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Google Music: Umsatzretter oder Totengräber der Musikindustrie?

Google hat gestern Nacht seinen Musikspeicher Google Music aus dem Beta-Status erlöst und dem Service in den USA ein nicht unerhebliches Detail hinzugefügt: einen Musikstore für den Android Market. Damit hat man mit Apple (iTunes Match/ iCloud) und Amazon (Cloud Player) gleichgezogen – was längst überfällig war, um Android-Nutzern endlich ein Pendant zum iTunes Music Store anzubieten. Mit der Möglichkeit, seinen Freunden via Google Plus mitzuteilen, welche Musik man gerade hört, ist der Webriese den beiden Konkurrenten sogar einen Schritt voraus. Und doch ist es nicht mehr als ein Aufrücken in die zweite Reihe: dass Musikdownloads im Vergleich zum Monatsabo eigentlich ein Trend von gestern sind, hat Google zwar erkannt aber natürlich verschwiegen.

Es ist atemberaubend zu beobachten, mit welcher Geschwindigkeit sich die Art verändert, wie wir Musik hören und wie die Musikindustrie sich in den letzten Monaten immer weniger dagegen sträubt. Man könnte es als Altersweisheit bezeichnen. Es ist gerade mal ein paar Jahre her, dass Universal, Sony und Co. dem Musiknutzer noch mit Weihwasser, Kreuz und CD in der Hand den Teufel in Gestalt der MP3 austreiben wollten. Heute ist der Teufel von einst der Hoffnungsträger. Denn in Form einer Musikcloud, so die Hoffnung, kaufen die Leute wieder mehr Musik.

Künftig die Wahl zwischen zwei Modellen


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Das dürfte der Grund sein, warum Google wie auch Amazon und Apple weiterhin auf Musik zum Kaufen setzen. Abodienste wie Spotify, Rdio oder Pandora bieten dem Nutzer mit einem monatlichen Pauschalpreis um die 10 US-Dollar/Euro die Möglichkeit, in deutlich mehr Musik reinzuschnuppern – was ihnen und den Urhebern weniger Einnahmen verschafft. Google Music bietet nun an, bis zu 20.000 Songs der eigenen Musiksammlung per Abgleich (ohne Hochladen) in der Cloud zu speichern und für alle Geräte zur Verfügung zu stellen. Neue Musik kann aber nur aus der eigenen Sammlung hinzugefügt oder gekauft werden.

Es wird also künftig auf diese beiden Möglichkeiten hinauslaufen: Musik kaufen und auf Wunsch in der Cloud speichern oder den Besitz aufgeben und fremde Sammlungen gegen eine monatliche Gebühr nutzen. Vergleicht das Modell von Rdio im Video unten mal mit dem von Google oben mit Hinblick auf diesen kleinen Unterschied. Streaming-Abos sind praktisch nichts anderes als ein Cloudspeicher mit millionenfachem Angebot, nur dass euch die Musikstücke darin nicht gehören. Aber taten sie das, wenn ihr sie auf CD oder als MP3 gekauft habt?

Nicht für jeden

Nicht alle scheinen von allen Modellen begeistert zu sein. So hat Google das Majorlabel Warner Music noch nicht davon überzeugt, bei Google Music mitzumischen. Sony hatte Amazon im März noch mit Klagen gedroht. Das Problem: Man kann nicht sicherstellen, dass die Kunden illegal erworbenes Material in ihre Cloud laden. Dafür hat man zum Beispiel exklusives Material der Band Coldplay im Angebot, die sich bislang dagegen gesträubt hat, ihre Alben für Streaming freizugeben. Die großen Labels haben also die Wahl: Cloud, mehr Umsatz aber dann auch die Gefahr, dass Piraterie ein Thema bleibt. Oder Monatsabos, wo Piraterie ausgeschlossen werden kann, die Umsätze aber geringer sind.

In Deutschland sind Cloud-Musik-Angebote noch nicht oder nur eingeschränkt (Amazon) verfügbar. Beim Streaming wollen Spotify und Deezer in Kürze neben den bereits bestehenden Angeboten Juke, Simfy, Napster und Sony in Deutschland starten. Simfy und Spotify arbeiten bereits an Kombi-Lösungen, um auch eigene Musik im Player abspielen zu lassen.

