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Xing öffnet sich für politische Gruppen – aber nicht für alle

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Die VZ-Gruppe hat es mehr oder weniger erfolgreich vorgemacht, das Hamburger Business-Netzwerk Xing zieht jetzt nach und hat seine heiligen Hallen zum ersten Mal politischen Interessengruppen geöffnet. Vorerst allerdings nur den Parteien, die „im Bundestag in Fraktionsstärke“ vertreten sind. Im Klartext: Nur die großen und etablierten Parteien dürfen sich auf Xing mit eigenen Gruppen präsentieren. Alle anderen, wie beispielsweise die Piratenpartei oder die Freie Union von Gabriele Pauli, müssen leider draußen bleiben.

„Die Bundestagswahl ist ein sehr wichtiges Thema, über das natürlich auch in der Wirtschaft diskutiert wird“, begründet Xing-Chef Stefan Groß-Selbeck die überraschende Öffnung der Business-Plattform – denn bisher waren politischen Gruppen in dem Netzwerk nicht erlaubt. Im Vorfeld der Bundestagswahlen möchte Xing seinen Mitgliedern allerdings die Gelegenheit geben, sich über relevante Themen auszutauschen. Warum also der plötzliche Schritt? In der Vergangenheit gab es schon öfters Versuche, auf der Business-Plattform politisch aktiv zu werden. Alle Anträge wurden aber mit einem Hinweis auf die geltenden Gruppenrichtlinien abgelehnt.

Eine Ausnahme bildet die allgemeine Politik-Gruppe mit knapp 9.000 Mitgliedern, die unter anderem von Xing-Mitarbeitern moderiert wird und für die strenge Diskussionsregeln gelten. Unter Punkt zwei heißt es zum Beispiel: „Unerwünscht ist Werbung jeder Art: insbesondere für bestimmte politische Organisationen, aber auch Eigenwerbung. Unerwünscht sich auch themenfremde Beiträge, dazu zählen auch Verschwörungstheorien und Diskussionen über Inhalten von Buchreligionen“. Neben der Pauli-Partei (unter Wahlen und Kandidaten) findet sich hier auch ein Thread unter „Brennpunkt Bundestagswahl 2009“ über die Piraten wieder. Xing-Community-Manager Klaus Wiesmüller hat heute Mittag höchstpersönlich die Frage zur Diskussion gestellt, ob die Piratenpartei als Klientelpartei für Geeks oder als Bürgerrechtsbewegung der Internet-Generation angesehen werden kann. Nach fünf Kommentaren gab es bereits ermahnende Worte von einem Gruppen-Moderator: „Lassen Sie uns hier ganz locker diskutieren. Die Tatsache, dass wir die Piraten hier als einzige der ‚Sonstigen‘ eingestellt haben, liegt an ihrer Bedeutung im Web.“


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Aber zurück zum eigentlichen Thema. Xing hat den großen Parteien je eine eigene Gruppe spendiert, die von den Verantwortlichen selbst gemanagt werden darf. Hier eine kleine Übersicht (Stand heute, 14 Uhr) der Gruppen samt Gründungsdatum, Mitglieder- und Artikelanzahl:

xing-wahlgruppen

„Vielversprechend“ sieht meiner Meinung nach ein bisschen anders aus. Besonders motivierend ist die Gruppe von der Partei Die Linke: Fünf Mitglieder, kein Artikel und der Gruppen-Moderator ist ein Xing-Mitarbeiter. Von einem Partei-Offiziellen habe ich nichts gesehen. In der Wahlzentrale auf StudiVZ sind die Linken ebenfalls auf dem letzten Platz. Ganz anders sieht es dort übrigens auch mit der Piratenpartei aus: Mit fast 40.000 Mitgliedern liegen die Piraten auf dem ersten Platz im Gesamt-Ranking – neben den etablierten Parteien wie CDU/CSU, SPD, FDP und den Grünen.

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(Michael Friedrichs)

Über den Autor

Michael Friedrichs

Michael Friedrichs hat als Redakteur für BASIC thinking im Jahr 2009 fast 400 Artikel veröffentlicht.

25 Kommentare

  • Die Plattform wahl.xing.com 403t nun, nachdem das Fehlen der Piratenpartei die Partei SONSTIGE zuletzt bei 90% gesehen hat und im Twitter ein Sturm der Entrüstung losbrach. Entweder ist denen der Server umgekippt oder sie hatten keinen Bock mehr.

