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Apple in Klagewut: Mulitouch gehört uns, HTC!

Als Google Anfang des Jahres das Nexus One vorstellte, druckste Entwicker Andy Rubin auf der Pressekonferenz ein wenig herum. Auf die Frage eines Journalisten, ob das neue Google-Handy aus dem Hause HTC denn auch Multitouch verstehen würde, sagte er: „Ja, also… Wir halten uns die Option offen.“ Google waren tatsächlich die Hände gebunden, da Multitouch eine Technologie ist, auf die Apple Patente hält und darüber hinaus zwischen beiden Unternehmen ein stilles Abkommen bestand, dass Pinch & Zoom ein Feature bleibt, das eigentlich nur dem iPhone vorbehalten sein sollte. Dann kam Anfang Februar der Bruch: „Hey, das Nexus One kann jetzt auch Multitouch!“, hieß es. Google hatte ein entsprechendes Software-Update bereitgestellt.

Wer Apples Firmenpolitik der vergangenen Jahre auch nur ansatzweise verfolgt hat, weiß, was jetzt kommt: Apple zieht seine Anwälte zusammen und schießt gegen Google. Naja, nicht direkt: Google und Apple waren einmal dicke Partner, doch seitdem man sich bei den Beutezügen immer häufiger auf gleichem Markt-Terrain begegnet, kriselt es in der ehemaligen Traumbeziehung. Doch ganz voneinander lassen – das geht nicht. Der Safari nutzt immer noch Google als Standardsuche, wofür Google (von den Werbeeinnahmen profitierend) recht dankbar ist. Auch setzt Apple beim iPhone haufenweise auf Google-Produkte.

Deshalb hetzt Apple die Juristen jetzt auch nicht direkt auf die Suchmaschine, sondern auf HTC – den Hersteller vieler Android-Handys (Kopie der Klageschrift) und eben auch des Nexus One. Steve Jobs wirft den Taiwanesen vor, insgesamt 20 Patente verletzt zu haben. „Wir können hier sitzen und zuschauen, wie Wettbewerber unsere patentierten Innovationen stehlen – oder wir können etwas dagegen unternehmen“, zitiert die „New York Times“ einen wütenden Apple-Chef. „Und wir haben uns dazu entschlossen, etwas dagegen zu unternehmen. Wir glauben, dass Wettbewerb etwas Gutes ist – doch die Konkurrenten sollten ihre eigene Technologie erfinden und nicht unsere stehlen.“ Soweit die die mündliche Kriegserklärung.


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Um eine erste Stellungnahme gebeten, wirkte HTC ein wenig irritiert: Man habe noch keine Gelegenheit gehabt, sich die Klage näher anzusehen. Jedoch respektiere man das Patentrecht – ebenso wie seine Durchsetzung. Und zwar auch dann, wenn es um eigene Entwicklungen gehe. Der Gerätebauer geht davon aus, dass Apples Vorstoß nicht unmittelbar und augenblicklich das Geschäft beeinflussen wird. Richtige Prognosen wollte man aber nicht wagen.

Und Google? In Mountain View spielt man den völlig Unbeteiligten: „Wir sind nicht Teil dieses Rechtsstreits“, hieß es in einem ersten Statement. „Jedoch stehen wird hinter unserem Android OS und allen Partnern, die uns dabei geholfen haben, es zu entwickeln.“ Google wird also HTC zur Seite springen, wenn Apple das schwere Geschütz aufs Schlachtfeld rolllt.

Ich würde sagen: In dieser Angelegenheit ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Apple hat die Geduld verloren, aus dem bloßen Säbelrasseln ist nun ein offener Kampf geworden. Und je härter der Wettbewerb unter den Smartphone-Anbietern nun wird, desto aggressiver wird das Ganze Kapriolen schlagen. Warten wir mal ab, wer nun den nächsten Zug macht.

(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

19 Kommentare

  • Ich find die Geschichte seltsam. Wie soll man jemandem, patentrechtlich, verbieten eine Technologie zu erfinden, die genauso wie die des iPhones – z.B. mittels 2 Fingern – bedient wird?

    So weit kann das Patentrecht nicht gehen und dass HTC die Technik des iPhone, also z.B. „wie“ werden Eingaben von 2 Fingern technisch erkannt und verarbeitet, 1:1 kopiert hat, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

  • Dass alle Handyhersteller fleißig vom iPhone kopiert haben, ist doch mehr als offensichtlich. Und was hat Apple dafür bekommen? Konkurrenz. Ist doch ganz klar, dass sie sich da wehren. Ein Versuch ist es jedenfalls wert, aus Sicht Apples.

    Ich hoffe dennoch, dass die Klage abgewiesen wird, schließlich profitieren wir Nutzer am meisten von der Innovationsschlacht. Wenn Multitouch kein Alleinstellungsmerkmal für das iPhone mehr ist, werden sie sich schon was neues einfallen lassen.

