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Paradigmenwechsel: Die Woche, in der die dpa Gerüchte über ein iPhone 5 verbreitete


Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat in dieser Woche Gerüchte über ein mögliches neues iPhone 5 weiterverbreitet. Aufgenommen haben das unter anderem die digitalen Ableger „seriöser“ Medien wie Sueddeutsche.de, Stern.de, Welt.de, Zeit.de und Focus.de. Die dpa-Meldung bezieht sich auf eine Quelle von Bloomberg, die sich auf informierte Kreise beruft.

Ich find’s nicht weiter schlimm und doch zum Lachen: Früher waren Blogs dafür verspottet worden, dass sie über Gerüchte schrieben, die sich mitunter hinterher als falsch herausstellten. Heute ist es sogar die vermeintliche Elite der deutschen Presselandschaft, die das tut. Wenn das kein Paradigmenwechsel ist, was dann? Im Zuge dessen besuchte ich Twitter und Facebook, um mich auszuweinen und dort mit einem Augenzwinkern zu fragen: „Wenn jetzt dpa sogar schon Gerüchte über ein neues iPhone verbreitet, worüber sollen wir Blogger dann eigentlich noch schreiben?“ Die für mich verblüffende Antwort von Roland Epple: „Schreiben Blogger über sowas? Hat man die jetzt schon so weit?“

Blogs seriöser als Online-Nachrichten?


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Via Twitter kam gleich zweimal eine ähnliche Antwort. Worüber Blogger schreiben sollten? „Vielleicht über was wirklich relevantes.“, schrieb Frank Zimper, und genauso sah es MacRadge: „über was relevantes schreiben“. Vor kurzem geriet ich mit einem Leser namens „Paul“ in Disput, der mir – sicher nicht ganz zu Unrecht – eine reißerische Überschrift vorwarf und dazu schrieb: „Bei Journalisten ist mir das egal, weil da eh die Motivation klar ist. Bei Blogs sehe ich das aber etwas strenger.“ Ich ärgerte mich über seine Aussage, dass er bei (den meistens deutlich schlechter bezahlten) Bloggern strengere Maßstäbe ansetze, bohrte nach und fragte warum. Seine Antwort:

„Weil ich es längst aufgegeben habe, von den Journalisten (insgesamt, mit wenigen Ausnahmen) Qualität, Wahrheits- oder wenigstens Realitätstreue und Ähnliches zu erwarten. Bei den Bloggern, die ich regelmäßig frequentiere, vor allem bei Tech-Bloggern, habe ich einfach einen höheren Anspruch. Was Wissen und Wahrheits- und Realitätstreue angeht.“

Das machte mich sprachlos. Bis heute. Es ist also jetzt so weit, dass einige Leser von Bloggern inzwischen mehr Qualität erwarten und sie sogar gewohnt sind als von „seriösen“ Journalisten. Und die oben genannten Medien haben in dieser Woche im Grunde das perfekte Beispiel dafür geliefert, warum das so ist. Denn sie machen längst nichts anderes mehr als das, was Bloggern nachgesagt wird. Das macht es für Blogger also mittlerweile fast notwendig, sich von ihren Kollegen in den Nachrichtenredaktionen abzusetzen und das zu tun, was Journalisten früher getan haben: exklusive Geschichten schreiben, die aus der Masse hervorstechen – und als Bonus: Meinung, die auf eigenes Expertenwissen beruht. Wenn Journalisten über das iPhone 5 schreiben, dann ist es die Chance eines Bloggers etwa, die Quelle Bloomberg als verlängerten Arm von Apples Marketingabteilung in Zweifel zu ziehen. Und dann das Thema entweder kurz abzuhandeln – oder einfach mal über etwas anderes zu schreiben.

(Jürgen Vielmeier, Bild: Apple)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

25 Kommentare

  • Da muss ich Paul leider zu stimmen, dass ist einer der Gründe weshalb ich kaum noch die Seiten von Zeit und Co. besuche, die haben mich bisweilen zu oft schon enttäuscht und mein Vertrauen in deren journalistischen fähigkeiten enttäuscht.

    PS: Die Zeit hat das Gerücht unter der KAtegorie: „Android“ verfrachtet^^
    Überschrift im Tab und der Seite:
    “ Android-Bericht: Neues Iphone im September “

    Was soll man dazu noch sagen 😀

  • Guter Artikel, welchen ich vollkommen mitunterschreibe. Blogger sind die neuen unabhängigen Journalisten. Durch das Internet hat sich ein Sprachrohr aufgetan, in welchem jeder eine Stimme bekommt.
    Der klassische Journalismus hat indes ausgedient, er lohnt sich im Grunde genommen nur noch für die Yellow Press. Und in diesem Stil wird ja auch nur noch heute geschrieben. BLÖD brauche ich ja gar nicht mehr aufzuzählen, aber man schaue sich mal die sog. „Panorama“-Rubriken von „seriösen“ Medien wie SPON an. Der selbe geistige Dünnsch*ss wie bei BILD.de.

