Sonstiges

Biz Stone(d) im Interview: Twitter sei 'ein Triumph der Menschheit'

Oh, Mann. Ob Biz Stone, seines Zeichens Mitgründer von Twitter, da nicht ein wenig sehr dick aufgetragen hat? In einem Interview mit der „Zeit“ hat der gute Mann nämlich auf die Frage „Was hat die Innovation Twitter eigentlich für Amerika gebracht?“ folgendes vom Stapel gelassen: „Dienste wie Twitter sind nicht nur ein Triumph der Technologie, sie sind ein Triumph der Menschheit!“ Natürlich ist das PR-Geschwafel, das man nicht ernst nehmen darf oder sollte (außer natürlich, man stimmt mit Biz überein). Und ja, auch andere Unternehmen loben sich und ihre Produkte über den grünen Klee. Aber seien wir mal ehrlich: in Bezug auf Twitter klingt die Aussage doch irgendwie grotesk. Betrachtet wir nämlich mal ganz nüchtern die Rate, mit der wir die imaginäre Fontäne des „Fail Whale“ auf unseren Monitoren haben in die Höhe schießen sehen, kann von Triumph der Technologie meines Erachtens kaum die Rede sein. Und bei geschätzten 75 Millionen Mitgliedern, von denen offenbar nur 21 Prozent aktiv sind, befinden wir uns auch meilenweit entfernt von den knapp sieben Milliarden Menschen, die die Menschheit ausmachen.

Twitter-Bashing? Keine Spur! Ich nutze den Dienst selbst gerne und häufig. Allerdings weiß ich auch, wo seine Schwachpunkte und Grenzen liegen. Und bei einem Statement wie dem obigen, muss es erlaubt sein, einen ehrlichen Kommentar zu formulieren. Wird dieser doch durch die nicht einmal mehr nur subtil vorhandene Hybris quasi provoziert. Vielleicht waren die Worte anders gemeint und ich sollte sie nicht wörtlich nehmen. Doch auch eine weitere Äußerung Stones in dem Interview zielt in die gleiche Richtung: „Informationen über Leute, Orte und wichtige Ereignisse sind jetzt sofort verfügbar, und zwar wann immer wir sie brauchen. Das hilft uns auch, zu erkennen, dass wir Weltbürger sind. Wir werden damit bessere Menschen.“

Dem ersten Satz kann ich noch in großen Teilen zustimmen, dem nächsten aber schon nicht mehr und den letzten halte ich für geradezu lächerlich. Aber vielleicht geht es euch ja anders. Würde gerne hierzu eure Meinung in den Kommentaren hören. Ich kenne jedenfalls niemanden, mich eingeschlossen, der durch Twitter ein besserer Mensch geworden wäre.


Neue Stellenangebote

Growth Marketing Manager:in – Social Media
GOhiring GmbH in Home Office
Senior Social Media Manager:in im Corporate Strategy Office (w/d/m)
Haufe Group SE in Freiburg im Breisgau
Senior Communication Manager – Social Media (f/m/d)
E.ON Energy Markets GmbH in Essen

Alle Stellenanzeigen


Der Punkt bei Twitter ist einfach der: Es ist ein wirklich cooler Dienst, der die Internetszene nachhaltig geprägt hat. Um ihn aber als „Triumph der Technologie“ beziehungsweise „Menschheit“ anzusehen, ist seine Reichweite schlichtweg zu gering und die Userschaft zu speziell. Wenn ich müsste, würde ich dieses Prädikat dann schon eher der E-Mail verleihen. Natürlich hat Twitter Großes bewirkt, wie es auch zu Beginn des zweiten Zitats hervorgehoben wird. Die Stichworte „Iran„, „Hudson River„, „Real-Time-Suchergebnisse“ oder „Bürgerjournalismus“ beziehen sich auf die besten Beispiele, die das unterstreichen. Aber dennoch würde ich sie momentan eher noch als Ausnahmen denn als Regel bezeichnen – allerdings mit dem Zusatz, dass Twitter durchaus das Potenzial hat, sie zur Regel werden zu lassen.

