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Blogger: Bestechlichkeit als irrelevanter Normalzustand

angesichts der Umfragewerte, dass ein spürbarer Anteil der Blogger bereits bei Beträgen unter 1.000 Euro Schleichwerbung in Form von Blog-Artikeln einpacken würden (63% bei einem „guten“ Produkt, 38% bei einem „schlechten“ Produkt), muss man sich seitens der Unternehmen nicht überlegen, diese sich bietende Gelegenheit beim Schopfe zu packen? Gehen wir es mal durch, mit etwas vereinfachten Zahlen (Mix gute/schlechtes Produkt) :
1. die Chance ist also rund 50%, dass man auf einen bestechlichen Blogger trifft.
2. die Chance, dass man auf einen quasi unbestechlichen Blogger trifft, beträgt ebenfalls 50%. Je höher man den Betrag ansetzt, desto geringer wird dieser Anteil.
3. Demnach könnte ich mir also einen der Top 10 Bogger schnappen und sagen wir mal vorsichtig anfragen, ob man anlässlich eines Berichts nicht eine Art von Aufwandsentschädigung vereinbaren könnte, die in beider Sinne ist. Bei geschäftlich unerfahreneren Bloggern dürfte es nicht allzu schwer sein, die Schmerzgrenze abzutasten, ohne Brouhaha zu erzeugen. Immerhin kann man es im Fall der Fälle so darstellen, dass der Blogger einen „völlig“ missverstanden hat. Viel passieren kann also nicht.
4. wie hoch ist aber der realistische Nutzen für die Firma? Je nach Blog und Thema kann das einen sehr hohen Nutzen darstellen, wobei selbst 10.000 Euro sich nur wie ein Klacks darstellen. So könnte ein junges Startup bei entsprechendem Buzz eine gute Chance haben, Investoren zu finden. Die es vorher nicht ganz so easy überzeugen könnte. Soll nicht heißen, dass Investoren blind Geld verprassen, jedoch schadet Blog-Buzz nie. In den meisten aller Fälle dürfte der Nutzwert aber so gering sein, wenn ein Blog alleine buzzig wird, dass sich die Mühe und das Risiko nicht lohnen. Da müsste man schon mit mehreren Blogs „kooperieren“, zugleich steigt das Risiko exponentiell, an den Falschen (eigentlich müsste es heißen „an den Richtigen“) zu geraten.

Zieht man also die konstruierten Fälle in Betracht, wann eine Firma tatsächlich so einen Schritt machen würde, wird wahrscheinlich nur eine geringe Wahrscheinlichkeit rauskommen. Egal, ob man nun einer markanten Zahl von empfänglichen Bloggern gegenübersteht oder nicht. Das Risiko, aufzufliegen, erscheint angesichts des Nutzens doch etwas zu hoch bzw. wiegt die Vorteile schnell auf. Oder einfach nur pragmatisch gesehen: angesichts der Unzahl von normalen Blog-Beiträgen fiele ein schleichwerbender Beitrag in der Masse gesamtheitlich nicht auf, würde demnach in den Augen der Öffentlichkeit auch nicht ausreichen, der Blogosphäre den Ruf eines „korrupten Ladens“ einzutätowieren.

Ergo? Ja, es ist doof, dass nicht wenige Blogger bereits ab geringen Summen Schleichwerbung „schalten“ würden. Ja, es ist reine Theorie, dass Firmen diesen Kanal in Betracht ziehen. Witzig, oder? Dass es letztlich nicht an den Bloggern, sondern eigentlich an den Firmen selbst scheitert? Ironie der Geschichte? Was wäre aber, wenn die Blogs in D viel stärker in der Web-Öffentlichkeit wahrgenommen würden? Und, sind Blogger in den Bloghype-Ländern wie USA und F anders als deutsche Blogger?


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Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

25 Kommentare

  • für mich stellen sich 2 weitere fragen:

    1.) wie steht es mit der authenzität um die dt. blogger langfristig, wenn paidentries die runde machen und man nicht mehr vertrauen schenken kann?

