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Bedenken gegen "Deutsches Hulu": Wohl kein Videoportal von RTL und ProSiebenSat.1

Komfort adé? Das Bundeskartellamt in Bonn hat offenbar (zu) große Bedenken gegen die geplante, gemeinsame Videoplattform von RTL und ProSiebenSat.1 angemeldet. Darauf seien sie von dem Amt hingewiesen worden, sagten beide Senderketten der „Financial Times Deutschland“ (FTD). Eine gemeinsame Website mit Videoangeboten verschiedener Senderketten würden sie nicht genehmigen, ließen die Kartellwächter gegenüber den beiden Sendern demnach durchblicken. RTL und ProSiebenSat.1 haben nun die Möglichkeit, bis zum 21. März dazu Stellung zu beziehen.

Update: Das Bundeskartellamt fordert in einer Stellungnahme dazu eine weitere Öffnung der Plattform.

Wie die FTD weiter schreibt, haben die beiden Senderketten aber keine großen Hoffnung mehr, dass das geplante Projekt, zu dem neben anderen Privatsendern auch die Öffentlich-Rechtlichen eingeladen wurden, noch online geht. Angekündigt wurden die Pläne für die Plattform bereits im vergangenen August bei der EU-Kommission. Schon da hatte das Bundeskartellamt eine Prüfung angekündigt. Die Sender hatten sich bereits bei der offiziellen Ankündigung einer Art Selbstzensur unterworfen, weil sie wohl selbst ein Veto des Kartellamts vermuteten. So sollte die rein werbefinanzierte, kostenlose Plattform von einem Gemeinschaftsunternehmen betrieben werden. Inhalte sollten – ähnlich wie die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender – maximal sieben Tage lang online bleiben.


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Immer wieder kartellrechtliche Bedenken

Bereits jetzt kocht beinahe jeder Sender beim Thema Online-Video sein eigenes Süppchen. RTL veröffentlicht eigene Sendungen auf RTL now, ProSiebenSat.1 stellt Inhalte auf Maxdome und den eigenen Websites online. Die Öffentlich-Rechtlichen haben ihre eigenen Mediatheken. Das geplante Videoportal hätte all diese Angebote gebündelt und für den Zuschauer an einer Stelle präsentiert. Als juristischer Laie werde ich mich hüten, zu bewerten, worin denn nun die marktbeherrschende Stellung läge, wenn doch alle Sender daran hätten teilnehmen können.

In den USA haben die größten US-Senderketten im Jahr 2008 gemeinsam den Dienst Hulu gestartet, um ihre Serieninhalte online verfügbar zu machen. Auch hier haben die Kartellwächter immer wieder Bedenken angemeldet. Ein britisches Pendant zu Hulu mit dem Namen „Project Kangaroo“ war von den Wettbewerbshütern verboten worden. Das Bundeskartellamt hat mir gerade telefonisch mitgeteilt, dass man innerhalb der nächsten Stunde eine Stellungnahme abgeben wird. Wir werden hier updaten, sobald das geschehen ist, vorab gab es noch keine Infos.

Update: Bundeskartellamt fordert weitere Öffnung

Das Bundeskartellamt hat eine Stellungnahme zu der Sache veröffentlicht. Sie begründet die Abmahnung der Plattform wie folgt:

Nach dem vorläufigen Ergebnis der Überprüfung ist das Bundeskartellamt der Auffassung, dass die Gründung der gemeinsamen Plattform in der konkret geplanten Form das nach wie vor bestehende marktbeherrschende Duopol der beiden Sendergruppen auf dem Markt für Fernsehwerbung weiter verstärken würde. Die nach dem derzeitigen Sachstand zu erwartende Koordinierung geschäftlicher Interessen über das Gemeinschaftsunternehmen würde darüber hinaus einen Verstoß gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen darstellen.

Der Vorwurf des Duopols ist für mich nicht ganz nachvollziehbar, nachdem RTL und ProSiebenSat.1 andere Sender dazu eingeladen haben, an der Plattform teilzunehmen. Weiter heißt es:

Die Behörde ist zu dem vorläufigen Ergebnis gelangt, dass nur bei einer offenen, rein technischen Plattform die Vorteile durch die erhöhte Reichweite für Video-on Demand-Angebote und die einfachere Navigation durch die Inhalte die auch dann noch bestehenden Nachteile für den Wettbewerb aufwögen. Die beteiligten Unternehmen waren jedoch nicht bereit, die geplante Plattform soweit zu öffnen.

