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Plagiatsstreit: Kölner Richter weisen Facebook-Klage gegen StudiVZ ab

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Hat das deutsche Studentenportal StudiVZ beim amerikanischen Pendant Facebook geklaut? Mit dieser Frage beschäftigen sich nicht nur die Anwälte der beiden Internet-Plattformen schon seit längerer Zeit. Der Vorwurf von Facebook: StudiVZ habe mit seinem Logo, den Features und seinem Service das geistige Eigentum von Facebook verletzt. Zudem soll sich StudiVZ illegal den Quell-Code des US-Netzwerkes verschafft haben. Infolge dessen müsse das Holtzbrinck-Portal sein Angebot umgehend einstellen. Die 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln sah das jedoch etwas anders und hat heute eine entsprechende Unterlassungsklage von Facebook gegen StudiVZ abgewiesen.

In der Pressemitteilung heißt es:

Nach Auffassung der zuständigen Richter liegt trotz nicht zu übersehender Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten der beiden Internetseiten keine unlautere Nachahmung vor. Es fehle an der hierfür erforderlichen Herkunftstäuschung. Diese komme deswegen nicht in Betracht, weil zum Zeitpunkt der Markteinführung von StudiVZ in Deutschland im November 2005 der Konkurrent Facebook noch nicht den erforderlichen Bekanntheitsgrad auf dem deutschen Markt hatte. Denn Facebook richtete sich bis September 2006 – ausschließlich in englischer Sprache – nur an nordamerikanische Studenten und Schüler. Erst seit März 2008 existiert eine deutschsprachige Version.

Die Beweise der Facebook-Anwälte haben den Richtern demnach nicht ausgereicht, um der Klage zu entsprechen. Aufgrund der Entscheidung entfällt allerdings auch die vorgeschlagene Überprüfung des PHP-Quellcodes beider Seiten durch einen unabhängigen Sachverständigen. Laut Gerichtssprecher Dirk Eßer könnten die Gemeinsamkeiten auch darauf beruhen, dass die Gründer von StudiVZ die Seiten von Facebook kannten und „diese mit Hilfe der im Internet für jedermann sichtbaren Informationen in Anlehnung an die Seite der Klägerin nachprogrammierten bzw. nachprogrammieren“ ließen.


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Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. So kann Facebook binnen eines Monats Berufung zum Oberlandesgericht Köln einlegen. StudiVZ gibt es jedenfalls gelassen: „Wir freuen uns, dass die Richter unserer Argumentation gefolgt sind“, meint Unternehmenssprecher Dirk Hensen. Facebook hat sich zu der Entscheidung des Kölner Landgerichts noch nicht geäußert. Ich gehe aber davon aus, dass das US-Portal Berufung einlegen wird.

Update: Facebook hat gestern Abend angekündigt, das Urteil der Kölner Richter nicht zu akzeptieren. Derzeit prüfe das Unternehmen weitere Rechtsmittel gegen die jüngste Entscheidung.

(Michael Friedrichs)

Über den Autor

Michael Friedrichs

Michael Friedrichs hat als Redakteur für BASIC thinking im Jahr 2009 fast 400 Artikel veröffentlicht.

14 Kommentare

  • Ein Wunderschönes Beispiel dafür wie kurzsichtig unsere Richter bei neuen -oder eben besser- aktuellen Techniken sind. Als ob das Internet an der Deutschen Grenze aufhört. Das StudiVZ den Sourcecode geklaut hatte, kann sogar der Laie leicht erkennen, die Funktionen und Seiten hatte lange Zeit die exakt gleichen Namen, Inhalte, und Funktionsaufrufe, bis hin zum (Poke-gruschel Scheiß).

  • Auch mich überrascht diese Entscheidung jetzt sehr. Ebenso kann ich die Argumentation der Richter überhaupt nicht nachvollziehen. Zum Glück wird es wohl in die nächste Instanz gehen, da mit solch einem Urteil in Deutschland niemand außer dem VZ-Inhabern glücklich sein kann. Von mir aus kann Holtzbrinck da wieder gewinnen… ist mir recht egal… aber dann bitte mit einer einleutenden Urteilsbegründung.

  • @NewsShit

    Das mit dem Freibrief ist so wohl nicht ganz richtig. Ich finde es immer wieder amüsant dass man die Kombination von 4 Kästchen in einem bestimmten Abstand für schützenswert befindet.

    Das Urheberrecht sieht zumindest in Deutschland eine gewisse Schöpfungshöhe als Mindestmaß. Ist das gesamte Konzept geklaut und man beruft sich darauf, dann ist das im Zusammenspiel von 20 Unterseiten okay – aber das „Design“ von Facebook an sich ist in meinen Augen zu 0% schützenswert. Designs die sich so nennen dürfen und eindeutige Merkmale oder künstlerische Stile haben sind da etwas anderes.

  • Ich gehe nicht davon aus dass die StudiVZ-Macher tatsächlich Zugang zum serverseitigen PHP-Code von Facebook hatten, demnach wird es hier vermutlich auch keine allzu gravierenden Ähnlichkeiten geben (bis auf die allgemeingültigen Vorgehensweisen und Designpatterns).

    Soweit ich das in Erinnerung habe hatte StudiVZ aber teilweise tatsächlich HTML/CSS sowie JavaScript-Code von Facebook übernommen (z.B. waren viele Ids und Classnames identisch)…

  • @Dominik: Du hast wohl Recht, wenn es um die Anordnung von vier bunten Kästchen geht. Aber bei Webseiten kommt auch noch dazu, daß sich der Ersteller Gedanken über die benutzerfreundliche Anordnung machen muß … und da sehe ich die nötige Schöpfungshöhe mehr als erreicht (im Vergleich zu den milliarden Billig-Hoompäitsches).

    Für mich wäre das schlimmste, was passieren kann, daß mein Portal genau so aussieht, wie ein anderes. Es würde sich gar nicht abheben. Was StudiVZ da macht, ist eigentlich ein Marketing-No-Go.

  • @NewsShit! „Ersteller Gedanken über die benutzerfreundliche Anordnung machen muß“ – das nennt sich Softwareergonomie ist bei den Studierten entsprechender Studiengänge so bekannt und deshalb kein Wunder das diese Anordnung öfters so auftauchen kann. – wie „Beim jedem Baum sind die Blätter oben da sie ergonomischer das Licht einfangen können“

    Ich finde es OK wenn sich die Navigationsstrukturen angleichen/gleich sind – so ist weniger Einarbeitungszeit nötig. Ich würde auch eher ein ähnliches Modell wie StarTreck bevorzugen: Der Inhalt ist wichtiger als das drumrum – am liebsten ein Browser der alle Inhalte mit einer persönlichen GUI darstellen würde – dann währ das Netz endlich wieder ein Sammelmedium von [wissenschaftlichen] Information und nicht von Selbstdarstellung.

    by

  • Verstehe Facebook nicht ganz, StudiVZ hat mäßige bis mittlere Marktanteile und das auch nur in Deutschland – StudiVZ stellt somit keinerlei Gefahr für Facebook dar.

    Bin gespannt was daraus wird.

  • @13:
    Bei derart hohen Investitionen könnte Facebook bald kostenpflichtig werden. In diesem Fall wollen eine Menge Leute umziehen, aber wohin ?