Momentan fehlt es hierzu aber zum einen an der nötigen Akzeptanz des Dienstes bei der breiten Masse als auch an echten technischen Innovationen. Twitter war bei seinem Launch eine technische und auch „geistige“ Innovation, seitdem werden dem User die Fortschritte aber in Häppchen serviert. Diese sind in den wenigsten Fällen so revolutionär wie beispielsweise bei Facebook und haben selten das Potenzial, neue User für den Dienst zu begeistern (auch wenn sie in der Regel genau darauf ausgelegt sind). 

Jüngstes Beispiel für das zuletzt Gesagte ist die neue Startseite (siehe Teaserbild), die die Twitter-Verantwortlichen am gestrigen Donnerstag auf dem Unternehmensblog präsentiert haben…

(Marek Hoffmann)

Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

8 Kommentare

  • Im Moment ist Twitter noch etwas werbelastig. Aber ich glaub das Verhältnis sinkt mit zunehmender Verbreitung in der Bevölkerung. Ich weiß nur nicht, ob sich Twitter auf Dauer halten kann. Vor allem wenn ich auf Facebook mit 400 Mio Usern schaue, wo 50% aktiv sein sollen.

  • Geht es nicht auch mal eine Nummer Kleiner ?
    Was kommt als Nächstes Twitter Rettet den Weltfrieden , besiegt Hunger und Krebs …. ich glaub langsam sollten einige Leute mal von Ihre Droge Web 2.0 loskommen den Rechner Ausschalten und mal wieder im Realen Leben Ankommen.

  • Ich denke mal die Droge heißt nicht Web 2.0 sondern fängt mit K an und hört mit oks auf.

    Für mich ist dieses und auch die anderen Netzwerke nur die einäugigen unter den blinden und bieten den ganzen Profilneurotikern eine Plattform sich darzustellen.

    Man könnte hier einen Vergleich ranziehen mit Drogen. Hey, nehmt Drogen.. euer Leben ist dann zwar immernoch scheisse, aber ihr fühlt euch toll. So auch bei Twitter.. schreib langweiligen kram und irgendwer wird dir schon folgen, auch wenn dein reales Leben immernoch scheisse ist.

  • Das wichtigste ist immer was man draus macht. Die einen nutzen Twitter, um ihr Zeug zu verhökern und andere nutzen es um sich mit Menschen auszutauschen und zu lernen. Es gibt so interessante Menschen, von denen man viel lernen kann, an die man über Twitter sehr leicht rankommt.

    Mit Twitter wird man nicht zum besseren Menschen, aber es ermöglicht eine Menge neuer Chancen, die mitunter auch Menschen ändern können (z.B. beruflich, wenn über Twitter eine Jobsuche gepostet wird).

    Es ist spannend zu beobachten, was darauf alles folgt.

  • Tja. In Twitter finden wir auf dem ersten Blick haufenweise unnütze Informationen – typisch Web eben. Allerdings ist es durch die Masse an Nachrichten auch einfach Informationen zu verdichten und damit nutzbar zu machen oder anders ausgedrückt; Informationen zu strukturieren. Nach Kondratieffs Wirtschafts-Theorie stellt Twitter hiermit ein Werkzeug zur Verfügung, dass dem Megatrend unstrukturierte Informationen zu strukturieren gerecht wird. Der Twitter Chef weiß das und liegt mit seiner Aussage richtig. Viele User haben das noch nicht erkannt wodurch die Erkenntnis schleicht. Sie wird sich aber durchsetzen.

  • Früher sind die Kids und die Jugendlichen rausgeganten, haben sich mit Freunden getroffen. Heute twittern sie. Ein Erfolg für die Menschheit?

  • Schade dass ich nicht auch ein besser Mensch bin, ich nutze eben kein Twitter 😀
    -> PR-Geschwafel vom Feinsten!

    Aber ich muss klar dagegenhalten, dass Twitter „die Internetszene nachhaltig geprägt hat“. Nachhaltig hat noch gar nicht angefangen. Geprägt ja, aber ob nachhaltig wissen wir erst in 5-10 Jahren 🙂