Sonstiges

3 Projekte, die im April den Tod fanden, und ein Hype, der schon wieder abflaut [Update: +1]

Der April hat bereits drei Projekten ein jähes Ende bereitet. Ich wollte „einst aufstrebende und hoffnungsvolle Projekte“ schreiben, aber das hätte nicht für alle gestimmt. Vom Tode der Pocketvideokamera Flip haben wir vergangene Woche bereits berichtet, außerdem traf es den sozialen Browser Flock und aktuell Google Video. Ein baldiges Ende sagen einige bereits Checkin-Diensten wie Foursquare voraus. (Update: Machen wir vier draus: Yahoo hat das Ende von Yahoo Buzz verkündet. Mehr dazu unten.) Aber der Reihe nach. Zumindest das Ende der Flip ist in meinen Augen ein kleiner Verlust: Ich habe einmal ein Konkurrenzmodell besessen, es aber nicht wirklich oft benutzt, trotz toller Handhabung. Was meiner Kamera und der Flip fehlte, war nämlich eine Möglichkeit, die schnell geschossenen Videos direkt kabellos ins Internet zu schicken.

Das tragische: Genau das hätte kommen sollen, nur einen Tag nach dem angekündigten Tod durch den Besitzer Cisco. Das neue Modell der Flip, die FlipLive, hätte Videos via WLAN direkt an YouTube, Twitter, Facebook oder beliebige E-Mail-Empfänger geschickt. In meinen Augen eine Killerkamera, von der Cisco noch Millionen hätte verkaufen können. Laut NYT-Times-Blogger David Pogue war es viel zu früh zu behaupten, Smartphones mit eingebauter HD-Kamera hätten die Pocketvideokamera getötet. Dafür gibt es schlicht noch zu wenig Smartphones in den Taschen der Nutzer. Aber Cisco hätte wieder viel Geld für die Vermarktung in die Hände nehmen müssen, und das wollten die Verantwortlichen des Netzwerkausrüsters einfach nicht mehr. Nächstes Opfer des Großreinemachens im April: Google Video.

Wird jemand Google Video oder soziale Browser vermissen?


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Und ich behaupte, über dessen Tod wird niemand wirklich traurig sein. Googles zweiter Videodienst war im gleichen Moment obsolet, als man YouTube gekauft hatte. Eine Integration von Google Video in YouTube hat der Internetkonzern nie vollzogen. Google Video wurde als Zombie weiter geführt, mit rückständiger Technik und ebenso alten Videos. Seit Mai 2009 sind keine Video-Uploads mehr möglich. Und am 29. April will Google damit beginnen, alle noch vorhandenen Videos zu löschen. Man ist fast froh, dass es damit endlich ein Ende hat. Die Website soll allerdings als Videosuche erhalten bleiben.

Drittes Opfer des Aprils: Flock, der soziale Browser. Die Entwickler wollen den Support am 26. April einstellen, keine weiteren Sicherheitsupdates veröffentlichen und dann auch keinen Download mehr anbieten. Flock basierte zunächst auf Mozilla, ab 2010 aber auf dem Chromium-Projekt, dessen Engine Webkit auch die Basis von Googles Browser Chrome bildet. Der 2008 eingeführte Flock-Browser bot eine engere Verzahnung mit Social-Media-Diensten wie Facebook und erreichte damit immerhin einen nachweisbaren Marktanteil von nicht zu weit unter 1 Prozent.

Inzwischen hat RockMelt diese Funktionen übernommen, aber ich wette mit euch: Auch das Projekt wird innerhalb eines Jahres über den Jordan gehen. Weil die Social-Media-Funktionen in RockMelt zu aufdringlich sind. Und weil die anderen Browser langfristig ähnliche Funktionen anbieten werden. Ein erster Schritt in die Richtung ist etwa die Möglichkeit im neuen Firefox 4, Webapps wie Facebook als Tab anzupinnen und leichter wieder aufzurufen. Flock war übrigens im Januar vom Social-Games-Hersteller Zynga übernommen worden. Doch der war offenbar eher an den Entwicklern des Browsers interessiert.

