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Basic Sunday: Das Spiel

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Es war einer der langweiligen Tage, in denen sich Steven wieder einmal in sein Zimmer verkrochen hatte und vor seinem Computer saß. Und wieder einmal war es einer der Tage, an denen er sich seinen Eltern nicht zeigen würde. Schließlich befand er sich im Krieg. In Schlachten, die er für sich und für die gesamte Menschheit entscheiden musste. Strategien, Schnelligkeit und Weitsicht führten immer zum Erfolg und so war es kein Wunder, dass er bald zu den besten Spielern gehört, welche die Welt zu bieten hatte. Es gab nur wenige Spieler, die sich mit ihm messen konnten. Eine Handvoll aus seinem eigenen Land und nur wenige andere aus den entlegenen Gebieten des Ostblocks. Irgendwann einmal wollte er sich das weit entfernte Land auch mal aus der Nähe ansehen, aber jetzt noch nicht. Nicht jetzt. Schließlich hatte er noch eine Menge zu erledigen.

Während er so an seinem Rechner saß, öffnete sich unvermittelt die Tür. Einige Personen in Anzügen traten ein, nebst seinen Eltern, die ihn mit großen Augen ansahen. Eine große Aufgabe liege vor ihm, hatte man ihm gesagt. Seine Mutter schlug ihre Hände vor den Mund und begann vor Stolz zu weinen. Er sei dazu auserwählt, seinem Land zu dienen und sie in die nächste Generation zu führen. Zunächst begriff Steven nicht, doch dann wurde ihm klar, dass sie ihn nur aus einem einzigen Grund gewählt haben konnten. Er lächelte, schaltete den Computer aus und packte seine notwendigsten Habseligkeiten in seinen Rucksack. Mehr werde er nicht brauchen, hatte man ihm gesagt. Sonst werde ihm alles gestellt. All dies geschah innerhalb weniger Stunden. Und diese Zeit verging wie im Flug, während er bei seiner großen Reise allesamt interessante Fakten zu hören bekam: Neue Computersysteme, strategische Herausforderungen und ein Computerspiel, welches es so in der Welt noch nie gegeben habe. Seine Augen weiteten sich, als er an seinem Ziel angekommen war. Das neueste Computersystem der Welt befand sich vor ihm und er und nur wenigen weiteren Auserwählten war es gestattet, es auf Herz und Nieren zu prüfen und das neue System einem umfangreichen Test zu unterziehen.

Das modernste System der Welt


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Seit diesem Tag saß Steven in seinem Raum und hatte kaum Kontakt zur Außenwelt. Lediglich ein paar Mal saß er mit einigen Hochoffiziellen im Raum und musste einige Fragen zum System beantworten. Steven war überrascht. Noch nie hatte er eine derart realistische Simulation gesehen, die scheinbar auf jeden einzelnen seiner Schritte reagierte und sich extrem intelligent verhielt. Der junge Mann aß, wann er essen musste, schlief, wenn er schlafen musste. Doch die restliche Zeit war dem neuen System vorbehalten. Es war die größte Herausforderung, die er je zu meistern hatte und als er nach etlichen Monaten endlich soweit war und das Computersystem besiegt hatte, überraschte man ihn mit zahlreichen Geschenken. Sogar seine Eltern waren da gewesen und hatten ihn voller Stolz und Glück in ihre Arme geschlossen. Einmal fragte Steven danach, wann denn das neue System zum Einsatz kommen würde. Schließlich war er sehr neugierig darauf, wie die Gamer auf der ganzen Welt auf dieses Spiel reagieren würden, doch darauf reagierten sie nur sehr ausweichend. Steven nahm an, dass es noch ein Weilchen dauern würde, denn einige Wochen später kamen die Männer in sein Zimmer und baten ihn, mitzukommen.

