Sonstiges

Futter für 'Killerspiel'-Gegner: Mann tötet 'wie im Spiel' mit 'geilem Gefühl' nach 'Klick im Kopf'

Am gestrigen Dienstag wurde im Berliner Landgericht der Prozess gegen Sven H. eröffnet. Dem Gabelstaplerfahrer wird vorgeworfen, eine Kollegin misshandelt, missbraucht und anschließend getötet zu haben. In einer durch seinen Anwalt verkündeten Erklärung hat der Angeklagte die abscheuliche Tat bereits gestanden, als Motiv wurde Frust zu Protokoll gegeben. Er hatte sich zu Beginn seiner Schicht in den Finger geschnitten, sei daraufhin ausgerastet und hätte sich in seinem Wutanfall – offenbar wahllos – sein Opfer gesucht, an dem er sich abreagieren konnte. Eine niederträchtige und scheußliche Tat, keine Frage. Zugleich aber auch eine, die sicherlich schon bald wieder die bereits seit Jahren anhaltende, fragwürdige Diskussion um ein Verbot von sogenannten Killerspielen anheizen und seine Befürworter auf den Plan rufen dürfte.

Denn: Wie aus dem Gutachten des vom Gericht bestellten Psychologen zu entnehmen ist, der Sven H. untersucht hat, habe dieser nach seiner Verletzung ein „Klicken im Kopf“ verspürt, woraufhin er nach einem Kick suchte – einen, bei dem er jemanden in echt tötete. Seinen Schilderung zufolge will sich der Angeklagte bei der Tat dann „wie im Spiel“ gefühlt und dabei „ein geiles Gefühl“ gehabt haben. Während nun beispielsweise die Online-Ausgaben des Tagesspiegels oder der Berliner Morgenpost darüber berichten, dass der 24-Jährige ein Faible für „Killerspiele“ gehabt, vor Beginn seiner Schicht am Abend der Tat wie so oft vor dem Computer gesessen und Games gespielt haben soll, in denen es „um Gemetzel“ ging und bei denen man „Aggressionen abbauen“ konnte, werden die Märkische Allgemeine und die Berliner Zeitung deutlicher:

Sven H. habe viel Computer gespielt, berichtet der Psychologe. „Call of Duty“ (engl. „Ruf der Pflicht“) ist ein Spiel, bei dem man in der Ich-Perspektive seine Gegner mit allerlei Waffen aus dem Weg räumt.

und


Neue Stellenangebote

Growth Marketing Manager:in – Social Media
GOhiring GmbH in Home Office
Senior Social Media Manager:in im Corporate Strategy Office (w/d/m)
Haufe Group SE in Freiburg im Breisgau
Senior Communication Manager – Social Media (f/m/d)
E.ON Energy Markets GmbH in Essen

Alle Stellenanzeigen


Als er von der Nachtschicht kam, habe er bis elf am Computer das Killerspiel „Call of duty“ gespielt und dann drei, vier Stunden geschlafen.

In Anbetracht der Tatsache, dass bis auf die Berliner Morgenpost alle genannten Newsportale die Keywords „Killerspiel“ oder „Computerspiel“ in Verbindung mit dem Mord in der Headline aufweisen, macht es schon fast keinen Unterschied, dass „Call of Duty“ in dem Kontext namentlich genannt und damit quasi als Auslöser für die Tat präsentiert wird. Und wie sich das in den Köpfen der Leser – vor allem jener, die „Killerspiele“ nur vom Hörensagen kennen – festsetzt, davon kann sich bestimmt jeder von euch selbst ein Bild machen.

Noch einmal: Die von Sven H. verübte Tat ist schrecklich und aufs Härteste zu verurteilen. Sie aber quasi als Folge des Spielens von Games wie dem oben genannten darzustellen, schießt entweder am Ziel vorbei oder darüber hinaus. Vielmehr sollte die Frage aufgeworfen werden, ob der Angeklagte nicht ohnehin eine tickende Zeitbombe war, die erst so spät hochging, weil er an besagten Spielen seine „Aggressionen abbauen“ konnte? Oder hing es vielleicht sogar mit seinem verminderten Intelligenzquotienten von 63 zusammen (Durchschnitt liegt bei 100)? Oder einer möglichen perversen Veranlagung? Immerhin wurden bei der Durchsuchung seiner Wohnung eine große Zahl getragener Damenwäsche sichergestellt, darunter 162 Damenslips, 92 Büstenhalter und 36 Strumpfhosen. Vielleicht hasste er auch seinen Stiefvater, mit dem er zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder zusammenlebte, und wurde deswegen zum Killer? Und eine kriminelle Neigung hatte er ohnehin schon vor der Tat, denn er war wegen Diebstahls vorbestraft.

