Sonstiges

Brückenbau oder Graben?

Kirstin vom Saftblog ist spontan vorbeigekommen, da sie geschäftlich in der Gegend zu tun hatte. Natürlich haben wir uns über Bloggen, Gott und die Welt unterhalten. Unter anderem ging es auch um Marketing und den wachsenden, gesellschaftlichen Graben zwischen Unternehmen und den Menschen in ihrer Rolle als Privatperson. Die Wirtschaft wird imho zunehmend als Fremdkörper in der Gesellschaft betrachtet, die notgedrungen existiert, damit sich die Menschen im Rahmen eines Gesellschaftsvertrags wenigstens ernähren können. Wir waren uns unschlüssig, ob die Entfremdung auf zunehmendes und überhand nehmendes PR/Marketing zurückzuführen ist oder aber der allgemeine Wertekosmos der Wirtschaft immer weniger zur modernen Gesellschaft passt.

Immerhin werden Unternehmen von Menschen betrieben, sie sind ja keine eigenständigen „Personen“ (juristisch schon, doch mag das an dieser Stelle uninteressant sein, warum dieses Hilfskonstrukt erfunden wurde). So könnte man ja feststellen, dass wir nichts anderes tun, als leicht rationaler in Unternehmen zu agieren als im Privatleben. Unternehmen sind demnach ein Ergebnis unseres eigenen Wertesystems. Und man sich damit die Frage stellen muss, wie wir uns denn überhaupt von einem eigens geschaffenen System entfremden können, ganz so, als hätten wir damit nix zu tun, Eigendynamik hin, Eigendynamik her. All das Meckern ob der doofen Werbung und ob der wirtschaftlichen Ultima Ratio ist doch damit nur ein Fingerzeig auf uns selbst? Es spiegelt doch nur wieder, wie wir ticken. Oder ticken wir leicht schizophren? Arbeite ich in der Firma tagsüber, bin ich Jekyll und wenn ich die Firma verlasse, verlasse ich meine Haut und bin dann wieder Hyde (wer?)? So meckern wir also als Hyde über Jekyll? Nope, keine Verwechslung. Jekyll spiegelt in der Firma tagsüber nur das wieder, was der Hyde in ihm angerichtet hat:)

Gerade im Netz geistert seit mehreren Jahren das Cluetrain Manifesto herum, die Rede ist allgemein davon, dass Unternehmen wieder „normal“ reden und werden sollen. Menschlicher sein sollen. Blöde Frage: Bezieht sich das nun auf „die da“ oder „uns da“? You know what i mean?


Neue Stellenangebote

Growth Marketing Manager:in – Social Media
GOhiring GmbH in Home Office
Senior Social Media Manager:in im Corporate Strategy Office (w/d/m)
Haufe Group SE in Freiburg im Breisgau
Senior Communication Manager – Social Media (f/m/d)
E.ON Energy Markets GmbH in Essen

Alle Stellenanzeigen


Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

11 Kommentare

  • ääähhh, nicht so ganz.
    Allerdings fällt tatsächlich auf, dass immer mehr Unternehmen, sicherlich erst ab einer gewissen Größe, Menschlichkeit vermissen lassen. Klar werden tolle Dinge wie Kantinen, Aufenthaltsräume mit Unterhaltungselektronik, Sportanlagen etc geboten, doch was steckt hinter der Fassade?
    Da kennen die Leute noch max. die Kollegen aus der eigenen Abteilung, wobei privates eher nur in Einzelfällen bekannt ist. In mittelständischen Unternehmen und Kleinfirmen mag das noch anders sein, aber auch hier wirkt sich die Globalisierung und der ständig wachsende Erfolgsdruck bereits aus. Menschlichkeit? – Fehlanzeige!
    Wer nicht mehr funktioniert, also krank wird oder einfach an seine persönlichen Leistungsgrenzen stößt, wird „ausgesondert“
    Daher bin ich doch ganz froh, dass ich nur nen Halbtagsjob hab – zur Not können dann von den 12 Stunden, die ich nicht in der Firma oder für die Firma hinter mich bringe auch noch welche geopfert werden sollte es knapp werden mit der Sollerfüllung…

  • Richtig, wir sind nicht nur das Volk, sondern auch die Wirtschaft.
    Keine Ahnung, warum das so oft vergessen wird.
    Meine Erklärung ist hier 1.) das Pädagogentum, vgl.:
    http://www.faz.net/s/Rub0E9EEF84AC1E4A389A8DC6C23161FE44/Doc~E76F5E90BABA4496EACDACC57DD763257~ATpl~Ecommon~Scontent.html
    2.) die Intellektuellen, denen – ich folge da gerne v.Hayek – evolutionär entstandene Systeme verdächtig sind und die oft „bessere Ideen“ haben, bei uns zurzeit gerne auch linke und ökologistische Ideen.