Sprich: Nicht nur die Sender sollten Zugang zu dieser Plattform bekommen, sondern auch Inhalteanbieter abseits der Sender. Es würde eine offene Plattform bedeuten und anderen Filmschaffenden den Zugang ermöglichen, ähnlich wie wir das bereits auf sevenload und 3min.de erleben. Das klingt erstaunlich fortschrittlich, könnte aber den Gedanken einer Premium-Content-Plattform als zusätzliche Einnahmequelle für die Sender konterkarieren. Ganz geschlossen ist die Tür für die Senderketten damit aber noch nicht. Die Frist einer Stellungnahme für RTL und ProSiebenSat.1 läuft nun bis zum 21. März.

(Jürgen Vielmeier)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

10 Kommentare

  • Wirklich schade um diese vergebene Chance! Herzlich willkommen in Deutschland, kann man da nur sagen! So eine lächerliche Begründung hab ich auch lange nicht mehr gehört… Marktbeherrschende Stellung??? Welcher Markt, wenn doch alle dabei sind und es kostenlos ist???

  • Also ich verstehe nicht, warum so ein gemeinsames Portal nicht genehmigt wird. Aus welchen Gründen? Was hat der Benutzer davon, wenn er erst schauen muss, auf welchem Sender eine Sendung läuft, um sie anschließend auf dem jeweiligen Portal aufzurufen. Das schadet doch nur den Menschen. Für solch eine Entscheidung habe ich kein Verständnis.

  • Im Prinzip eher Richtig wenn man an die Zukunft denkt, zwar wäre ein gemeinsames Portal für den Nutzer Bequemer , nur wäre es auch ein weitgehendes Marktbeherrschendes Monopol , wogegen dann eine Konkurenz kaum noch eine Change hätte.

    Momentan scheint das gegenüber den Nachteilen für viele Nutzer nicht so „Wichtig“ doch schaut man in die Zukunft könnten wohl diese Videoplattformen eines Tages wichtiger werden als die ursprünglichen Vollprogramm Sender.
    Es würde indirekt auf einen „Zusammenschluß“ von von RTL und ProSiebenSat.1 hinauslaufen, wo ein Wettbewerb weitgehenst ausgehebelt wird und sie die Preise dem Kunden und Rechteinhabern, Werbewirtschaft ect. Diktieren könnten.

    Besser wäre eine Unhabhängige Videoplattform die nicht oder nur teilweise im Besitz der Sender sind.

  • Das deutsche Fernsehprogramm ist zwar nicht qualitativ hochwertig, dennoch hätte es nicht geschadet solch einen Dienst in Deutschland aufzubauen. Das Ergebnis ist nicht nur für die Sender und Besucher, sondern auch für gesamt Deutschland als Nation enttäuschend.

  • @4 Paul
    Im Prinzip könnte ein solcher Dienst durchaus Aufgebaut werden nur sollte er möglichst unabhängig von den Medien Konzernen sein.
    Nun wird allerorten wieder eine Kampange gestartet das böse Bundeskartellamt gönnt den Deutschen kein Videoplattform von RTL und ProSiebenSat.1.

    Dabei wäre dieses “Deutsche Hulu” auch nichts anderes als wollten die Mineralöl Konzerne ein gemeinsames Tankstellen Netz Gründen oder die Lebensmittel Konzerne eine eigene Ladenkette , wie sollte da ein Bundeskartellamt Zustimmen ?

  • Ich kann Paul nur zustimmen. Geschadet hätte es wohl wirklich nicht … Aber naja hier in Deutschland ist das alles sowieso ein „bischen“ anders als sonst irgendwo auf dieser Welt.

  • ich kann mich robert in der sache nur anschließen.
    natürlich scheint das urteil auf den ersten blick recht unverständlich, aber in hinblick auf hd+ als deren letzte zusammenarbeit, bin ich ehrlich gesagt recht froh darüber, dass dieses vorhaben nun gekippt wurde.

    Nichts desto trotz haben wir eine vernünftige video-on-demand lösung für deutschland bitter nötig. die tatsache dass selbigs bisher noch nicht realisiert werden konnte, ist mal wieder ein blamables zeugnis der deutschen rückständigkeit.

  • @ Mareike
    „Also ich verstehe nicht, warum so ein gemeinsames Portal nicht genehmigt wird. “

    Weil Kartelle in die verantwortungsvollen Hände des Staates gehören! (Achtung, Ironie!)