    2.) aus sicht der unternehmen: ist der bezahlte buzz wirklich soviel wert wie echter? hierbei geht es doch nicht um das geld sondern in den meisten fällen um die produktqualität. ich könnte mir darüberhinaus vorstellen, als unternehmer eine menge geld zu sparen, wenn ich einfach mal einen netten plausch mit einem blogger halte und wenn mein produkt absolut geil ist dann wird er halt darüber berichten. wenn nicht dann nich.

  • JEDER ist käuflich – ab einer bestimmten Summe.
    Ich vemute auch, daß man gar nicht über „10.000 Euro“ reden muß, sondern weitaus geringere Summen ausreichen, um „wohlmeinende“ Blogbeiträge zu erhalten.

    Bei den „Großen“ glaube ich allerdings, daß da eher Gemeinsamkeiten, „Beziehungen“, gegenseitige Vorteile eine Rolle spielen.
    Bsp.: Ich könnte mir nicht vorstellen, daß Grimme-Niggemeier bereit wäre, für „1.000 Euro“ das Buch irgendeines Promis zu bewerben. Ich könnte(!) mir allerdings vorstellen, daß sich die Autoren des *bildblogs* durchaus lobenswert über Buch/Film/CD von – sagen wir mal – CM Herbst oder Anke E. äußern könnten.
    … oder man „vergißt“ einfach ´mal eine schlechte performance und wendet sich lieber Monica Ivancan und (dem zu recht gescholtenen) Kerner zu .., als seien die „die Probleme“ deutschen Medienschaffens.

    Fazit: Ich würde eher auf einen „guten Draht“ zu Robert B. … oder …oder… wert legen. Geld würde ich für „Klein-Blogger“ ausgeben – so zwischen 50 und 150 Euro (damit es nicht so auffällt).

  • ich hab zwar an der umfrage nicht teilgenommen, aber es gab dazu auch eine ähnliche diskussion auf xing (mit ähnlich erschreckenden äußerungen – auch von journalisten). ich sage es hier aber auch gerne noch einmal: der leser mag nicht gern verschaukelt werden. wenn blogger so gerne eine alternative zum journalismus wären, dann sollten sie nicht unbedingt dessen schlechteste eigenschaften bündeln. bestechlichkeit ist keine alternative zum journalismus – es ist sein sargnagel. und im zweifelsfalls auch der eines blogs.

    nun ist es allerdings so, dass das alles teilweise – und mehr oder weniger erkennbar – in einigen blogs schon passiert und diese trotzdem weiterexistieren. ich gebe zu, das bringt meine these mit dem aufgeklärten leser etwas ins wanken. ich möchte aber trotzdem daran festhalten.

  • Blogger sind auch nur Menschen bzw. sie sind keine „Über-Menschen“. Warum sollten sie weniger käuflich sein als der Rest der Gesellschaft? Man findet wie in praktisch jeder anderen Gruppe auch leicht und schwer zu beeinflussende Menschen. Ich denke sogar, dass die Zahl der Blogger, die für unter 1.000 Euro bereit wären einen positiven Artikel zu verfassen noch höher wäre. Ein paar hundert Euro für vielleicht 20-30 Minuten Arbeit würden wahrscheinlich noch viel mehr Leute annehmen, wenn sie sich sicher wären, das es nicht rauskommt.

  • Ein guter Beitrag bei Dir Robert hat noch keinem geschadet 😀

    Mal ganz ehrlich: Super viele Investoren lesen z.B. BasicThinking und hier ein guter Beitrag hat schon manchen einige Türen geöffnet. Erstens, weil z.B. Investoren Wert auf die Meinung von Robert legen, da sie ihn für den O’Reilly von Deutschland halten und zweitens: Robert durch seinen Blog, so doof es klingt, einen gewissen Buzz erzeugen kann. Ob das jetzt 10k wert ist, kommt auf den speziellen Fall an; ich denke schon. Die Verwandt Jungs scheinen ja zumindest sehr zufrieden mit der Werbung auf BasicThinking zu sein und das war mit Sicherheit teurer als 2,50€ pro Tag 🙂

    Ich würde auch unterstellen, dass jeder ab einer gewissen Summe käuflich ist. Bei 250 Euro sagen bestimmt viele „Nein“, aber wenn da jemand ankommt und dem entsprechenden Blogger mal eben 50.000 Euro in Bar vor die Nase legt, sagt niemand nein, außer er ist finanziell so saniert, dass ihn das Geld wirklich nicht interessiert. So einen Blogger gibt es aber in DE glaub ich nicht oder? Loic Le Meur könnte sich das leisten 😀 Würdest Du ablehnen @Rob?