Update: Und just nachdem ich diese Zeilen schrieb, lese ich, dass Yahoo Buzz eingestellt wird. Yahoo-was? Buzz war Yahoos Antwort auf Social-Bookmarkingdienste wie Digg, Delicious und Reddit. Kanntet ihr nicht? Ich auch nicht…

Checkins zumindest gesundheitlich angeschlagen

Und einen setze ich noch obendrauf: Der Hype um Checkin-Dienste flaut merklich ab. Die Idee ist nicht von mir: ReadWriteWeb hat vor einer Woche darüber berichtet, dass angeblich in diesem Jahr der Checkin stirbt. Das wird definitiv nicht passieren, aber die Mehrheit der Dienste wird es zerreißen, weil die meisten von ihnen dem Nutzer einfach noch nichts zu bieten haben. Einige haben praktisch schon das Handtuch geworfen, sich entweder direkt in Facebook integriert (Gowalla) oder ein anderes Geschäftsmodell auf die Beine gestellt (Brightkite). Andere dürften folgen. Hin und wieder wenn mich mal unterwegs bin, checke ich irgendwo ein und frage mich hinterher meist, wieso eigentlich. Ich bekomme nichts dafür, es reagiert selten jemand darauf und selbst damit verbundene Spiele wie die Rangliste auf Foursquare werden schnell langweilig.

Hier müssen die Anbieter wirklich einen Mehrwert schaffen und Händler von den Diensten überzeugen, sonst könnte es in der Tat ein kurzer Hype gewesen sein. Ein weiteres Indiz: Auf dem Kongress Re:publica hat es laut einer Infografik von Buzzrank (PDF) vergangene Woche anbgelich nur 949 Checkins gegeben. Und das bei 3.000 Social Medians, die drei Tage mit etlichen Gadgets vor Ort waren und in dieser Zeit pro Tag mehr als 16.000 Tweets absetzten. Ein sozialer Browser, eine Videosuche, eine Kamera. Bühne frei für eure Idee, welche Dienste, Trends oder Gadgets in Bälde noch ableben werden. Mein nächster Tipp: Die iPad-Tageszeitung „The Daily“ und 70 Prozent der Gruppenchat-Anbieter, die in diesem Jahr auf dem SXSW-Kongress wie Pilze aus dem Boden schossen.

(Jürgen Vielmeier)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

20 Kommentare

  • Das Einchecken an sich wird glaube ich nicht sterben, aber es wird sich auf einen Dienst beschränken. Facebook wird glaube ich auf lange Sicht mit dem hauseigenen Dienst „Orte“ als Sieger vom Platz gehen. Die meisten Smartphonebesitzer haben eh Facebook, also warum soll ich als User dann noch einen anderen Check-In Dienst benutzen?
    Nutzen tun es nicht gerade viele, aber ich glaube das wird noch kommen. Sobald man als User davon profitiert, im Rahmen von Gratis-Sachen (kostenloser Burger, …).

  • Ich denke, dass einige Social Networks heuer noch ihre Pforten schließen werden. Als erstes denke ich da an MySpace, dann eventuell Netlog oder StudiVZ. Zumindest werden die wohl immer kleiner und kleiner. Von einer Erfolgsmeldung habe ich zumindest schon lange nicht mehr von denen gelesen und ein gutes Werbecenter (ähnlich Facebook oder Google Adwords) für Webseitenbetreiber mit günstigen Werbemöglichkeiten ist mir auch bei keinem bekannt.

  • Google Video sterben lassen und Videos nicht migrieren können? Und das soll uns alle froh machen?

    Deutlich von jemanden geschrieben, der Videos im Netz wohl nie richtig geschätzt hat.

    Von Anfang an waren bei Google Video viele hochwertige Dokus und Filme, um die es einfach schade wäre, wenn sie ohne große Migration einfach nur verschwinden.

    Klar, dass das klimmpernde Katzenvideo nach einmal schauen alt ist, aber manche Dokus sind es schon wert.

    Man wäre fast froh, wenn ihr hier mal ein konstantes Niveau von guten Artikeln halten könntet…

  • > Smartphones mit eingebauter HD-Kamera hätten die Pocketvideokamera getötet.

    Ich würde fast noch weiter gehen und sagen: Handys mit Kamera sinds. Denn jeder Konsument bekommt das, was er fordert. Und aktuell scheint das weniger Qualität als Quantität zu sein.

  • Ja, um die Flip ist es wirklicht schade, Google Video hab ich nie wirklich genutzt und einen SocialBrowser braucht man meiner Meinung nach nicht.

    „Flock war übrigens im Januar vom Social-Games-Hersteller Zynga übernommen worden und vor wohl maßgeblich an den Entwicklern des Browsers interessiert.“

    Ähm, den Satz versteh ich nicht – mitten im Satz fehlt was oder? ;o)

    Was kommt noch?

