold, ehemaliger Technologiechef von Microsoft. Und enger Vertrauter von Myhrvold und zudem einer der Hauptgeldgeber ist… natürlich: Bill Gates. Letzterer ist ja bekannt dafür, dass er sich seit seinem Ausscheiden bei dem Software-Giganten sehr für die Umwelt engagiert. Und mit Terrapower treibt er seinenTraum von effizienter und sauberer Energieerzeugung voran.

Da das Projekt aber selbst für ihn beziehungsweise das von ihm subventioniert Unternehmen zu groß zu sein scheint, holt Gates sich mit Toshiba einen starken Partner mit ins Boot. Toshiba gehört – und das verwundert vielleicht – zu den größten und renommiertesten Anbietern von Reaktoren. Damit bereichern sich beide Seiten nicht nur mit ihrem diesbezüglichen Know-how, die Japaner könnten mit ihrem „grünen“ Engagement unter Umständen sogar bei den Verbrauchern punkten. Zusammen tüftelt man jetzt jedenfalls an Plänen, wie die Mini-Kraftwerke gebaut werden könnten. Toshiba bestätigte diese Kooperation am heutigen Dienstag seinerseits gegenüber der japanischen Wirtschaftzeitung „Nikkei„.


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Wie soll das Energiewunder denn nun aber funktionieren, fragt ihr euch? Folgendermaßen: Der sogenannte Traveling-Wave Reactor (zu deutsch Laufwellen-Reaktor) soll mit einer Ladung Brennelemente über Jahrzehnte auskommen und kaum Wartung bedürfen. Damit würde sich dann auch die Frage erübrigen: wohin mit den alten Brennstäben? Gegenüber bisherigen Atomkraftwerken soll der neue Typ zudem kompakter und sicherer sein. Ich habe zur Funktionsweise aber auch noch ein kleines Filmchen für euch ausgegraben:

Ob die Technologie nun wirklich so effizient und gleichzeitig umweltfreundlich ist, wie hier behauptet wird, kann ich leider nicht beurteilen. Dazu fehlt mir schlicht das Fachwissen. Mein Verstand sagt mir aber, dass dort, wo Brennstäbe verwendet werden, die gleichen Risiken bestehen, wie bei „normalen“ Kraftwerken – sowohl hinsichtlich der Sicherheit beim Betrieb als auch später beim Entsorgen. Ich lass mich da aber gerne von einem Kenner der Materie eines besseren belehren. Freuen würde es mich natürlich allemal.

Und zum Schluss noch das Eingeständnis, dass ich von dem Projekt schon früher gehört haben könnte, wenn ich denn aufmerksamer gewesen wäre. Aber ich kann meine Augen und Ohren ja nicht überall haben…

(Marek Hoffmann / Foto: Flickr – Fotograf: Erix)

Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

25 Kommentare

  • Schaut euch den TEDTalk an. Sehr interessantes Projekt.

    Atomkraft nur zu verteufeln bringts auch nicht.

  • Angst macht mir das ganze schon irgendwie… stell mir grad die damalige Präsentation von Windows 98 vor. Wenn das selbe auch bei der Einweihung des neuen Atomreaktors passiert…. oh oh das wird mit sicherheit nicht so spaßig wie damals….

  • Ich bezweifle, dass das Ding unter Windows laufen wird; viel zu Ressourcen-fressend. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, wie das funktioniert. Bin aber gespannt und würde mich freuen, eines besseren belehrt zu werden.

  • Vor einiger Zeit stand im „Spiegel“ ein Beitrag, das die Sowjets früher atomgetriebene Herzschrittmacher benutzt haben (und die daraus jetzt resultierenden Entsorgungsprobleme).

    1. Gedanke: Hätte nicht gedacht das man etwas, was bei Kernkraftwerken so komplex ist, auf so winzige Dimensionen bekommt und dies auch über mehrere Jahre problemlos funktioniert

    2. Gedanke: wie lange könnte man ein Notebook/Handy/IT-Produkt damit betreiben?

    Kann jemand etwas zum 2. Gedanken sagen?

  • Vor fast einem Jahr habe ich damals in der Technology Review von Laufwellenreaktoren gelesen und das ganze für interessant befunden. Und Bill Gates ist sicher ein guter Geldgeber.

  • Hat da nicht mal ein Schüler einen Fusionsreaktor im Keller gebaut? Dann sollte die das hier auch verfnünftig hinbekommen. Aber ich frag mich irgendwie… Ich mein ich kauf mir so nen Ding und dann kann ich daraus das radioaktive Material extrahieren.. komische Sache.