    BTW – auch die Rechten rechnen mit einem baldigen Zusammenbruch unserer wirtschaftlichen und politischen Systeme.

    Aber da irren die natürlich. Gerade auch das Internet, die Globalisierung und im Speziellen die Blogger wirken dagegen.

  • Was ist den heute eine Firma??? Es passt doch einer auf den anderen auf und wenn einer einen Fehler macht meldet es der andere gleich oder setzt den anderen unter Druck.

    Wir sind selber nicht Menschlich zueinander, ich kann mich nicht mehr Erinnern, das man nach Feierabend noch ein Bier zusammen trinkt oder gar mal ein wenig Spass hat. Selbst im Kindergarten sehen Eltern nur noch was ihre Kinder lernen/können müßen, damit sie in der Schule gut sind.

    Ich fürchte mal wir sind eine reine Leistungsgesellschaft und wenn am Ende nicht ein plus rauskommt gegenüber dem letzten Jahr ist das schlecht. Mensch sollte mal wieder umdenken, es reicht aus aus wenn eine Firma mal nur 5% Gewinn gemacht hat und nicht 20 oder gar 30% Gewinn, dafür haben wir aber zum Beispiel die Mitarbeiter halten können und mussten keinen Entlassen. Aber wenn eine Firma so was verkünden würde wird sie als Schwach bewertet und schon ist sie weniger Wert. Man schau sich nur mal die Handyhersteller an, wie viel mehr Gewinn und doch muß es noch mehr sein oder aber der Kunde wünscht doch das es noch günstiger wird. Was ich mach mal anzweifle, das Menschen das wirklich wollen.

    Aber ich befürchte, das sich das nicht ändert, bis sehr viele Menschen dagegen angehen, aber Deutsch sind da sehr leidensfähig.

    MfG

    Michael Finger
    Holztechniker

  • @Michael:
    Ich habe auch einige unerfreuliche Erfahrungen gemacht mit Firmen, die anders funktioniert haben, als ich mir erwartete. Irrationale Personalentscheidnungen und auch „Vitamin-B“, was mir auch nicht gefällt ist, dass Personalabbau an der Börde anscheinend per se positiv bewertet wird.
    Aber lass uns nicht den ersten Stein werfen. 😉

  • Wenn ich Unternehmenslenker wäre, würde ich es auch mit Menschlichkeit versuchen. Nur wenn mir finanziell der A… auf Grundeis geht, weil der Markt mit meiner Kalkulation (inkl. faire Gehälter) immer enger wird, die Mitarbeiter nicht mehr zu schätzen wissen wer das Geld bringt (Kunden) und wer das Risiko trägt (von so häßlichen Dingen wie massiv Überstunden mal ganz abgesehen) und Aufträge nur noch mit Vitamin B oder PR-Blenderei zu bekommen sind …

    … dann muss jeder seine eigene Entscheidung treffen!

    Das war jetzt alles zusammen, hab aber auch schon Unternehmen gesehen, die nach Jahrzehnten wegen einem dieser Gründe abgeschmiert sind.

  • Meine paar Cents aus gesellschaftstheoretischer Perspektive:

    Die Entfremdung des Menschen von gesellschaftlichen Funktionsbereichen ist ja nicht auf Wirtschaft beschränkt. Politikverdrossenheit ist wohl das prägendste Phänomen moderner Demokratien – ganz davon abgesehen, dass Politik auch mit dem Antlitz der Diktatur auftreten, Kriege führen und Menschen systematisch vernichten kann: Entfremdung to the max, würde ich meinen. Auch der Wissenschaft mit ihrer Gentechnik, Atomenergie und anderen furchteinflößenden Technologien steht die Bevölkerung skeptisch gegenüber.