  • Wenn Apple so weit geht, und jetzt versucht mit einem (Software-)Patent, das eine bestimmte Bedienung der Software erlaubt, das Nutzerverhalten zu patentieren, steht eine riesige Klage- und Patentwelle an. Dann verklagen sich die Hersteller von Gas- und Bremspedalen untereinander, ebenso wie die Hersteller von Bleistiften, Kugelschreibern und Füllfederhaltern.
    Weiterhin ist die Bedienung mit zwei Fingern eigentlich nur die Fortsetzung des Gedankens der ersten Multitouchoberflächen, bei denen Bilder durch das „ziehen“/“schieben“ zweier sich gegenüberligender Ecken vergrössert oder verkleinert werden können – und diese Technik ist eindeutig schon länger vorhanden als die Apple-Multitouchdevices. Also nichts neues.

  • HTC stellt aber schon länger Touch (Stift) handies her als Apfel
    das mit dem kopieren hält sich da wohl in enge Grenzen und auch Multitouch gibt’s doch als Konzepte schon ewig zb bei präsentationsbeamern zb hier im Stadtmuseum – allerdings mit 2 Zeigefingern. So „neu“ ist das alles nicht.

    Sonst geb ich dir Recht

  • Hmmm.. a long time ago… far far away.. auf der CeBIT vor 2 oder 3 Jahren.. da hatte Microsoft einen Tisch mit von untem draufprojezierten Bild.. man konnte damals (es war ja etwas größer als das iPhone) mit 2 Händen ranzoomen… Was schützt Apples Patent also? Die Idee? Oder die technische Umsetzung? Wenn es die Idee ist, bezeuge ich vor Gericht gerne, dass Microsoft das schon früher konnte. Wenn es die technische Umsetzung ist, wirds interessant… Blackberry kann auch Multi-Touch, ohne Zweifingerzoom… allerdings finde ich es kritisch, wenn man sich Gesten (hier das Auseinanderziehen) patentieren lassen kann.

  • ich sehe das pantentieren von gesten auch sehr kirtisch, aber da wahrscheinlich microsoft zu seiner zeit dies nicht machte ist appe hier im recht!

  • Gesten sind wie Gene, die sollte man sich nicht patentieren können (meine Meinung)

    Das find ich als würde man eine Blindensprache erfinden und dann bei den Blinden Tarifgebühr bei Gesprächen verlangen.

    Abgesehen davon wär unser Steve hier unter den letzten die das „erfunden“ haben… Höchstens gekauft ham sie’s.

  • Solche Kindergarten-Patente gibt’s allerdings nur in den USA. In Europa ist es – Gott sei Dank! – nicht möglich, Trivialitäten, Software und Bedienungsweisen von Geräten zu patentieren.
    Außerdem sitzen in den europäischen Behörden Naturwissenschaftler mit Abschluss, die erkennen können, was wirklich eine Erfindungshöhe besitzt.
    Ich an der Stelle von HTC würde ich einfach den USA-Markt ignorieren. Dann fällt halt 1/3 des Absatzmarktes weg. Na und? Dafür muss man nur wirkliche Patente beachten.

  • #10 „Höchstens gekauft ham sie’s.“
    Japp, und zwar inklusive der angemeldeten Patente. Die restlichen stammen tatsächlich zu einem nicht zu unterschätzenden Teil von Apple selbst.

    Versteh‘ mich nicht falsch, ich kann die amerikanischen Software-Patente ebenfalls nicht nachvollziehen und bin überglücklich, dass so etwas in Europa (derzeit noch) nicht möglich ist.

    Aber dort wo es sie gibt, gehören Sie natürlich auch durchgesetzt. Don’t be evil ist eben wirklich Bullshit, weil’s in diesen Fällen fast immer um verdammt viel Geld geht. Und um Exklusivität.

    Das Roll-Out von Pinch&Zoom für Android in den USA hat definitiv einen erheblichen Teil zum Zeitpunkt der Klage beigetragen haben. Das war ein kritischer Punkt, den Google nun nach einigem Zögern bewusst überschritten hat. Und Apple reagiert.

    Wen wundert’s?

    Andererseits zeigt die Situation mit Nokia ja deutlich, wie aberwitzig der Inhalt und wie routiniert der Ablauf solcher Patentrechtsstreitigkeiten mitunter aussieht.

  • Zwischen Apple und Google ist Krieg ausgebrochen, der im schlimmsten Fall dazu führen kann, dass Android Telefone nicht mehr verkauft werden dürfen, möglicherweise müssen bestimmte Funktionen abgestellt werden.

    Natürlich nur, wenn Apple gewinnt. Aber Apple scheint gute Argumente zu haben.

    Gruss aus California

    keshoo.com/

  • In Deutschland forschen zahlreiche Universitäten an Multitouch, glaube nicht, dass das rumgeheule von Apple uns stark beeinflussen wird. Hier in Deutschland zählt das Patent von Apple auch garnicht, oder? Denn z.B. das Milestone hatte hier von anfang an Multitouch (in den USA ist es immernoch Single-Touch).

    Wie dem auch sei, ich hasse Apple mittlerweile^^ Sie sind so, wie Microsoft vor ein paar Jahren, nur dass die ganzen Apple Fanboys ihren Gott Steve immernoch anhimmeln.

  • Als wenn Apple immer alles selbst erfunden hat und nie woanders abgekupfert hat. Aber kann man schon verstehen, dass sich jeder wehrt um keine Marktanteile zu verlieren und um es der Konkurrenz möglichst schwer zu machen. Leidtragender ist dann leider meist der Kunde, also wir, weil Entwicklungen und Innovationen damit ausgebremst werden.