Technologie

OLG Düsseldorf: RapidShare ist unschuldig – nicht aber der Nutzer

RapidShare haftet nicht für das Fehlverhalten seiner Nutzer. Zu diesem Entschluss (I-20 U 166/09) kam das Oberlandesgericht Düsseldorf, nachdem zuvor zig andere Gerichte der Republik anders geurteilt hatten. Noch interessanter als der Richterspruch selbst ist aber dessen Begründung.

Im Vorfeld der Verhandlung hatte ein Rechteinhaber geklagt, nachdem ihm aufgefallen war, dass einige Nutzer RapidShare missbrauchten, um Kassenschlager wie „An American Crime“, „My name is Bruce”, „The Fall”, „Eagle vs. Shark“, „Unter der Sonne Australiens” und „Insomnia“ (diesen Film kenne ich sogar) als illegale Kopien im Netz zu verbreiten. Der Schweizer One-Klick-Hoster käme seiner Verantwortung nicht nach, derlei Filesharing zu unterbinden, so der Kläger.

Die Düsseldorfer Richter sahen das anders: Erstens sei RapidShare nicht der Urheber der „Vervielfältigungen“, zudem würde das Unternehmen die kopierten Filme auch nicht auf einer öffentlichen Plattform zur Verfügung stellen: „Alleine der Kunde bestimmt, an wen er den Link zu den Dateien weiterleitet.“ Nach dieser pauschalen Klarstellung machten sich die Richter daran, den Vorwurf genauer zu analysieren, dass RapidShare nicht genug Vorkehrungen treffen würde, um Urheberrechtsverletzungen einzudämmen. Die Kurzform des Ergebnisses lautet: „Was, bitteschön, kann RapidShare denn schon dagegen tun?“


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Die Forderungen

1. Angenommen, der Hoster würde Dateinamen untersuchen, so sei dies ein unnützes Unterfangen, da Nutzer selbst die Namen vergeben – und hier ihrer Fantasie freien Lauf lassen können:

Dazu kommt, dass ein Textfilter auch mit ausreichend vielen Schlüsselwörtern versehen sein muss, damit möglichst viele geschützte Werke erkannt werden können. Eine fehlerhafte Erkennung kann übrigens auch dann stattfinden, wenn eine nicht-urheberrechtlich geschützte Datei ein oder mehrere Schlüsselworte des Filters enthält. Beispielsweise könnte die Datei „Mein_Office_2007_Erfahrungsbericht.txt” aufgrund der Schlüsselwörter „Office” und „2007″ als geschütztes Material erkannt und gelöscht werden, obwohl nur ein persönlicher Erfahrungsbericht vorläge

2. Gut, der nächste Punkt: RapidShare könnte bestimmte Dateitypen (also Dateiendungen) verbieten. .AVI, .MP3 und .RAR auf den Index? Nein, das geht nicht, argumentiert das Gericht: „RAR ist ein allgemeines Dateiformat zur Datenkompression, um den Speicherbedarf von Dateien für die Archivierung und Übertragung zu verringern. Mit Filmdateien hat das unmittelbar nichts zu tun.“

3. Doch vielleicht ließen sich ja die IP-Adressen auffälliger Nutzer sperren, war ein weiterer Hinweis des Klägers. Auch hier verneinte das Gericht: Die meisten Internetnutzer bekommen dynamische IP-Adressen von ihren Netzanbietern zugewiesen, so dass dieses Mittel wirkungslos wäre.

4. Letzter Ausweg: RapidShare muss sich händisch darum kümmern, dass urheberrechtsgeschütztes Material von der Plattform verbannt wird. Doch auch diese Forderung wurde letztlich zurückgewiesen. Ihre Umsetzung sei mit einem zu hohen Personalaufwand verbunden, zudem stünde die manuelle Überprüfung nicht im Verhältnis zum Erfolg – da viele Filesharer die Dateien durch Passwörter verschlüsseln und somit keinen Einblick in ihre Inhalte geben. Dasselbe gelte im Übrigen auch für den Vorschlag, RapidShare solle regelmäßig einschlägige Linkforen durchforsten und wieder für Ordnung sorgen: „Ohne eine Geschäftsbeziehung zwischen Sharehoster und den Linkservern , bei denen der Sharehoster an den Erfolgen Letzterer beteiligt ist, kann eine manuelle Suche nicht verlangt werden.“

5. Das sind schon alles ein Haufen Argumente Pro-RapidShare. Den intelligentsten Einwurf hoben sich die Richter aber für den Schluss des Urteils auf: In Deutschland gibt es das Recht zur Privatkopie. Hier ist nirgendwo vermerkt, dass der Nutzer legal erworbenes Material extern – zum Beispiel also auch bei einem OneClick-Hoster – zur Sicherheit speichert: „Er darf dann aber seinerseits nicht den entsprechenden ‚Standort‘ in der Öffentlichkeit preisgeben.“ Wiederum darauf habe RapidShare aber absolut keinen Einfluss.

