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Warum es in Blogs keine Interviews mit Politikern gibt.

[Beitrag in Speakers Corner von Micha]

(…) leider müssen wir Ihre Interviewanfrage ablehnen (…) Herr [Name eines bekannten Politikers] behält es sich vor, ausschließlich mit ernsthaften und seriösen Medienvertretern zusammenzuarbeiten„, dieses war die Antwort auf eine Anfrage bzgl. eines Interviews mit einem bekannten deutschen Politiker, der sich in der Presse mehrmals zu sog. Killerspielen geäußert hatte. Welcher genau dieser war, möchte aber ich aus verschiedenen Gründen für mich behalten.

Nachdem ich diese Abfuhr erhalten hatte, die natürlich nicht gerade überraschend kam, fragte ich mich, wie manche Politiker aber auch sog. „Promis“ und Experten Blogs eigentlich wahrnehmen, erleben und einschätzen. Denn dass ein bekannter Politiker diese aufkommende und mittlerweile sehr präsente Medien- und Publikationsform als nicht „ernsthaft“ und anscheinend un-„seriös“ eingeschätzt, ist schon prägnant und irgendwie erschreckend. Sind Blogger weniger wichtig als die Vertreter von Zeitungen, Magazinen, TV-Sendern oder dem Radio? Auf der einen Seite natürlich Ja. Das kann man nicht verleugnen. Blogger haben freilich weniger Reichweite, erreichen meist nur eine recht einseitige „Zielgruppe“ und sind daher vor allem für Politiker wohl wenig bis gar nicht relevant – oder gar als Sprachrohr und Ansprechpartner interessant.

Auf der anderen Seite haben sich Blogs stellenweise aber auch als relevante, einflussreiche Quelle und Informationsschnittstelle etabliert. Nehmen wie z.B. netzpolitik.org. Wenn nicht dort, wo sonst finden Interessierte aktuelle Infos und News zu den Themen Net Neutrality und Datenschutz? Außer heise.de fällt mir sonst keine weitere Seite ein. Und auch war netzpolitik.org selbst für Vertreter der etablierten Medien erste Wahl als es um den „Leak“ des Entwurfes des BKA-Gesetzes ging. Oder erinnert sich noch jemand an den Jamba-Kurs von Spreeblick und welchen Aufruhr der erzeugte? Ja, Blogs mögen objektiv gesehen nicht immer relevant oder sonderlich akkurat sein, aber man sollte sie auch nicht einfach unterschätzen.


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Doch ich schweife ab — Trotz des Potentials das Blogs aufweisen, ist es so, dass man nur selten Beiträge in deutschen Blogs findet, die ein(en) Geschehen/Missstand nicht nur kommentieren, sondern in denen auch eine betroffene bzw. betreffende Person zur Wortmeldung heran geschleift wird — etwa zu einem Datenschutzskandal ein Datenschutzbeauftragter oder zum Thema Sterbehilfe, naja, jemand der sich entweder damit beschäftigt oder vielleicht sogar ein Politiker, der dafür oder dagegen gewettert hat. Dieses mag einerseits daran liegen, dass vielen Bloggern derartiges – verständlicherweise – zu mühselig ist und andererseits wohl wenig Aussicht auf Erfolg besteht, wenn man bei einem wenig webaffinen „Experten“ anfragt. Darüber hinaus – und darauf wollte ich hinaus – mag sich so mancher angeschriebene wohl zu „fein“ oder zu wichtig sein, um mit einem Blogger/Bürger zu reden, auf dessen Anfragen zu reagieren (oder reagieren zu lassen) oder gar ein Interview mit einem solchen zu führen (– ja, Ausnahmen bestätigen die Regel). — „Wolfgang Schäuble im Netzpolitik-Interview„, einfach undenkbar! Oder die „Samwer-Brüder im Spreeblick-Verhör – Endlich!„, ja, träum‘ weiter!

Über den Autor

Ehemalige BASIC thinking Autoren

Dieses Posting wurde von einem Blogger geschrieben, der nicht mehr für BASIC thinking aktiv ist.

