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Google gegen Apple: Seeschlacht um Abos und Musik

Auf dem Mobile World Congress in Barcelona wurde Googles scheidender CEO Eric Schmidt zur Rolle des künftigen Rivalen Facebook befragt. Schmidt antwortete, Facebook sei eher ein Partner. Der eigentliche Rivale sei nach wie vor Microsoft. Stimmt nicht mehr: Der erbittertste Rivale ist seit gestern zweifellos Apple.

Bislang fuhren Google und Apple wie zwei Kanonenboote nebeneinander her, den anderen kritisch beäugend, aber ohne sich gegenseitig anzugreifen. Gestern dann eröffnete Google plötzlich das Feuer und beschoss Apple gleich zweimal: Mit dem Bezahlmodell „One Pass“ eilte Google Inhalteanbietern zur Hilfe, die sich von Apples 30-Prozent-Politik bedroht sehen. Noch am gleichen Tag kündigte Google außerdem einen eigenen iTunes-Konkurrenten für Musik an. Zwei von Apples größten Einnahmequellen wurden also von Google torpediert.

One Pass, Google Music auf dem Xoom


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Google One Pass ist Browser-basiert und soll als Abrechnungsmodell für Abonnements auf Tablets wie Smartphones oder PCs genutzt werden können. Auch auf dem iPad? Ja, zumindest für Inhalte, die von den Verlagen direkt auf deren Website verkauft werden. Abgerechnet wird über Google Checkout. Die Verleger zahlen an Google nur 10 Prozent Provision, statt der von Apple im App Store verlangten 30 Prozent. Mit an Bord sind vom Start an der Axel-Springer-Verlag (unter anderem „Bild“ und „Welt“), „Focus“ und der „Stern“. Mit technischen Eingenschaften und genauen Erklärungen hält sich Google bislang vornehm zurück. Das ganze wirkt ein wenig wie aus der Hüfte geschossen. Der Dienst sei jahrelang entwickelt worden, bekräftigt Google.

Fast etwas unter ging dabei die gestrige Meldung, dass Google einen eigenen Musikdienst nach dem Vorbild von iTunes plant. Das sagte Motorola-Manager Sanjay Jha gestern auf dem Mobile World Congress bei der Vorstellung von Motorolas Android-Tablet „Xoom“. „Google Music“ soll demnach vorerst nur auf Tablets mit der Android-Version 3.0 (Honeycomb) laufen. Genaueres teilte Jha nicht mit. Es bleibt unklar, wie der Dienst aussehen wird. Das Xoom soll allerdings schon ab Ende Februar (ab 600 Dollar WiFi-Version, 3G-Version 800 Dollar) in den USA verkauft werden.

Apple im Tablet-Geschäft Kunden abjagen

Zwei direkte Angriffe auf Apple, beide wenig konkret – aber dafür exzellent getimet. Google One Pass wird zufällig genau einen Tag vorgestellt, nachdem Apple bekannt gibt, dass Verlage auch für In-App-Käufe 30 Prozent Provision an Apple zahlen müssen. Google Music wird kurz vor dem Verkaufsstart des ersten Honeycomb-Tablets angeteasert. Nachdem ein ansprechender Musikshop für Android bislang fehlt, dürfte das zumindest einige unentschlossene Kunden überzeugen, die lieber auf das iPad 2 warten wollten. Jenes könnte Apple im April vorstellen.

Microsoft also Googles Erzfeind? Bei der Websuche und den Werbeeinnahmen ja, aber ganz sicher nicht beim Mobilfunk. Hier liegt der Marktanteil von Windows Phone 7 bei nur gut drei Prozent. Die wichtige Kooperation mit Nokia soll frühestens (!) Ende 2011 in Form erster Geräte Früchte tragen. Googles neueste Ankündigungen richten sich ganz klar gegen Apple, und Ziel ist es, dem Nebenbuhler Konkurrenten im Tablet-Geschäft abzujagen. Der Konflikt könnte sich zu einer handfesten Seeschlacht aufschaukeln.