    Mal sehen, was Xing für ein offizielles Statement rausbringt.

  • Manche Leute haben wohl sonst keine Probleme.
    Wo ist das Problem, wenn man die kleinen Parteien (erstmal) weglässt.

  • @DerBeobachter: Fairer finde ich die Lösung, allen Parteien ein Forum zu bieten, die laut Bundeswahlleiter auch bundesweit zugelassen sind. Die Partei, die nicht möchte, muss das Angebot ja nicht annehmen.

    Zudem gehe ich davon aus, dass ein Haufen Piraten Mitglieder bei Xing sind und deshalb noch weniger begeistert sind davon, „ausgeschlossen“ zu werden.

  • Dem Profileintrag „Organisation“ nach ist die Verteilung: 255 Piratenpartei, FDP 4211, SPD 2429, CDU 6197, Grüne 295
    Das ist sicherlich realistischer als die Resultate der Abstimmung, aber die Dunkelziffer ist sicherlich hoch.

    Mitgliederzahlen der Parteien wie von den Piraten gesammelt – http://wiki.piratenpartei.de/Mitglieder

  • Warum diese Aufregung? Wer wirklich was für die Piraten Partei machen will der kann ja eine eigene Seite ins Netz stellen. Ein wenig gute Promo hierfür und schon habt ihr Zugriffszahlen in 5 stellige Höhe täglich. Oder fehlt da manche dazu den Mut?

    Oder wird hier gewinselt weil ihre Lieblinge nicht mitspielen dürfen?

  • Grundsätzlich finde ich, dass man allen Parteien die gleiche Plattform bieten sollte. Es ist unverschämt großen Parteien eine Lobby zu bieten und kleine zu ignorieren.

    @geby: So eine Aussage ist immer etwas mit Vorsicht zu genießen.
    Das Problem hierbei ist, dass die Piraten eine quasi „Online-Partei“ ist. D.h. ihre Wäher kommen zum überwiegenden Teil aus dem Netz bzw. sich hoch netzaffin.
    Das eine solche Partei nun bei einer Online-Umfrage einer Online-Plattform weit vorn liegt ist naheliegend.

    Alternative: Stell‘ dich auf einen x-beliebigen Marktplatz und mache diese Umfrage; Der Anteil, der sonstigen würde wieder bei einem einstelligen Prozentwert liegen.

    Das Argument, dass sich „soviele die Aufnahme fordern“ ist deutlich zu relativieren. „So viele“ sind es im Grunde gar nicht!

  • Vielleicht sollten sich die Piraten auch einfach mal wieder vor Augen führen, das Wahlen immer noch total analog abgehalten werden (was ja auch gerade erst wieder vom Bundesverfassungsgericht bekräftigt wurde).

    Und genau da, also im analogen Teil der Welt, werden bisher noch die meisten Wähler mobilisiert, überzeugt, etc. pp. … Diese sich regelmäßig wiederholenden Stürme der Endbrüstung von Seiten der Piratenpartei, wirken doch irgendwie eher kindisch.

    Wenn es passieren sollte, das diese Partei bei der Bundestagswahl ein Mandat erringt oder gar Fraktionsstärke erreicht, dann dürfen sie von mir aus auch bei allen gaaaaanz wichtigen Veranstaltungen und Plattformen teilnehmen bzw. ihre eigene Gruppe haben. Solange man nur ein Mandat quasi von der SPD vermacht bekommen hat, sollte man vielleicht manchmal einfach ruhig sein.

    Am Ende zählen schließlich Wählerstimmen – und da hat die Piratenpartei bisher nichts weltbewegendes geschafft oder geleistet.

  • 1800 Leute in wenigen Stunden finde ich schon viel!!

    Und wenn auf einer Platform wie Xing nunmal Xing User über Politik reden wollen, dann sollte man dort die Piraten auch aufnehmen, weil dort viele Piraten sind.

    Wenn man die meinetwegen bei einer Wahlkampfveranstaltung auf dem Marktplatz von irgendeinem 1000 Leute Kaff auf dem Land „vergisst“ ist das was anderes.

    Aber bei Xing gehören sie hin!

    Das ist meine Ansicht und damit bin ich auch nicht vorsichtig!

  • @geby: Meine Rede. Grundsätzlich sollte man aber dann auch so fair sein und JEDER Partei die Chance der Selbdarstellung geben.

