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Traffic-Schleuder Facebook: Muss Google langsam zittern? [Interview]

Facebook hat ein Kunststück fertig gebracht, das vor einem halben Jahr vermutlich nur die Wenigsten für möglich gehalten hätten. Mark Zuckerbergs Social Network hat dem Suchgiganten Google auf dem US-Heimatmarkt den Rang als größter Trafficlieferant abgelaufen. Zumindest wenn es um das Lotsen von Web-Surfern zu den größeren Internet-Portalen Yahoo, AOL und MSN geht. Den Web-Analysten von Compete Inc. zufolge entfiel auf Facebook im Dezember des vergangenen Jahres ein Anteil von 13 Prozent, Google landete mit sieben Prozent auf dem dritten Platz. Die Silbermedaille konnte sich eBay mit 7,61 Prozent um den Hals hängen, MySpace kam auf immerhin zwei Prozentpünktchen.

Der Grund für den Erfolg liegt in erster Linie in dem begründet, was aktuell als „friend-casting“ bezeichnet wird: User surfen nicht mehr einfach so durchs Netz, sondern orientieren sich an den Aktivitäten ihrer Facebook-Kontakte und deren Empfehlungen zu Internetseiten, Storys, Videos öder Ähnlichem. Aus dem just for fun betriebenem „Poken“ und Bilder hin- und herschubsen ist ein exzellent funktionierendes Word-of-Mouth-Empfehlungssystem geworden. Ich wollte gerne wissen, ob sich dieser Trend auch bei in Deutschland so fortsetzen könnte und welche Konsequenzen dies möglicherweise für die SEO-Arbeit hat. Immerhin hat Facebook jetzt auch hierzulande Quartier bezogen – muss Google Germany nun zittern? Ich habe hierzu einen Experten befragt, Pepe Mickler von blueSummit, einer Münchener Agentur für Suchmaschinenmarketing.

Pepe, welche Gründe siehst du dafür, dass Facebook in den Staaten Google als größten Traffic-Lieferanten zu Portalen wie AOL, MSN oder Yahoo überholen konnte?


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Es ist für uns Europäer schwer dies nachvollziehen zu können. Diese Portale spielen heute bei uns überhaupt keine oder nur eine sehr kleine Rolle. Und Google ist darüber hinaus mit im Schnitt 80 bis 90 Prozent Marktanteil der unangefochtene Platzhirsch, Bing hin oder her. Jedoch ist hier die Rede vom US-Markt, dem Mutterland von Facebook, wo eben auch diese Portale eine gewisse Rolle als Zielpages spielen. 

Bei Facebook befinden sich heute viele Brands wie Adidas oder Burger King. Sie haben erkannt, dass in dieser „Closed Group“ des Netzwerks Daten und User zu großen Teilen noch unerschlossen von der Suchmaschine Google sind. Hier liegt ein großes Potenzial an Informationsaustausch und Traffic. Es reicht, den richtigen Link zu setzen, um die User dann weg von Facebook hin zu eigenen Websites oder wichtigen Portalen wie AOL zu leiten. 

Wird Google durch seinen Einstieg in die Social Media-Welt (Stichwort: Buzz) diesen Trend aufhalten können? 

Das sind meiner Ansicht nach zwei komplett verschiedene Themen. Google als Suchmaschine liefert relevante Links zu Websites und zum Teil gleich konkrete Informationen. Sollten die Portale die beste Info haben oder aber das beste SEO oder SEM, dann wird Google mit seinem Algorithmus dies so auch erkennen wollen – und den Traffic nach dem Klick des Users dort hinleiten. 

Buzz wird das nicht ändern: Google hat den Dienst ja als Reaktion auf Twitter und Facebook gelauncht beziehungsweise einfach in seine Gmail-Community angefügt – als eine Art Google Wave Light. Ein Schuss nach hinten, meiner Meinung nach. Buzz wird nichts aufhalten, da es gar keine Power hat: Wie Orkut könnte dies vielleicht regional funktionieren, aber als Start einer Social Community würde ich dies nicht bezeichnen, nicht einmal als Tor.

Ist es denkbar, dass Facebook Google auch in Deutschland irgendwann den Rang abläuft? 

Es ist unbestreitbar, dass Facebook hierzulande eine immer größere Rolle in der Kommunikation und damit im Informationsaustausch eigener und fremder, privater und kommerzieller Inhalte spielt. Brand-Channels werden immer beliebter. Der User selbst ist der beste Vermarkter – gerade in einem Retail-Bereich, der die Zielgruppe auf Facebook anspricht.  