  • Eines teilen Blogger und ‚richtige‘ Journalisten jedenfalls: eine überdurchschnittliche Eitelkeit 😉

  • Der klassische Journalismus wird weiterhin bestehen. Blogs werden den Mark einfach nur ergänzen. Keins wird dominieren und alle werden glücklich.

  • @jürgen:
    überrascht dich das tatsächlich so sehr? du solltest ‚pauls‘ meinung da nicht überbewerten. (nicht negativ gemeint)
    denn paul gehört in erster linie einer bestimmten gruppe an. nämlich der gruppe von ‚blog lesern‘.
    blog leser haben sich nunmal bewusst dazu entschieden ihre informationen nicht oder zumindest nicht gänzlich von den etablierten medien zu besorgen. es liegt also nahe, dass sojemand den bloggern eine besondere kompetenz zuschreibt, ansonsten würde er die besagten blogs ja nicht lesen, sondern die größere informationsbreite der eablierten nachrichten wählen.

    mal ganz abgesehen davon: das war ne nachricht übers iphone. also technik news. etablierte medien sollen kompetenz in sachen technik haben? nein wirklich. die leute dort sind wahrscheinlich froh, wenn sie mit dem content management system ihrer eigenen webseite zurecht kommen. (have you tried turning it off and on again?)

    @herr müller (#2):
    wie all diejenigen, die sich über boulevard und den allgemeinen qualitätsschwund der medien beschweren, vergisst du etwas wichtiges. nachrichten sind auch nur unterhaltung. und nichts anderes. genau wie big brother, das dschungelcamp oder die titten auf seite drei.
    unterschiede bestehen bestenfalls bei der zielgruppe.

  • @7:
    Ich denke nicht, dass die „tagesschau“ als Unterhaltungssendung on Air gegangen ist…

  • Die Sache fand ich echt mal einen ganz großen Hammer!

    Allerdings steckt da einiges an widersprüchlichem Kalkül hinter, was ich selbst früher oft in der Arbeit in einer Redaktion gemerkt habe.

    Da stand in der Redaktionskonferenz ganz vorn: Wie werden wir das leitende, führende Medium in unserer Region, von der alle gern abschreiben – wie werden wir zitiert.

    Jetzt auf die Relevanz von Apple und der Berichterstattung über Apples neue Produkte umgemünzt: Unsere „alten Medien“ – jeder will ganz vorn stehen. Jeder betreibt SEO. Jeder verdient durch verbesserte Verbreitung.

    Schade drum, aber jetzt ist der „Wahn“ auch bei dpa angekommen… Aber wenn schon die Tagesschau über Küblböcks Unfall informiert, ist das hier nur legitim 😉

  • @8:
    na und ob die tagesschau als unterhaltungssendung gestartet ist.
    das fernsehen ist nunmal ein unterhaltungsmedium. betrieben von der unterhaltungsindustrie, dazu gedacht die menschen in ihrer freizeit zu – na was wohl? – zu unterhalten.
    nachrichten stellen dabei absolut keine ausnahme dar. nur weil der inhalt u.u. von ernsterer natur ist, heißt das nicht, dass es keine unterhaltung ist.

    aber auch abseits vom tv ist journalismus mitnichten das gegenteil von unterhaltung, so wie es die pseudointellektuelle möchtegernelite in ihrer profilierungswut immer darzustellen versucht.

    und es gibt gefühlte zig millionen möglichkeiten, wie man das ganze begründen könnte. da reicht es schon vollkommen wenn man sich mal die definition von unterhaltung zu gemüte führt.
    man könnte es genausogut auch psychologisch, philosophisch oder gar ökonomisch untermauern.

    aber allein der versuch, journalismus vom rest der unterhaltungsmedien abgrenzen zu wollen ist doch schon zum scheitern verurteilt. wo wollte man die grenze ziehen? sind sport nachrichten noch echte nachrichten? oder kultur geschehnisse? oder wie im falle dieses blogbeitrags nachrichten über technik und social media.

  • @5 Matthias schrieb

    …Jedenfalls haben die Blogger wenigstens die Chance, wirklich frei und unabhängig zu agieren…..

    ..auch längst nicht mehr alle , die meisten wollen Geld Verdienen haben längst Werbung und teilweise Verträge , gerade bei diesen Themen….. ist kaum ein Unterschied zu den Kollegen von der Print , außer das der Blogger sein eigener Herr ist.
    Im Prinzip schreib meist einer vom Anderen ab und bringen meist nur Themen welche auch Klicks bringen …. die Wahrheit ? interessiert wohl weder Blogger noch Journalisten sonderlich dabei. Wichtiger ist eine Aufregende Story.
    Wann ein neues iPhone auf dem Markt kommt bestimmt nur Apple und kaum Blogger oder Journalisten.

  • Als ehemaliger Journalist kann ich den Verfall klassischer Medien nur bestätigen. Das fing vor Jahren mit einem sich auftuenden Abgrund an und noch Heute befinden wir uns in einer nicht enden wollenden Talfahrt des klassischen Journalismus der wohl bald an einer schon lange sichtbaren Wand zerschellen wird.