Bei allen von mir im letzten Absatz polemisch vorgetragenen Faktoren handelt es sich um Klischees, die in einem anderen Kontext sofort als Auslöser für den Mord herangezogen werden könnten. Im vorliegenden Fall scheint aber das „Killerspiel“ diese Rolle am besten auszufüllen.

(Marek Hoffmann / Foto: Pixelio – Fotograf: Arkadius Neumann)

Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

27 Kommentare

  • Ich denke auch, dass es an den „Tötungssimulationen“ liegt!
    Das sich die Sachlage wie ein typisches Sexualverbrechen liest spielt keine Rolle!
    [ironie off]

    Dreck, ich sehe die Schlagzeilen von SPIEGEL und der BLÖD-Zeitung schon wieder vor mir.

  • Insgesamt ein trauriges Thema. Aber trotzdem kann ich mich eines Kommentars nicht enthalten.
    Hat er eventuell Tischtennis gespielt, ein paar Freunde und ich vermuten da einen gewissen Zusammenhang.

    Trägt ein Ego-Shooter eine Teilschuld, vermutlich ja. Sollte man deshalb alle verbieten, nein. Ansonsten sollte Gleiches auch für Damenslips gelten, eventuell sind diese ja auch mit einer Teilschuld behaftet.

  • als ich das gestern gelesen hab dacht ich mir „cleverer Anwalt“

    Das ist doch alles Blödsinn um irgendwie von der Vergewaltigung abzulenken. Der Kerl hat schließlich nicht einfach die Frau umgebracht um seinen Killerspiel-Kick zu befriedigen ,sondern sie vorher erst vergewaltigt und dann aus Angst erwischt zu werden umgebracht.

  • @MrFreaked

    Eigentlich hast du sogar recht! Autofahren hat kaum positive Elemente…aber im Gegensatz zum z.B. Rauchen sind wir darauf angewiesen. Aber das Fahren würde sofort reglementiert bzw. abgeschafft, wenn wir gleicht gute / bessere alternativen hätten.
    Es war zwar nicht ganz so ernst von dir gemeint, aber ich finde es schon bedenkenswert, was wir alles in Kauf nehmen für individual mobilität.

  • Die Aussage, der durchschnittliche Intelligenzquotient liege bei „etwa 100“, zeigt, dass man das Konzept des IQ nicht verstanden hat (was durchaus mit gewisser Ironie verbunden ist).

  • Natürlich hat das Spiel auch eine Mitschuld. Der verbringt mehr Zeit vor dem Computer als im Bett. Dabei muss bei Ihm doch etwas austicken. Wenn der stundenlang Tetris spielen würde hätte wahrscheinlich nur ein par Kisten umgestellt. Die Spiele werden immer realistischer. Wenn man ständig mehrere Stunden menschlich aussehende Computergegner abschlachtet und seinem Gehirn nur wenig Pausen und Abwechslung bietet verliert man den Realitätssinn.
    Eine Mitschuld an dem Spiel kann niemand abstreiten.

  • Warum? Darin steht es richtig beschrieben („Dieser Durchschnittswert wird im Allgemeinen als 100 definiert“, „Einen IQ-Wert von 100 oder mehr erreichen genau 50% der Population“ etc.).

  • Es ist wie mit dem Sarrazin: Wenn man ihn nur wohlwollend genug interpretiert, hat er sicher im Kern was Wahres gesagt. So ist es auch mit einer Korrelation zwischen Ego-Shootern und Gewaltverbrechen, es gibt sie sicher.

    Über die Kausalität, was Ursache ist und was Wirkung, ist damit aber nichts gesagt – die Aussage „potentielle Gewaltverbrecher spielen auch schon vor ihren Taten gern Killerspiele“ funktioniert damit mindestens so gut wie das klassische „Menschen, die vorher vollkommen harmlos waren, werden durch Killerspiele zu willenlosen Monstern“.

  • „H. erklärte gegenüber seinem Gutachter, er habe sich wie in einem Spiel gefühlt, als er sich Nicole J. in der Umkleide von hinten näherte. „Ein geiles Gefühl“, sei das gewesen.“ – maerkischeallgemeine.de
    Was soll man dazu sagen?

  • Normalerweise klugscheiße ich ja nicht…
    …aber wo Du es doch schon selber verlinkt hast:
    Der Durchschnitt des IQ über die Bevölkerung liegt nicht „etwa bei“ sondern ist immer *genau* 100.
    Das ist die Definition des IQ.

    Ok, hab zulange zum Tippen gebraucht – hat sich ja schon erledigt 😉

  • Und @Marek, das „Problem“ auf das @Nils sich bezieht, ist daß „der Wert ist als 100 definiert“ nicht dasselbe ist wie „er liegt bei etwa 100“, auch das ist eine Vertauschung von Ursache und Wirkung.

