Sonstiges

Niiu: Naht die Rettung der Printmedien?

niiuEs vergeht kein Tag, an dem nicht in den Abgesang auf die klassischen Printmedien eingestimmt wird. „Totes Holz“ als Grundlage für das Verbreiten von Informationen hat ausgedient. Ich selbst gehöre auch zu denen, die von der Branche ein bislang nicht gezeigtes Maß an Bereitschaft zur Veränderung fordern, wenn sie denn in Krisenzeiten und gegen das offenbar übermächtige Internet bestehen möchte. Es ist grundsätzlich egal, über welche Branche wir sprechen – ob Musik, Film oder den Journalismus. Für alle gilt die Auflage, dass man sich verändern muss, anstatt sich verzweifelt gegen nicht mehr änderbare Gegebenheiten zu wehren und alte Zustände zurückzusehnen.

Da – wie oben erwähnt – tagtäglich sehr viele und darunter auch viele wirklich fundierte Artikel im Netz erscheinen, die den aktuellen Zustand und Zukunftsprognosen beschreiben, werde ich Euch nun nicht mit einem x-ten Aufguss dessen langweilen, sondern auf ein Projekt aufmerksam machen, welches zumindest einen neuen, anderen Weg zu gehen versucht.

Via dwdl.de bin ich heute auf Niiu aufmerksam geworden. Niiu ist eine vorerst nur in Berlin erscheinende Tageszeitung, die bei den Lesern ab November mit personalisierten Inhalten punkten möchte. Wir als Digital Natives sind es gewohnt, uns unseren gewünschten Content auf unsere Bedürfnisse anzupassen und nur das zu lesen, was uns interessiert. Bei einer Tageszeitung hingegen muss man sich mit dem Themen-Mix abfinden, den man vorfindet.


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Genau da hakt Niiu ein und möchte, dass sich der Leser für 1,80 Euro (Studenten, Schüler, Zivis: 1,20 Euro) seinen Content selbst zusammenstellt. Niiu ist quasi nichts anderes als ein Aggregator, welcher im klassischen Zeitungsformat die Dinge aufbereitet, die wir wirklich lesen wollen. Dazu hat man viele gewichtige Partner ins Boot holen können und der Leser kann somit wählen, ob er in seiner persönlichen Ausgabe Inhalte aus z.B. „Bild“, „Handelsblatt“, „Berliner Morgenpost“ oder gar der „New York Times“ lesen möchte.

Niiu geht aber noch einen Schritt weiter und kooperiert auch mit vielen Internetpartnern. So kann in eurer persönlichen Ausgabe neben den oben genannten klassischen Printmedien auch das Neuste von laut.de, netzpolitik.de oder – wer hätte es gedacht – basicthinking.de stehen.

Wie bereits erwähnt, ist das Projekt leider bislang auf Berlin beschränkt, aber die Köpfe hinter Niiu – Hendrik Tiedemann und Wanja Sören Oberhof – haben natürlich Pläne für Hamburg, Köln, München und weitere Metropolen in der Schublade. Falls es in absehbarer Zeit auch eine Dortmunder Ausgabe geben wird, würde ich sie mit Sicherheit testen, denn diesen Mix aus meinen präferierten Themen und dem haptischen Erlebnis einer klassischen Zeitung stelle ich mir äußerst spannend vor.

Wenn ich überhaupt einen Kritikpunkt an dem Angebot finden soll, dann am ehesten noch bei der Internetpräsenz von Niiu. Die Links zu Facebook und Twitter auf der Landing Page führen lediglich zu den jeweiligen Startseiten statt auf die Niiu-Angebote (Facebook und Twitter), den Link zur internationalen Ausgabe der „New York Times“ schmückt ein „Washington Times“-Logo und unter Chrome läuft die Seite noch nicht einwandfrei – das sind jedoch unter dem Strich allenfalls kleine Schönheitsfehler, die mit Sicherheit schnell behoben sind.

Um auf meine in der Überschrift geäußerte Frage zurückzukommen: Nein, ein solches Projekt rettet die Printmedien sicher nicht – zumindest nicht im Alleingang. Aber genauso, wie innovative Plattenlabels Nischen finden, in denen sie ungeachtet von illegalen Downloads und Kostenlos-Kultur Profit erwirtschaften können, kann auch aus dieser ambitionierten Geschichte eine Erfolgsgeschichte werden. Die beiden Studenten Tiedemann und Oberhof schielen nämlich bewusst auf eine junge Zielgruppe – vor allem Studenten – bei denen die Hemmschwelle gegenüber neuen Plattformen und Ideen naturgemäß sehr niedrig ist.

Ich wünsche den beiden jedenfalls viel Erfolg mit Niiu – allein schon, weil ich den Dortmunder Ableger eines Tages in Händen halten will 😉

(Carsten Drees)

Über den Autor

Ehemalige BASIC thinking Autoren

Dieses Posting wurde von einem Blogger geschrieben, der nicht mehr für BASIC thinking aktiv ist.

