Sonstiges

Casual Games: "Mein Name ist Carsten – Ich bin Bejeweliker"

bejeweliker

Angefangen hat alles mit irgendeinem Vorgänger eines Vorgängers meines aktuellen Mobiltelefons. Irgendwann in der Generation nach „Snake“. Tetris kam einem eh schon zu den Ohren raus und so war es natürlich mehr als begrüßenswert, dass sich die treuen Begleiter nicht nur größentechnisch zu ihrem Vorteil veränderten, sondern immer mehr zu Multifunktionsgeräten mutierten, auf denen man sich mit kleinen Spielchen damals schon sehr nett die Langeweile vertreiben konnte. Irgendwann in dieser Zeit, als die Spiele dabei waren, qualitativ und grafisch ihre Dinosaurier-Vorfahren (Sega Master System und NES lassen grüßen) hinter sich zu lassen, habe ich das erste Mal Bejeweled gespielt.

Das Spielprinzip muss ich hier niemandem erklären, oder? Bei über 50 Millionen Handys, auf denen Bejeweled installiert wurde, ist die Wahrscheinlichkeit zumindest groß, dass die meisten von euch wissen, wovon ich hier überhaupt rede. Die Firma hinter Bejeweled (und anderen Hits wie Zuma oder Peggle) heißt PopCap und hat nicht nur mich zu einem Süchtigen, sondern auch den Gründer John Vechey zum Multimillionär gemacht. Das Geheimnis seines Erfolges ist genauso simpel wie einleuchtend: Mit sogenannten Casual Games hat man sich auf einfache Spiele mit Suchtpotential eingeschossen. Perfekte Spiele, um sie in der Mittagspause, beim Warten auf den Zug oder gar in Abwesenheit des Chefs während der Arbeit zu spielen. Genauso leicht, wie sie zu erlernen sind, genauso schwer kann man mit ihnen wieder aufhören. Über eine Milliarde Downloads von PopCap-Games sprechen jedenfalls eine deutliche Sprache. Der Erfolg kam mit der gelungenen Mischung aus kostenlosen Online-Games und kostenpflichtigen Deluxe- und Mobile-Versionen der gleichen Spiele.

Die Eroberung der sozialen Netzwerke

Erst Ende des vergangenen Jahres hat man dann die nächste Stufe gezündet: Bejeweled startete auf Facebook. Man hat – und hier spricht man dann von Social Gaming – auf die Umstände reagiert, dass man nun im Rahmen eines Social Networks präsent ist und hat die Regeln verschärft. Das Juwelen-Umdrehen findet jetzt in zeitlich begrenzten Spielen statt – begrenzt auf eine Minute. Hatten sowohl die PopCap-Macher als auch ich anfangs das Gefühl, dass es sich hier um eine Schnapsidee handelt, haben die Nutzer sehr schnell das Gegenteil bewiesen. Jason Kapalka – Chief Creative Officer bei PopCap – sagt dazu:

Ein 1-Minuten-Bejeweled war intern eigentlich immer nur ein Scherz. Wir dachten: Wer würde schon ein Casual Game spielen, dass so ein enges Zeitfenster aufweist. Es zeigte sich aber, dass genau dieser 1-Minuten-Timer das Spiel noch zugänglicher macht – das ist ein mundgerechtes Stück Entertainment für alle Leute, die auf Facebook noch mit vielen anderen Dingen beschäftigt sind.

Mittlerweile spielen über zehn Millionen Menschen jeden Monat Bejeweled Blitz und sekündlich kommen mehr dazu – erst recht, wenn das Spiel nun bald auch für das iPhone erscheinen wird. Ich kann nicht für diese zehn Millionen sprechen, sondern nur für mich persönlich herausfinden, was ein so simples Spiel so fesselnd macht. Schon immer habe ich gerne allein vor der Konsole/dem Rechner gesessen und gezockt, aber ebenso habe ich es auch schon immer noch mehr genossen, das gleiche Spiel mit mehreren spielen zu können. Früher habe ich mit drei Freunden vorm PC gesessen, heute kann ich das mit Tausenden im Internet tun. Dadurch, dass meine spielenden Freunde in Ranglisten aufbereitet werden, deren Leistungen von mir kommentiert werden können und ich meine eigenen Rekorde natürlich über meine Pinnwand bei Facebook verbreiten kann, erhält ein schlichtes Spiel eine neue, eine soziale Komponente.

325 Millionen potenzielle Spieler

Jetzt mögen die meisten von euch vielleicht müde abwinken angesichts einer Fülle von einfachsten Spielen, aber sowohl die Entwickler erfolgreicher Spiele als auch Facebook selbst werden das ganz anders einschätzen. Bei mir ist es Bejeweled, bei anderen sind es Spiele wie Farmville oder Mafia Wars. Unabhängig vom Spielprinzip ist diesen Games gemein, dass sie den sozialen Charakter eines Social Networks berücksichtigen und fördern.