39 Kommentare

  • Blogs sind nur schwerlich kontrollierbar für den Polit-Menschen, so bleibt der lieber bei den bezahlten Kräften des ÖR oder zumindest bei kommerziellen „Qualitätsmedien“, da, wo man den CR bspw. kennt oder jemanden kennt, der diesen kennt.

    Hoffentlich wird sich das mal ändern. Die Polit-Säcke ebenfalls.

  • Wo kommen wir denn da hin, wenn der Pöbel sich erdreistet direkt mit seiner Heiligkeit sprechen zu wollen? Die Minuten unser Obrigkeit sind einfach zu kostbar, als dass man diese mit unqualifizierten Fragereien verplämpert. Wir bezahlen unsere Staatsmanager ja schliesslich nicht fürs quatschen. Da gilt es den Sozialstaat zu retten, die Rente zu sichern und Beschäftigung zu schaffen. Die Erfolge der grossen Koalition sind ja schon beachtlich:
    – kaum noch Arbeitslose in der Statistik
    – Vollbeschäftigung in Billiglohnsektor
    – zukunftsweisende Energiesteuerpolitik
    – Bürokratieabbau durch Abschaffung des Widerspruchsverfahrens bei Verwaltungsentscheidungen
    – Mehreinnahmen durch versteuern des Elterngeldes
    – üppige Rentenerhöhungen
    – Terrorsicherheit durch Stasimethoden
    – Gesundheitsschutz durch Rauchverbot
    – und und und

    Zudem müssen Politiker von Aufsichtsratsitzung, zu Aufsichtsratssitzung, zu Lobbyessen und zurück hetzen. Da bleibt ja kaum noch Zeit fürs Kerngeschäft. Also wirklich …

  • >Wenn nicht dort, wo sonst finden Interessierte aktuelle Infos und News zu den Themen Net Neutrality und Datenschutz?

    Seit Jahren findet man nicht nur News diesbezüglich, sondern auch *Kompetenz* auf ravenhorst und dessen Hauptseite steht gar schon seit 1995 im Netz – immer aktualisiert, damals auch ohne Spar-CMS im Hintergrund.

    http://blog.kairaven.de/

    Aber darüber hinaus sind Blogs auch im Gesamtbild des Netzes mehr oder weniger irrelevant, bezogen auf Deutschland ohnehin.

    >Außer heise.de fällt mir sonst keine weitere Seite ein.

    Das mag ein persönliches Problem sein, daher rührt wohl auch die Überschätzung der Blogs. Golem wäre da auch noch zu nennen oder futurezone.orf etc. pp.

    q.e.d. fällt mir da spontan ein, weil mit obigen Beispielen eben das Gegenteil belegt wird, selbst vermeintliche „Kenner“ kennen doch nicht viel, nicht einmal Dinge relevanter Natur. Und was soll dann erst der normale Bundesbürger sagen, der nicht tagtäglich als erstes seines 500 Feeds im Büro abruft und vom Arbeitsplatz aus in jedem Blog kommentiert? Eben, hier wird Anspruch mit Realität verwechselt.

    Aber abseits dieses kleinen Exkurses in puncto Realität fällt mir bei den Politikern nur eines ein, es ist eine Frechheit sich derart davonzustehlen. Es ist deren Pflicht dem Bürger Auskunft zu geben und nicht wie eine Diva dem genehmsten den Vortritt zu lassen.

    Betrachtet man also das ganze etwas allgemeiner und vor allem realistischer, dann könnte sich vielleicht sogar irgendwann einmal etwas bewegen 🙂

  • …(Überschätzung der Blogs)

    Sehe ich nicht so, die Standardmedien, ob sie nun öffentlich-rechtlich oder kommerziell sind, werden überschätzt. Wer liest denn noch Print-Medien heutztage? Na, also. Die Standardmedien retten sich ins Web, kriegen aber nicht mehr das finanzielle Input wie früher und schreiben ab (Agenturmeldungen oder beim „Nachbarn“) und beschränken sich aufs Kommentieren. Und das können Blogger eher besser.

