Sonstiges

Blog- versus Firmenbezeichnungen

nicht mehr ganz so frisches Thema, aber imme noch spannend und aktuell. Arne Trautmann geht im Detail auf das Urteil des OLG Hamburg ein, das einer Firma das Recht zusprach, einem Blogger den Betrieb der Domain mit der Bezeichnung [Firmenname]blog.de zu untersagen. Da Verwechslungsgefahr bestehen würde. Er bezieht sich dabei interessanterweise auf das berühmte Shell-Urteil. Das aber imho anders gelagert ist: Der Domain-Inhaber musste die Domain shell.de an den Shell-Konzern abgegen. Weil einerseits der Name Shell weltweit und in D sowieso ungemein bekannt sei, zudem sei es einem Privatmann zumutbar, seinen Bekannten eine neue Domain mitzuteilen, Shells Aufwand wäre ungleich höher. Doch soweit ich mich erinnern kann, ging das Gericht ausdrücklich darauf ein, dass eben nicht die Wirtschaft nun ein übergeordnetes Erstrecht genieße.

Würde ich also mein Blog „Basicblog“ nennen und nun kommt irgendeine Firma daher, die ebenfalls nur „Basic“ oder „Basic Irgendwas“ heißt bzw. eine Marke verwendet, die „Basic“ beinhaltet, wird die Firma keine guten Karten haben, da mW kein Unternehmen ein so großes Brand besitzt, dass man von einem bewussten Missbrauch ausgehen kann oder aber eine Zuordnungsverwirrung vorliegt. Denn Basic kommt in zahlreichen Kombinationen vor (Zigaretten, Schuhe, Klamotten, Lebensmittel,…), auch gibt es ja einen nicht gerade unbekannten IT-Kontext.

Doch das Bildblog ist nach vorherrschender Meinung geküsst. Wenn die Bild drauf bestehen würde, bin ich mir ziemlich sicher, dass die Domain nicht mehr unter dieser Bezeichnung betrieben werden dürfte.


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Das betrifft wohl aber mehr oder minder alle Blogbezeichnungen [Dax-Untenehmen]blog.de. Was durchaus geht, sind mE Bezeichnungen wie Anti-[Dax-Uternehmen]blog.de oder watch-[Dax-Unternehmen]blog.de. Hier ist von vornherein klar, dass hier nicht das Unternehmen das Blog betreibt. Insofern wäre ein Watch-Telekomblog.de mutig aber machbar. Und auch überaus erfolgreich, wenn man kritische Kunden zu Wort kommen lässt, die darüber berichten, dass sie [x]-Wochen Probleme hatten. Das wird den Unternehmen nicht mal ansatzweise schmecken, klar. Das ist auch kein leichtes Spiel für den Blogger, der bedacht und kritisch die Aussagen der Kunden abklopfen muss. Ich persönlich bin der Meinung, dass ein Watchblog kontra Deutsche Bahn, Deutsche Bank, Allianz und Telekom das Bildblog links liegenlassen würde. Alleine bei der Deutschen Bank würden sich abertausende von gefrusteten Kunden melden, die aufgrund der Privatkundenarien im Laufe der Zeit über 50 Betreuer vorserviert bekamen und sich ständig über „geänderte Regeln“ ärgerten. Nicht umsonst gibt es den sinngemäßen Spruch „wenn die Sonne scheint, bieten sie dir Regenschirme an, wenn es regnet, nehmen sie ihn dir wieder weg“. Manch eine Bank hat moralisch gesehen Selbstmorde zu verantworten, auch manch einer ihrer Mitarbeiter musste wegen gezielten Mobbingmaßnahmen (kein Ton von meiner Seite, glaubt mir eh kein Mensch, welch menschlicher Abschaum sich in Unternehmen tummelt) dran glauben. Und wer schon mal in Pharmaunternehmen Einsicht in die internen Abstimmungen bei Rechtsverfahren hatte, weiß sehr wohl, mit welch erbarmungslosen Methoden die Konzerne gegen manch einen geschädigten Pillenkunden vorgehen (nachdem ich bei einem solchen Unternehmen das live miterleben durfte, halte ich böse Hollywood-Flimchen für Kinderkacke. Man lernt wunderbar, zynisch zu werden). Explosive Themen. Daher glaube ich letztlich nicht, wenn man es wirklich drauf ankommen lassen würde, dass man mit seinem Watchblog lange Spaß haben würde. Die Betroffenen werden alles dransetzen, dich zu plätten. Eher kratzt man nur an der Oberfläche, aber das wäre pillepalle.

Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

13 Kommentare

  • Was das für Folgen hat kann man recht eindrucksvoll am Beispiel des Ikeahacker-Blogs sehen.
    Ohne die Bezeichnung des schwedischen Möbelhauses im Namen dürfte das Blog sicher weitergeführt werden, wäre aber sicher auch ungleich weniger populär. Einen Artikel zum Thema kann man in der Frankfurter Rundschau lesen (Möbelhaus duldet keinen inoffiziellen Markenkult): http://fr-online.de/in_und_ausland/magazin/?em_cnt=1183688

  • Ich weiss nicht mehr wo, aber irgendwer hat mal recht interessant dargestellt, dass es die Firma „Bild“ nicht gibt. Es gibt nur die Marke Bild, die gibt’s allerdings auch nur fuer sehr bestimmte Bereiche und auch da wohl erst recht kurz.