Bei Spielen wie Farmville handelt es sich im Gegensatz zu Bejeweled eher um eine Variante der Simulations-/Aufbauspielchen: Bau eine möglichst große/schöne/erfolgreiche Farm – wobei man den Begriff „Farm“ auch durch Restaurant, Café oder sonst was ersetzen kann, denn natürlich springen auch auf diesen Erfolgszug mehrere Anbieter auf. Farmville-Entwickler Zynga ist für fünf der sieben erfolgreichsten Facebook-Games aktuell verantwortlich und mit Fishville ist der nächste vermeintliche Hit gerade an den Start gegangen.

Ich kenne mein Talent, mich in solche Spiele reinzusteigern und so fange ich gar nicht erst damit an – diese Entsagung hat mich schon vor WoW bewahrt. Aber bei aktuell über 325 Millionen Facebook-Usern könnt ihr erahnen, was für ein gewaltiger Markt hier vor uns liegt. Da sich das Prinzip des Social Gaming noch so ziemlich in den Kinderschuhen befindet, werden fast täglich neue Spiele auf den User losgelassen, neue Spiel-Designs und neue Möglichkeiten der sozialen Interaktion ausprobiert. Immer cleverer wird der Spieler animiert, seine Facebook-Freunde mit ins Spiel einzubeziehen und so die Schar der Spieler weiter anwachsen zu lassen.

Neue Geldquelle

Die Vokabel „clever“ passt auch, um das Verhältnis zwischen kostenlosen und kostenpflichtigen Spielinhalten zu umreißen. Jedes dieser Spiele ist nämlich grundsätzlich kostenlos spielbar. Oftmals kann man aber zusätzliche Items, Credits etc. erwerben, die einem das Farm- oder Mafia-Leben leichter machen. Wenn man bedenkt, dass allein Zynga durch dieses Prinzip täglich weit über eine Million US-Dollar verdient, kann man vielleicht erahnen, welches Potential Casual/Social Games haben und dadurch logischerweise unter den Developern diesen Goldrausch ausgelöst haben.

Ich würde mich nicht wundern, wenn viele Basic Thinking-Leser sich gerade ungläubig fragen, wieso sich Millionen User auf diese Games stürzen, aber da auch etablierte und alteingesessene Software-Schmieden wie Ubisoft, Konami, Lucas Arts und Electronic Arts (die mit Playfish jüngst einen der größten Anbieter für Social Games gekauft haben) mittlerweile auf diesem Markt engagiert sind, müsst ihr euch an den Gedanken gewöhnen, sowohl hier als auch in allen anderen Winkeln der Tech-Blogosphäre immer wieder und immer häufiger von diesem gewaltigen Geschäft mit den Virtual Goods zu lesen.

Mit dieser „Drohung“ beende ich diesen Artikel – ich muss nämlich noch ganz dringend eine Runde Bejeweled zocken…

(Carsten Drees)

Über den Autor

Ehemalige BASIC thinking Autoren

Dieses Posting wurde von einem Blogger geschrieben, der nicht mehr für BASIC thinking aktiv ist.

7 Kommentare

  • Ich spiele ja einige dieser zynga-Spiele. Dass sie aber „den sozialen Charakter eines Social Networks berücksichtigen und fördern“ sehe ich überhaupt nicht. Das einzige was unterstützt wird ist das Massen-einladen von Freunden da erst ab einer bestimmten Anzahl Mitspieler gewisse Features freigeschaltet werden, und Massenverschenken von (unwichtigen) Ingameitems. Die Möglichkeiten zu einem spassigen Zusammenspiel werden zu nahezu 100% links liegen gelassen. Es sind und bleiben Solospiele und das find ich irgendwie völlig am Ziel vorbei.

    Dazu kommt dann noch das die Herausforderungen zu 99% Zeit-basierend sind, d.h. entweder man kann erst nach einer bestimmten Zeit wieder Aktionen ausführen, oder man verdient nur Geld wenn man zur richtigen Zeit online kommt.

  • Hey cool. Habe gerade ne lustige Grußkarten-Seite gefunden, auf der man mit einem lustigen Flash-Video grüßen kann. Es gibt 4 Charaktere zur Auswahl, die dann zu Weihnachtsmusik lustig tanzen. Man kann auch sein eigenes Video oder Foto in das Video integrieren und natürlich auch einen lieben Text hinterlassen, indem man seine Liebsten oder Kumpels grüßt. Das abgefahrene ist aber, dass man dem einen Figürchen names „Vicky“ (sexy Blondine) mit einem kleinen Trick das Kleidchen ausziehen kann. Hat mir n Kumpel erzählt ;). Einfach bei der Grußtext-Eingabe das Wort „sexy“ verwenden und sie steht plötzlich ohne Kleid da … hehe. Echt cool. Müsst ihr mal ausprobieren. Ich habs meinen Leuten vom Fußball geschickt und die haben sich totgelacht. Nur so als Tipp für die, die keinen Bock auf langweiliges Karten-Schreiben zu Weihnachten haben 😉