  • @2,

    der war gut, das sind news für raubkopierer. man muss schliesslich wissen wie die „aktien“ demnaechst stehen :-))

  • Okay, das mit „Wenn nicht dort, wo sonst finden Interessierte aktuelle Infos und News zu den Themen Net Neutrality und Datenschutz? Außer heise.de fällt mir sonst keine weitere Seite ein“ ist wohl etwas übertrieben gewesen 😉 Ja, Gulli kenne ich natürlich, Ravenhorst und Golem habe ich in den Bookmarks 😉 Und Fefe könnte man noch nennen. Aber, wie du sagst Oliver, so richtig viele Blogs zum Thema fallen einem, ohne Nachdenken, nicht ein. Wie soll’s dann erst dem Otto-Normalduser gehen?

  • Hallo Sky,

    >Wer liest denn noch Print-Medien heutztage?

    Der Rest der Welt? Man sollte nicht den eigenen bloggestählten Tunnelblick mit urbi et orbi gleichsetzen. Will heißen, ja das *Internet* wird da gewiß Zünglein an der Waage sein und es bewegte auch schon _etwas_. Und genau das ist das Problem, _etwas_ wird bewegt, weder mein Traum vom Wissensnetz, noch der Traum anderer von der webbewegten Stimme des Volkes. Und Blogs sind nun einmal nichts neues, viele beschäftigen sich zu sehr mit quo vadi Blogs, denn dem eigentlichen Inhalt. Wo soll denn da ein Anfang gemacht werden? Das Gros der „wichtigen“ Blogs sucht doch immer noch ob diverser Gründe nach irgendeiner Identität, der Vehemenz nach zu urteilen mutet dies beinahe wie eine Gralssuche an.

    Wenn man sich davon nicht einmal irgendwann löst, werden deutsche Blogger wohl in 5-10 Jahren die Manta-Fahrer der Zukunft sein. Das Internet hingegen wird auch da immer noch Relevanz besitzen oder sagen wir besser einem gigantischen Interessensspektrum dienlich sein.

  • Ein Grund könnte sein, ich persönlich halte ihn für absolut gar nicht abwegig, Blogs sind näher an der Realität (nicht alle). Damit meine ich, vielleicht haben sie sogar Angst, zu nah an die Ebene der Menschen zu kommen, für die sie Arbeiten …ähm… die sie regieren. Wobei doch ein Gespräch so von Politiker zu Mensch erstens für beide Seiden bereichernd wirken kann oder auch desillusionierend.

  • Gerade im politischen Bereich neigen Blogs für meinen Geschmack dazu, negatives stark undifferenziert, populistisch und leider oft mit beängstigenden Lücken bzgl. Sachkenntnis aufzublähen.
    Man sollte sich vielleicht mal überlegen, ob nicht geradezu kindisch überzogene Erwartungen an die Politik genau zu einer Zersetzung der politischen Kultur führen.
    Ich bin jedenfalls heilfroh, dass in Deutschland Politik von den Politikern und nicht von den Bloggern gemacht wird (bis auf wenige Ausnahmen).
    Blogs sind sowieso eher wie die beispielsweise die Opinion Sektion in der NYTimes und da gibts auch keine Interviews.
    Dies ist auch ganz sicher nicht auf Deutschland beschränkt. Oder gibts in der Huffington-Post Interviews (les das nicht so oft). Auch die Ankündigungen des recht beliebten und bis auf wirtschaftliche Themen recht Chávez-afinen Venezuela-Blogs oilwars haben offenbar nicht gefruchtet.

  • Robert, ich meinte mit meinen genervten Ausführungen nicht dich. Aber wenn man einen halbwegs verantwortungsvollen Job hat… Ich würde mich auch zu dem was ich beruflich tue, auch nicht in einem Blog befragen lassen. Trotz bester Absichten und okayer Redlichkeit gibts da halt immer fragwürdige Entwicklungen, die aber langfristig positiv for the greater good sind.
    In Politiker-Interviews existieren gewisse Spielregeln und ehrlichgesagt geht es meiner Ansicht nach auch nicht anders.

  • Ernsthaft & seriös = professionell. Darum geht es. Der Interviewpartner will die Gewissheit haben, dass – aus seiner Sicht – das Interview mit anständigen Fragen und branchenüblich abläuft. Unvoreingnommen und ohne Hintergedanken jemanden in die Pfanne zu hauen. Dazu gehört auch das Vertrauen darauf, dass die Authorisierung hinterher klappt und nicht von ihm unauthorisierte Antworten verbreitet werden. Alles andere ist bestenfalls Zeitverschwendung und im schlechten Fall gefährlich.

