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Privatsphäre: Firma scannt Online-Aktivitäten von Bewerbern und gibt Einstellungstips

Google-Chef Eric Schmidt hatte im August mit einer Bemerkung zur Privatsphäre im Internet für Furore gesorgt. Damals hatte er vorausgesagt, es werde zukünftig normal sein, mit dem Eintritt ins Erwachsenenleben seinen Namen zu ändern. Denn nur auf diese Weise könne verhindert werden, mit den kompromittierenden Fotos aus der Vergangenheit weiterhin konfrontiert zu werden. Mittlerweile sagt Schmidt zwar, seine Bemerkung sei nur ein Scherz gewesen. Aber das dahinter stehende Problem, dass die Gesellschaft nicht auf die Auswirkungen des aktuellen technischen Fortschritts vorbereitet ist, existiert wirklich.

Facebook und andere soziale Plattformen sind für viele Nutzer ein Ort, an dem sie Spaß haben und sich mit Freunden austauschen. Weil die Netzwerke also Teil der Freizeitgestaltung sind, machen sich viele User auch wenig Gedanken darum, welche Folgen ihre Onlineaktivitäten für sie im wirklichen Leben haben können.  Auch wenn immer wieder darüber berichtet wird. Die amerikanische Firma „Social Intelligence“ wirbt nun ganz offen damit, dass sie aufgrund der Internetaktivitäten von Bewerbern und Mitarbeitern in der Lage ist, ein persönliches Profil zu erstellen. Aufgrund der Ergebnisse können die Unternehmen dann entscheiden, ob sie die analysierten Personen halten oder einstellen wollen.

Die Gesellschaft untersucht dafür nach eigenen Angaben ausschließlich öffentlich zugängliche Informationen. Sie nimmt die Daten aus dem Lebenslauf und durchkämmt mit einer eigenen Software unter anderem die Inhalte von Flickr, Twitter, Facebook und YouTube. Die Ergebnisse werden dann noch einmal von den Mitarbeitern durchgesehen, um Fehlinterpretationen des Systems zu verhindern. Der Firmengründer Max Drucker betont, dass keinerlei rechtlich unzulässige Methoden angewendet werden. Sogenanntes Social Engineering komme nicht zum Einsatz. Seine Angestellten versuchten also nicht etwa, sich unter die Facebook-Freunde des Bewerbers zu mischen, um die privaten Mitteilungen lesen zu können.


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Aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen ist Drucker wohl optimistisch, auch so an genügend relevante Daten heranzukommen. Kritik an seinem Vorgehen lässt er nicht gelten. Vielmehr müssten die Menschen endlich verstehen, „dass das, was sie veröffentlichen auch öffentlich ist und der Arbeitgeber ein Recht hat, davon zu erfahren.“ Schließlich gehe der bei der Einstellung eines Mitarbeiters ein Risiko ein. Er könne eventuell sogar haftbar gemacht werden, wenn die Probleme eines Bewerbers vorher allgemein bekannt waren. „Wenn jemand Alkohol trinkt, ist das für die meisten Arbeitgeber kein Problem. Aber wenn sie im Transportgewerbe sind, dann wollen Sie keinen Lkw-Fahrer, der Partybilder in seinem Facebook-Profil hat“, erläutert der Firmenchef seinen Standpunkt.

Was die Firma anbietet, ist an sich nicht neu. Und sein Startup ist auch nicht das einzige Unternehmen, das eine solche Dienstleistung anbietet. Drucker fasst seine Vorstellung gut zusammen: der getippte Lebenslauf hat ausgedient, die Onlinehistory ist der neue Lebenslauf. Aber damit sind wir wieder bei Eric Schmidt und seiner These, dass die gesellschaftliche der technischen Entwicklung hinterherhinkt. Die Frage ist nur, was das bedeutet. Müssen neue Regeln und Gesetze erlassen werden, um die unerwünschten Folgen des praktisch Machbaren zu verhindern? Oder wäre das nichts anderes, als die Eisenbahn verbieten zu wollen, weil die Auswirkungen auf die Menschen nicht absehbar sind?

(Nils Baer)

Über den Autor

Nils Baer

Nils Baer hat im Jahr 2010 über 100 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

10 Kommentare

  • Hallo NIls,

    sind wir mal ehrlich, wer Googled nicht nach einem Bewerber, bevor er mit einem im Raum sitzt? Ist doch klar – evtl findet man sogar etwas Interessantes, wo man im Gespräch aufgreifen kann.

    Ich persönlich sehe die Online History eher als Chance denn als Risiko, aber das muss jeder selbst beurteilen können. Auf alle Fälle hat die Firma „Social Intelligence“ sicherlich einen noch nicht gesättigten Markt entdeckt und wird bei gehöriger Medieninkompetenz sicherlich trumpfen können und seine Kohlen verdienen. Why not!?

    Grüße aus #s21 Town Stuttgart 🙂
    Tobias

  • Toller Artikel, gut geschrieben. Diese Tendenz habe ich auch schon seit einiger Zeit bemerkt. Wusste nur nicht, dass so etwas schon als Service angeboten wird.