    Der zweite Punkt wäre: Von den vielen tausend „Onlinern“ auf die Gesamtbevölkerung zu schließen ist fahrlässig.

  • Ich finde die Entscheidung von Xing nicht gut. Eine öffentliche Diskussion, die zur demokratischen Meinungsbildung beitragen kann/soll, sollte dann auch allen demokratischen, zur Wahl zugelassenen Parteien offen stehen.

    Dies würde ich jedoch keines Falls auf die Piratenpartei begrenzen wollen. Insofern ist auch hier die Diskussion bislang etwas einseitig geworden.

  • Daran sieht man mal wieder wie undemokratisch Xing eigentlich ist.

    Alles was nicht erwünscht ist, wird einfach unter den Tisch fallen gelassen.

  • @geby: Also ich teile die Ansicht von Stefan. „So“ viele sind es sicher nicht.

    Und die Piratenpartei mit aufzunehmen, nur weil sie so Internet-affin ist, wäre ja ein noch größerer „Skandal“ als nur die großen Parteien aufzunehmen. Wenn , dann schon alle 29!

    Aber jetzt mal ganz im Ernst. Ich lehn mich hier vielleicht ein wenig aus dem Fenster, aber ich habe schon den Eindruck als ist hier auch eine gewisse „gespielte Empörung“ dabei.
    Und zum Glück ist XING ja nur einer von vielen (wenn auch ein relativ großer) Kommunikationskanälen und es gibt sicherlich noch andere Foren/Plattformen/Blogs/… wo man sich zum Thema Piratenpartei und BTW09 allgemein auslassen kann.

  • Mal ehrlich, eie ganze Politik ist doch eh nur Korrupt – alles Lobbyisten!
    Verstehe nicht warum Xing jetzt auf den Politik-Zug aufspringt, die sollten
    sowas sein lassen wie ich finde.

  • UPDATE: XING hat auf die Proteste reagiert und der Piratenpartei nun doch eine eigene Gruppe erlaubt. Die Erklärung dafür gibt es im Unternehmensblog:

    Liebe Kommentatoren,

    Vielen Dank für Ihre zahlreiche Meinungen und Ihre kritischen Anmerkungen.

    Wir haben uns in den vergangenen Wochen viele Gedanken gemacht, wie wir politische Diskussionen auf der Plattform fördern können. Mit unserer Regelung haben wir uns dabei für eine klare Linie und gegen radikale Gruppen auf der Plattform entschieden. Deshalb haben wir allen im Bundestag in Fraktionsstärke vertretenen Parteien ein eigenständiges Forum auf XING ermöglicht.

    Auch für uns bedeutet die Einführung von Politik auf der Plattform eine neue Situation, in der wir lernen und Erfahrungen sammeln. Wir haben heute im Laufe des Tages ein zahlreiches Feedback unserer Mitglieder erlebt, die sich eine Ausnahmeregelung und damit eine Gruppe der Piratenpartei auf XING wünschen. Als Web-2.0-Unternehmen nehmen wir das Feedback ernst und hören auf unsere User- wie wir es bereits in der Vergangenheit getan haben.

    Daher haben wir uns entschlossen, dass diese Ausnahme sinnvoll ist und unterbreiten der Piratenpartei gerne dasselbe Angebot wie den anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Die Möglichkeit einer Gruppe auf XING steht ihnen damit offen. Es gilt jedoch auch weiterhin: Es wird auch in Zukunft keinen Platz für radikale Gruppierungen auf XING geben.

  • Die Entwicklung bei xing wird spannend bleiben, meint Deutschlands Verhandlungsexperte Friedhelm Wachs, weil sich mit Sicherheit das Bundesverfassungsgericht mit der Benachteiligung von zugelassenen Parteien auseinander setzen wird. Xing ist gut beraten, mit den demokratischen Parteien und Bewerbern ein spezielles Agreement zu verhandeln, das den freien Zugang regelt. Ohne Verhandlung, so Verhandlungsprofi Friedhelm Wachs, dürfte sich xing schnell eine Vielzahl rechtlicher Auseinandersetzungen erwehren müssen, die kaum zu gewinnen sein werden.

  • Für mich hat die ganze Sache trotzdem einen richtig faden Beigeschmack, naja ich bin Gott sei Dank kein Mitglied mehr bei Xing. Sehr schlechte PR Aktion von Xing, noch nicht einmal eine Entschuldigung kam.