Sonstiges

Niederländische Polizei kauft TomTom-Daten, richtet Radarfallen danach aus

Man regt sich ja inzwischen kaum noch über sowas auf: TomTom, der Hersteller für Navigationsgeräte, hat Bewegungsdaten seiner Kunden an niederländische Behörden verkauft. Von dort wurden sie an die Polizei weitergereicht und diese nutzte die Daten eiskalt dazu aus, um an strategisch günstigen Orten Radarfallen aufzustellen. Bei TomTom sei man nach Bekanntwerden dieses Details aus allen Wolken gefallen, meldet die niederländische Tageszeitung „Algemeen Dagblad“. TomTom-Chef Harold Goddijn reagierte auf die Vorwürfe aber anders als man vermuten könnte: Man veröffentlichte eine Pressemeldung, in der es heißt, der Kunde komme zuerst und man würde Daten nur von solchen Kunden herausgeben, die dem auch zustimmten.

Dass die Polizei diese Daten für die Platzierung von Radarfallen benutzt, habe man nicht gewusst. Man werde erwägen damit aufzuhören, wenn eine Mehrzahl der Kunden das wolle. Ferner listete TomTom auf, welche Daten herausgegeben wurden: alte Verkehrsdaten, deren Weitergabe man zustimmen oder ablehnen kann. Daten würden anonymisiert, sie würden dazu verwendet, Staus zu vermeiden und prekäre Verkehrssituationen zu entschärfen. Wenn das überhaupt eine Entschuldigung ist, klingt sie noch lahmer als die von Apple gestern.

Hersteller bestenfalls mit halbherzigen Entschuldigungen


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Denn wirklich ändern will TomTom nichts. Man wird weiterhin Daten an Behörden verkaufen und künftig lediglich dafür sorgen, dass die Polizei sie an neuen Stellen nicht mehr für die Aufstellung von Radarfallen nutzt. Und man will dafür sorgen, dass das anderswo nicht auch passiert. Da haben wir also Glück gehabt? In Deutschland und anderen Ländern hat TomTom diese Praktiken bislang nicht durchgeführt. Klingt mir aber eher so, als hätte jemand den Hersteller gerade noch rechtzeitig gestoppt. Ob anonymisiert oder nicht: Wenn die Polizei Bewegungsdaten dazu nutzt, um Radarfallen aufzustellen, dann ist das eine Frechheit. Und wenn sich TomTom da mit dem Vorwand raus redet, man habe ja nur die Verkehrssicherheit verbessern wollen, ebenfalls.

Was ist eigentlich los im Moment? TomTom hat nicht einmal eine echte Entschuldigung übrig. Apple behauptet, die Protokollierung der Ortungsdienste für ein Jahr sei ein Softwarefehler gewesen. Dabei hatte man genau diesen „Fehler“ Jahre zuvor patentiert. Google wiederum sagt, man würde ja nur Bewegungsdaten der Nutzer an sich selbst übertragen, wenn diese das auch wollten. Und natürlich sei alles nur dazu gedacht, um den Kunden bessere Anwendungen zu bieten. Für wie blöd haltet ihr uns?

(Jürgen Vielmeier)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

33 Kommentare

  • Für wie blöd haltet ihr uns?

    Wahrscheinlich für genau so blöd, wie die meisten sind. Also die Apple Fanboys waren ja schon vorher überzeugt, dass das alles nur ein dummer Zufall war.

  • Naja, wenn sies dazu benutzen Radar aufzustellen wird die Menge an Leuten die an bestimmten Punkten rasen entscheidend sein, nicht WER.
    Also sind die Daten anonymisiert genau so wertvoll…

    Das ist in etwa so spannend wie wenn Supermärkte ihre Kundenkarten dazu benutzen Kaufverhalten zu analysieren…

  • Natürlich darf man nicht vergessen das der nächste Schritt dann Strafverfolgung ist…

    Von dem her ist der Aufruhr schon eher gerechtfertigt („wehret den anfängen“).