    Und dann gibt es noch Themen, die ein Politiker lieber meidet, weil er nur verlieren kann – wie das Thema Killerspiele.

    Die Reichweite ist nicht der entscheidende Faktor. Das weiss jeder, der erlebt hat, wie sich Bundestagsabgeordnete um Präsenz auch in reichweitenschwachen Medien bemühen. Der Bundestag hat 500 Abgeordnete. 100 sind halbwegs in den Medien vertreten, sozusagen A-List-MdBs. Der Rest muss sehen wo er bleibt und freut sich über jede Medienanfrage.

    Deutschen Blogs werden nicht ernst genommen, sondern als seltsame Szene wahrgenommen. Aber ich sehe nicht, dass dies viele Blogger stört. Wie Oliver schon bemerkte: Die Manta-Fahrer des Internets.

  • Deutsche oder deutschsprachige Blogger als „Mantafahrer des Internets“ zu bezeichnen ist ja wohl ein ziemlicher Klops, LOL, nichts gegen Polemik, aber da hat wohl die linksspiessige SZ-Redaktion bei dem einen oder anderen ganze Arbeit geleistet. Oder wars die ARD?

    Wer meint die Demokratieerweiterung „Weblog“ unterschätzen zu müssen darf gerne bspw. weiterhin Fernsehen gucken (wie uncool!) oder einen Papier-SPIEGEL kaufen (dito).

    Wer die Standardmedien und deren Nachrichten vergleicht, wird folgendes nicht übersehen können:
    – die Qualität verschlechtert sich
    – es wird voneinander abgeschreiben, Grundlage hier die Agenturmeldungen
    – die Aktualität kann wegen des Datenträgers Papier nicht mehr zeitgenössisch gewahrt werden
    – schwerpunktmässig besteht die „Leistung“ der o.g. Medien im Kommentieren und der Auswahl allg. zugänglichen Materials, eigene Recherche und Investigation oft Fehlanzeige

    Papiermedien „sind was für die anderen“.

  • Es gibt auf jeden Fall noch großen Aufholbedarf in Deutschland und Europa was Politiker Interviews mit Bloggern angeht. In den USA gibt es z.B. sogenannte „Blogger-Roundtables“, bei denen regelmäßig Politiker mit Bloggern diskutieren. Das ist im Prinzip Teil ihrer Kommunikationsstrategie und wird meistens durch PR Agenturen eingefädelt.

    Laut europäischen PR Agenturen kommt das langsam auch nach Europa. Vor ein paar Wochen wurde ich zu einem der ersten Blogger Roundtable auf Europäischer Ebene eingeladen. Zu Gast war die Vize Außenministerin Serbiens und das Thema war natürlich das neue Abkommen mit der EU (SAA) und das Kosovo Problem. Die Agentur, die das organisiert hat war ziemlich professionell: Blogger wurden wie „normale“ Journalisten behandelt, und es gab auch keinen „politischen Spin“.

    Ich habe immer das Gefühl, dass die deutsche politische Blogszene relativ unspektakulär ist. Es gibt nicht gerade eine große Zahl an politischen Blogs und auch die Qualität lässt oft zu wünschen übrig. Wenn es nicht gerade um Internet affine Themen geht, gibt es kaum Blogs die regelmäßig in hoher Qualität über Politik bloggen. Exklusive Inhalte, auch mal mit Insider Infos sind selten, deshalb nutzen „traditionelle Medien“ Blogs nie als Quelle einer Story! Und solange das nicht der Fall ist werden auch Politiker, Agenturen und Journalisten (politische) Blogs nicht als wichtig empfinden.

  • Ich denke erstmal, daß gerade unsere Damen und Herren Politiker das Internet unheimlich finden, das man damit noch mehr anstellen kann als Mails lesen, müssen Politiker noch lernen.

    Dann das Wort „Blog“. Klingt eher wie das Geräusch, wenn man seinen Kopf in die Kloschüssel nach einer durchzechten Nacht reinsteckt. Ist doch klar, daß ein Politiker nichts mit einem „Blöarg“ zu tun haben will.