  • Jeder seinen eigenen Atomreaktor! Toll, wir haben schon jetzt Probleme mit der Entsorgung des Kernabfalls. Und jetzt ist die Entsorgung eine Staatsangelegenheit. Warum gibt es keine ähnliche Versuchen mit Wasserstoff? Umweltfreundlich und kräftig.

  • @Roos

    Jetzt muss ich nochmal nachfragen: Woher bekommst du Wasserstoff, wenn nicht per Elektrolyse aus Wasser? Ist es dann nicht eigentlich nur ein Speichermedium für Strom (mit gravierenden Verlusten)?

    Ist nicht bös gemeint, ich muss nur mal wissen, ob mir etwas entgangen ist 😀

  • Hä, aber das produzierten doch auch radioaktiven Müll, oder?
    @9: Was hat das denn damit zu tun?

  • @Carsten: Man muss unterscheiden:
    1. Die Energie, die bei der Verwendung von Wasserstoff als normaler Brennstoff (oder in der Brennstoffzelle) bei der chemischen Reaktion zu Wasser frei wird. Die muss tatsächlich in der Regel erst mal anderswo gewonnen werden.
    2. Die Energie, die bei der Fusion von Wasserstoffkernen zu einem schwereren Element (meist Helium) frei wird. Die ist nach Wikipedia ungefähr sechs Zehnerpotenzen größer, aber leider auch nach Jahrzehnten intensiver Forschung (noch) nicht technisch nutzbar.

  • Oh verzeiht mir. Dass er auf Kernfusion hinauswollte, habe ich nicht erkannt. Das ist aber auch sehr interessant. Wenn mein Bruder Glück hat, kommt er in Sommerurlaub in die Nähe der ITER-Baustelle. 😉 Bin mal gespannt, ob das irgendwann Serienreife erlangt.

  • Hoffentlich bleibt die Welt vor diesem Ding verschont.

    Es ist einfach keine Lösung, denn so ein Teil würde auch nur neue Probleme darstellen: Wohin mit dem Abfall? Wie sicher wird die Welt sein, wenn unter jedem Schreibtisch ein kleiner feiner Atomreaktor sein wird? Und wie schaut’s mit dem Gesundheitlichen aus: Krebs, Impotenz..?

    Ich bin absolut dagegen. Die Idee, die Welt relativ umweltschonend mit Energie zu versorgen ist definitiv schlecht, aber die Ansätze sind komplett daneben. Man sollte versuchen, Solarenergie noch effektiver zu machen und vor allem noch günstiger zu machen. Das wäre doch die Lösung: Wenn die Solarkollektoren endlich(!) effizient und günstig werden, hätten sicher viele Leute ihre eigenen Solarkollektoren auf dem Dach.. Ich bin was Gebiet ohne Frage ein Laie, aber ein Microsoft/Toshiba-Atomreaktor kommt bei mir sicher nicht ins Haus.

  • Die Idee finde ich persönlich schon recht interessant, aber aus Angst vor radioaktiver Strahlung finde ich die ganze Angelegenheit viel zu risikoreich. Auch wenn die kleinen Mini-Kraftwerke sicherer sein sollen als gewöhnliche, bedeutet es für mich : mehr Kraftwerke = mehr mögliche Fehlerquellen. Ich möchte mir nicht vorstellen was passiert, wenn in einem Mehrfamilienhaus ein solcher Reaktor kaputt gehen sollte.

  • Die Vorstellung ist absolut absurd. Die Wartungskosten dürften absolut wahnsinnig ausfallen. Ich denke, dass man mit einer Photovoltaikanlage viel mehr bewirken kann. Die perfekte Vorstellung meiner Zukunft wäre, wenn sich jeder Haushalt selbst mit Energie versorgen könnte und den Überschuss an Nachbarn weitergibt. [Edit] Die Tatsache, dass ein Haus mit Kernkraft betrieben wird, beunruhigt mich sehr. Kein schöner Gedanke auf einer „Atombombe“ zu schlafen.

  • hmmm wenn man das ganze jetzt aus der sicht nach fukushima sieht sollte man doch wirklich noch einmal genau über solche dinge nachdenken….

    das ist doch echt der hammer… ich bin froh das wir bald (in 11jahren) endlich wech von dieser Energie sind