Sonstiges

Spielverbot: Russen werfen Modern Warfare 2 aus dem Regal (Update)

Flughafenmassaker

Eine altes Sprichwort besagt, dass ein Pendel immer zu zwei Seiten ausschlägt. Das müssen nun auch die Macher des Ego-Shooters „Modern Warfare 2“ schmerzhaft am eigenen Leib erfahren. Wie ich ja kurz vor der offiziellen Veröffentlichung des Spiels geschrieben hatte, verüben Terroristen in einer Flughafenszene zu Beginn des Games ein Massaker an wehrlosen Zivilisten. Als wäre das noch nicht genug, kann der Spieler in seiner Rolle als Undercover-Agent auch munter mit drauflos ballern. Dies sorgte zwar weltweit für Kritik, bescherte dem Spiel aber eine (von den Machern vermutlich erwartete) sagenhafte Publicity und lies die Verkaufszahlen des Spiels in den Orbit steigen.

Nun schwingt das Pendel aber zurück. Wie nämlich Hellforge unter Berufung auf den russischen Branchendienst gotPS3.ru (Google Translate) berichtet, wurde das Spiel in Russland jetzt verboten und alle verkauften Exemplare für PC, Playstation 3 und Xbox 360 zurückgerufen. Grund ist aber offenbar nicht (nur) die Brutalität der Flughafenszene, sondern die Tatsache, dass es sich bei der Terror-Gruppe um russische Truppen handelt, die durch diese Darstellung verunglimpft werden. Zu allem Überfluss hatte Activision seinerzeit die Szene auch noch mit den Worten kommentiert: „Die Szene zeigt das tiefverwurzelte Böse und die Kaltblütigkeit eines russischen Verbrechers und seiner Einheit auf.“ Autsch. Nun kassiert man dort nicht nur von den Medien und Politikern, sondern auch von den Spielern die Quittung.

Bei Infinity Ward, dem Hersteller des Spiels, ist man natürlich um Schadensbegrenzung bemüht. So hat man für die PC-Fassung bereits einen Patch erstellt, der die besagte Szene rauskickt und in einem Monat soll das Spiel wieder im Handel erhältlich sein – dann ohne die Flughafenszene. Ob das aber so leicht funktionieren wird, wie die Macher sich das vorstellen, ist fraglich. Denn offenbar schlagen die Wellen der Empörung bereits so hoch, dass ich mir vorstellen könnte, dass das Spiel in Russland boykotiert wird. GotPS3 kritisiert nämlich zusätzlich die gesamte Storyline des Games und beschwert sich darüber, dass man sich bei der Entwicklung des Spiels zu sehr auf die Bedürfnisse des vornehmlich US-amerikanischen Publikums konzentriert hätte. Andere Kulturen hingegen würden völlig gering geschätzt und das russische Volk gar als Terroristen dargestellt. Dass man hierzu natürlich auch eine andere Meinung haben kann, sieht man auf destructoid.com.


Neue Stellenangebote

Growth Marketing Manager:in – Social Media
GOhiring GmbH in Home Office
Senior Social Media Manager:in im Corporate Strategy Office (w/d/m)
Haufe Group SE in Freiburg im Breisgau
Senior Communication Manager – Social Media (f/m/d)
E.ON Energy Markets GmbH in Essen

Alle Stellenanzeigen


Wer in Russland das Spiel also dennoch spielen möchte, wird auf die Zulassung der geänderten Version hoffen müssen. Oder er besorgt es sich über eBay oder andere, „nicht offizielle“ Kanäle. Letztgenannter Punkt wirft im übrigen noch ein kleines Licht auf einen anderen Aspekt in diesem Kontext: Obwohl ich die Empörung in Russland natürlich verstehen kann, schmeckt die Verbannung des Spiels dennoch etwas fad nach staatlicher Zensur.

Update, 16.20 Uhr

Wie Eurogamer gerade berichtet, hat sich nun auch Activision dazu genötigt gesehen, ein Statement zur Sache abzugeben. Demnach habe man aus eigenem Antrieb die fragliche Fluhafenszene aus der russischen Version von Modern Warfare 2 entfernt: „Andere Länder haben offizielle Organisation zur Bewertung und Alterseinstufung von Computer- und Videospielen, mit denen wir regelmäßig zusammenarbeiten. In Russland existiert eine solche Behörde allerdings nicht. Wir haben uns daher dazu entschlossen, die fragliche Szene zu blocken, nachdem wir uns vor Ort mit einem Rechtsbeistand beraten haben“, so Activision gegenüber Eurogamer.

Zudem sei Modern Warfare 2 in Russland momentan nur als PC-Version erhältlich: „Berichte, denen zufolge Call of Duty – Modern Warfare 2 in Russland verboten worden sei, sind falsch. Activision hat in Russland nur eine PC-Version des Spiels veröffentlicht, die seit Dienstag, dem 10. November verkauft wird.“ 

(Marek Hoffmann)

Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

15 Kommentare

  • Was soll der Zensurbegriff an dieser Stelle? Völlig überflüssig!

