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VZ-Netzwerke: Mit virtuellem Telefondienst und 'Kneipenfeature' zum Nischen-Primus

Clemens Riedl, der Chef der VZ-Netzwerke, hat dem Handelsblatt ein Interview gegeben, in dem sehr bemerkenswerte Sätze fielen. In Bezug auf Facebook sagte er beispielsweise, es gebe „keinen direkten Kampf gegen den globaler Spieler Facebook mehr“. Es ginge vielmehr darum, „eine profitable Nische im deutschen Markt zu besetzen“ beziehungsweise sich auf diese zu beschränken, da Zuckerberg mit seinem Social Network ganz andere Ziele als die VZ-Gemeinschaft verfolge. „Es geht Facebook um den Angriff auf Google im Kampf um Nutzerdaten. Facebook will im Kern gar keine klassische Community mehr sein. Diesen Unterschied zu uns wollen wir weiter herausarbeiten.“

Wie dieses Ziel gelingen soll, hat er dem Handelsblatt auch gleich verraten:

Wir gehen nicht auf Inhalte wie zum Beispiel Myspace mit Musik. Das ist uns eine Nummer zu klein. Bei uns geht es um intensive Kommunikation für junge Leute in Deutschland. Als ersten Schritt starten wir in Kürze einen kostenlosen, virtuellen Telefondienst ähnlich wie bei Skype über unsere Plattformen. Der Nutzer kann festlegen, wie er von seinen Freunden erreicht werden will: ob per Sprache, Videotelefonat, Chat oder Mail. Wir wollen die Telefonnummer für VZ-Nutzer überflüssig machen.

Wie das Ganze nun im Detail aussieht, davon könnt ihr euch selbst überzeugen. Es steht nämlich ab sofort jedem VZ-Nutzer zur Verfügung.


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Wie auf dem Blog der Netzwerke zu lesen ist, basiert das Angebot auf VoIP, ist über den Plauderkasten „VZ-Chat“ nutzbar und beinhaltet sowohl normale Telefongespräche als auch Video-Telefonie. Da ich selbst keinen Account beim VZ-Verbund habe und somit auch keine Kontakte, mit denen ich den Service ausprobieren könnte, bin ich auf euer Feedback gespannt.

Man darf nun natürlich anzweifeln, dass Internet-Telefonie solch ein großes Alleinstellungs- oder Unterscheidungsmerkmal zu Facebook darstellt. Wie Jürgen nämlich an anderer Stelle hier auf dem Blog berichtete, hat Skype das 550-Millionen-User-Netzwerk bereits sehr stark in sein aktuelles Angebot integriert und – was noch schwerwiegender ist – Zuckerberg plant offenbar ebenfalls die Einbindung eines Skype-Dienstes für SMS, Telefonie und Voice Chat direkt auf seiner Plattform.

Darauf vom Handelsblatt angesprochen, antwortete Riedl:

Der virtuelle Telefondienst ist nur ein Teil. Wir werden 2011 ein weiteres Kommunikationsfeature anbieten, die ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht konkret nennen möchte. Wir wollen quasi die deutsche Kneipe nachbilden: Sie unterhalten sich in kleinen Gruppen, zu zweit an der Bar oder lernen neue Leute kennen. Bei uns wird es persönlicher als die öffentlichen Verlautbarungen im Feed auf Facebook.

Und weiter:

VZ öffnet sich erstmals – im ersten Schritt nationalen, später auch internationalen Partner. Ab sofort bieten wir Verknüpfungen für andere Websites an, VZ-ID. Nutzer können fremde Inhalte teilen, VZ mit externen Seiten verbinden und sie über ihr VZ-Passwort nutzen. Das geht etwa mit journalistischen Seiten und Online-Shops. Wir wollen dabei unseren Partnern im Einklang mit dem deutschen Datenschutz zugeschnittenere Informationen übermitteln, als es Facebook mit seinem Dienst Connect tut.

Ohne ketzerisch zu klingen, darf nun natürlich die Frage gestellt werden, ob Riedls Äußerungen zur Rivalität mit Facebook ein Eingeständnis dafür ist, dass man den Kampf gegen den US-Konkurrenten verloren gibt oder schon hat. Oder ob es eine realistische und längst überfällige Analyse der Machtverhältnisse darstellt. Und ob es mit den angekündigten Neuerungen gelingen wird, sich in dieser Nische zu behaupten. Sieht man sich die aktuellen Zahlen an, die die VZ-Netzwerke aktuell veröffentlicht haben, könnte man das fast glauben.

Gegenüber dem Vorjahr konnte in 2010 nämlich eine Umsatzsteigerung von 60 Prozent auf 30 Millionen Euro erreicht werden. Davon wurden allein im November drei Millionen Euro erwirtschaftet. Das bedeutet, dass die VZ-Netzwerke im zweiten Halbjahr zum ersten Mal in ihrer Historie schwarze Zahlen geschrieben haben. Dass dieser Erfolg aber teuer, nämlich auf dem Rücken der User erlangt wurde, scheint Riedl zumindest zu wissen. Daher soll ihm zufolge im kommenden Jahr „der Nutzer wieder stärker im Mittelpunkt stehen“. Wollen wir hoffen, dass das stimmt und die Nutzer versöhnlich gestimmt werden können.