(Jürgen Vielmeier)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

19 Kommentare

  • war bis gerade überzeugt mir ende des jahres meinen vertrag zu verlängern und dann von 3g auf iphone4 umzusteigen. aber, wenn das so weitergeht, dann wird Android wohl eine wirkliche Alternative für mich 🙂

  • Ich bin nicht sicher ob hier aus Publisher-Sicht eine entweder-oder Situation vorliegt. iOS und Android sind zwei komplett getrennte Nutzerschaften/Märkte (oder wer benutzt schon zwei Smartphones?) – Insofern werden die Verlage nicht umhin kommen auf beiden Plattformen präsent zu sein – einmal mit 70% und einmal mit 90% Marge.

  • @Patrick: Nein. Die Publisher dürfen nur nicht die Inhalte über den Appstore von Apple anbieten. Eine ganz einfache, nicht anders aussehende, HTML oder Flash-App reicht, die mit einer entsprechenden App offline gecached werden können um auch offline gelesen zu werden. Und der Zugriff wird kontrolliert durch Google oder in Eigenregie.

  • Wichtiger ist ohnehin, das PREISMODELL zu überdenken. Mehr als für die Printausgabe? Oder gar zusätzliche Kosten neben dem Printabo? Nein, außer bei großem Mehrwert.

    Und beim Einzelkauf von aktuellen und früheren Artikeln – wo der Aufwand ja deutlich größer ist, womit das Googleangebot hier besonders interessant ist – kann man nicht länger 2, 3 oder mehr Euro pro Artikel schon für 24-Stunden-Zugriff fordern! Wenn man die Zeitung kauft, die man dauerhaft behalten kann, zahlt man z.B. 1,60 – für einzelne Artikel aber schon deutlich mehr. Wtf? 20ct (bei kurzen Randartikeln) bis 1 Euro – völlig in Ordnung. Aber nicht mehr. Und zwar bei dauerhaftem Lesezugriff! Das würde die Akzeptanz der Bezahlung sicher enorm steigern, unter dem Strich käme also selbst mit den Archivbeiträgen mehr heraus.

    Bis dahin kann ich nur raten, sich notfalls bei einer Unibibliothek anzumelden – notfalls auch einfach so einzuschreiben. Da gibt es viele (auch „normale“) Zeitungen und Zeitschriften vieler Jahrzehnte, Onlinedatenbanken etc. Und was es nicht gibt, kann idR per Fernleihe für 1,50 bestellt werden. Als dauerhafter Ausdruck.

  • Na ja, zwei Kanonenboote, die sich bisher nicht attackiert haben? Kann man Android nicht als (sehr vorausschauende) Reaktion auf iOS sehen? Ist iAd nicht eine direkte Konkurrenz zu AdWords?

    Grundsätzlich ist mir das Google Modell sympathischer, da es keinerlei inhaltliche Kontrolle der verkauften Inhalte mitzubringen scheint, die sich Apple offenbar anmaßen will.

    Die eigentlich spannende Frage – die dann vielleicht tatsächlich Kartellbehörden beschäftigen könnte – ist die, ob Apple Apps zulassen wird, die das Google Bezahlsystem verwenden.

  • @JSG Nur das Apple eben schon sehr vorausschauend Flash von seinen Geräten verbannt hat und es heute noch sehr schwer ist mit HTML ein app-ähnliches Feeling hinzubekommen.

  • Noch vor wenigen Tagen hatte Microsoft Angekündigt „Google Vernichten“ zu wollen , nun sollen sie nicht mehr ihr „größter“ Feind sein?
    Unlogisch das dies nun Apple sein soll , Apple hat ein geschlossenes System mit weniger Schnittmengen zu Google als Microsoft.
    Jede Firma versucht heutzutage ihr eigenes Content „ökosystem“ aufzubauen von Internet – Providern wie Telekom , Voodafon über Hersteller wie HP , Dell bis zu MS , Google. Sicher in Zukunft auch Microsoft und Facebook.
    Entscheidend ist dafür aber ein eigenes OS zu etablieren um eventuell damit Konkurenten ausschließen zu können oder wie bei Apple die Bedingungen zu diktieren und dort ist MS immernoch der größte Gegner.

  • Seit wann ist denn iTunes- und AppStore „eine der größten Einnahmequellen Apples“?

    Aus finanziellen Gründen (in dem Kontext) dürfte Apple darüber lachen. Viel wichtiger ist jedoch der Markt und vor allem die Plattform. Letzteres schafft man aber nicht durch (noch) einen Bezahldienst. Sehrwohl kann Google die eigene Plattform damit aufwerten.