Hierbei verlinkt der User aber nicht auf Facebook-externe Seiten, sondern bleibt innerhalb seiner gewohnten und geschätzten Oberfläche, sprich: auf Facebook! Und falls doch, dann auf eigene Brand-Websites oder Blogs, um dort weitere Informationen abzugreifen. Kurzum: Portale wie AOL spielen in Deutschland keine Rolle und werden auch in Zukunft nicht gepusht werden, weder von Google, Facebook noch von Twitter. 

Stimmst du der Einschätzung zu, dass Social Media die nächste Suchmaschine des Internets werden könnte? 

Nein – Social Media wird keine Suchmaschine werden! Wenn überhaupt, dann eine Frage-Antwort-Maschine mit menschlichem Backoffice – ähnlich der Telefonauskunft, nur eben schneller, genauer und zielführender. Und solange der Kommerz keinen Einzug hält, zudem auch zuverlässiger und relevanter! Dies ist jedoch vielfach schon geschehen: „Ich gebe dir Geld und du verbreitest meine News, Infos, Hilfen, Produktdetails etc.“

Welche Konsequenzen ergeben sich durch diesen Trend für SEOs? Werden diese aussterben und durch „Social-Media-Optimizer“ ersetzt? 

Richtig formuliert: Es handelt sich erst einmal nur um einen Trend, der sich langfristig als weiteres Standbein im Online-Marketing-Mix etablieren muss. Aber: Wenn die Menge an Informationen auch im Social Media-Bereich steigt, wird wieder eine „Maschine“ zum Zuge kommen um diese Infos zu kanalisieren, zu bündeln und für den Enduser nutzbar zu machen. Spätestens dann sind die SEOler im klassischen Sinne als Manipulateure gegebener Systeme gefragt. Social Media Optimization ist sicherlich eine weitere Sparte beziehungsweise Weiterentwicklung von SEO oder eben des klassischen Marketings. In Social Communitys bedeutet das: Reputation Management, Brand-Channels etablieren und vor allem mit Leben füllen und den Erfolg kontrollieren.

(Marek Hoffmann / Foto: Pixelio – Fotograf: Bernhard Thürauf)

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Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

29 Kommentare

  • Interessant. Auch wenn es klar ist, dass ein Mitarbeiter einer Agentur für Suchmaschinenmarketing nicht das Suchmaschinenmarketing tot reden wird, stimme ich Pepe in seinen Punkten zu.
    Dass er aber rigoros Portalen wie AOL keine Rolle in Deutschland zuschreibt, halte ich für gewagt. Es gibt meiner Meinung nach auch Portale in DE, die eine Rolle spielen, etwa der Auftritt von T-Online.

  • „Welche Konsequenzen ergeben sich durch diesen Trend für SEOs? Werden diese aussterben und durch “Social-Media-Optimizer” ersetzt?

    Richtig formuliert: Es handelt sich erst einmal nur um einen Trend, der sich langfristig als weiteres Standbein im Online-Marketing-Mix etablieren muss. “

    Social Media immernoch als „Trend“ anzusehen halte ich für fragwürdig. Twitter war ein Trend, der auch wieder vorrüber ist, aber Facebook oder Social Media generell ist kein Trend mehr, sondern sollte schon lange zum Online-Marketing-Mix jeder Firma dazu gehören.

  • […] Traffic-Schleuder Facebook: Muss Google langsam zittern … […]

  • Man muss die Sorte von News, die einem auf Portalen wie Yahoo, AOL und MSN geboten wird, nicht wirklich per Google suchen, man wird davon gefunden, sprich: verfolgt, z. B. wenn man die Startseite seines E-Mail-Anbieters aufruft. Manche beglücken dann eben mit den Stories, die sie dort vorfinden, ihre Facebook-Freunde. So, denke ich, kommen die Zahlen zustande. Ob das repräsentativ für sonstiges Suchverhalten ist, ist eine andere Frage.

  • Ich weiß bis heute nichts mit Facebook anzufangen. Gibt es irgendwo gute Einführungen und Nutzerverzeichnisse?

  • Naja, man muss da denk ich schon sehr deutlich unterscheiden. Sucht man etwas spezielles zum Thema, wird man Google nutzen. Da bringt einem Facebook nix. Ist einem hingegen gerade langweilig, oder man will Infos, was gerade im Freundeskreis passiert, geht man zu Facebook. Da kann Facebook Google niemals ersetzen. Eher umgedreht mit Google Buzz…

  • Ja und genau da stellt sich doch die Frage:

    Schalte ich Werbung im Tv, in einer Fachzeitschrift oder einer Gruppe.
    Natürlich. Da, wo die Streuverluste am geringsten sind.
    Dh das Werbegeld wandert in die Communities wie FB und damit geben diese den Ton an.
    Es ist dann egal, wer noch dieses – wie hieß es nochmal – ah, google verwendet.