    Ach Rob, ich krieg noch die Rechnung von Dir über den letzten joinR Artikel 😀 😀

    LG,
    Philipp

    P.S.: Zeit für Tel heute Abend?

  • Ich finde die Frage nicht unwichtig, ob der jeweilige Beitrag klar als „paid“ gekennzeichnet ist. Wenn dem so wäre, würde ich die Gefahr, dass der journalistische Anspruch leidet, als nicht soo hoch einschätzen.

  • Ich hoffe mal, dass Bloggen hier in D auch bekannter und beliebter wird, dann werden die Unternehmen ganz von alleine auf die Werbung aufmerksam werden. Meint ihr, dass es etwas bringt, wenn man die Werbedienstleistung öffentlich auf dem Blog publiziert? Ich meine, was ist wenn die Unternehmen einfach so unerfahren sind und nicht genau wissen, dass Werbung da auch geschaltet werden kann?

  • Irgendwie scheint mir, dass das von Dir zitierte Startup besser daran täte PR zu machen und die Leute für ihr Produkt zu interessieren, als Meinungen zu kaufen.
    Das schlägt sich (vermutet) im Blog-Buzz besser und nachhaltiger nieder, abgesehen davon, dass man so wahrscheinlich bessere Kontakte knüpft.

  • Unter Deinen Lesern, Robert, unter Deinen Lesern. Da ist ein Unterschied zwischen denen, die Dein Blog lesen und der Blogosphäre. Ich unterstelle jetzt mal, dass bei Dir viele lesen, die gewisse kommerzielle Interessen haben, das kann das ERgebnis verzerren. Netterweise fehlt in der Regel die Gelegenheit, die Diebe macht. Zudem denke ich, dass die Blogger, die mit Bekanntheit und qualifizierten Lesern wirklich was reissen könnten, schon überlegen, was ihnen letztlich wichtiger ist. Dazu käme noch das Risiko, erpressbar zu sein. „Nicht käuflich“ ist der höchste Marktwert, den man haben kann.

  • Fastfood Esser? Ich bitte Dich 😀 Ich bin ein kleiner Feinschmecker und es gibt kaum schöneres als wirklich gute Küche (von explodierenden Userzahlen mal abgesehen). Ich komm bloß nie dazu, vernünftig zu essen, da ich nur Zeit für Pizza Service habe 🙂

    Zu Deiner Frage: Genau die Dinger hat eine Patientin meinem Vater geschenkt und ich hab sie eben gegessen. Habe zur Sicherheit grad mal nachgefragt und ja, das auf dem Foto sind Pressburger Kipferl 🙂

    P.S.: Zeit für Tel heute Abend?

  • exzellent, poah, bin ich neidisch, in Bäckereien sehe ich die nie, schade…

    heute Abend? Sollte passen, wann? Spät oder Spät Spät?

    (sehe es auch gerade, lol)

  • […] In Jugo, meiner alten Heimat (ja, jaaa… heute muss ich Kroatien sagen), habe ich immer gerne Kipferl gegessen. Nein, nicht Croissants, wie ihr sie hier kennt. Sondern mehr in der Art wie ein Keks, auch von der Größe her viel kleiner. Nicht mit so einem luftigen Teig, dichter. Innen meistens mit Marmelade gefüllt, yammie… Gourmets hier? Wie heißen diese kleinen Kipferl? Kleine Kipferl? :)) Ich habe die schon eine Ewigkeit nicht mehr gegessen. Update: geklärt, Pressburger Kipferl. […]

  • auch ich mein das man alles kaufen kann – aber eine gewissen summe vorausgesetzt. das allerdings durch werbung bei kleinen blogs die firmen gleich mehr verkaufen ist auch schwer zu sagen.