  • Na wenn das alles so genau definiert ist, sollte ich es wohl ändern… Wieso ist es aber so schwer (@Nils), das einfach so zu sagen, anstatt sich in irgendwelchen überheblichen Formulierung zu verlieren?

  • Wenn die eine Personengruppe kein ordentliches Ziel mehr hergibt, nehmen wir einfach eine neue.

    wenn die Gamer also nichtsm her her geben komen vll die Lehrer. Die unterbreiten doch mit ihren kranken Theorien einen solchen Hass auf andere oder ? Politiker können aus jedem Mist ein Fehler der Gesellschaft machen. Jetzt sind es die Gamer vorher waren es die Schützen…..

  • Die Autoren besagter Artikel nehme ich seit Monaten nicht mehr wahr. Ich bin bereits über die Phase des „drüber Aufregens“ hinweg und befinde mich derzeit in der Phase des belustigten Schmunzeln.

    Und wissen Sie warum? Weil ich eines ganz genau weiß. In ein paar Jahren werden sie zu der Erkenntnis kommen, die sie heute schon hätten haben müssen. Und dann kommt der eigene Frust über den eigenen kleinen Tellerrand.

    Tja.

  • Kurz und knapp: Der Mensch hatte grundsätzliche mangelnde Sozialkompetenz als auch Null Sexualerfahrung, war/ist ständig auf der Suche nach Grenzen zum austesten (gewesen). Das ist keine Polemik, das sind die Fakten und diese haben nichts mit einem Spiel zu tun.

  • Ob er jetzt ohne Sozialkompetenz war und deswegen gespielt hat, oder ob er keine hatte, weil er nur gespielt hat. Das ist wohl etwas Kaffeesatz-Leserei und ein bisschen wie die Frage, ob erst Huhn oder Ei.

    Ihr sagt also, das es keinen Einfluss auf die eigene Psyche hat, wenn man abends vorm Schlafen, dann mit wenig Schlaf und dann morgens noch mit nem Spielchen in den Tag startet??

  • Ihr seid doch alle gehirngewaschen! Das sind keine „Games“, das sind Kriegssimulationen. Geht doch nach Afghanistan, da habt Ihr dann den ultimativen Kick.

  • Gut geschriebener Artikel! Full ACK!!! Aber die ständige Diskussion ermüdet mich. Ich geh jetzt zocken 😉

  • Ich habe nicht im Kaffeesatz gelesen, ich brauche keinen Kaffee. Das hat alles überhaupt nichts mit Computer oder Computerspielen zu tun. Das ist bloß der hoffentlich scheiternde Versuch einer Art Schutzbehauptung, eine Ausrede zur Rechtfertigung um von sich als Hauptursache abzulenken. Wie so oft. Kippt den Kaffeesatz weg wenn er was anderes sagt.

  • Kommentar #10 hat mir gefallen. Warum nicht mal hinterfragen, welchen sittlichen Nährwert solche Spiele haben?
    Gibt es keine alternativen Freizeitgestaltungen mehr?
    Die obsessiven Spieler nehmen kein Buch in die Hand,
    machen sich keine Gedanken, tauchen ins Spiel ein.
    Ist das „kulturell wertvoll“?

  • es nervt einfach nur noch. egal wie man das thema anspricht, es nervt mich nur noch. kann man was dagegen tun? NEIN! denn lesen das hier die menschen, die sowieso gegen „killerspiele“ sind? nein! interessiert es den springerverlag, mal was objektives zu bringen? nein! berichten die öffentlich rechtlichen sender korrekt und vermittelnd, wie es eigentlich ihre pflicht ist (und weshalb wir unter anderem auch gez zahlen sollen)? nein! es wird alles aus dem kontext gerissen, so dass die ahnungslosen fein manipuliert werden. siehe hier: http://www.youtube.com/watch?v=R9JRm3iQQak

    warum also eigentlich noch auf sowas reagieren und sich dann in dämlichen diskussionen verlieren, die eh nichts helfen? wisst ihr, was mich aggressiv macht? nicht das zocken von zb. „postal 2“ oder sonstigen games, mich macht die dämliche ignoranz der leute, die keine ahnung haben und einfach mal ihren senf dazu geben, aggressiv.

    wäre es eigentlich für die medien dauerhaft interessant, wenn ein amokläufer/mörder/irrer nicht ein einziges game gespielt hätte? nein, dann wäre es bloß eine „unfassbare“ tat. ach und noch was. wie war das gleich mit „verbietet brot“…? ist nur leider grade „nothing“ zusehen. http://verbietetbrot.de/

    fazit: es nervt mich und kostet mich zu viel energie.