Eine neue Herausforderung

Steven kam in einen großen runden Saal, in dessen Mitte das größte Computersystem der Welt verbaut war. Überall lagen Kabel herum und an den Mauern saßen zahlreiche Wissenschaftler, die eifrig an ihren Computerbildschirmen saßen. Heute sei sein Tag, sagte man ihm. Er sei soweit, die finale Phase des neuen Computerspiels zu testen und zu bewerten. Von ihm und weiteren Personen hinge es ab, ob das neue Spiel in die Welt entlassen werden könne oder nicht. Kaum ausgesprochen traten vier weitere Personen aus anderen Türen in den großen Saal. Offenbar hatten sie genauso wenig Ahnung von diesem großen Konstrukt wie Steven, denn auch sie schienen sehr überrascht und schauten sich fragend um. Alle wurden sie in die Mitte des Raums geführt, wo sie einander vorgestellt wurden. Zu Stevens großer Überraschung kannte er jeden einzelnen dieser Leute. Zwar hatte er sie nie zuvor gesehen, doch hatte er etliche Male gegen sie gespielt. Mal hatte er gewonnen, mal hatte er verloren. Die drei Männer und zwei Frauen gehörten zu den besten Spielern in ihrem Land und sie waren alle voller unbändigem Stolz, das neue System gemeinsam testen zu dürfen.

Die große Selbstaufopferung

Während es einige Wochen dauerte, jedem Einzelnen die jeweiligen Systeme und Funktionalitäten des Strategiespiels zu zeigen, vergingen die Tage für Steven wie im Flug. Er war neugierig und nervös zugleich. Das lag nicht nur daran, dass er an diesem großen Computerterminal saß und alle fünf weiteren seiner Kumpanen in einem Halbkreis ebenfalls an ihren Terminals platziert waren – sondern daran, dass er das Zentrum eines unglaublich großen Tests zu sein schien. Steven und die anderen freundeten sich mit dem neuen System an und waren überrascht, welche Detailtiefe und was für einen Realismus die Anwendung sonst noch zu bieten hatte. Obwohl sie alle Kommandos wie bislang nur mit Tastatur, Maus und Headset eingaben, schien das System schneller zu reagieren als jedes Computerspiel, welches sie bislang gesehen hatten. Schnell wurde auch klar, warum er nicht der Einzige war, der das System bedienen konnte. Man hatte ihm in den ersten Wochen lediglich einen Teilbereich freigeschaltet. Der gesamte Programmumfang konnte nur durch mehrere Personen bewerkstelligt werden. Die Optionen und Möglichkeiten waren so groß, dass eine einzelne Person nicht in der Lage war, jede einzelne Bewegung zu kontrollieren. Selbst Steven, der zu den besten Spielern überhaupt gehörte, musste sich enorm konzentrieren, um die zahlreichen Funktionen zu erlernen und sich zudem gleichzeitig mit seinen Mitspielern abzusprechen.

Teamwork machte den Unterschied

Die Monate zogen ins Land währen Steven und seine Mitspieler immer schneller und immer besser auf die neuen Herausforderungen des Programms reagierten. Es war eine große Schlacht, die sie schlagen mussten. War ein Gegner besiegt, mussten sie sich auf neue Schauplätze konzentrieren, die sich an anderen Orten aufgetan hatten. Einige Male standen sie kurz vor dem Zusammenbruch, doch ihre Schnelligkeit und ihr Teamwork verhalfen ihnen immer zum Sieg. Zudem hatten sie noch die besonders großen und zerstörerischen Waffen zur Hand, die sie zwar anfangs nicht einsetzten, doch die später immer häufiger notwendig waren, um weitere Gefahrenquellen zu eliminieren. Hatten sie einmal diese zerstörerischen Waffen eingesetzt und hatten sie ihr Ziel gefunden, so war aus dem Bereich der Welt keine weitere Kampfhandlung mehr zu erwarten. Es war eine mächtige Waffe, die nicht nur sie, sondern auch ihre Gegner zum Einsatz bringen mussten. Daher konzentrierten sie sich stets darauf, diese Waffen der Gegner immer als Erstes zu zerstören. War das einmal gelungen, versuchten sie, den Gegner mit ihren konventionellen Waffen zu besiegen. Ein paar Mal war dies nicht möglich gewesen, so dass sie gezwungen waren, ihre zerstörerischste Option einzusetzen.

