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An Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten: Facebook-Gruppe verhöhnt Erdbeben-Opfer

not_funnyWas unter dem Deckmantel der Anonymität im Internet alles geschieht, ist wirklich unglaublich – manchmal geschmacklos, teilweise unsagbar ekelig. Die Geschichte ereignete sich die vergangenen Tage auf Facebook, wo eine bislang unbekannte schwedische Gruppe eine neue Seite eröffnete. Sie versprach, zwei Kronen (etwa 0,20 Euro) pro Mitglied an die Erdbeben-Opfer in Haiti zu spenden – so lautete auch der Name dieser Gruppe: „Zwei Kronen pro Mitglied für die Erdbeben-Opfer in Haiti“. Das Geld sollte ausbezahlt werden, wenn die Zahl von 200.000 Fans geknackt würde.

Binnen Stunden stieg der Mitgliederstamm an, verständlicherweise. Am Dienstagabend hatten sich 212.000 Nutzer als Fans angemeldet, dann ließ die Gruppe die Bombe platzen: Man gab sich als „Schwedischer Nekrophilie-Verband“ („Svenska Nekrofil-föreningen“) zu erkennen und veröffentlichte ein neues Status-Update: „Wie viele wissen, wird der Schwedische Nekrophilie-Verband nun 500.000 Kronen spenden, um sicherzustellen, dass die Körper von Haiti im bestmöglichen Zustand heimgebracht werden.“

Laut dem schwedischen Magazin „The Local“ soll es zudem eine Reihe „verstörender Bilder“ gegeben haben. Irgendwann am Abend wurde die Seite gelöscht, wahrscheinlich (und hoffentlich) hat Facebook den Stecker gezogen. Etwa zum selben Zeitpunkt meldete sich auch jemand aus den Reihen der Initiatoren beim „Svenska Dagbladet“ mit einer E-Mail: Es sei ein Witz gewesen, „um für Gelächter zu sorgen und den Leuten beizubringen, dass die ihre Quellen kritisch hinterfragen sollen“.


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Ist das lustig? Nein. Hat es etwas gelehrt? Nein. Es ist einfach nur irre makaber und das nicht nur, weil Haiti vor wenigen Minuten ein ziemlich heftiges Nachbeben erlebt hat. Bis heute haben 50.000 Menschen dort ihr Leben verloren, laut neueren Angaben ist die Zahl bereits auf 75.000 geklettert.

Wisst ihr: Die Guttenberg-Sache auf Wikipedia fand ich lustig. Oder wenn aufgezeigt wird, dass Online-Zeitungen wieder einmal reihenweise denselben Rechtschreibfehler von der dpa übernommen haben. Oder Wahnsinnsmeldungen am 1. April von anderen Medien unkritisch nachgeplappert werden. Oder auch der Hoax mit dem Baum-Oktopus. Das ist lustig und meinetwegen lehrsam. Aber diesen Facebook-Jungs würde ich persönlich in den Arsch treten. Mit Anlauf.

(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

21 Kommentare

  • „Oder wenn aufgezeigt wird, dass Online-Zeitungen wieder einmal reihenweise denselben Rechtschreibfehler von der dpa übernommen haben.“

    Kommt daher auch das Wort „verhöht“ aus der Überschrift? 😉

    Zum Thema: Da fehlen einem die Worte. Übelste Art und Weise Aufregung für seine Gruppe zu erhaschen, daher ist eigentlich jede Namensnennung der Idioten schon falsch

  • @Luco: Danke für den Hinweis. 🙂
    Ich hatte auch überlegt, ob wir es mit reinnehmen, aber ich wollte halt mal aufzeigen, was für Frechheiten sich die Leute erlauben, nur weil sie es anonym tun können.

  • Das ist es nicht zu fassen! Ich habe grade gedacht, dass es ein schlechter Scherz, als ich deinen Artikel gelesen habe – und das war es ja auch von den schwed. Dummköpfen! Sowas sollte Konsequenzen haben!

  • Mach es, nimm Anlauf, tritt rein. Meinen Segen hast Du. Trotzdem halte ich es für falsch, solchen Leuten zusätzliche Aufmerksamkeit zu schenken, in dem sie hier (oder wo auch immer woanders) erwähnt werden. Auch wenns schwer fällt und die Empörung ehrlich ist, Ignorieren erzeugt keine Nachahmer.

  • So lernen wir nicht, Quellen zu hinterfragen, sondern Spendensammlern gegenüber misstrauisch zu sein. Ich fürchte, das hat negative Konsequenzen für ehrlich engagierte Spendensammler.

  • Wobei ich mich auch da wundere: „Stichwort Haiti“

    Haben uns nicht genau die gesagt beim Tsunami: KEIN Stichwort weil sonst darfs nur für Tsunamiland verwendet werden und wenn keins angegeben dann von mir aus auch für Kongo wenn was über ist?

    Ham wohl auch nix gelernt.

  • Ich zeichne da nicht Facebook selber dafür schuldig.
    Die Gruppe wurde gemeldet und entfernt > passt.

    das dumme ist dass die leute soo leichtgläubig sind 🙁

  • ich seh das ähnlich wie farun, ohne gleich ein sadist oder so zu sein.
    es ist einfach zynischer humor der ein wenig übers ziel hinausschießt. aber macht titanic, dass nicht auch seit langer zeit.
    man muss sich nur an die maddie-artikel und montagen errinnern.