  • Sind eigentlich die anderen Autoren gestorben oder warum lese ich (Jürgen Vielmeier) unter jedem verreckten Artikel hier?

  • @ #5 -> Die anderen Autoren stecken leider in den Niederlanden in einer Verkehrskontrolle fest, weil sie mit 120 KMh zu schnell geblitzt wurden. In bin mir aber sicher, dass Jürgen sie weiterhin bestens vertreten wird.

  • So wird erst das Geld von TomTom aus der Tasche gezogen und anschließen kaufen die Behörden mit Steuergeldern die Daten. Und zu guter letzt mit etwas pech bekommt man noch einen Bußgeld bescheid. Da kann ich nur sagen: GENIAL!

  • Und TomTom verkauft dem Kunden dann wieder ein Abo mit aktuellen Blizer-Daten (POIs). So schließt sich der Kreis. Interessantes Geschäftsmodell 😉

  • Lange wird es wohl nicht mehr dauern und der Bordcomputer (Made by Apple, Microsoft oder Google) Druckt bei Verkehrsverletzungen gleich die Knöllchen mit Beiweißfoto aus dem iPhone aus.
    Das Patent und Geschäftsidee werden Mrd. Einbringen.
    Die Softwarefirmen kassieren dann 30% zwecks Bereitstellung der Infrastruktur.
    Alles SciFi ? Wer hätte vor 20 Jahren geglaubt das genau diese Firmen eure Bewegungsprofile aufzeichnen und sicher auch meistbietend Verkaufen?

    Das ist halt die Zukunft welche diese „datenschutzkritischen Spackeria“ gern haben möchte. um sich ohne lästigen Beschränkungen in ihren diversen (a)sozialen Netzwerken tummeln zu können und das Internet sogar über das Privatleben zu Stellen.
    „Privatsphäre ist sowas von Eighties“ , also Hosen Runter auch beim Autofahren.
    Nur welche „Eighties“ hätten wir gern nicht mehr ? die aus der Bundesrepublik oder die der DDR?

  • @Pimmel

    Die anderen Autoren haben das Schiff verlassen. Jürgen, schmeißt den Laden jetzt alleine – meiner Meinung macht der das aber sehr gut.

    Weiter So!!!

  • @12 fiacyberz
    Im Grunde wird nicht dort Kontrolliert wo die meisten Unfälle Passieren , sondern dort wo es am „Einträglichsten“ ist , dies ist eine Tatsache weil die betreffenden Einnahmen schon fest in den Haushalten eingeplant sind und die Vorgaben monatlich erfüllt werden müssen.
    Teilweise werden sogar Geschwindigkeitsbeschränkungen extra dort verhängt wo es vermeintlich am Ertragreichsten ist .
    Das ist leider kein „Quatsch“ sondern die bittere Wahrheit und dass die Polizei diese Daten für die Platzierung von Radarfallen benutzt bekräftigt dies nur.

  • Wer sich an geltende Vorschriften im Straßenverkehr hält, muss sich vor „Radarfallen“ nicht fürchten. Oder? Einfach vernünftig fahren dann hat man solche Sorgen nicht.

  • Ist natürlich jetzt die Frage, welcher Anbieter von Navi’s das nicht macht – ist doch eine nette Einnahmequelle. Bin mir sicher, dass auch Navigon und Konsorten durchaus die Daten weiterverscherbeln.. Eine Sauerei ists aber trotzdem

  • ….Wer sich an geltende Vorschriften im Straßenverkehr hält, muss sich vor “Radarfallen” nicht fürchten…..
    …. Wer nichts zu Verbergen hat muss auch nichts Fürchten ….. ect , ect …

    Möchtet ihr Wahrlich in solch einer Gesellschaft leben ? … wo jeder Schritt digital Überwacht wird und jedes Vergehen erkannt und geahndet ?
    Es nur noch „anständige“ Menschen und Nachbarn gibt und jeder auf jeden Aufpasst ?
    Vermutlich wissen viele gar nicht wie es sich in solch einen Überwachten Staat oder Gesellschaft wirklich lebt.

