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KiPo-Anklage angekündigt: Jörg Tauss sieht sich als Opfer einer "sozialen Exekution"

jorg-taussDer ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete sorgt wieder einmal für Schlagzeilen. Allerdings nicht wegen seiner Kritik gegen die Einführung von Internetsperren, sondern weil er immer noch im Fadenkreuz der Staatsanwaltschaft Karlsruhe steht – wegen Besitzes von Kinderpornografie (Handybilder und drei DVDs) . Okay, die Geschichte ist schon ein paar Monate alt und ist deswegen bei vielen Leuten fast schon in Vergessenheit geraten, allerdings sind die Ermittlungen nun abgeschlossen – und der zuständige Oberstaatsanwalt hat aus dem Nähkästchen geplaudert. Und die Bild-Zeitung hat aufmerksam zugehört.

Laut Rüdiger Rehring, so der Name des Oberstaatsanwaltes, will seine Behörde Anklage gegen Jörg Tauss erheben und ihn vor Gericht stellen. Zuvor müsse allerdings noch der Bundestag die Immunität des Politikers aufheben, weshalb dem Haus nun Akteneinsicht gewährt werden soll. Auch Jörg Tauss habe ab sofort die Gelegenheit, Stellung zu beziehen und gegebenenfalls weitere Ermittlungen zu beantragen. Über die nette Plauderei des Oberstaatsanwaltes mit der Bild-Zeitung dürfte Tauss überhaupt nicht erfreut sein. „Freut sich, vom Staatsanwalt wieder mal via Bild zu hören. So bleibt man in eigener Sache sehr gut informiert“, zwitscherte Tauss heute Morgen. Der Fall sei ein interessantes Beispiel wie die Presse funktioniere: „Staatsanwalt füttert Bild und alle schreiben ab.“

Inzwischen hat sich auch sein Anwalt zu Wort gemeldet:


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Die öffentliche Vorverurteilung von Jörg Tauss geht in eine nächste Runde. […] Ohne dem Betroffenen zum Abschluss der polizeilichen Ermittlungen die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben und entlastende Beweisanträge stellen zu können, erklärt er heute bereits über die Bild-Zeitung, dass die Staatsanwaltschaft gegen Jörg Tauss Anklage erheben wird. In der Sache selbst gibt es jedoch nichts substantiell Neues und auch nichts, was die Darstellung von Jörg Tauss widerlegt hätte. Und dass ein für die Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet zuständiger Abgeordneter keinen „dienstlichen Auftrag“ für eine politisch motivierte Recherche erhält, wenn er doch gerade belegen will, dass das Parlament hinsichtlich der Verbreitungswege von Kinderpornographie von den zuständigen Behörden belogen wird, ist logisch und taugt nicht zum Vorwurf. […] Jörg Tauss war in Rehrings Augen offensichtlich schon von der ersten Stunde der Ermittlungen an schuldig und für sein Urteil bedarf es auch keines Gerichts. Für die soziale Exekution reicht ihm die Bild-Zeitung.

In den Medien schlägt die Ankündigung des Oberstaatsanwaltes jedenfalls hohe Welle. Heute habe ich das Thema schon mindestens fünf Mal im Radio gehört, zigmal bei Twitter gelesen, auch alle wichtigen deutschen Nachrichtenportale berichten groß darüber. Es wird aber auch Kritik laut, wie zum Beispiel von dem Berliner Strafverteidiger Carsten Hoenig. Es sei schon spannend, welche Umgangsformen manche Strafverfolger pflegen. Erst mal zum „Pöbel rennen“ und dann weiter sehen. Der Beschuldigte und sein Verteidiger könnten sich ja die Zeitung kaufen, wenn sie wissen wollen, womit sich die Staatsdiener ihre Zeit vertreiben, so sein Kommentar. Er kenne die Interna nicht. Aber der Gedanke an Paragraf 353d StGB sollte doch zumindest für ein freundliches Schreiben an die Dienstaufsicht dieses mediengeilen Staatsdieners reichen.

(Michael Friedrichs)

Über den Autor

Michael Friedrichs

Michael Friedrichs hat als Redakteur für BASIC thinking im Jahr 2009 fast 400 Artikel veröffentlicht.

17 Kommentare

  • Für den § 353d StGB dürfte es wohl nicht ganz reichen, weil der StA ja weder die gesamte Anklageschrift noch wesentliche Teile davon zitiert hat. Wer jedoch nach der Posse mit Zumwinkel noch an ein faires Verfahren der deutschen Strafverfolgung glaubt, ist eher blauäugig.

  • @Micha: vielleicht haben sie Angst dass sie „ge-stoppschild-et“ werden 😉

    … wenn ich „KiPo“ sehe, lese ich immer „Kripo“. Ich würde es auch schätzen wenn Wörter ausgeschrieben werden, um nicht Missverständnisse zu fördern 😉

  • Das Ganze sieht in meinen Augen so aus, als sollte am prominentesten Vertreters der Zensursula-Bewegung ein Exempel statuiert werden, mit dem gezeigt wird, dass wir eben doch alle nur Päderasten sind.