  • Ich finde die Kritik, die hinter dieser Facebook Spenden-Aktion stand, einfach angebracht. Die Leute hier machen Hamsterkäufe, wenn die Milch 10 cent teurer wird, spenden aber 100 EUR ohne auch nur einen Hauch von Ahnung zu haben, wem sie ihr Geld überhaupt in die Hände drücken. Natürlich ist die Art und Weise zynisch und bösartig. Aber ich habe dennoch geschmunzelt … weil man gewissen Leuten mal wieder den Spiegel vorgehalten hat.

    Generell nervt diese anerzogene Eventkultur in Deutschland ohne Ende. Serdar Somuncu hat diesbezüglich einen sehr guten Kommentar auf Hatenight hinterlassen. Im Jahresrückblick 2010 wird’s wieder ein riesiges Event geben, bei dem wir alle dabei waren und Betroffenheit heucheln, weil es uns das Fernsehen so vorgemacht hat. Als wenn mit jedem Special eine verstecke Botschaft übermittelt wird: Spende und Du erlangst Seelenheil oder noch besser: Dein Name + gespendeter Summe wird in einem Laufband eingeblendet, während Thomas Gottschalk spricht. Dass er sich nach Sendeschluss in sein Schlösschen zurückzieht interessiert nicht wirklich.

    Ohne TV, Radio und Werbebanner auf jeder bekloppten Seite würde wahrscheinlich nur ein Bruchteil auf die Idee kommen für eine Insel zu spenden, von der man noch nicht einmal weiß, wo sie liegt. Aber letztes Jahr waren wir in der Dom-Rep im All Inkl. Urlaub. Das war geil! Überall Neger die uns von vorn bis hinten bedient haben.

    Die Welt – nicht Facebook oder irgend ein verkappter Scherzkeks – ist abgrundtief schlecht. Manchmal bezweifle ich wirklich, dass wir vom Affen abstammen. Vielmehr kommen mir manchmal Schafe oder Lemminge oder andere Herdentiere in den Sinn.

    PS: Ich habe auch gespendet. Aber nicht, weil mir irgend ein Gottschalk im Fernsehen gesagt hat, dass ich das tun soll, weil Spenden an sich mal gerade wieder eventmäßig voll angesagt ist und sich die Superstars der Superstars mediengerecht präsentieren und vor allem profilieren können. DAS nenne ich nämlich wirklich geschmacklos.

  • Was mich an dem Artikel hier stört ist die flatterhafte Aufgeregheit mit der sich über den Vorfall aufgeregt wird.

    Wir wissen alle, dass die Welt schlecht ist und dass uns das auch durch sowas regelmäßig vor Augen gehalten wird…

    Und mein je…wer sich an dem großangelegten Ablasshandel welchen Senders auch immer beteiligen will damit er sein Gewissen beruhigen kann, soll auch das tun. Wir wissen doch alle, das spätestens in 3 Monaten kein Mensch mehr an Haiti interessiert ist.

    Haiti ist doch eines der Länder, die für den Rest der Welt so interessant ist wie XP3364895 dahinten 57689 Lichtjahre hinter Alpha Centauri….schade und traurig zwar…aber realistisch betrachtet ist das nunmal so…

  • @ Marcel:
    „…Dom-Rep im All Inkl. Urlaub. Das war geil! Überall Neger die uns von vorn bis hinten bedient haben.“ ????

    Bei Dir hackts wohl!!!

  • @Thomas: Ich möchte Deine Auffassungsgabe jetzt nicht in Frage stellen. Aber Du hast schon bemerkt, dass der Beitrag vor Zynismus und Spitzen nur so stinkt, oder? Lies ihn Dir noch mal durch und frage Dich dann noch einmal, ob das Wort „Neger“ hier in einem fremdenfeindlichen Kontext oder eher doch als Stilmittel benutzt wurde.

  • @Marcel:

    Sollte ich Deine „wahre“ Absicht verkannt haben -sorry! Deine Wortwahl ließ Deine Absicht nicht klar erkennen. Deshalb füllte ich mich, einen fremdenfeindlichen Kontext vorausgesetzt, zu einem Kommentar hingerissen.

    Ich bin Samuel Johnson gefolgt, der sagte: „Die Sprache ist die Kleidung der Gedanken!“

    Also vielleicht liegt der Fehler nicht nur beim Rezipient.

  • Um mal die Definition von Sarkasmus aus Wikipedia zu zitieren: Der Begriff Sarkasmus bezeichnet beißenden, bitteren Spott und Hohn.

    Nichts anderes haben die Follower der Facebook Gruppe, die ohne sich selbst und das dargestellte zu hinterfragen, aus meiner bescheidenen Sicht verdient. Manchmal denke ich echt, dass es doch ein richtiger Schritt war Stoppschilder im Internet einzurichten. So á la „Stopp! Dieser Inhalt enthält Teile sarkastischer Natur.“ oder eine grüne Ampel á la „Alles, was sie auf den folgenden Seiten lesen können, ist gut und ohne zu hinterfragen zu akzeptieren!“.

    Zuguterletzt möchte ich hier auch noch ein Zitat von Val McDermid anfügen: „Sarkasmus ist die niedrigste Form des Witzes, aber die höchste Form der Intelligenz.“