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Schleichwerbung: Gehören auch deutsche Blogs an den Pranger?

prangerVor wenigen Tagen erreichte uns aus den Vereinigten Staaten die Nachricht, dass die Federal Trade Commission (FTC) neue Regeln erlassen hat, was Schleichwerbung in Blogs angeht.

Demnach muss ein US-Blogger künftig angeben, ob er für sein Review über ein Produkt selbiges als kostenloses Testobjekt zur Verfügung gestellt bekommen hat, oder er kann mit einer empfindlichen Geldstrafe bis zu 11.000 US-Dollar belegt werden. Wie zu erwarten war, gibt es diesbezüglich die verschiedensten Reaktionen, die das gesamte Spektrum zwischen absoluter Zustimmung und totaler Ablehnung abdecken.

Meiner Meinung nach handelt es sich um einen nachvollziehbaren und auch überfälligen Schritt. Es ist das gute Recht eines jeden Bloggers, Geld mit seiner Arbeit zu verdienen. Wenn ich Zeit, Geld und Energie in mein Blog stecke, Leser mit dem Resultat begeistern kann und dann die Möglichkeit bekomme, meinen Einsatz honorieren zu lassen, dann halte ich das für absolut legitim. Aber der Leser sollte wissen, woran er ist! Also sollte ein solcher Artikel – wie beispielsweise bei Trigami – auch als solcher gekennzeichnet sein.


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Logischerweise werden nun die Rufe auch in unserem Land lauter, die eine solche Reglementierung fordern. Wie die Wirtschaftswoche berichtet, ist die deutsche PR-Branche diesbezüglich auch schon so weit in seinen Überlegungen fortgeschritten, dass man bereits mit Anfang 2010 mit Maßnahmen rechnen kann. Man verlässt sich dabei jedoch nicht auf den Staat als Kontrollorgan, sondern möchte stattdessen lieber auf die Selbstreinigungskräfte innerhalb der deutschen Blogosphäre vertrauen und entlarvte Werbeblogger lieber an einen virtuellen Pranger stellen.

Dafür wird jetzt an einem „Verhaltenskodex“ gearbeitet, welcher noch dieses Jahr fertiggestellt werden soll. Was das Anprangern angeht, bin ich jetzt ein klein wenig zwiegespalten. Einerseits finde ich die Idee interessant, sich darauf zu verlassen, dass das Internet von allein dafür sorgen wird, dass ein einmal ermittelter Blogger in den Fokus gerät. Andererseits jedoch gibt es einige Unwägbarkeiten, die man nicht unberücksichtigt lassen sollte.

Wie überführt man einen Blogger überhaupt? Undwie wird gewährleistet, dass ein Blogger tatsächlich ein Gratisprodukt erhalten hat und er es nicht schlicht und ergreifend auf ganz herkömmliche Weise erstanden hat und nun seine Begeisterung über ein tolles Produkt verbloggt? Was ist mit den unzähligen Rezensionen von Büchern und Tonträgern? Wird man einen Unterschied machen zwischen beispielsweise einem „zur Verfügung gestellten“ Handy oder einer Promo-CD, die im Rahmen der üblichen Promotion-Bestückung Wochen vor dem Release die Musikblogger erreicht? Und wird man nun latent jedem dieser Musikblogger unterstellen, ein positiveres Urteil gefällt zu haben, weil man die CD schließlich kostenlos erhalten hat? Was, wenn ein Blogger aus niederen Beweggründen einen anderen an den virtuellen Pranger stellt?

Ihr seht, es gibt durchaus noch einige Überlegungen, die hoffentlich mit in den Verhaltenskodex einfließen, welcher außer für Blogger auch gleichermaßen für PR-Agenturen, Unternehmen und soziale Netzwerke gelten soll. Leander Wattig geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert direkt einen Social Media Kodex ein.

Vergleiche ich den geplanten deutschen Vorstoß mit der Vorlage aus den USA, dann ist mir ehrlich gesagt „unsere“ Version lieber. Zwar ist es lobenswert, dass die in den USA geltende Regelung eher darauf abzielt, die Blogger zu warnen, statt mit der möglichen Höchststrafe zu belegen, aber faktisch stelle ich es mir schwer vor, Hunderttausende Blogs zu überwachen und die schwarzen Schafe zu überführen.

Daher vertraue ich eher darauf, dass ein Blogger hierzulande eher von einem anderen Blogger überführt wird – statt von einer staatlichen Institution. Ich finde nicht, dass wir es hier mit diesem vielzitierten rechtsfreien Raum zu tun haben, denke aber dennoch, dass in diesem speziellen Bereich diese angestrebte Reglementierung Sinn macht – erst recht, wenn man das ohne ein staatliches Kontrollorgan bewerkstelligen kann. Eure Meinung?

(Carsten Drees / Fotovorlage: Hinnerk)

Über den Autor

Ehemalige BASIC thinking Autoren

Dieses Posting wurde von einem Blogger geschrieben, der nicht mehr für BASIC thinking aktiv ist.