  • Da kann sich Google auch noch auf den Kopf stellenn. Jemand der mit iOS gearbeitet hat, wird niemals zu Android wechseln. Das gilt für Smartphones genauso wie für Tablets! Denke Apple kann da ganz ruhig bleiben!

  • @Zerspanung Das Problem ist aus meiner Sicht nicht so sehr die glänzende Oberfläche von iOS sondern der darunter lauernde Allmachtsanspruch von Apple, der jede Regung auf diesem System kontrollieren will: Warum darf es faktisch nur noch ein Bezahlsystem für Medieninhalte geben welches auch noch inhaltliche Kontrollen mit sich bringt?
    Der Google Ansatz beschränkt sich nicht auf Android, in der Tat geht es im Moment noch um reine Webinhalte. Und wenn Apple dem nicht mit seinen willkürlichen App Store Regeln einen Riegel vorschiebt könnte man mit dem Google System ganz normal auf seinem iPad Inhalte erwerben. Und sie auch im Webbrowser sehen. Und – wenn es sich gar nicht vermeiden lässt – sogar auf einem Android Handy. Das wäre das echter Wettbewerb, der uns als Nutzern die (weiterhin geringe, aber immerhin) Wahl ließe.

  • Google wird in 10 Jahren das sein, was Microsoft heute ist: Groß, mächtig, irgendwie wichtig, aber gleichzeitig vollkommen unbedeutend.
    Microsoft hat, nachdem es in ihrem Bereich (Betriebssysteme) ein Monopol erlangt hatte, angefangen, alle möglichen anderen Bereiche zu erobern, der Browser-War dürfte das bekannteste Beispiel sein, aber auch aggressive Hardware-Vermarktung oder der viel zu späte Einstieg ins Internet sind zu nennen. Was ist aus diesem Vielfrontenkrieg gegen im Allgemeinen recht kleine Spezialisten geworden? Andere kleine Anbieter sind groß geworden, Microsoft konnte effektiv keine der Fronten halten, der IE ist von 90% Marktanteil auf unter 50 gefallen und selbst im Bereich der Betriebssysteme sind Mac OS und auch Linux auf dem Vormarsch.
    Und Google heute? Kämpft sich gleichzeitig an Microsoft, Apple, Facebook und unzähligen kleinen Playern ab. Ist weggekommen vom Kerngeschäft – denn gegen Facebook alleine hätte der Laden als Suchmaschine und Werbespezialist durchaus eine faire Chance gehabt.

    Napoleon hat einen Zwei-Fronten-Krieg kläglich verloren. Hitler hat daraufhin einen Drei-Fronten-Krieg ausprobiert.

  • Google wird von Microsoft und Apple gleichermaßen gefürchtet , nicht nur weil sie im Browser und Betriebssystemgeschäft nun erfolgreich „Mitmischen“ , sondern noch viel mehr da ihre Produkte weitgehenst „Open Source“ sind!
    Denn ein Quelloffenes, Kostenloses und in großen Teilen „Freies“ OS , Codec , Treiber oder Software bedroht das Kerngeschäft und damit auch die Existenz dieser Firmen die weitgehenst wie Microsoft vom Verkauf und Lizensierung ihres OS und Software Produke leben.
    Mehr noch Microsoft als Apple die bedeutend weniger abhängig vom Software Verkauf sind.
    Nichts wird Microsoft wohl mehr Fürchten als ein „Übergreifen“ vom „Android OS“ oder „Chrome OS“ in den nächsten Versionen vom Tablet über den Laptop auf den PC.
    Nur kann solch eine Entwicklung selbst Google nicht Verhindern.
    Siehe: http://www.golem.de/1102/81511.html
    Hersteller, Händler könnten (kostenlose) Android Systeme auf den PC bringen und der Kunde dank vieler Software, Spiele und App-Store Gefallen daran finden.
    Microsoft hat ein Problem das der klassische PC zudem immer mehr im Rückgang begriffen ist und sein momentanes Zugpferd Windows für die neuen leichten mobilen Systeme viel zu „schwerfällig“ ist.

    Google stößt nun massiv in diese Lücke und verbessert in „atemberaubenden Tempo“ seine Produkte , was MS nicht gewoht ist und erhebliche Kosten und Mühen hat Mitzuhalten.