Die Jahre vergingen

Weitere Jahre vergingen und Steven merkte nicht, wie aus einem stattlichen jungen Mann ein Mann mittleren Alters wurde, der aufgrund des fehlenden Sonnenlichts, der dauernden Konzentration und der fehlenden Bewegung kaum mehr eine Ähnlichkeit zu dem frischen, strahlenden Kind hatte, das Steven einst gewesen war. Auch seine Freundinnen und Freunde hatten sich verändert. Ähnlich wie er waren ihre Körper ausgemergelt und geschwächt. Lediglich seine Sinne und sein Hirn waren so funktionstüchtig wie eh und je. Doch das Ziel war nahe. Eine entscheidende Schlacht stand noch bevor, bis sie das Computersystem besiegt und das letzte Level endgültig überstanden hatten. Mit ungeheurer Kraftanstrengung, großem Teamwork und auch einem Quentchen Glück gelang es ihnen schließlich, auch dieses Level zu Ende zu bringen und als Sieger aus dem Spiel hervorzugehen.

Sie hatten das Spiel beendet

Und wie sie gefeiert wurden. Die Wissenschaftler und auch ihre damaligen Betreuer kamen freudestrahlend auf sie zu und feierten sie wie Helden. Und wie wahre Helden fühlten sie sich auch, denn nach all den Jahren Aufopferung war es ihnen gelungen, das System zu perfektionieren und zu einem der besten und aufwändigsten Computerspiele der Welt zu machen. Mit unbändigem Stolz und großer Freude wurden sie nach draußen geführt, während sie sich langsam ihres Alters und ihrer Schwäche bewusst wurden. Die jungen Menschen hatten sich über die Jahre zu alten Greisen entwickelt, ihre Hände knöchrig und jeder einzelne ihrer kleinen Schritte taten ihnen weh. Als die großen Türen geöffnet wurden, waren sie einige Momente stark geblendet, bis sie sich langsam an das gleißende Licht gewöhnt hatten.

Das Ende eines Traums

Wie aus einem tiefen Traum erwacht sahen sie, was sie niemals für möglich gehalten hatten. Ihre Stadt, die sie noch in Erinnerung hatten, existierte nicht mehr. Aus einem dichten Nebel sahen sie zerstörte Häuser, Gerippe von alten Bäumen und den schwachen Geruch von Waffen in der Luft. Weit in der Ferne sahen sie immer wieder Lichtblitze aufflackern, die von Geröll und Donnern begleitet wurden. Verwundert starrten sie sich an und die Antwort, die sie alle wussten, traute sich niemand auszusprechen. Sie waren es, die das System perfektioniert hatten und sie waren es gewesen, die dieser Schlacht die entscheidende Wendung gegeben hatten. Doch was sie nicht wussten: Auch sie waren es, die diese Welt, ihre eigene Welt, endgültig verändert hatten.

Einer nach dem Anderen brach schluchzend im pechschwarzen Schnee zusammen, während sich die Kommandeure gegenseitig die Hände schüttelten und ihren Sieg feierten. Das System hatte letztendlich gewonnen. Eine neue Weltordnung hatte eingesetzt…

(Alper Iseri / meetinx.de)

Über den Autor

Ehemalige BASIC thinking Autoren

Dieses Posting wurde von einem Blogger geschrieben, der nicht mehr für BASIC thinking aktiv ist.