  • […] Apple speichert Bewegungsdaten auf Iphones und Ipads und tut dann so als sei das Ganze ein Softwarefehler, wobei sie exakt diese Technik im Jahre 2009 patentiert haben. Google sendet mit seinem Android Betriebssystem auch fleißig Daten, wenn man es (beabsichtig oder unbeabsichtigt) aktiviert hat. Microsoft plant mit seinem Windows Phone 7 Ähnliches. Und TomTom hat den Vogel abgeschossen. Die sammeln nicht nur die Geodaten von ihren Navi´s, die verkaufen die Daten auch noch an die Polizei, die daraufhin fleißig Radarfallen an nostalgischen Punkten aufgestellt hat. […]

  • Welcher ist eigentlich der offiziele Zweck solcher Radaranlagen? Soweit ich weis, geschieht dies zur Sicherheit im Verkehr.
    Sicherheit ist die Vermeidung von Unfällen. Dabei ist es Sinnvoll an Stellen, an dennen viele Unfälle passieren, Radarfallen aufzustellen.
    Mit der Bewegungsdaten (und den damit verbunden Geschwindigkeiten, sind 100% im verkauften Datensatz enthalten) ist jedoch das Ziel eindeutig:
    So oft wie möglich knippsen und damit schlichtweg Kohle machen. Frechheit !.

    Gewaltenteilung hin oder her, wenn alle Gewalten nur Scheiße machen und sich nicht von anderen Gewalten in die Schranken weisen lässt, ist es auch nicht gerade erfreulich.

  • Man sollte zumindest anmerken, dass die Daten von den Behörden auch sinnvoll genutzt werden. Die können damit zum Beispiel den Ausbaubedarf des Straßennetzes ermitteln.

    Außerdem kann der Nutzer aussuchen, ob er die Daten an TomTom senden will. Die Aufregung finde ich hier übertrieben.

  • @Pimmel: Ich wollte auch schon fragen, wieso er alle Artikel alleine schreibt, ich kann mich erinnern, dass es früher auch andere Blogger gab, Carsten und André z.B. – würde mich mal freuen, wenn @Jürgen ein Hinter-den-Kulissen-Bericht macht 😀

  • @18 fiacyberz

    …Das will niemand. Nur handelt es sich hierbei nicht um eine überwachte Gesellschaft….

    Es läuft doch alles darauf hinaus indem die Grenzen mit den technisch Machbaren immer Stück für Stück dahin verschoben werden , heute sind die Daten noch Anonymisiert Morgen aber vielleicht schon nicht mehr!
    Natürlich immer nur zum Wohle und der Sicherheit …..
    Dabei ist es auch egal ob wir vom Staat oder privat Firmen Überwacht und Gegängelt werden.

    Wer Bußgelderlöse in die Haushaltsplanung aufnimmt , muss diese dann auch Erwirtschaften …… vielleicht einmal drüber Nachdenken was das im Endeffekt Bedeutet.

  • 1984? Was hat das mit den überaus berechtigten Überwachung der Regeln des Straßenverkehrs gemein. Die Daten an TomTom zu senden ist keine OptOut Sache, oder etwa doch? Jeder ist seiner TomTom Daten Herr – wer Sie teilt muss mit einer komerziellen Verwertung durch TomTom rechnen.

    Das wichtigste Argument ist allerdings: Einfach den Regeln entsprechend fahen und sich selbst und andere nicht gefährden.

  • Das wichtigste Argument ist allerdings: Einfach den Regeln entsprechend fahen und sich selbst und andere nicht gefährden.

