Sonstiges

Nokia, was zum Teufel macht ihr da?

Weg mit dem Alten, her mit dem Ungewissen: Nokia hat heute angekündigt, weltweit 4.000 der 65.000 Mitarbeiter zu entlassen, davon 1.400 alleine in Finnland. Die meisten dieser Mitarbeiter forschen und entwickeln für die Systeme Symbian und MeeGo. Die Symbian-Sparte übergibt Nokia nahezu komplett an den IT-Dienstleister Accenture. Durch den Wechsel der rund 3.000 Mitarbeiter will Nokia vor allem Geld sparen. Accenture soll außerdem mit der Entwicklung von Dienstleistungen für das kommende System Windows Phone 7 betraut werden. Für die ausscheidenden Mitarbeiter hat Nokia einen Sozialplan entwickelt.

So weit wäre das noch kein großer Aufreger. Nokia hat im Rahmen der Kooperation mit Microsoft angekündigt, künftig auf Windows Phone 7 zu setzen und Symbian und MeeGo langsam auslaufen zu lassen. In einer Brandrede hatte der neue Nokia-Chef Stephen Elop seine Mitarbeiter auf den neuen Kurs eingestimmt. Viele, auch ich, haben die Entscheidung anfangs begrüßt. Liest man aber zwischen den Zeilen und betrachtet die Entwicklungen seitdem genau, muss man fürchten, dass Elop den Karren vor die Wand fährt.

Update: Benjamin Lampe, Kommunikationschef bei Nokia, wehrte sich gerade am Telefon gegen den Vorwurf mangelnder Stringenz. Die Restrukturierung sei ein seit langem geplanter Teil der im Februar neu angekündigten Strategie. Eben weil man künftig auf Windows Phone 7 setzen wolle, sei nun eine Konsolidierung der Symbian-Entwicklung notwendig. Es werde aber weiterhin Updates des Systems geben.


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Volles Vertrauen auf ein fehleranfälliges System

Direkt nach der Verkündung der Kooperation war bekannt geworden, dass Nokia ein erstes Smartphone mit Windows Phone 7 erst für Ende 2011 plant; 2012 solle es richtig losgehen. Dann wurden immer mehr technische Probleme bei Windows Phone 7 bekannt. Das System hat zwar eine moderne Oberfläche, unter der Haube hakt es allerdings an allen Ecken und Enden. Dann teilte Nokia uns zwar mit, man wolle noch 150 Millionen weitere Geräte mit Symbian verkaufen, allerdings bringt auch das Update Anna bis auf notwendige Verbesserungen keine bahnbrechenden Neuerungen mit. Die Entlassungen betreffen jetzt vor allem Mitarbeiter in der Abteilung Forschung und Entwicklung von Symbian und MeeGo. Viel Neues ist dort also nicht mehr zu erwarten.

Nokias Marktanteile bei Smartphones gehen immer weiter in den Keller. Sie werden vor allem von Googles System Android aufgefressen, das sich rasant verbreitet. Und Nokia hat nun ein scheidendes System, für das man die Hoheit an Accenture übergeben hat. Und man setzt mit Windows Phone 7 voll und ganz auf ein fehleranfälliges, unfertiges System, das erst kommen soll, wenn Android den Kuchen schon aufgefressen hat. Nokia, ich fürchte, das wird alles eng für euch werden. Sehr eng.

(Jürgen Vielmeier, Grafik: Accenture/Nokia)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

17 Kommentare

  • Zwei Dinge sind mir beim Lesen dieser Meldung durch den Kopf gegangen:

    * Wieso war Nokia bei so einer großen Entwicklerzahl nicht in der Lage etwas zu bauen, dass mit Android und iOS mithalten kann? Ich kann mir nicht vorstellen das Google auch nur annähernd so viele Leute mit Android beschäftigt

    * Wieso behält man die Leute nicht, selbst wenn man sie umschulen muss? Oder betreibe Nokia in Zukunft keine nennenswerte eigene Softwareentwicklung mehr und überlässt alles Microsoft? Dann werden sie bald nur noch eine Hardwarebude sein und Hardware können sie in anderen Teil der Welt billiger.