24 Kommentare

  • Die Idee ist wirklich nicht schlecht. Aber ich bin ein Mensch, der sich gerne überraschen lässt. Ich meine, in einer normalen Zeitung finde ich auch oft Themen und Artikel, die mich normalerweise nicht interessieren oder auf die ich nie kommen würde, aber doch interessant sein können und sind, und die ich dann lese.
    Dieser Effekt würde dann ausbleiben.
    Aber vielleicht kann man sich unter Niiu Lesern die Zeitungen austauschen, wäre lustig und vielleicht lernt man so den anderen Menschen besser kennen, wenn wir sehen was er gerne liest etc.

  • Nette Idee, aber auf lange Sicht meines Erachtens vergebens. Wenn sich erstmal die mobile Reader durchgesetzt haben werden Print Medien nur noch die Rentner und Nostalgiker verwenden. Print Medien die jetzt bereits erfolgreich im Internet sind wird das aber wenig stören, denn das wird noch einige Jahre dauern.

  • Die Idee gefällt mir eigentlich ganz gut. Allerdings finde ich persönliche alle Themen die mich interessieren auch Online. Via RSS kann ich mir auch die gewünschte Inhalte quasi zusammenstellen. Die wichtigste Frage wird sein, ob der Kunde bereit ist 1,80 Euro für eine Zeitung zu zahlen, wenn er die Inhalte kostenlos via RSS Online zusammenstellen kann. Darüber hinaus werden die Themen (auch die von Basicthinking) erst Online veröffentlicht. Warum sollte jemand für „veraltete“ Informationen die man zudem Kostenlos bekommen würde, Geld zahlen?

  • Ich bin Berliner und freue mich sehr auf dieses Angebot. Hab mich für die Testausgabe eingetragen

  • Sehe das ähnlich wie #1 Millus: Eine Tageszeitung hat für mich gerade deshalb eine hohe Relevanz, weil ich dort auch Themen lese, nach denen ich im Web nicht aktiv suchen würde. Während mich meine RSS-Abos in meinen Interessensgebieten mit Neuigkeiten versorgen, informiere ich mich durch die „klassischen“ Medien über das übrige aktuelle Geschehen.

    Und in diesem breiten Feld bin ich dann übrigens auch dankbar für die Gate-Keeper-Rolle der Journalisten und Redakteure, die mir zwar nur Ausschnitte der Welt zeigen, dafür aber ein überschaubares Gesamtpaket schnüren. Wenn mich etwas weitergehend interessiert, kann ich mich dazu ja im Internet schlau machen.

    Aus dem Grund verlieren für mich persönlich weder die Printmedien noch das Berufsbild des klassischen Journalisten an Relevanz. Und genau deshalb wäre eine rein auf meine Interessen zugeschnittene Zeitung für mich völlig uninteressant.

  • Ich glaube nicht an einen Erfolg des Projektes!
    Wie Du schon sagtest: „Totes Holz als Grundlage für das Verbreiten von Informationen hat ausgedient.“ Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen.

    Erst heute habe ich mich wieder geärgert, als ich meine vom Regen durchnässte Zeitung aus dem Briefkasten holte. Ständig die schmutzigen Finger nach dem Lesen der Zeitung – nein, ich lese nicht die Bild ;-). Die Zukunft gehört der digitalen Verbreitung der Nachrichten. In 10 Jahren wird es den „Beruf“ des Zeitungsjungen nicht mehr geben!

    Die Verlage sollten endlich die Zeichen der Zeit erkennen und nach innovativer Hardware zur Verbreitung Ihres Contents suchen – ich denke da an E-Book-Reader, Amazon Kindle ect.

    Von daher wird das meiner Meinung nach nichts werden mit niuu.de

  • niiu ist eine Übergangsidee, die nur ein paaar Jahre Relevanz haben wird. Dann wird sie technisch überholt sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass niiu es in dieser Zeit schaffen wird, genügend Leser zu bekommen. Das Zeitfenster ist zu klein.

    Die Zeitung hat schließlich noch andere Probleme, außer dass nicht den Wirtschaftsteil der FAZ mit dem Sportteil der BILD kombinieren kann. Zum Beispiel dass das von niiu maximal eine Personalisierung light ist, dass es keine Interaktionsmöglichkeiten gibt, dass die Nachrichten ein paar Stunden alt sind, dass es keinen Ton und kein Video gibt, dass die Artikel in 180 Wort-Grenzen gepackt werden müssen, dass es keine weiterführenden Links (z.B. nach Wikipedia) gibt, etc. pp.

    niuu löst ein einziges Problem, bei dem ich mir nicht einmal sicher bin, ob es da draußen überhaupt genügend Leute gibt, die das Problem überhaupt sehen … Denn das einzige Problem, was die Leser IMHO haben, ist dass die überregionalen Zeitungen eben nicht regional sind (also der Ortsteil fehlt). Und das ist die Kombination, die Sinn macht. Dafür braucht es aber eigentlich kein niiu. Da könnten auch FAZ oder FR direkt mit der WAZ oder RP kooperieren.