    Von daher koennte es sein dass die obige Argumentation nur sehr eingeschraenkt angewendet werden kann.

  • Bildblog wäre tatsächlich ein interessanter Rechtsstreit. Nicht nur weil Bild ein sehr allgemeiner Begriff ist, sondern auch da Bild diese potentielle Markenrechtsverletzung schon sehr lange wissentlich duldet.

    Aber Generell sollten die Betreiber von Watchblogs, die Anleitungen zum anonymen Bloggen sehr gut Lesen. Zwar gibts dann keine schicke .de-Domain mehr, aber im Gegenzug wird die Zahl der Lesenbestätigungen mit Kostennote sinken.

  • Ich bin auch betroffen, jedenfalls potentiell. Ich habe für mein Blog die Domain blogbrother.de registriert, unter der er auch erreichbar ist (Umleitung) und bald dort komplett hin umzieht. Nun gibt es ja die Druckerfirma Brother. Zwar ist die Anordnung [Firmenname]blog bei mir blog[Firmenname] und „Brother“ ist ein sehr allgemeiner Begriff, aber ein wenig Sorge macht mir das schon. Irgendjemand hier, der meine Bedenken zerstreuen kann?
    Edit: Mit der Firma „Brother“ und ihrer Branche hat mein Blog thematisch gar nichts zu tun und stand bei der Namensgebung auch nicht Pate bzw. war noch nicht einmal im Hinterkopf.

  • Eine „Firma Bild“ braucht es gar nicht. Es reicht aus wenn der Springer Verlag das Wort „Bild“ als Markenname schützen lässt (was sie wohl auch schon längst gemacht haben) um juristisch gegen das Bildblog vor zu gehen. Da ist es dann auch völlig unerheblich wie lange das Bildblog schon existiert und wie lange der Springer Verlag davon wusste.
    Entscheidend ist in welchen Klassen sich der Springer Verlag die Wortmarke „Bild“ hat schützen lassen. Dabei ist es auch unerheblich ob „Bild“ nur Teil der Domain ist.
    Berühmter Fall war O2 die sich die Wortmarke „O2“ in 47 Klassen haben eintragen lassen. Damit hätten sie alle Möglichen Produkte und Hersteller abmahnen können, selbst die, die nichts mit Telekommunikation zu tun haben.

    Interessant sind Fälle wie z.B. der Verein Pro Bahn. Das ist quasi die Interessenvertretung der Bahnkunden.
    Pro Bahn könnte mit Sicherheit genauso viele Negativbeispiele an Kundenunfreundlichkeit aufführen wie die von Robert genannten Unternehmen oben.
    Allerdings sieht sich Pro Bahn nicht einfach als Meckerecke für Bahnkunden, sondern will etwas verändern. Und dort dürfte der entscheidende Unterschied zu den Watchblogs wie z.B. Bildblog liegen. Stehen in einem Blog komprimiert lediglich die Verfehlungen eines Unternehmens (so etwas wie ein Schwarzbuch), dürfte man vor Gericht schon mit einfacher Geschäftsschädigung durchkommen. Setzt sich ein Blog hingegen kritisch und vor allem konstruktiv mit einem Unternehmen auseinander, dann dürfte es für das Unternehmen weit aus schwerer werden juristisch gegen den Blogger vorzugehen.

    Aber wie die Vergangenheit gezeigt hat, reichen ein paar Abmahnungen wegen kleiner Lapalien aus um (den meisten) Bloggern finanziell das Genick zu brechen. Warum sollte sich also ein Unternehmen die Mühe machen und gegen den Domainnamen vorgehen?

  • Mir ist ähnliches bereits mit der Firma „Absolut Vodka“ passiert – mir und vielen anderen. Kam nur irgendwie nie so richtig an das Licht der Öffentlichkeit.

    Ich hatte eine Domain „absolutXXXXX.com“ – de facto war da nicht im Geringsten ein Bezug zur Marke naheliegend.
    Dennoch haben die das vor einer europäischen Schiedsgerichtsstelle durchgedrückt dass ich die denen abtreten sollte.

    Hab die dann auslaufen lassen und einer dieser Domainhijacker aus Turkmenistan oder so hat sich die dann gekrallt.

    @ Robert

    Hab mal just bei der DPMA-Datenbank geschaut – mensch wieviele da „Basic“ angemeldet oder bereits eingetragen haben (ungeachtet der Leitklasse) – fast schon wieder eigenartig weil mM nach „Basic“, als neudeutsch-denglisch, doch fast schon ein Wort des allgemeinen Sprachgebrauchs ist…

  • ich habe aufgehört, mich damit noch gedanklich zu befassen, welchen Allerweltsbegriffen das Markenamt schutz gewährt, da könnte ich glatt kotzen. Toll für Firmen, ziemlich dumm im Internetzeitalter. Gibt ja auch Blogger, die sich bereits Begriffe wie Lawblog und Shopbblogger haben schützen lassen. Na ja, schulterzuck.

  • […] Besonders gefallen hat mir diese Woche der Beitrag von Robert Basic über das Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg, welches es Bloggern untersagt Firmennamen in ihren Domains zu nutzen (man denke an den Bildblog…) […]