    Für mich sieht’s so aus, als ob Nokia den Bach runtergehen wird….

  • Nunja, so mies, wie hier beschrieben, ist Windows Phone 7 auch wieder nicht. Das Nokia in Zukunft aber nur auf dieses eine Smartphone-Betriebssystem setzt, ist zumindest sehr riskant.

    Und wie Henning schon schrieb: Als Hardwarebude wird Nokia sicher gegen die günstige Konkurrenz aus China, Taiwan und Co scheitern.

    Schade um diesen Konzern, aber das passiert halt, wenn man über Jahre den Trend verpennt bzw. ignoriert …

  • Nokia hat schlicht und einfach den Trend der Zeit verpasst und seine dominante Stellung in Sachen Handyproduktioün verloren. Gleichzeitig hatte man zu dieser Zeit alles auf diesen Sektor fokussiert, was sich nun rächt, schließlich geht es auch darum, die aktuellen Trends anderer zu verarbeiten und mit hilfreichen Dingen zu ergänzen. Die Innovation scheint zu stocken, daher ist es doch nur folgerichtig, etwas in diesem Bereich zu tun. Momentan sehe ich doch noch recht schwarz für NOKIA, aber vielleicht hat man nun Lösungskonzepte erarbeitet, um auf dem Weltmarkt wieder einigermaßen Tritt fassen zu können.

  • Nach der Geschichte in Bochum vor wenigen Jahren (Subventionen einstreichen, dann Belegschaft entlassen und nach AFAIK Tschechien umziehen) war Nokia für mich gestorben. Mit Android und iOS sind in kürzester Zeit ziemlich mächtige Gegner auf den Markt gekommen. Micro$oft sieht sich m.E. an allen Fronten (Server, Desktop, Embeded…) bedroht und suchte nun die Kooperation mit Nokia. Ob die Strategie aufgeht…?

  • #3 zWs -> „Schlecht“ ist Windows Phone 7 sicher nicht. Ich glaub das wird auch niemand ernsthaft behaupten. Was jedoch nicht ganz von der Hand zu weisen ist, dass Microsoft es mal wieder nicht geschafft hat einen 100%igen Schnitt zu machen und von Null auf ein neues sauberes System entwickelt. Das merkt man spätestens, wenn man sich mal länger als drei Wochen mit der Entwicklung von Apps für WP7 beschäftigt.

  • Nokia , Schafft sich Ab……

    Dafür Eröffnete Nokia ein neues Werk in Vietnam , es geht wohl nur noch um Billigproduktion.
    Auch Windows wird sicher Nokia kaum Retten , vermutlich werden die Reste irgendwann in den Microsoft Konzern Eingliedert um eine eigene Smartfon Produktion zu haben wie Apple.
    Ob sich Windows Phone 7 noch Durchsetzt ist schwer zu sagen, wie es zZ. Ausschaut Gewinnt vermutlich der, welcher die meisten Patente und besten Anwälte hat und nicht die Firma mit dem besten Betriebssystem.

  • Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum alles so schwarz sehen. Im Smartphone-Markt ist noch gar nichts entschieden. Das sieht man daran, dass es viele unterschiedliche Systeme gibt. Ich sehe keinen Grund dafür, warum es Microsoft und Nokia nicht schaffen sollten. Nokia steht noch immer für Qualität, und Microsoft bietet den App-Entwicklern die besten Voraussetzungen (modernere Architektur als bei iOS, weniger Aufspaltung als bei Android)

  • Immer wieder amüsant, wie (irgendwelche) Blogger und Kommentatoren Weltkonzernen Tipps geben und meinen genau zu wissen, wie der Hase läuft! 😀

  • @kloni: find ich auch sehr amüsant, vor allem wenn man bedenkt, dass genau auf diesem Blog schon X Artikel erschienen sind in denen Nokia aufgefordert wurde etwas zu tun. Und jetzt wo Veränderungen anstehen ist es auch nicht recht…

  • @Jason

    Also die Tools wie Blend&co sind doch göttlich für WP7-Entwicklung.
    Da hat die Konkurenz doch nichts vergleichbares…oder wo meinst du, dass es mangelt?