    Auch bei uns kommen Spiele auf den Index – wir legen nur andere Maßstäbe für die Indexierung an. Wenn wo anders Majestätsbeleidigung oder ähnliches für die Indexierung genügt, dann soll es halt so sein.

    Wir können nicht immer unsere Maßstäbe anlegen und anhand derer alles andere verurteilen.

  • Genau dasselbe wollte ich auch schreiben. Überall wird Zensiert usw. und wenn die ‚bösen‘ Russen das machen, ist es natürlich ein Skandal.

  • Hat man in Russland eigentlich auch Bücher/Filme wie „Jagd auf Roter Oktober“ oder „The Sum Of all Fears“ verboten bzw. sanktioniert/boykottiert? Schließlich kommen da die Russen auch nicht sonderlich gut weg. Die Medien brauchten mal wieder einen fiktiven Bösewicht und mit Modern Warfare 2 / Infinity Ward wurde der passende gefunden. Es ist nur ein Spiel…

  • Mist.. ich wohne in Moskau und wollte es mir demnächst kaufen.. jetzt muss ich es wohl downloaden..

  • „Als wäre das noch nicht genug, kann der Spieler in seiner Rolle als Undercover-Agent auch munter mit drauflos ballern. “

    Nur um es korrekt auszudrücken, man läuft anfangs nur mit darf aber nicht auf Zivilisten schießen, sonst beginnt das Level von vorne.
    Später darf das Feuer zumindest auf Polizeieinheiten eröffnet werden.

    Macht es nicht weniger Geschmacklos, aber so ist der tatsächliche Ablauf imSpiel.

  • @ Psychobilly: Ist das nicht nur bei der deutschen -„zensierten“ – Version der Fall?

  • Die deutsche Version von COD MW2 ist laut Hersteller & Händlern nicht zensiert und ich habe meine Version als Uncut bekommen.

    Ach ja da fällt mir gerade ein, am Anfang des Spiels wird man gefragt, ob man auch bereit ist, sich auch moralisch etwas anstrengendere Passagen anzutun. Da habe ich natürlich auf ja geklickt. Bei diesem Level wusste ich dann auch, was gemeint war. 😉

  • Ich bin mal gespannt wie lange ein Spiel in den USA verkauft werden dürfte, bei dem man einen CIA Agenten spielt, der zunächst Saudi-Arabischen Terroristen eine Green Card für die USA bezahlt, dann die Flugausbildung finanziert und in einer Mission die Sicherheitskräfte am New Yorker Flughafen schmiert. Nach dem Anschlag geht es dann als Kriegsheld nach Afghanistan und in den Irak, wo man aus sicherer Entfernung Kinder und Frauen abmetzeln darf.

    Diese US-Hetzpropaganda in den Spielen ist ekelhaft bis zum letzten. Man kann die Russen nur verstehen, dass sie dieses Hetzwerk aus den Regalen genommen haben.

  • Russland – Modern Warfare 2 Konflikt…

    Viele Gamer warten schon mehrere Jahre auf das neue Activision Taktik-(Shooter)Game „Call of Duty – Modern Warfare 2“. Viele spannende Trailer und Ingame-Videos wurden veröffentlicht und der hungrigen Community in kleinen Schnipseln zugespielt.Bevor je…

  • Hut ab, gut recherchiert! Irgendwie hatten wir also beide Recht. Ungeschnitten aber irgendwie doch nicht. Aber ein großer Verlust ist das wirklich nicht, dass wir hier ein leicht geänderte Version spielen dürfen/müssen.

  • Nur mal kurz an diejenigen, die den Machern Hetzpropaganda gegen die Russen vorwerfen: Im Spiel läuft ein Amerikanischer General moralisch Amok, erschießt Amerikanische Soldaten, und verbrennt den Spielercharakter bei lebendigem Leib. Soviel also zum Thema US-Patriotismus im Spiel.
    Aber wir haben ja gerade gelernt, dass ein Pendel zu zwei Seiten ausschlägt, nicht wahr?

  • Scher dich weg du pöser EgoShooterSpieler… zurück in deine Kammer… Mit solchen Menschen diskutieren wir hier nicht! (;-))

    Also ich habs auch durchgespielt und ohne diese eine Mission würde in der Geschichte einiges fehlen, da es schon eine Schlüsselszene ist (das wird hier aber auch niemanden interessieren). Der Kontext ist wichtig, da „der Russe“ „dem Ami“ ja nur auf die Pelle rückt, weil sie am Ort des „Massakers“ einen amerikanischen Soldaten findet (auch nur nebensächlich!).
    Außerdem wird der Spieler nicht aktiv dazu gezwungen auf unbewaffnete zu schießen und darüber hinaus dauert das Ganze auch nur maximal 10 Minuten.
    Und wer hätte gedacht, dass Sheperd auf einmal austickt und gegen die eigenen Leute kämpft??! Das Ende des Spiels ist der Knaller und die Story kann mit jedem guten Polit-Action-Thriller-Buch/Film mithalten.
    Aber hey, es geht um ein Computerspiel……