  • […] Traffic-Schleuder Facebook: Muss Google langsam zittern? [Interview] Facebook hat ein Kunststück fertig gebracht, das vor einem halben Jahr vermutlich nur die Wenigsten für möglich gehalten hätten. Mark Zuckerbergs Social Network hat dem Suchgiganten Google auf dem US-Heimatmarkt den Rang als größter Trafficlieferant abgelaufen. Zumindest wenn es um das Lotsen von Web-Surfern zu den größeren Internet-Portalen Yahoo, AOL und MSN geht. Den Web-Analysten von Compete Inc. zufolge entfiel auf Facebook im Dezember des vergangenen Jahres ein Anteil von 13 Prozent, Google landete mit sieben Prozent auf dem dritten Platz. Die Silbermedaille konnte sich eBay mit 7,61 Prozent um den Hals hängen, MySpace kam auf immerhin zwei Prozentpünktchen. (Weiterlesen auf Basicthinking.de) […]

  • Vielleicht werden Social Networks den Traffic der Suchmaschinen reduzieren, aber das werden Anbieter wie Google oder Yahoo verkraften.

    Vielleicht ist es gut, jetzt 2 Sparten zu haben.
    Einmal die maschinelle, ein gigantisches Spektrum überblickende Suchmaschine auf der einen Seite, und auf der anderen Seite die Social Media…

  • Ich nutze zunhemend Social Networks und merke dass dadurch der traffic zugenommen hat. Social Networking sehe ich auch als ein gutes Instrument unabhängig von Suchmaschinen eine gute Sichtbarkeit im Netz zu erzielen.

  • Facebook is here to stay! Dank der Verbreitung von den ganzen Facebook Klons in Deutschland (WKW, StudiVZ etc.) wurde der Weg für Fb geebnet. Es ist ein sehr starker Trend zu spüren, das genau diese (WKW & Co.) User alle zu Fb rübersiedeln.

  • Vielen Dank für diese hilfreichen Infos. Hatte mir schon fast so etwas gedacht, dass FB Google den Rang abläuft. Jetzt heisst es umdenken 😉

  • Ich wage zu behaupten das sich solche dinge in Deutschland bisher durchgesetzt haben und bin mir sicher das sie sich auch niemals durchsetzen werden.

    Für den Autonomaluser sind solche dinge immer noch unbekannt.

    Man sieht es bereits an Twitter. Der hype darum existiert, aber nicht hier.

    Favebook müsste hier in Deutschland erstmal meinVZ ablösen. Und allein das ist mit sicherheit schon schwer.

    SocialMedia ist mit sicherheit etwas, was nicht zu unterschätzen ist, doch ist der Trend hier noch nicht so weit wie in der USA z.B.

    Google kann und wird man nicht ersetzen können.

  • Ich bin schon 5 Jahre bei Facebook (seit Auslandsaufenthalt in den USA). Die letzten 3 Monate sehe ich ein explosionsartiges „Übersiedeln“ nach Facebook von Studivz, Myspace etc. Auch von Leuten die nie (im Ausland) studiert (oder gearbeitet) haben und die hauptsächlich deutsche „Buddies“ haben. Fazit trotz aller Skeptiker hier: Über kurz oder lang wird Facebook bei der Internet-Generation DAS Medium für ALLE sozialen Kontakte.

  • Soziale Netzwerke und ihr Nutzen für Blogger…

    In meinem Artikel „Gefällt mir, Retweet & Co“ habe ich über den Facebook „Gefällt mir“-Button und über die Twitter-„Retweet“-Funktion berichtet. In diesem Artikel möchte ich ein bisschen über den Nutzen von sozialen Netzwerken (z.B. Twitter oder Fa…

  • Es ist schon interessant wie sich das alles in der kurzen Zeit entwickelt hat. Vor 2 Jahren hab ich noch gesagt, Social Media wird sich hier in Deutschland nicht durchsetzen. Und wenn ich heut meine Facebook Freundesliste betrachte, muss ich gestehen, das war mein Denkfehler damals.

    Mit Google+ bestätigt Google ja auch das sie den Zug nicht verpassen wollen.

  • Ich bin zwar auch bei Facebook und WKW.

    Jedoch ist es mir unvorstellbar, wie man den ganzen Tag anderen Leuten erzählen kann, was man gerade macht oder denkt.
    Ich habe einige dabei, die echt mindestens jede halbe Stunde etwas zu mitzuteilen haben. Unglaublich!

    Aber die Zahlen beweisen nunmal, dass es die Realität ist.
    Und G++gle springt ebenfalls auf diesen Zug auf. Nicht ohne Grund!

  • Ich bin zwar auch bei Facebook und Co angemeldet, aber richtig nutzen tue ich es nciht und das als Webentwickler und SEO. Ich find Facebook nicht als der „Traffic-Bringer“ und finde das es den Hausfrauen zum Rezeptaustausch mehr bringt als unseren Webseiten