    Die Checkin-Dienste haben ja in der Regel noch etwas Luft zum Atmen – die haben ja genug VC in den Hintern gepustet bekommen – aber da gehen dann sicher langsam die Lichter aus, nutzt ja kaum noch jemand.

    MySpace und die VZ-Netzwerke – aber wohl noch eher wkw, stayfriends und lokalisten – gehören sicher auch zu den Kandidaten die demnächst die Rollos runter lassen können/müssen. Die sind ja jetzt schon kaum/nicht mehr in der Lage Aufmerksamkeit zu erhalten.

  • Den Ansatz eines Mehrwerts für Check-Ins sieht man an den Facebook Deals. Wenn man für den Check-In (=kostenlose Werbung) eine „Belohnung“ bekommt. Neulich hatte ich auch ein aha-Erlebnis: Ich hatte in einer Location eingecheckt, kurze Zeit später hat eine Freundin in einer Location in der Nähe eingecheckt. Das habe ich als Nachricht auf das iPhone gepusht bekommen.

  • @Markus (#6): Hoppla, danke für den Hinweis. Ist korrigiert. 😉

    @Maith (#3): Ich hab Google Video so gut wie nie benutzt, weil es für mich keinen Grund gab, das zu tun. Wenn du das getan hast, Fan des Services bist und dem jetzt die Stange hälst, ehrt dich das! Nein, wirklich. Zolle dem echt Respekt, wenn jemand etwas verteidigt, das einem am Herzen liegt, was anderen vielleicht nicht so klar war.

    Der letzte Satz deines Kommentars ergibt für mich aber keinen Sinn. Ich bin in meinem Text nicht einer Meinung mit dir und deswegen soll gleich das Niveau schlechter sein als sonst? Ich finde, das passt nicht zusammen.

  • Hm was mich mal interessieren würde Aka Aki ist doch auch eine Art Check In Social Network. Wie steht es denn um die? Ich konnte mich sowieso noch nie für diese Dienste begeistern, da ich ebenfalls denke, dass es noch zu früh dafür ist und sich diese mobile Online Geschichte erst einmal entwickeln muss. Man wird halt doch nicht immer belohnt, wenn man schnell mit einem Service ist.

  • Wer braucht schon Google Video wenn es Youtube gibt? Ich meine, an die Macht von YT kommt eh nix ran, sieht man schon daran, dass YT-Vids in den Nachrichten (auch bei ARD und ZDF) gezeigt werden.

  • Naja, bis auf die Flip Kamera (die war wirklich cool) ist da nichts dabei, was man hinterher trauern sollte. Yahoo Buzz war ja genauso ein Knaller wie Google Wave (und Buzz) ^^

  • … ich habe noch von keinem der Dienste jemals was gehört.

    Und genau daran liegt bei all diesen Dingen das Proglem: ein paar Netzenthusiasten interessieren sich dafür, finden das supertoll aber der berühmte Otto Normalverbraucher kriegt’s nicht mit und braucht all diese Dinge auch gar nicht.

    Und dann geht eine gute Idee den Bach runter

  • @Christiane: stimmt, wenn es so übermächtige Konkurrenten wie YouTube gibt, ist Google Video einfach für viele User überflüssig.

    @Oliver: ich glaube auch, dass das wohl das Hauptproblem ist. Der „normale“ User verlässt sich auf die Programme die er kennt und braucht und der Rest geht an ihm spurlos vorüber.

  • Das Einzige was mich beim Einchecken interessiert ist, ob Freunde in der Nähe sind- und das geht wenn überhaupt nur mit Facebook – Thema kritische Masse. Aka Aki is fast platt btw

  • Noch zeigt Google Youtube-Videos in seinen SERPs. Es mag viele Gründe geben, sich diese anzusehen, auch wenn man oft sehr suchen muss, um Interessantes zu finden. Unter anderem greifen an Technik interessierte Laien gerne darauf zurück. Neulich erzählte mir ein Bekannter begeistert, er habe sich ein Video über die Herstellung von Kurbelwellen angesehen. Irgendwie haben Kurbelwellen ihn fasziniert. Und wer hat schon die Möglichkeit, sich die Bearbeitung von Kurbelwellen direkt beim Hersteller anzusehen?
    Man kann gespannt sein, wie die Suchergebnisse demnächst gestaltet werden.