19 Kommentare

  • Die Geschichte ist nicht einmal so fern, Operationen und Schlachtzüge werden auch heute schon aus klimatisierten Räumen fern der Front geführt, Menschen, Divisionen, Einheiten, Panzer … alles sind Icons auf Bildschirmen, untermalt von Gelände und Wetterinformationen. Befehle an die unterschiedlichen Truppen werden auf Basis dieser entmenschlichten Darstellung getroffen, man wird nicht mehr mit dem Ergebniss seiner Handlungen „konfrontiert“, auf dem Bildschirm ist Objekt X43 zerstört, in der Realität wurde gerade ein Haus mit dutzenden zivilen Opfern dem Erdboden gleich gemacht.

  • Nette Geschichte, wenn man aber ein par von deinen Texten gelesen hat, weiß man schnell wie es enden wird. In diesem Fall, zu schnell. 😉

  • Bei „Die 3 ???“ gabs doch auch mal so was in der Art^^ Da konnte man in einem Computerspiel Flugzeuge steuern, und auf dem höchsten Level hat man dann reale Raketen gesteuert, die Satelliten abgeschossen haben 😛

  • #8, #9: Das kam mir auch direkt in den Sinn. Die Ähnlichkeit ist verblüffend…und Ender’s Game ist ein super Lesetipp, muss ich mal wieder rauskramen…

  • Jetzt mal ganz ehrlich: Ich habe bis jetzt noch nie von „Ender’s Game“ gehört oder gelesen. Wenn die Geschichte hier tatsächlich der Geschichte aus dem Buch ähnelt, dann ist das ein sehr großer Zufall. Habt ihr auch den deutschen Titel von dem Buch? Dann werde ich es mir mal näher anschauen. Hört sich nämlich sehr interessant an 🙂

  • Das Buch heißt „Das große Spiel“.
    Das Thema ist allerdings breiter angelegt, es geht um das Erwachsenwerden eines Ausgegrenzten, um die Vermischung von Kriegssimulation und Realität, sowie um die Frage des Umgangs mit Aliens.
    Der Blogartikel thematisiert nur die Kriegssimulation.

    So, wie es im Blogartikel dargestellt wird, ist die Sache übrigens nicht sehr realistisch.
    Planungsstäbe benötigen andere Fähigkeiten als Strategiespieler. Es gibt zwar Überschneidungen, aber beide Gruppen benötigen Fähigkeiten, die für die andere irrelevant sind (ein Planer muss z.B. mit nackten Zahlen und Diagrammen umgehen können, ein Strategiespieler muss rasch Bewegungen erkennen und benötigt eine gute Hand-Auge-Koordination).

  • Ich finde den Text gruselig. Wenn man sich in die Geschichte hineinversetzt kommt einen das grauen. Ich denke da immer an die Eltern die dann nicht mehr leben, davon bekommt der Spieler nichts mit. Gruselig. Aber nicht schlecht.

  • Interssante Geschichte, aber wenn man mal so drüber nachdenkt garnicht so entfernt das es einmal so geschehen könnte. Ein bissl erschüternt wie die Welt mal aussehen könnte.

  • ganz ehrlich, ich lese euren blog jeden tag, jeden Artikel, NUR DIE BASIC SUNDAY Artikel finde ich jedes mal total (sche*s*e) langweilig keine Ahnung warum, mich interessieren nicht irgendwelche fantasie geschichten ich will wissen was läuft.

    ich musste das mal los werden.

  • Bei mir ist es eher umgedreht. Ich schaue hier und da mal bei Basic Thinking rein, die Basic Sunday Geschichten jedoch versuche ich nie zu verpassen.
    Dieser Text hier gefällt mir auch wieder besser, als der, der letzte Woche erschienen ist. Jedoch konnte auch ich schon den Schluss recht früh erahnen, was den Text dennoch nicht schlechter macht.
    Leider ist der Text auch sicherlich näher an der Realität dran, wie man es sich wünschen würde, denn ich will nicht wissen was die Geheimdienste und Militärs auf dieser Welt hinter verschlossenen Türen bereits testen, von denen wir noch nicht einmal erahnen können, dass es solche Sachen überhaupt geben könnte.