    So oder so – das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ist hochgradig befremdlich und beängstigend, ebenso wie alle anderen Entwicklungen rund um die Internetsperren. Wenn jetzt die Judikative in Dtl. beginnt den Willen der Legislative mit (derselben) Polemik und Meinungsmache fortzusetzen, stehen uns noch viel düstere Zeiten ins Haus, als bislang geahnt.

  • Tja, also ich bin auch gegen Internetsperren usw., jedoch sehe ich den Tauss mit etwas anderen Augen.
    Fakt ist, er kämpft GEGEN Internetsperren… was völlig in Ordnung ist, falls man kein Pädophiler ist. Wenn doch, würde er insgeheim dafür kämpfen, weiterhin leichteren Zugriff zu dieses Websites zu haben.
    Fakt ist, er ist „Fan“ der Piratanpartei, was eigentlich gut ist. Doch wenn die Anschuldigungen wahr sind, dann ist das auch für die Piratenpartei übel… Tauss wird bereits in enge Verdindung mit der Piratenpartei und deren Vorhaben gebracht, somit wäre eine Verurteilung Tauss schlecht für die Gegenargumente für Internetsperren sowie für die Piratenpartei selber.

    Jedoch frage ich mich ernsthaft was ein Politiker mit DVDs und Handybildern von Minderjährigen macht… und wenn ein Staatsanwalt wirklich gegen Tauss Anklage erhebt, hat das seine Gründe.
    Ich möchte ehrlich gesagt keine Twitternachrichten eines Päophilen lesen, und finde auch die gewisse Ironie dieses Beitrag etwas naiv… natürlich wurde Tauss Schuld (noch) nicht beweisen, jedoch sollte man an solche Anschuldigungen mit etwas mehr Ernsthaftigkeit rangehen, denn wenn er schuldig ist… dann ist das eines der ekelhaftesten Verbrechen die es gibt…
    Hoffen wir mal das Beste.

  • @Thomas:

    Wenn du dich ein bisschen über den ganzen Fall informierst wirst du auch verstehen was ein Abgeordneter mit dem Material (ist schon irgendwie ekelhaft es so neutral zu beschreiben, nur in Ermangelung eines besseren Wortes-.-) wohl machen wollte. Tauss ist einer der wenigen in den großen Parteien die sich wirklich seit Jahren auch für Bürgerrechte im Internet einsetzen und er hat versucht selbst Kontakte zur Szene zu knüpfen um zu beweisen, dass der Bundestag über die Verbreitung und Nutzung von Kinderpornographie belogen wird. Außerdem will er (etwas größenwahnsinnig) gehofft haben einen Kinderpornoring auszuheben. Es geht insgesamt eigentlich eher um die Frage ob er dieses im Rahmen seiner Tätigkeit ausführen durfte oder nicht. Tauss fühlte sich geschützt durch seinen Status als Beauftragter für Kinderpornographie, der Staatsanwaltschaft sagt es hat es privat betrieben. Ich stehe in diesem Fall auf der Seite von Tauss. Wir werden sehen was ein Gericht draus macht.
    Zensursula hat ja z.B. auch auf einer Pressekonferenz den anwesenden Journalisten kinderpornographische Websiten gezeigt, was aber laut Anwaltschaft kein öffentlich machen darstellte und ich denke auch zum Teil durch ihre Tätigkeit geschützt war.

  • Zwei Dinge sind wohl von vorne herein klar: Die Immunität wird aufgehoben (ich dachte, die wurde längst aufgehoben), und sollte am Ende des Verfahrens nicht sowieso schon das Wahlvieh glauben, dass er schuldig ist, er wird verurteilt, damit er nicht mehr für die Piratenpartei antreten kann.

    Denn eins ist klar: Bei einer Verurteilung muss die Piratenpartei ihn ausschließen, alles andere käme einem Selbstmord gleich. Und so einen prominenten Vertreter, der vielleicht sogar noch ein paar Traditionswähler erreichen könnte, kann man der Piratenpartei nicht kampflos überlassen.

  • Den dokumentierten Mißbrauch von Kindern läßig als KiPo abzukürzen, finde ich auch grenzwertig und geschmacklosl. Da ist auch die Länge von Textfeldern nur eine unzureichende Begründung.

  • @Christian
    Die Argumente er habe es privat betrieben, er hatte die Materialien nur zu Ermittlungszwecken usw… wären aber auch eine sehr passende Ausrede!
    Genauso wie es passend wäre für die großen Parteien den Übergang von Tauss zur Piratenpartei mit unwahren Anschuldigungen zu verhindern…

    Beides ist möglich, dennoch sollte man nicht so schnell Tauss mit mehr oder weniger parteiischen, ironischen Beiträgen in Blogs „verschönlichen“.
    Genauso wenig wie man die Abkürzung KiPo benutzen sollte, auch wenn eine Überschrift nicht ausreicht… das ganze Thema ist für solche Sachen einfach zu ernst.
    Dieser Bericht tritt hier zwischen XBox und Iphone „Werbung“ (ich weiß böse ausgedrückt) auf… und sollte dann auch dementsprechend ernster behandelt werden!