(Marek Hoffmann)

Über den Autor

Marek Hoffmann

Marek Hoffmann hat von 2009 bis 2010 über 750 Artikel für BASIC thinking geschrieben und veröffentlicht.

28 Kommentare

  • Auch wenn das Interview von Clemens Riedl im Handelsblatt ein Zeichen dafür ist, das sich die VZs auf die Realität zubewegen, lassen die Inhalte des Interviews für die neue Strategie wenig Hoffnung auf Erfolg, wenn wir die einzelnen Aussagen genauer unter die Lupe nehmen.

    http://bit.ly/hRInjL

  • tja mal schauen ob in 5 jahren noch jemand dort aktive ist

    meisten ist es doch so…macht war zuerst vz mitglied.. macht aus neugier ein account bei fb auf.. dort sammeln sich freunde an.. und irgendwann muß manN sich entscheiden.. und die entscheidung geht wohl meistens zu FB

    oder wie sehr ihr das ?

    würde vz an der börse sein würde ich auf fallende kurse wetten !

  • Also ganz ehrlich. Ich hoffe, das VZ noch lange aktiv bleibt. Bezüglich des Datenschutzes hab ich bei FB ein ganz übles Gefühl, deswegen ist mein Account dort auch fast leer.

    Beispiel: Apps
    Bei VZ, kann ich festlegen, welche Daten die App bekommen soll. Ich nutze immer leere Visitenkarten.
    Bei FB muss ich zwangsläufig die Daten freigeben, die die App möchte, sonst kann ich sie nicht nutzen.

    Beispiel Kontaktvorschläge:
    Trotz leerem Profil bekomme ich genau passende Kontaktvorschläge. Das macht mir wirklich Angst. Vielleicht hab ich ja irgendwo ein Häckchen übersehen, weg zu machen, trotzdem ist mir schleierhaft, wie FB an die Daten (GMail?) kommt.

    Zu den VZ-Neuerungen:
    Voicechat wird sicher auch über XMPP laufen, oder irre ich mich da? Das wäre zumindest sehr sinnvoll. Ich hab jetzt schon meine VZ-Kontakte (bei uns sind immer noch alle bei VZ und eben nicht bei FB) im Pidgin integriert. Sehr komfortabel das ganze, wenn dann der Voicechat auch darüber läuft, wäre das natürlich genial. Kann es aber noch nicht testen.

  • @klaus: So seh ich das auch. Irgendwann „beugst“ du dich.
    Kämpf da momentan selber mit mir deshalb.

    Die VZ-Netzwerke werden auch mit einem VoiP-Dienst niemanden keinen Hund hinterm Ofen mehr hervorlocken.

  • Der Nachteil der deutschen Anbieter VZ, wkw und lokalisten ist in meinen Augen die Ausrichtung auf den deutschen Markt. Ich war bei VZ und wkw angemeldet, bin aber am Ende bei Facebook gelandet, weil ich auch Kontakt zu Freunden im Ausland halten wollte. Und auf die Pflege mehrerer Netzwerke hab ich keine Lust.

  • @Carsten: Passende Kontaktvorschläge kommen meistens über Freunde, die ihr E-Mail-Adressbuch für FB freigeben, d.h. es kann sein, dass du Facebook bekannt bist, obwohl Du da noch nicht mal Mitglied bist.

  • Ich hatte ja noch nicht einmal Freunde.
    Kann es mir nur so erklären, dass ich irgendwo mal eben ein Häkchen falsch gesetzt gelassen habe und ich aus Versehen, wer weiß welche Kontaktbücher freigegeben habe. Bewusst hab ich das sicher nicht gemacht.

    Und dass Facebook über mich Bescheid weiß, bevor ich selbst ein Profil angelegt habe, ist echt sehr fragwürdig. Der nächste Punkt, der mich stört, ist die FB-Integration auf viel zu vielen Seiten.

    Google ist echt ein Scheiß an Datenkrake dagegen.

  • Die VZ Netzwerke machen es schon richtig, sich von Facebook abheben zu wollen. Zumindest in Deutschland sind die Netzwerke die einzige echte Alternative zu Facebook.
    Bevor sie untergehen wie MySpace sollte da tatsächlich Innovationen vorangetrieben werden, um die User Experience zu maximieren und problemlos neben Facebook weiter existieren zu können.

  • Die sollen erstmal ihren Login überarbeiten. Das ‚Sitzung sichern‘ verhindert nämlich, dass man sich von unserem Uninetz (RWTH eduroam) aus überhaupt einloggen kann. Ziemlich unglücklich für ein Studentennetzwerk, zumal die Funktion bei mir seltsamerweise dauernd aktiviert ist.