  • #11 Lars -> Blend würde ich jetzt mal mit XCode auf einer höhe sehen. Beides tolle Tools mit Vor und Nachteilen.

    Ohne Frage hat MS bei Windows Phone 7 vieles richtig gemacht. Nur wenn ich in unserer Firma sehe, was die Entwicklung ein und der selben App für iOS, Android und Windows Phone 7 kostet, dann stimmt da was bei WP7 nicht. Da sehe ich aktuell das Gesamtpaket aus Entwicklungsumgebung, Support, usw. bei Google und Apple (leider) noch um einiges weiter vorne.

    Zudem lassen sich einige Apps (Stichwort Argumentent Reality) auch erst seit dem „Mango“ Update umsetzten. Nur bis das fehlerfrei ist, da sehe ich noch einige Zeit vergehen.

  • man merkt das der artikelschreiber noch nicht viel mit windows phone 7 zu tun gehabt hat. „es hakt an allen ecken und enden“ – das ist mir nicht aufgefallen und ich nutze wp7 schon seit mehreren monaten und bin sehr zufrieden. zugegeben, es gibt hier und da noch bugs, aber da muss man sich nicht vor der konkurrenz verstecken. die updates liefen bei mir auch in beiden fällen problemlos ab.
    also bitte mal nicht immer übertreiben, nur weil man das konkurrenzprodukt liebt…

  • @kloni, raphael:
    leider sind es bei weitem nicht nur irgendwelche vermeintlich doofen blogger, die der meinung sind, sondern eben auch die leute, die tatsächlich ahnung von der branche haben.
    man muss aber kein selbst ernannter experte sein, um zu sehen, dass bei nokia derzeit etwas ganz im argen liegt.

    und wenn ein firmenchef wie elop so eine brandrede hält, dann kann man wohl davon ausgehen, dass auch nokia selber ein problem sieht.

    die geschichte zeigt uns immer wieder, dass selbst ein weltmarktführer ganz schnell ziemlich alt aussieht, wenn er wichtige entwicklungen verpasst und nicht mehr state-of-the-art technik liefert.

    manche konzerne, wie ibm, microsoft oder siemens mögen so breit aufgestellt sein, dass sie solch einen rückschlag noch verkraften; vielleicht die eine oder andere unternehmenssparte einfach verkaufen, oder evtl bei den entwicklungen nachziehen können.
    aber es gibt genug andere konzerne, die bei so einer gelegenheit mal eben um ihre existenz bangen mussten.

  • Ich finde die Entscheidung einfach nur richtig und verstehe den ganzen Artikel nicht ganz.

    Der Trend geht eindeutig zu Smartphones mit leistungsfähigen Betriebssystemen. Und das wird sich wohl auch nicht mehr großartig ändern.

    Wenn Nokia Probleme hat ein zukunftsfähiges OS zu entwickeln, dann kann so eine Kooperation nur das einzig Richtige sein. Würden sie es nicht tun, würden sie auf jedenfall vor die Hunde gehen.

  • Die sollten mal ein paar Mitarbeiter von Google (bezüglich auf Android) kaufen sowie die Entwickler hinter iPhone OS. Vielleicht würden die dann ein Wettbewerbstaugliche Handy Software schaffen 😉

  • Das kommt davon, wenn man sich zu lange auf den Lorbeeren von gestern ausruht. Den Schritt vom klassischen Handy zum Smartphone hatte Nokia verpasst. Aber dann nach dem Launch des iPhones noch auf der Strategie zu beharren und nicht massiv in R&D zu investieren war meiner Meinung nach der falsche Schritt.