Ob Cloud oder Abo: Es deutet eigentlich alles darauf hin, dass wir in Kürze ein Problem weniger haben: Songs nicht verfügbar, der Zwang, erst in den Laden zu rennen und eine CD zu kaufen, Kopierschutz, DRM? Alles Schnee von gestern. Google lädt Künstler sogar über den Artist Hub ein, ihre eigene Musik bei Google Music zur Verfügung zu stellen. Der nächste Schritt wären dann vergleichbare Angebote für Ebooks, TV-Serien und Filme. Hier sind die Anfänge gemacht, auch wenn die Angebote noch in den Kinderschuhen stecken. Stellt sich nur noch die Frage: Ist das alles was für euch? Würdet ihr am liebsten eure Musik in der Cloud speichern, Songs und Alben einzeln kaufen? Sind euch Monatsabos mit unbegrenzer Nutzung lieber? Greift ihr lieber nach wie vor zu CD und Vinyl? Oder wollt ihr euch trotz all der neuartigen Angebote eure Musik auch in Zukunft noch auf illegalem Wege besorgen?

(Jürgen Vielmeier, Screenshot: The Verge)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

25 Kommentare

  • „20.000 Songs … per Abgleich (ohne Hochladen)“ klingt etwas irreführend.

    Eigene Songs muss man nach wie vor hochladen, bis zu 20.000 Stück. Gekaufte Songs, sind sofort verfügbar, können heruntergeladen werden und zählen auch nicht zu den 20.000.

  • Wenn Simfy mir jetzt noch erlaubt, eigene Musik mitzuverwalten, dann ist die Entscheidung gefallen: 100% Streaming.

    Schon jetzt höre ich seit Monaten nur noch per Simfy, für 5 Euro im Monat. Meine Musiksammlung verstaubt, den Player musste ich neulich um mehrere Versionen upgraden…..

    Ich liebe es, sämtliche Playlists auch auf fremden PCs sofort griffbereit zu haben.

    Stören tut nur noch, dass manche Musik nicht vorhanden ist – deshalb die Möglichkeit, eigene hinzuzufügen! – und dass gelegentlich die Rechte eines Titels sich ändern und er nicht mehr abspielbar ist. Man muss ihn dann händisch gegen eine noch abspielbare Kopie austauschen in den Playlists.

  • ich bin zwar mit der CD und durchaus auch noch mit der Kasette groß geworden. aber ich bin von den neuen trends begeistert! ich werde sobald verfügbar zu itunes match wandern. dort hab ich dann alle musik die ich höre /hörte in bester qualität zu verfügung. für den rest bzw. neues werde ich wohl irgendwo streamen. weiß aber noch nicht genau wo…

  • Zuhause höre ich seit Jahren eigentlich fast nur noch über Streaming (Sonos Anlage mit Napster Flatrate). Musik kaufe ich nur noch, um diese auf mobilen Geräten auch unterwegs zu hören – hierzu habe ich aktuell einen iPod Classic mit 80GB Festplatte, auf dem eine Menge Musik passt. Dieser wiederum wird zu 99% im Auto genutzt. Auf dem iPhone (16GB Modell) habe ich wenig Musik, da diese mir zuviel Speicherplatz wegnimmt (Apple Lossless Format) – auch hier nutze ich meist Streaming via Napster – auch Dank der 5GB Flatrate kein goßes Problem bei etwas intensiverer Nutzung.

    Aber genau hier liegt m.E. das Problem – solange viele Datentarife mit geringen Inklusivevolumen (500MB-1 GB) geizen, solange wird sich das Streaming auf mobile Endgeräte in Grenzen halten, denn hier ist man schnell am Limit. Natürlich ganz zu schweigen von den diversen Musikplayern ohne Netzanbindung.

    Utopie: Breitbandige mobile Netze, keine nennenswerte Einschränkung der Traffikmengen, WLAN/3G/LTE fähige Musikplayer und günstige Streamingangebote – dann erübrigt sich das Thema „Besitz“ von Musik!

  • Hm, da für mich Audio-CDs im Autoradio und mein Satellitenreciever (der natürlich keine Google Music- oder iTunes-Anbindung hat) mit mp3-Fähigkeit immernoch ein Thema ist, wäre das reine Cloud-Thema nichts interessant für mich.
    Grade für solche Zwecke muss ich die Datei dann immernoch herunterladen, sprich besitzen können.
    Außerdem, vor Allem für den Fall, dass ich die Musik auf CD brenne, kaufe ich ungern minderwertige Qualität. Wenn Musiccloud der Nachfolger der CD wird, dann doch bitte im qualitativ ebenbürtigen FLAC-Format.