Trotz der (für das Unternehmen) positiven Signale aus Düsseldorf zeichnet sich dennoch ein Gesinnungswechsel bei RapidShare ab. Vorvergangene Woche wurde der bisheriger Geschäftsführer Chang gefeuert. Wenige Tage später meldeten sich Betreiber von Foren und Suchmaschinen, in denen RapidShare-Links veröffentlicht werden: Der Hoster sei dazu übergegangen, systematisch mit Abmahnungen zu drohen, da er das eigene Markenrecht verletzt sehe. Das Unternehmen wehrt sich dagegen, dass die Marke RapidShare öffentlich mit dem illegalen Tausch von urheberrechtsgeschützten Material in Verbindung gebracht wird. In einigen Fällen (zum Beispiel rapidshare.net oder rapid.org) fordert der Hoster die Übertragung des Domainnamens. Die adressierten Betreiber geben sich verwundert: „Wir finden es erstaunlich, dass sie uns und ihre eigenen Kunden in solch aggressiver Art und Weise angehen – wenn man bedenkt, wie viel Traffic und dementsprechend viele Premium-Mitgliedshaften wir RapidShare besorgen.“

Update: RapidShare meldet sich

Just in dem Moment, in dem das Posting bei uns online ging, hat sich RapidShare mit einer Pressemitteilung gemeldet: „Das Urteil ist richtungsweisend, weil das Oberlandesgericht Düsseldorf bisherigen Urteilen widerspricht und sich intensiv mit dem Geschäftsmodell von RapidShare beschäftigt“, schreibt darin der RapidShare-Anwalt Daniel Raimer. Auch der Gründer Christian Schmid drückt seine Erleichterung aus: „Wir freuen uns sehr über dieses Urteil. Das Gericht bestätigt damit, dass RapidShare nicht für Uploads seiner Kunden haftet. Das Urteil zeigt, dass die Versuche, unser Geschäftsmodell als illegal zu brandmarken, langfristig keinen Erfolg haben werden. RapidShare bedient mit seinem 1-Click-Filehosting legitime Interessen und Bedürfnisse seiner User und wird dies auch in Zukunft tun.“

(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

25 Kommentare

  • mich würde ja interessieren, wieviele legale downloads in relation zu den illegalen downloads gemacht werden. rapidshare kenn ich persönlich auch nur mit dem zusammenhang des filesharing, läuft da der ganze warez scheiß drüber sofern ich da noch am aktuellen stand bin^^

  • > Das Unternehmen wehrt sich dagegen, dass die Marke RapidShare öffentlich mit dem illegalen Tausch von urheberrechtsgeschützten Material in Verbindung gebracht wird

    Klar. Bei Piratebay denkt man ja auch als erstes an torrents für Ubuntu-Images…

  • Naja wenn man den Erfindungswunsch der Entwickler Radpidshares betrachtet dann kann man vielleicht diese Entscheidung auch gut nachvollziehen. Es wird sicherlich andere Anbieter in Zukunft geben dennen der „schlechte Ruf“ egal ist und ein ähnliches Konzept wie Rapidshare besitzt. Also macht euch da keinen Kopf. 😀

    Ich finde den die Entscheidung seitens RS lobenswert und hoffe das sie ihr Projekt auch weiterhin so erfolgreich fortführen können.

  • Mal völlig unabhängig vom Thema und dem Urteil – ich finde es bemerkenswert mit welchem Aufwand sich das Gericht in das Thema eingearbeitet hat! Das kann ich nur absolut befürworten! Endlich mal ein Richter der sich die Komplexität der Geschäftsmodelle zu Gemüte führt und nicht einfach nur aufgrund Unwissenheit handelt (schönen Gruss nach Hamburg)

  • […] OLG Düsseldorf: RapidShare ist unschuldig – nicht aber der Nutzer, meldet der Basic Thinking Blog.  Das bedeutet, dem Hoster kann nicht zugemutet werden, die von seinen Kunden hochgeladenen, möglicherweise illegalen Daten zu überprüfen. Unter andern führt das Gericht das Recht zur Privatkopie zur Begründung an. […]

  • Diese Firma ist durch Raubkopierer groß geworden, wenn ich an den Messestand zur letzten GC in Leipzig denke – der war wirklich enorm. Ich denke kaum, dass Fotos und ähnliche Sachen lukrativ sind, vorallem, da man als Freeuser definitiv auf bessere Dienste zurückgreifen kann.