    Ich habe mich von den Fesseln der Verleger losgesagt, einem sogar persönlich den Mittelfinger gezeigt und ich bereue es nicht. Meine letzten Jahre als schaffender Redakteur waren wahrlich kein Zuckerschlecken.

    Gerade im Bereich Lokalberichterstattung haben die Chefredakteure eine geduckte Haltung gegenüber den Verlegern eingenommen. Daraus resultierend werden vernichtende Berichte über Unternehmen, Parteien oder Verine welche dem Verleger aus persönlicher Ansicht heraus unangenehm, unpassend oder geschäftschädigend erscheinen vor dem erscheinen entschärft oder gar nicht erst veröffentlicht.

    Man will ja schließlich weder Parteifreunde noch Werbekunden vergraulen.

    Auch in den großen Zeitungen und Magazinen die länderübergreifend oder bundesweit erscheinen ist dieser Trend abzusehen, auch wenn hier, zumindest gegenüber den Redakteuren, oftmals weniger offensichtlich vorgegangen wird.

    Für mich sind alle klassischen Medien gestorben. Printmedien und das Fernsehen sind zu einer zielgerichtet meinungsbildenden und volksverdummenden Maschinerie verkommen.

    Selbst der Spiegel ist schon seit geraumer Zeit nicht mehr das was er einmal war und von anderen „Blättchen“ möchte ich jetzt erst gar nicht anfangen. Zur Zeit finde ich weder im Internet noch in den Print- oder TV-Medien eine Berichterstattung die meinem Anspruch an journalistische Tätigkeit gerecht wird.

  • Es gibt wenige gute Blogger und es gibt wenige gute Journalisten. Das wird auch so bleiben. Mehr gibt es für mich dazu eigentlich nicht zu sagen.

  • Journalist zu Journalist:,, Du, hörmal, die Blogger sind ja irgendwie immer schneller als wir“-„Hmm hmm..“- „Was machen wir denn da jetzt, wir haben doch alles: Quellen, Onlineauftritte etc. …“-“ Na eben auch anders schneller sein“-„Wie denn?“-“ Durch ein Gerücht über das derzeit in Deutschland berühmteste Smartphone, sagen wir, ein neues iPhone“-„Oh, Okay, läuft…“.

  • Am iPhone ist im Prinzip nichts Wichtig , es wird weder die Mobilfunk Technik Revolutionieren die Klima Katastrophe Besiegen oder den Hunger auf der Welt.
    Nur bringt ein iPhone 5 oder iPad 3 Gerücht derzeit mehr „Klicks“ oder „Einschaltquoten“ als Fukushima oder der Regierungssprecher.
    Daher kann man auch im Internet egal ob bei Bloggern oder den „Online Magazinen“ nur noch Apple , Windows , Google oder Facebook lesen , wie im Boulevard die Gerüchte über den „Reichen und die Schönen“ statt wirkliche „Nachrichten“.

  • Warum lese ich Blogs oder besser gesagt BT?
    -> Die Informationen sind schnell da, die Werbung auf dem Blog hält sich in Grenzen, ich finde schnell was ich will. Besonders wichtig: Ich kenne mich unter Umständen nicht so gut mit dem Thema aus, über die Backlinks bekomme ich sofort alle Informationen (ich lese den Artikel und klicke nahezu jeden Link mit dem Scrollrad (Link in neuem Tab, aktueller bleibt offen)). Dazu kommt: Die Meldungen hier erscheinen erst später und wie ich finde dann schon „veraltet“ auf den größeren Newsseiten oder werden dort wie Randthemen behandelt (kurzer Artikel, oberflächlich).

    Wichtig weiterhin: Ich kann einen Kommentar posten und die Wahrscheinlichkeit das ich sogar von euch persönlich eine kurze Rückmeldung erhalte ist relativ hoch, bei heise kann man das eig. vergessen.

    Weiterhin wichtig ist der sprachliche Stil, hier schreibt ihr etwas „lockerer“ etwas mehr Umgangssprache, das gefällt mir, ich mag euch Jungs 😉

    Lese BT übrigens seit Robert den Blog damals auf Ebay gestellt hat (vorher habe ich nie etwas davon gehört). Übrigens: Ich habe nie Qualitätsunterschiede o.ä. bemerkt, lese seit diesem Zeitpunkt regelmäßig (täglich bis einmal die Woche) BT, allerdings nur Artikel die mich interessieren, diese dafür genau und komplett, viele überfliege ich nur wenn es mich vom Thema einfach periphär rektal tangiert.

    Macht weiter so!

  • Wir als Entwickler sind auch schon sehr gespannt auf das iPhone5 – es sind wahrscheinlich einige Änderungen in den Apps von Nöten.

    Viele Grüße
    Torsten

  • Also ich glaub für das Geld lohnt sich der Umstieg aber einach nicht.
    Zwar wieder ein schritt nach vorn, aber eben nciht die neuerungen…

    (Ja ich weiß der Beiträg ist älter, bei google rankt er aber ganz gut :))