    Nicht zuletzt die von dir angesprochene Zielgruppe. Blogger lesen Blogs. Greifen da Themen auf, die wieder von anderen Bloggern gelesen werden. Und reinterpretiert. Und recherchiert.

    Unsere Politiker wissen ganz genau, daß die Wählerschaft am Besten nur von Medienkonzernen „kontrolliert“ wird, warum sonst sitzen so viele Politiker in diversen Aufsichtsräten.

    Ich würde auch gern mal wissen, was ein Schäuble wirklich nem Blogger zum Thema Trojaner sagt

  • @ 16 – Marcel: Ich kann dir sagen was her Schäuble zum Thema Trojaner sagen würde: „Das ist ein Pferd das man jemandem unterjubelt…“ 😉

  • Hallo,

    ich kann aus der sicht des Interview-Blogs die Erfahrung nur bestätigen. Wir hatten von anfang an Politiker in die Liste aufgenommen, weil wir so naiv waren zu glauben, die haben genau wie Gründer und Blogger immer was zu erzählen.
    Wir haben es auf genau ein Interview gebracht, bei > 300 mit Gründern und Bloggern.
    Besonders aufgeregt habe ich mich über so ne tussi von den Grünen, die sich erst bereit erklärt. dann denkt man sich fragen aus und dann jammert die gute einem auch noch vor, sie habe zu viel zu tun.
    die gleiche erfahrung wurde mit einem über xing kontaktierten politikberater gemacht, der sich auch gerne die fragen zuschicken ließ und uns fortan ignorierte.

    grusz
    klm

  • Man stelle sich mal vor, was passieren würde, wenn wirklich mal ein Politiker in einem Blog einem Interview stand halten würde. Also hier bei basicthinking vielleicht… verlinkt und getrackbacked bis in die letzten Dachkammern der Republik. Soviel Populatität und Herumgereiche, das wär echt ’ne Chance.
    Wirst sehen, sobald der erste drauf kommt, komm’se alle angerannt.

  • @ Klaus-Martin Meyer/ reizzwecke – Naja, wie ich oben geschrieben habe, bestätigen Ausnahmen die Regel. Im Zuge der Killerspiele-Diskussion und dem Streit darum, ob Videospiele Kunst sind, habe ich etwa bei 10 (oder mehr) Politikern angefragt, ob sie sich zu einem normalen oder aber auch einen Email-Interview bereit erklären würden. Etwa 5 haben mich einfach ignoriert und 4 haben geantwortet, dass sie kein Interesse hätten oder sich später melden würden.

    Doch einer, Hans-Joachim Otto – der Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages und Blogger, hat zugesagt und ist auch tatsächlich auf meine Fragen eingegangen. – Da könnte sich manch einer eine Scheibe von Anschneiden.

  • Ich find diese ständigen Verweise auf die „Kontrolle durch Medienkonzerne“ für ein bischen kleinkindisch. Es existiert gerade in Deutschland ein sehr breitgefächertes Angebot an Medien. Dies reicht vom „Neues Deutschland“, „Junge Welt“ über Taz, Le Monde Diplomatique Deutschland Ausgabe, Die Zeit, Der Spiegel bis zu FAZ, Welt. Daneben kann man übers Internet auch auf sehr unterschiedliche Medien im Ausland zugreifen.
    Alle Medien – auch Alternative – sind stets der Gefahr ausgesetzt, Nachrichten zu verfälschen.
    Hier mal ein sehr ausführlicher Bericht eines Venezoelaners über die Nachrichten-Verfälschung in Alternativen Medien über Chávez: http://tinyurl.com/6k74q3
    Grundsätztlich zu behaupten, Blogger würden „recherchieren“ und die Journalisten der Zeitungen vom Kiosk wären von finsteren Mächten kontrolliert, ist einfach falsch. Hitler hat in Mein Kampf auch eine sehr eigene Interpretation der deutschen Verhältnisse und Geschichte gezeichnet und behauptete, die anderen wären alle von finsteren Mächten beherrscht.