  • Auf deutsch: RapidShare wird gerichtlich erlaubt, zuzuschauen, wenn Privatkopien an die 30.000 besten Freunde verteilt werden. Mir klingt schon wieder „Kopieren ist kein Diebstahl“ in den Ohren und ich bekomme einen Brechreiz bei diesem bekloppten Totschlagargument…

  • „Klar. Bei Piratebay denkt man ja auch als erstes an torrents für Ubuntu-Images…“

    Nö, ich denke zuerst an den Opentracker vom CCC…

    Ich finde das Urteil gut und richtig, denn ich halte nach wie vor an der Vergleichbarkeit mit einem Warentransportdienstleister fest (zB Dhl, Hermes Versand, etc.).
    Wenn jede dieser Firmen verklagt würde für illegales Material … nunja.
    Davon abgesehn ist die einzige Kontrollmöglichkeit für OneClickhoster das manuelle Durchsuchen der hochgeladenen Dateien – von der Machbarkeit möchte ich hier gar nicht anfangen, aber da ich dort gelegentlich (wie hier schon erwähnt) Fotos hochlade, oder Texte/Musik (legal. Soll ja auch Leute geben die selbst was machen 😉 ) hätte ich doch ein gewisses Problem damit wenn dort 3te ihre Nase reinstecken.

  • dadurch das RS für freeloader so dermaßen die bandbreite kappt, ist es für legale zwecke eigentlich nicht mehr zu gebrauchen.

  • Ich bin mir noch immer unschlüssig darüber wie die Rechtslage aussieht, wenn man etwas illegales von rs downloaded. Gilt es nach wie vor, dass in erster Linie das Verbreiten (upload) strafbar ist? Würde mich interssieren. Any ideas?

  • Das Keyword „office 2007 rapidshare“ hat laut Google Keyword-Tool 90.500 monatliche Suchanfragen. Die haben bestimmt alle nur nach Erfahrungsberichten gesucht.

    MfG

    Ronny

  • ich finde es richtig. wenn rapidshare als unternehmen dafür verantwortlich gemacht werden würde, müsste man auch google verantwortlich machen. immerhin suchen die meisten über goolge nach downloads und nutzen sicher gern rapidshare & co.

  • Eigentlich einleuchtend. Wenn das gänge, wie hier einige spöttich monieren, einfach mal illegales Zeug filtern, dann müßten alle Paketversender demnächst Pakete öffnen und auf versandte Hellerware von Ebay kontrollieren. Die sogenannten illegalen Daten findet man genauso im usenet und dort kann man grad mal ein paar Gigs gratis runterladen. Die lieben Konzerne sollten da lieber mal schauen, wo die Leute ihre Quellen haben, um aktuelles Material zu verbreiten. Außerdem habe ich aber noch von keiner Klage gehört, wo ein Hersteller von Media Playern verklagt wird. Schließlich können die ja diese Avis abspielen.

  • Ach man lernt ja nie aus. Es war mit völlig neu, dass es auch Leute gibt, die Rapidshare für legale Dinge benutzen. ^^ Was es nicht alles gibt.

  • #14 @Toni:
    Das Verbreiten UND das Runterladen ist Strafbar, jedoch nach unterschiedlichem Recht. Verbreiten nach STGB und runterladen nach BGB. Demnach fallen die Strafen auch unterschieldlich aus!

    Aber es existiert immer noch der Irrglaube, runterladen wäre nicht strafbar. Das ist falsch!

  • @ 19
    falsch, beides ist sowohl nach BGB, wie auch nach StGB strafbar

    Allerdings wird im Falle von zivilrechtlichen Ansprüchen (BGB) der Schaden mögliche ermittelt, der beim Uploaden erheblich höher als beim Downloaden ist

    Rein Strafrechtlich sind es im Rahmen des normalen Privatgebrauchs derart kleine Straftaten, dass keine Strafe zu befürchten ist

  • Was heisst denn „derat kleine Strafen“ und „dass keine Strafe zu befürchten sind“?

    Ein Bekannter hat sich eine CD runtergeladen und dafür eine Unterlassungserklärung unter schreiben müssen + 900€!

    Übrigens: NIE die Unterlassungserklärung ohne den Zusatz „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht aber rechtsverbindlich“ unterschreiben!

  • Interessanter Beitrag…
    was mich wirklich interessieren würde, wer denn bitte Rapidshare für legale Sachen nutzt und wenn wie oft in Relation zum Filesharen?

    Wäre doch eine feine Sache wenn du hier einen Poll starten würdest 🙂

    Könnte sein, dass der neue Chef von Rapidshare nicht weis, dass sein S-Klasse von den bösen „Piraten“ bezahlt wird..

  • > Was, bitteschön, kann RapidShare denn schon dagegen tun?

    Sie filtern doch schon seit langen anhand von Hashes. Das ist in meinen Augen die einzig bequeme und sichere Methode.

  • @21 gutshot
    Eine Unterlassungserklärung muss niemand unterschreiben – er hat es freiwillig gemacht 🙂