  • Ja mir ist besonders auch bewusst, dass ich den Menschen Tauss nicht persönlich kenne, nicht einschätzen kann und es sich daher auch nur um Meinungen und zusammengetragene Informationen handelt, die vorher schon mehr oder weniger von der Meinung anderer verzerrt waren.
    Aber nachdem ich mir einiges dazu durchgelesen habe, habe ich beschlossen ihm im Moment zu glauben. Wie dies in der Zukunft aussieht, ob es neue Beweise gegen ihn gibt oder vielleicht noch ein undurchsichtiges Immunitätsaufhebungsverfahren von Schäubles Schwiegersohn gegen einen der wenigen lauten Gegner der Sperren in der Regierung, wird sich zeigen.
    Das Problem ist einfach, das selbst wenn es sich herausstellt das er unschuldig ist und er wirklich mit guten Absichten gehandelt hat er sich nie wieder vollständig rehabilitieren kann. Er musste aufgrund dieser Vorwürfe schon sein Haus verkaufen und was ihm (evtl. ungerechterweise) auch auf der Straße gesagt wird kann sich wohl jeder vorstellen.
    Daher finde ich Anschuldigungen jemand hätte Kinderpornographie verbreitet extrem problematisch. Eben weil sich der Beschuldigte, selbst wenn er ohne jeden Zweifel von einem Gericht freigesprochen wird, nicht wieder rehabilitieren kann sollte so etwas mit Vorsicht behandelt werden und nicht von der Staatsanwaltschaft an die BILD ‚verkauft‘ werden.

    Ich weiß ist ein übertriebenes Beispiel, aber es hat etwas von der Todesstrafe: Den den du umgebracht hast kannst du nicht wieder zurückholen. Den den du beschuldigt hast Kinderpornographie zu konsumieren und zu verbreiten wirst du nicht wieder vollkommen Vorurteilsfrei in die Gesellschaft eingliedern können.
    Ein Grund warum für mich eben doch noch der Grundsatz gilt ‚Unschuldig bis schuldig gesprochen‘.

  • Dieser Tauss gehört imho aus allen öffentlichen Ämtern verbannt da:

    1.Entwerder er ist wirklich ein Pädophiler der sich an Kinderpornos aufgeilte und diese auf seinem Computer oder seinem Handy speicherte und nur aus Eigennutz gegen Netzsperren kämpft

    oder

    2. Er wollte wirklich nur gutes tun und auf eigene Faust Detektiv spielen und Kinderpornoringe sprengen aber selbst dann gehört er aus allen öffentlichen Ämtern verbannt weil wer so dumm ist und auf eigene Faust ohne Absicherung ohne Stempel/Auftrag/Zeugen wie auch immer einen auf NetzsherlockHolmes macht und Kinderpornos sucht und speichert ohne irgendjemanden einzuweihen oder sich abzusichern…. ja wer so dumm ist hat in der Politik und in allen öffentlichen Ämtern nichts verloren. PUNKT

  • „ja wer so dumm ist hat in der Politik und in allen öffentlichen Ämtern nichts verloren. PUNKT“

    Na wenn sich DAS mal einige zu Herzen nehmen würden ^^

    Was an der ganzen Sache dran ist, lässt sich wohl schwer sagen.

    Allerdings bin ich der Meinung, dass ein Rechtsverfahren nicht in der Bildzeitung ausgetragen werden sollte. Und dass sich das Thema Kinderpornografie auch schön als Waffe einsetzen lässt muss wohl nicht erst bewiesen werden (Wahlkampf lässt grüßen).

    Wenn sich die Staatsanwaltsschaft der Presse bedient, dann hört der Spaß irgendwann auch auf, von seriöser Ermittlung zeugt es eher nicht.

  • @ 2 / Schwerd:

    Für den § 353d StGB dürfte es wohl nicht ganz reichen, weil der StA ja weder die gesamte Anklageschrift noch wesentliche Teile davon zitiert hat,

    Es trifft zu, daß die Merkmale des § 353d StGB nicht so klar auf der Hand liegen. Aber diese Norm als Aufhänger einer Dienstaufsichtsbeschwerde, um dann die Ziffer 23 der RiStBV (http://tinyurl.com/ms7mxm) nachzulegen, verfehlt seine Wirkung sicher nicht.

    Die Dienstaufsicht des Staatsanwalts hat im übrigen bereits reagiert, wenngleich auch in einer völlig unzureichenden Form: Er bekommt ein Wattebällchen an den Kopf geworfen und das war’s dann.

    Die weitreichende Berichterstattung über den Regelverstoß des Staatsanwalts hat Herrn Tauss aber – anders als zu Beginn des Ermittlungsverfahrens – eher genützt als geschadet. Und der Name dieses Herrn Oberstaatsanwalts Rüdiger Rehring ist – jedenfalls in der Szene – verbrannt. Und das ist auch gut so.