    Das Argument halte ich fast schon für fahrlässig. Mit der Begründung könnte man auch jeden Deutschen erkennungsdienstlich behandeln inkl. DNA Profil und rund um die Uhr orten und abhören. Einfach den Regeln entsprechend verhalten und sich selbst und andere nicht gefährden.

  • Ich finde das dies eine wirklich schlaue Idee ist. Anstatt mühselig Daten selber zu erfassen nutzt man einfach bereits vorhandenes Material.

  • Komisch, als die Steuerbehörden CD’s gekauft haben, fanden das alle -auch ihr hier- ganz toll.
    Andere Dimension, aber faktisch genau das gleiche

  • „Für wie blöd haltet ihr uns?“

    War das eine sarkastische Frage? Ich mein ja nur, freiwillig alle persönlichen Infos ins Netz blasen und sich über so etwas echauffieren hat schon was von Selbstironie. 😉

  • So schlimm fänd ich es nicht, wenn die Daten ja „sinnvoll“ genutzt werden würden.
    Also für die Identifikation von Schwachstellen im Verkehrssystem, Ausbau von häufigen Staustellen (was mehr CO2 einsparen würde als ein Tempolimit), mehr dynamische Verkehrsführung…

    Aber um Blitzer an den erträglichsten Stellen aufzustellen?
    Und es ist eine Tatsache, dass es beim Blitzen um Geld und nicht um Sicherheit geht. Selbst die Gewerkschaft der Polizei beschwert sich schon, denn Polizisten sind keine Geldeintreiber.

    Ich frage mich immer wieder wenn ich auf einer 3Spurigen Autobahn fahre auf der nichts los ist und ein Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 sehe, was das soll. Irgendwann sieht man dann den Kasten auf der Seite stehen.
    Ganz klar, eine Gefahrenstelle, da der Vordermann ja abrupt in die Eisen steigen könnte, wenn er die Radarfalle sieht…
    …also sind die 120 gerechtfertigt

  • dass die polizei diese – ausschließlich geschwindigkeitsbasierten – daten von tom tom abkauft ist genau so eine frechheit wie irgendwelche zahlenmäßigen knöllchenvorgaben

    wer sich mal 2 minuten mit den betreffenden verkehrsstatistiken beschäftigt, der wird außerdem erfahren, dass nur noch ein siebtel der unfälle durch überhöhte geschwindigkeit verursacht werden. und gemessen an den verkehrstoten ist deutschland bereits eines der sichersten länder der welt.

    wenn die polizei nun also diese daten von tomtom abkauft, dann ist das keine frage von sicherheit, sondern eine frage der einnahmenoptimierung und als solches natürlich mehr als verwerflich.

    angesichts dieser geschichte bin ich ja wirklich mal gespannt, ob sich das auf das geschäft von tomtom auswirken wird. gute publicity ist das ja nicht gerade.

    oliver:
    der vergleich mit der steuerCD ist natürlich völliger humbug. dabei dreht es sich um straftaten, die bereits begangen wurden. bei der tomtom geschichte geht es um potentielle ordnungswidrigkeiten die mit einer gewissen wahrscheinlichkeit noch eintreten werden.
    du erkennst den unterschied, ja?

  • War doch schon immer ein Katz und Maus-Spiel: Polizei stellt sich hin, Radio sagt durch wo genau, Leute rasen, nur nicht dort, wo laut Radioansage welche stehen und darum steht die Polizei das nächste Mal woanders. Jetzt ist eben das nächste Level dazu gekommen.
    (ein Kommentar völlig frei von Datenschutzfragen)

  • Dem Einem hilfts, dem Anderen auch 🙂 My so ist das halt mit der Justiz. Ohne Knöllchen würde die Steuern ins unermessliche gehen – that´s life!

  • Eine Unverschämtheit sensible Daten an andere zu verkaufen. Unabhängig ob es ein Unternehmen oder die Staatsmacht ist.
    So macht sich diese Firma selbst kaputt.