    All das kann als Resultat einer „funktional differenzierten Gesellschaft“ gelesen werden, die u. a. zur Eigenschaft hat, dass ihre Funktionsbereiche sich gleichrangig gegenüberstehen, so dass keines mehr die Oberhand hat, wie es dereinst für Politik im Verbund mit Religion gegolten hat. Damit ist Deine Aussage, dass „der allgemeine Wertekosmos der Wirtschaft immer weniger zur modernen Gesellschaft passt“ goldrichtig und gilt gleichermaßen für alle anderen Werte… kosmen (?) auch.

    Unternehmen werden sicherlich von Menschen betrieben – gleiches gilt für Parlamente, Parteien, Universitäten und Gerichte – aber ist das was sie tun dadurch schon hinreichend erklärt? Betrachtet man gesellschaftliche Einrichtungen so – nämlich auf den Menschen zentriert – kann man sich wohl immer nur und immer stärker über deren Entmenschlichung wundern. „Eigendynamik hin, Eigendynamik her“? Ich behaupte: Eigendynamik über alles. Die Gesellschaft evoluiert längst unabhängig von menschlichen Eingriffen.

  • wie war das noch? 70 % der Angestellten gehen einem Job nach, den sie nicht mögen, nur um Geld zu verdienen, damit sie nach Feierabend das machen können, was sie wirklich machen wollen.
    Jeden Morgen bin ich aufs Neue sehr froh, dass ich nicht mehr Angestellte bin und ich hoffe, dass ich es auch nie mehr sein muss.
    Es gibt sie ja wohl die Ausnahmen, die menschlichen Betriebe, wo jeder arbeiten kann, wann er will, oder, wo die Angestellten surfen gehen können, wenn das Wetter schön ist, ohne Zeitstempeluhr oder doppeltes Dienstganggesuch. Aber das hat mit Vertrauen zu tun und daran mangelt es, glaube ich, in vielen Unternehmen. „Geiz ist Geil“-Mentalität schürt aber leider nur misstrauen.
    Vielleicht machen die „Bio“ oder „Fair-Trade“-Unternehmen auch hier einiges besser und gehen anders mit den Menschen um. Eine Lösung??

  • Vertrauen ist wohl leider alles andere als leicht zu bekommen: von beiden Seiten der Medaille.
    Es mangelt wohl eher am Verständnis der Bedeutung von Geld im Leben eines Menschen. Jeder will immerhin nur, aber geben: nein danke.
    So funktioniert keine Wirtschaft und auch kein Leben

    @Sky: keine Ahnung, wo die Meinungen her hast, aber das ist blanker Schmarrn da oben (#2): 1. werden Unternehmen nicht von Pädagogen geleitet; 2. sind Wirtschaftssysteme nicht evolutionär, und 3.: Der Staat (Wirtschaft) ist für die Menschen da, und nicht die Menschen für den Staat (Wirtschaft) [A. Einstein]

  • @Mario:
    Ich kommentierte Roberts Aussage „Die Wirtschaft wird imho zunehmend als Fremdkörper in der Gesellschaft betrachtet, die notgedrungen existiert, damit sich die Menschen im Rahmen eines Gesellschaftsvertrags wenigstens ernähren können.“, die ich für richtig halte und benannte die Gründe dafür.
    Und da sind es natürlich deutsche Pädagogen (vgl. auch den genannten Webverweis), die Probleme haben mit unserem Wirtschaftssystem. Ernsthafte Probleme, LOL. Zudem haben auch unsere Intellektuellen Probleme mit dem Wirtschaftssystem, zudem auch mit dem pol. System. Unsere Systeme sind ja nicht einfach so erdacht worden (wie Marx seinen Kommunismus erfunden hat ;), sondern nach und nach entstanden.
    Bei dem Einstein-Zitat darfst Du natürlich nicht „Staat“ einfach so durch „Wirtschaft“ ersetzen. Das ist was anderes, LOL.

  • @Sky: Probleme mit dem Wsystem haben ja leider nicht nur die Pädagogen, sondern auch die Unternehmer. Sonst würde es keine „Skandale“ wie Siemens, Nokia etc. geben
    Das Einstein-Zitat lässt sich daher sehr schön auf die Wirtschaft anwenden, oder ist die Wirtschaft nicht für den Menschen da? für wen denn dann, fürs Geld?