  • Ich bekomme die Nachrichten online viel schneller als bei der Printausgabe – auch von basicthinking. Ich kann sie lesen, sobald sie online sind. warum bis zum nächsten Tag, bis zur gedruckten Ausgabe warten???

  • Ich halte für die Idee für recht nett, aber es wäre nichts für mich. Wie andere hier angemerkt haben lese ich in der Zeitung Dinge die nicht in meinem Intressengebiet liegen oder eine andere Postion vertreten. Würde ich jetzt meine Zeitung selber zusammenstellen würde diese Vielfalt bestimmt verloren gehen. Außerdem sehe ich da eine Gefahr, dass wenn so etwas Gang und Gäbe werden würde viele Menschen sich einfach nicht mehr breit genug informieren sondern nur Meldungen konsumieren die ihre Meinung wiederspiegeln. Das macht sie dann aber anfällig für Manipulation und ähnliches.
    Nichts desto trotz sehe ich die Zukunft der Zeitung auch digital, mit einem entsprechenden Reader. Bis dahin werden bestimmt noch einige Jahre ins Land gehen, denn noch ist die ganze Technik weder ausgreift noch günstig genug für den Massenmarkt.

    PS: Ihr solltet auch mal in Betracht ziehen das sogar in Deutschland noch lange nicht jeder superschnelles Internet hat und somit so eine Zeitung die Bild/Ton/animation verknüpft bestimmt einige Probleme hätte.l

  • Du bist durch dwdl auf nuii aufmerksam geworden, obwohl wie du später schreibst, auch basic thinking mit an bord ist? Das hast du also erst heute erfahren, nachdem du dir nach der dwdl lektüre dachtest, hey darüber blog ich mal? Das ist ja völlig absurd.

  • Danke für Eure Kommentare 🙂 Ein Aspekt, den ich nicht bedacht habe, der hier aber mehrfach richtigerweise erwähnt wird, ist das Fehlen von Content, über den man in einer normalen Tageszeitung zufällig stolpert. Das ist in der Tat ein Nachteil, wenn man seine Inhalte selbst zusammenstellt.
    @Thomas Television – wenn Du Dir überlegst, seit wann ich hier schreibe – und dass das Projekt ursprünglich schon vor einem halben Jahr gestartet werden sollte, kannst Du Dir eventuell ausrechnen, wann das Basic-Thinking-Team diesen Deal eingestielt hat. Somit sollte es Dir nicht mehr ganz so absurd vorkommen 😉

  • @Carsten:

    Du willst mir also erzählen, Du wusstest nichts von dem Deal, und rein zufällig ist Dein Artikel zu dem Thema. Da werden die Kollegen aber gestaunt haben: Jetzt kommt der Carsten so ganz allein per DWDL auf das Thema. Passt ja perfekt, wir wollten da sowieso noch drüber schreiben…

    Mir scheint eher, hier scheint die Basic Thinking-typische Vermischung von PR und Journalismus bei gleichzeitiger Transparenz irgendwie schiefgegangen zu sein 😉

    Bekommt Basic Thinking eigentlich schon Geld für die Veröffentlichungen? Die meisten Blogger sollen ja erstmal keins bekommen.

  • Ich schätze eigentlich Deine Kommentare und sehe es Dir daher nach, dass Du in diesem Fall so daneben liegst mit Deiner Vermutung 🙂

  • Der Thomas darf sich ja gerne mal bei mir melden – vielleicht gehen wir auch mal einen Kaffe trinken. Dann könnte ich ihm in aller Ruhe erklären, dass bei uns a.) alleine die Redaktion über Inhalte entscheidet und b.) es keine Kooperation mit Niuu gibt und ich der Sache am Montag einmal nachgehen werde, um zu überprüfen, wer da von wem Content übernimmt.

    Das Angebot steht, meine E-Mail findest du im Impressum, kannst auch gerne (am Montag) anrufen. Auf jedenfall ist jetzt Schluss mit dem zeitraubenden Rumgetrolle.

    André (Redaktionsleitung)

  • Der ökonomische Imperativ: Quäl Dich, du Sau*!…

    Kaum ein Thema bewegt die Medien– und Wer­be­welt der­zeit mehr als die Dis­kus­sio­nen um die Online-Angebote der klas­si­schen Medi­en­häu­ser. Genauer: Die Refi­nan­zie­rung. Wo Wer­bung nicht reicht, ist der Ruf nach Paid Con­tent, Leis­tungs­schut…