  • Es gibt aber auch Gegenbeispiel von Politikern. Nils Annen (Bundestagsabgeordneter) hat sich gestern 2 Stunden Zeit genommen und mit der Tochter einer Freundin gesprochen und sich mit ihr über die Probleme im Stadteil gesprochen. Er ist zu ihr nach Hause gefahren und hat ihr auch erklärt, wie Politik funktioniert und das wichtigste war: „Wenn Du etwas geändert haben möchtest, dann nicht mosern, sondern initiative ergreifen!“.

  • Würde Herr Annen auch zu einer kritischen Sache in einem Blog Stellung nehmen, mit der Gefahr, dass ihn ein „Amateur“ (der Blogger) falsch interpretiert, nicht abgesprochene Fragen stellt, und jeder Fauxpas durch die Blog-Szene wandert?

    Es geht bei der Diskussion nicht um die Bürgernähe von Politikern, sondern um ihre Medienarbeit. Und da kommen blogs eben nur sehr selten nicht vor.

  • Es gibt durchaus Interviews mit Politikern in reinen Onlinemedien. Nur sind sich einige Politiker offenbar nach wie vor zu schade dazu.

    Bei unserer letzten konkreten Aktion hatten wir die MdB der umliegenden Wahlkreise zum Thema Onlinedurchsuchung befragt — einmal kam gar keine Antwort (CDU-Abgeordnete mit Bundesministerium unter sich), eine Gruenen-Abgeordnete erwartete ein Kind und liess die Fragen von der medienpolitischen Sprecherin der Partei beantworten, einmal kam die Antwort unverzueglich per Mail inklusive Nachhaken per Telefon (CSU), und einmal kam die Antwort ausfuehrlich aber verspaetet per E-Mail (SPD, eigenen Angaben zufolge aus terminlichen Gruenden)

    Es ist wohl alles eine Frage der Wahrnehmung. Wenn den befragten Politikern das anfragende Onlinemedium ein Begriff ist, ist die Bereitschaft zu einem Interview offenbar deutlich hoeher.

  • Der Einflussnahme im Web und gerade in der Blogszene ist eine komplett andere als in der übrigen Medienwelt. Der Politiker hat nur einen begrenzten Einfluß auf das Interview.
    So wie es bei Zeitungen üblich kann der Befragte eine letzte Korrektur einfordern, das wäre nicht das Problem. Anders sieht es mit den Kommentaren aus. Da er dort negativ beurteilt werden könnte, hat er zu Recht angst vor dem Medium. Das ist er einfach nicht gewohnt und er kann es nich manipulieren.

  • @Axel: Es gibt nun mal politische Tabus und die werden von allen Medien beachtet.

    Und dann gibt es den Mainstream, der von der Masse der Medein beachtet wird.

    Außerdem die Interessen der werbenden Wirtschaft.

    Im Ergebnis: Die Schere im Kopf. Und zwar überall.

    Mit bösen Mächten hat das eigentlich nix zu tun, es ist Geschäft.

    Mit den Cui bono? kann der skeptische Leser ein bisserl hinter die Kulissen spitzen.

    Und wer ein paar Kontakte in den Journalismus hat, wird das leicht bestätigen können.

    Was noch läuft, ist die Renitenz in Randbereichen, z.B. beim vom Mainstream verseuchten Ökothema. Jüngstes Beispiel, bei dem ich mitmachen durfte:

    http://www.wiwo.de/finanzen/perfekte-altbauten-299498/

    Ist aber selten genug …

    Besten Gruß

    Konrad Fischer

  • Hallo, @Konrad, das ist doch mal ein interessantes Thema. 😉

    Ich habe nun fast 15 Jahre Erfahrung auf dem ostdeutschen Immobilienmarkt „auf dem Buckel“ und habe nun fast alle „Irrungen und Wirrungen“ zum Thema „Energiesparen“ mitgemacht.

    … vor allem was „Wärmedämmung bei Altbauten“ betrifft.

    Der Gedanke „Gut ist, was Geld und Energie spart“ und nicht was „gut aussieht“ oder sich „gut anhört“ ist nicht immer so einfach an den Mann zu bringen. Ich gehe davon aus, daß Du gaaaanz dicke Bretter bohren mußt. 🙂

    „Amortisation nach 20 Jahren“ *gg*

  • @ derherold: Freut mich, daß das Thema interessiert. Klar, daß viele meiner „Energiesparfreunde und -Berater“ auch mal über mich herfallen, vor allem in Foren. Na, das muß halt abtropfen.