  • Mein VZ-Nutzen hat sich spätestens mit meinem Auslandssemester verringert und selbst dort habe ich vorzugsweise via FB mit meinen Leuten in der Heimat kommuniziert.

  • Ich bin weniger optimistisch als der Interviewte. Mag ja sein, dass Facebook eine andere Strategie verfolgt aber ich bezweifle, dass das den Nutzer interessiert.

    Seit Jahren beobachte ich den immer noch anhaltenden Trend zu Facebook, kann man als Dozent an einer Hochschule sehr schön beobachten.

  • Ein Netzwerk für juvenile Schwachsinnige, die sonst nichts zu tun haben und daher ihre trostlosen Sprechblasen absondern müssen. Gibt es ja genug davon in diesem Land.

  • Irre ich mich oder klingt es dennoch so das sie nicht mehr gegen Facebook siegen wollen, es aber trotzdem weiter nachäffen bzw. klauen?

    „Wir wollen quasi die deutsche Kneipe nachbilden: Sie unterhalten sich in kleinen Gruppen, zu zweit an der Bar oder lernen neue Leute kennen. Bei uns wird es persönlicher als die öffentlichen Verlautbarungen im Feed auf Facebook.“

    Klingt fast wie Facebook Gruppen nur das eine Bar (deutsche Kneipe^^) mit im Spiel ist…

  • „Wir wollen die Telefonnummer für VZ-Nutzer überflüssig machen.“
    Stellt das nicht einen gewissen Widerspruch zur eigenen SIM-Karte da?

  • Facebook hat trotzdem nicht so style wie Study. Facebook ist einfach viel zu viel spam und iwelche tausend spiele/news oder iwas die gespamt werden….

    Study is 3x besser…. Schon allein das Design ist viel farbenfroher.
    Facebook is naja… Study ist Top

  • Was ich mich ja frage – wieso kenn ich exakt niemanden mehr der bei Studi/Mein oder Schüler VZ ist, warum heben selbst bei grossen Veranstaltungen nur 1,2 Liegengebliebene die Hand wenn der Redner die Frage stellt: Wer von Euch ist noch bei VZ? Und trotzdem will man den Umsatz um 60% gesteigert haben? Liegt das an meinem Umfeld? Oder steckt da auch ne Portion kreative Buchhaltung dahinter? Bei den Visits, Visitors und PI’s is ja mehr oder weniger bekannt wie da getrickst wird.

  • Ich bin in einem Jahr nirgendwo. Diese ganze Studi-Facebookerei geht mir sowas von auf den Senkel!
    Diese ganzen Dienstleistungen und Produkte verschleiern sowieso nur, dass der Netzwerketrend keiner mehr ist. Irgendwann ist auch hier Stagnation angesagt. Man hat sein Profil und gut ist.

  • Obwohl ich 200 gute Freunde auf Studi hatte, habe ich mich gelöscht und bin bei Facebook gelieben, auch wenn dort nicht alleine meine Freunde sind, aber es werden von Woche zu Woche mehr. 😉

    Grund zur Löschung des Studi-Accounts:

    1. iPhone App seit MONATEN buggy
    2. Plauderkasten kann/konnte nur im studi benutzt werden.
    3. langweiliges Design, keine neuen Features und wenn dann von Facebook abgeschaut.
    4. Seite oft mit Fehlern berieselt gewesen…
    5. keine für Suchmaschinen offenen Profile.

    Datenschutz ist Angelegenheit des Users, Facebook bietet meiner Meinung nach alles wichtige an um seine Informationen zu schützen. Bei studi ist das ganze übertrieben – typisch deutsch halt.

  • Das klingt sehr stark nach einem Eingeständnis. VZ hätte sicherlich nichts dagegen gehabt, die Rolle einzunehmen, die Facebook jetzt (in Deutschland) hat.

    Facebook ist mittlerweile so groß, dass man Freundschaftsanfragen von den entferntesten Bekannten bekommt. Gerade in der Datenschutz und Google-Street-View-Verpixel-Hochburg Deutschland werden sich viele daher sehr genau überlegen, welche Informationen sie in Facebook noch Preis geben. Durch den Wunsch nach mehr Intimität wird die Bedeutung von Nischen-Communitys steigen.

    Facebook wird so etwas wie eine Digitale Visitenkarte (+digitale Post+digitales Telefon+digitales Zahlungsmittel). Spezielle Interessen werden dann in Nischen-Communitys ausgelebt.

    Bei VZ kann ich allerdings keine Nische erkennen. Kneipenfeature klingt mir noch zu schwammig.

  • Ich nutze die VZ-Netzwerke schon länger nicht mehr und bin mit der Mischung Facebook/Skype zufrieden.

    Dass VZ mit einer „Nische“ zufrieden ist, kann ich mir nicht vorstellen – und ich sehe es auch nicht als solche; Schüler / Studenten sind nicht wirklich eine Nische, außer es geht speziell um Hawaii-Hemden tragende Studenten o.ä.