18 Kommentare

  • Blöd gefragt: Gibt es sowas eigentlich für Print- oder Fernsehjournalisten?
    Gerade die Zeitungen sind ja voll von Gefälligkeitsartikeln.
    Und was vermutlich noch viel verbreiteter ist, als Geschenke anzunehmen:
    Es werden einfach Pressemitteilungen angenommen und abgedruckt – das Geschenk heißt hier „Content“. Auch darüber könnte man sich mal Gedanken machen. Denn auch die Tatsache, dass es sich bei einem Artikel um eine Pressemitteilung handelt, wird leider nur allzu selten hervorgehoben.
    Das betreffende Produkt kommt jedoch naturgemäß immer positiv weg.
    Eine Sanktionierung halte ich für schwer durchführbar. Wie gesagt ist der Nachweis nicht einfach. Und wer möchte schon, dass Blogger wegen eines kleinen Reviews den Bundestrojaner appliziert bekommen.
    Und das für von dir vorgeschlagene „Blogwartsystem“ halte ich für (ohne jetzt genau zu wissen, wie du das umsetzen möchtest) schädlich. Die Blogosphäre an sich könnte darunter leiden.
    An einem virtuellen Pranger wäre für den einen oder anderen sicher auch interessant, ob er PageRank vererbt…

  • Der eigentliche Sinn der aufgedrückten Verhaltens-Regeln ist doch, dass die PR-Branche die Blogger in Sachen Glaubwürdigkeit angreifen will.

    In der Gunst der Leser gibt es schließlich einen Wettstreit, wem man was warum glaubt.

    Fraglich, ob die Blogger das je verstehen werden.

    Lesetipp:
    http://www.textberater.com/news/kampf-um-glaubwurdigkeit-pr-branche-will-blogger-entmachten/#more-2585

    Die Strategie hinter den edlen Zielen wird nur unterschwellig deutlich. Die Bindung an ethische Kodizes ist zwar in Medien und PR Usus. Doch die Initiative zu solchen Regeln kam stets aus den jeweiligen Branchen.

    Es wäre der PR-Lobby doch nie und nimmer eingefallen, sich Regeln für saubere Redaktions-Arbeit auszudenken.

    Genauso wenig hätten die Medien ein Papier erarbeitet, in denen sie die Anforderungen an gute PR propagierten.

  • @ Florian: Ja, das gibt es auch für andere Journalisten. Da wacht der Presserat über die Einhaltung des (freiwilligen) Pressekodex.

    Du kannst dich jederzeit beim Presserat (http://www.presserat.info)beschweren, wenn du die Arbeit von Journalisten nicht in Ordnung findest, ob es nun um die Vermischung von Anzeigen und redaktionellem Inhalt oder um andere Themen geht, etwa unangemessen reißerische Berichterstattung. Du kannst dir ja denken, dass der die meiste Zeit die Hände voll hat mit der Bild-Zeitung. 🙂

    Wenn wir Blogger die vollen Vorrechte der Presse genießen wollen, dann sollten wir uns meiner Meinung nach auch an die Regeln halten. „Die anderen machen das aber auch so!“ ist kein Argument, zumindest nicht wenn man aus dem Kindergartenalter raus ist.

  • @Andrea: Danke für die Info. Mein Verweis auf die Printmedien war jetzt nicht unbedingt als „die anderen machen das aber auch so“ gemeint.
    Aber warum man gerade bei den Bloggern mit juristischen Sanktionen hätte anfangen müssen, wäre mir schleierhaft gewesen.

  • Guten Morgen, liebe Blogger.

    Noch nie was von §6 Telemediengesetz gehört? Ja, der gilt auch für euch:

    § 6 Besondere Informationspflichten bei kommerziellen Kommunikationen

    (1) Diensteanbieter haben bei kommerziellen Kommunikationen, die Telemedien oder Bestandteile von Telemedien sind, mindestens die folgenden Voraussetzungen zu beachten:

    1. Kommerzielle Kommunikationen müssen klar als solche zu erkennen sein.
    2. Die natürliche oder juristische Person, in deren Auftrag kommerzielle Kommunikationen erfolgen, muss klar identifizierbar sein.
    3. Angebote zur Verkaufsförderung wie Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke müssen klar als solche erkennbar sein, und die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme müssen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden.
    (…)

    Find ich immer wieder lustig, wenn nach gesetzlichen Regelungen gerufen wird, die schon lange existieren.

  • @Florian: Das „die anderen machen das aber auch“ war auch nicht direkt auf dich bzw. deinen Kommentar gemünzt. Aber ich finde, so argumentieren immer noch viel zu viele Blogger, nach dem Motto „Wenn die großen Printmedien oder das Fernsehen so schlampig arbeiten, dann ist das für uns auch in Ordnung“ – und das ist es eben nicht.

    @llamaz: Wie jetzt, soll das etwa heißen das Internet ist DOCH kein rechtsfreier Raum?!

  • @llamaz

    Es existieren zwar gesetzliche Regelungen. Doch das Internet entwickelt sich so schnell, dass das Gesetz gar nicht mehr hinterher kommt neue Gesetze zu verfassen bzw. die vorhandenen zu optimieren.

  • Das ist an sich eine gute Idee, aber Ich glaube man sollte es dem Blogger selbst überlassen, ob er es für angemessen hält bestimmte klausel seiner Arbeizt zu veröffentlichen oder nicht, Ein Gesetzt wird das problem nicht lösen, ehe vielleicht die Leute dazu zu bewegen Verantwortung zu übernehmen und die Leser zu schützen.

    (Beta comment)

  • Hmmm ich weiß auch nicht ob es unbedingt sein muss das man jemanden vorschreibt was er wie zu kennzeichnen hat und wenn er es nicht tut ihn dann an den Pranger zu stellen. Es sollte jeder selber entscheiden was er, wie machen möchte und ich glaube das der Blogleser auch nicht ganz so blöd ist und alles glaubt was irgendwo geschrieben wird.

    Lieben Gruß
    Sven

  • In den englischsprachigen Ländern haben Blogs mittlerweile einen nicht zu verachtenden Stellenwert im alltäglichen Leben , insofern läßt sich so eine gesetzliche Vorgabe irgendwie nachvollziehen.

    Andererseits wird man es wohl nicht umfassend kontrollieren können, aus welchen Beweggründen sich ein Blogger über ein Produkt äußert.