    Entscheidend ist, die Stimme der Kritik dennoch aufrechtzuhalten. Eine eigene Meinung muß sich dennoch jeder selber bilden. Und wenn alle nur mit den Wöfen heulen, hat der kleine Häuslebauer / Hausbesitzer eben Null Chance.

    Besten Gruß

    Konrad

  • „Kleine Häuslebesitzer“ ist gut.

    In Ostdeutschland ist die Masse des kompletten Wohnungsbestandes saniert+modernisiert worden. Einer Gemeinde zu erklären, daß Wärmedämmung bei 30-iger-Jahre-Mehrfamilienhäusern nicht immer und überall sinnvoll ist, ist eine „Investitionsentscheidung“. 🙂

    … von später auftretenen mietrechtlichen Fragen wie „Feuchtigkeit“ ganz zu schweigen. 😉

  • „…oder zum Thema Sterbehilfe, naja, jemand der sich entweder damit beschäftigt oder vielleicht sogar ein Politiker, der dafür oder dagegen gewettert hat.“

    Du wolltest wohl eigentlich schreiben: „Blog sprach mit dem Toten!“

  • Was noch läuft, ist die Renitenz in Randbereichen,

    @Konrad: Und Renitenz ist grundsätzlich „gut“. Ich sehe eine Menge Renitenz, die auf fehlender Information beruht. Das mag dem Renitenten ein warmes Gefühl in der Magengegend verschaffen. Produktiv ist es aber überhaupt nicht.

  • nun, politiker und ihre unfähigkeit mit den wählern zum kommunizieren ist das eine thema. killerspiele und politiker sind das andere.

    reden politiker von killerspielen, kann nicht wirklich davon ausgehen, dass die politiker „ahnung“ davon haben. sie zitieren angebliche studien und statistiken die niemand überprüfen kann – wenn es es in fernsehen und zeitung publiziert wird. wer kann schon während einer talkshow nachprüfen ob das stimmt, was der politiker sagt? wird schwer …

    würde aber der politiker sich im internet äußern, wäre es wohl definitiv einfacher, seine aussagen zu prüfen – und vorallem kann man ihm antworten! diskussionen in denen politiker nicht ihre sprechblasen loswerden können bzw. diese auf den prüfstand kommen, sind keine guten diskussionen für politiker 😉

  • Man darf auch nicht zu viel von „Politikern“ erfahren. Wir jammern einerseits darüber, daß diese nicht „ehrlich“ oder „authentisch“ seien, keine Ecken und Kanten hätten … sobald jemand sich aus der Deckung wagt, wird er „abgeschossen“ – häufig unter johlendem Beifall von Bloggern. 😉

    Man denke an den Fall „Eva H.“. Die ist zwar keine „Politikerin“ und vertritt auch nicht im wesentlichen meine Positionen aber ihre Meinung ist „im richtigen Leben“ zumindest nachvollziehbar: Die hysterische Kritik an ihr dürfte einigen klar gemacht, lieber den Mund zu halten.

    D.h. ein „Politiker“ muß damit rechnen, daß JEDE Äußerung auch „gewogen“ wird … und je nach polit. Couleur landet er entweder bei Süddeutscher oder Welt auf der Titelseite und zahlreiche TV-Talkshow-Gäste empören sich.

  • „Um populär zu werden, kann man seine eigene Meinung behalten. Um populär zu bleiben, weniger.“ – Kurt Tucholsky

    … um mal derherold´s Kommentar auf den Punkt zu bringen :p

  • ich kann mich RH nur anschließen: Wo kämen wir denn da hin, wenn Politiker auch noch Zeit für Herumtipperei aufbringen müssten, wenn sie doch die Aufgabe haben ganz Deutschland zu retten …harrr harrr

  • Hallo Micha,

    leider bin ich erst heute auf Deinen Artikel gestoßen (betr.Interviews mit Politikern).
    Deine Frage motiviert mich, einen Artikel mit konkreten Fragen an die Politik zu verfassen.
    Melde mich wieder bei Dir !

    Gruß Horst