  • Hallo Nils,

    auf der einen Seite finde ich es schon sehr interessant mit welchen Methoden Firmen Ihre Bewerber ausspähen, jedoch mache ich mir schon Gedanken darüber wer diese Informationen wie interpretiert? Ist ein Foto auf dem man mal betrunken abgelichtet wurde schon ein Anzeichen für Alkoholmissbrauch oder ein Kind im Arm schon ein Anzeichen dafür das man gebunden und unflexibel ist. Das ist schon sehr fragwürdig. Ich würde mir einen Bewerber vorher nie online anschauen, da ich sonst schon voreingenommen in ein Gespräch gehen würde. Lieber bilde ich mir hier meine unabhängige Meinung anstatt mich auf wage Internetquellen zu verlassen. Die Firma wird damit sicher Kohle machen, nur die Frage ist wie lange und mit welchen Methoden, denn wenn man mit legalen Daten schon gut Geld verdienen kann wie viel könnte man dann mit illegalen Daten verdienen. Irgendwo ist halt auch mal Schluss, nur bei Geld wird der leider oft übersehen.

  • Ich habe meinen echten Namen und fuer meine Internetaktivitaeten einen Kuenstlernamen und eine extra Email-Adresse. Das Problem ist, dass es dann hin und wieder Situationen gibt, wo man sich ueber seine eigene Anonymitaet und Vorsicht aergert (beispielsweise wenn man ein Angebot einer grossen Zeitung erhaelt, fuer diese einen Artikel zu schreiben, und die wollen aber den echten Namen wissen).

    Ausserdem frage ich mich manchmal, ob diese Geheimnistuerei ueberhaupt Sinn macht. Jemand, der wissen moechte, wer sich hinter einem Blog oder Kommentar verbirgt, kann das, technisches Verstaendis vorausgesetzt, mit recht geringem Aufwand rausfinden. Man hinterlaesst Spuren wie IP Adressen, oder mal die gelegentliche Kreditkartenzahlung, etc.

    Es ist eine Gratwanderung. Schwierig.

    Andere Leute loesen dieses Dilemma, indem sie GAR nichts veroeffentlichen. So habe ich recht viele regelmaessige Leser in meinem Blog, von denen ich per Telefon oder privater Email inhaltlich ganz tolles Feedback erhalte, so macher Artikel ist sogar aufgrund derer Ideen und Diskussionen entstanden, aber keine Kommentare im Blog.

  • @Tobias: Sehe ich genauso wie du. Wenn das eigene Bild im Netz stimmig ist und man nur mit gesundem Menschenverstand Informationen über sich Preis gibt, dann ist man hier auf der sicheren Seite. Und man kann als Bewerber den Spieß ja auch umdrehen, seinen Gesprächspartner mit Google (oder Yasni) checken und dann möglicherweise im Bewerbungsgespräch besonders punkten.

    @Johny7: Wüsste allerdings nicht, warum man für solch einen Dienst zahlen sollte, wenn es etwas vergleichbares schon länger kostenlos gibt. 😉

    @Alexander: Ich glaube nicht, dass sogenannte „Partyfotos“ einem grundsätzlich etwas versauen. Man sollte halt regelmäßig schauen, was so über einen im Netz rumschwirrt. Und halt für ein ausgewogenes Bild sorgen. Dass jemand hier und da mal feiert bedeutet ja nicht, dass er keinen guten Job macht.

    Und jetzt noch was grundsätzliches zu den Lebensläufen und den Anmerkungen von Max Drucker:

    Wir haben bereits Ende 2009 eine Umfrage zu diesem Thema gemacht und das Ergebnis war relativ eindeutig: Das Ende des Lebenslaufs ist eingeläutet:

    http://www.presseportal.de/pm/69931/1518390/yasni_gmbh

    http://www.presseportal.de/pm/69931/1567410/yasni_gmbh

    Aber wenn Herr Drucker das sagt…
    😉

  • Alexander [www] schrieb am 30.09.2010, 15:13:

    „Methoden Firmen Ihre Bewerber ausspähen, jedoch mache ich mir schon Gedanken darüber wer diese Informationen wie interpretiert? Ist ein Foto auf dem man mal betrunken abgelichtet wurde schon ein Anzeichen für Alkoholmissbrauch oder ein Kind im Arm schon ein Anzeichen dafür das man gebunden und unflexibel ist.“

    Genau!

  • Was macht Ihr Euch darüber Gedanken?
    In Zukunft gibt es intelligente Roboter ala Azimo.
    Da braucht Ihr Euch dann gar nicht mehr zu bewerben.
    Und das alles ermöglicht Ihr selber, indem Ihr all die tollen Produkte der
    korrumpierten und monopolischen Großunternehmen kauft.
    Juppi! Kaputalismus in seiner besten Form…

  • Es sind ja nicht die Fots, die interessant sind. Da gehen sicher auch z.B. Infos wie, wann gepostet wurde ein. Hat der Bewerber einen regelmässigen Tagesablauf, ist er impulsiv und postet dierkt Reaktionen, usw.

  • Am Ende lassen sich doch über das Internet nur Dinge herausfinden, die man auch wirklich selbst verzapft hat. Meiner Meinung nach sollte man sich deshalb im Normalfall keine Gedanken machen wie man seine Spuren verwischen kann, sondern sich einfach so aufführen, dass man dann auch dazu stehen kann. Und falls man doch mal unerkannt bleiben will, dann nutzen man in diesen Fällen eben Pseudonyme. Wichtig ist eben, dass man sich rechtzeitig Gedanken darüber macht wo man wie auftreten will.