    PS: Wenn man die aktuelle Musik-Kauf-Entwicklung auf die Filmindustrie ausweiten, müsste das bedeuten, dass Filme in der Cloud mit 480p MPEG2 angeboten werden, während die richtige Qualität als BluRay im Laden steht… Das würde kein Kunde akzeptieren. Warum akzeptiert man es bei Musik?

  • Also Marktführer werden sie definitiv nicht damit, die einzigen Anhänger werden G+ Mitglieder sein. Apple Menschen bleiben bei Apple und dann gibt es ja noch zu guter letzt die super Alternative Grooveshark!

  • Bin auch seit ein paar Wochen simfy Kunde, für mich eine gute Lösung. Allerdings ist das im Freundes- und Bekanntenkreis nicht weit verbreitet. Was mir allerdings/dadurch fehlt, zum Thema „Besitz“ der Musik über die CD, ist es, ein Mix-tape/CD zu machen, das dann an die Freundin oder Freunde weiter gegeben wurde. Man hat also Musik ständig durch die Cloud verfügbar, aber darin ist sie dann auch gefangen…

    Soweit ich weiss konnte man bei Spotify playlisten verschicken, bei Simfy habe ich noch gar nicht drauf geachtet…

  • „Aufgrund der geänderten Verwertungsrechte ist ihre Musik in ihrem Land leider nicht mehr verfügbar.“

    Und schon wäre meine seit 25 Jahren gepflegte Sammlung dahin -der Horror! 🙂

    Meine Musik als Kopie in der Cloud für überall – ok.
    Aber niemals würde ich meine Sammlung dritten in die Hand geben, bzw. sie über einen externen Dienst anlegen. Denn geht der Anbieter pleite oder das Abo läuft aus, wäre alles weg.

  • Ich kaufe mir meine Musik lieber als MP3. Damit kann ich die Lieder, die ich hören möchte, sooft hören, wie ich will und zwar ohne aufs Internet angewiesen zu sein und ohne Cloud-Dienste.

  • Ich halte es ähnlich wie Sven und kaufe mir meine Musik lieber herkömmlich als MP3. Dennoch nutze ich Google Music gern als „Cloudspeicher“ für meine Musik. Mit 20.000 Songs komme ich auch locker aus.

  • Mir entzieht sich der Sinn meine mühsam über die Jahre *hust* geklaute *hust* gesammelte Mp3-Sammlung von 18gb in die Cloud zuschicken und dann wieder umständlicher mit meiner 200MB-Smartphone-Flatrate aus der Cloud wieder runterzuladen? Wer macht denn sowas?

  • Bin jetzt schon seit ein paar Jahren treuer Napster Kunde. Musik zu besitzen – das war einmal. Hab´über 300 CD´s zuhause und noch mal soviele Platten. Die CD´s haben überhaupt keinen Wert mehr für mich. Die Platten verbuche ich unter Sammelleidenschaft.

    Ich liebe es meine Musik und meine Playlisten jederzeit verfügbar zu haben. Auf dem Smartphone, auf meinem mp3 Player zuhause auf meinen Rechner oder bei Bekannten über den Browser.

    Bald wird es Gang und Gebe sein, dass man seine Musik vom Smartphone direkt auf empfangfähige Boxen streamt… ich freue mich, dass es alles so einfach geworden ist…

  • Ich möchte hier aber mal den Aspekt hinzufügen, dass Streaming-Angebote eine Internetverbindung voraussetzen. Was ist, wenn das Internet mal ausfällt, bzw. die Zugänge zum Internet. Dann ist es schön eine Streaming-Flat zu haben, aber Musik kann man dann nicht hören. Deswegen habe ich schon gerne meine MP3s auf meinem Rechner.

  • Nervig ist vor allem dieses ewige Content nicht verfügbar weil weiß der Geier wer von wem Geld will. Vollkommen nervig… Also hoffe ich, dass google eine sinnvolle Taktiv fährt, meiner Meinung nach ist youtube dabei, sich selbst zu begraben. Eine nette Alternative ist da grooveshark (kostenfrei und LEGAL Musik hören).

  • Das gute an Simfy und sicher auch an anderen Streaminganbietern, ist ja der Service die Playlisten auch offline verfügbar zumachen, sowohl auf dem Smartphone als auch auf dem PC/Mac. Sollte die Internetverbindung mal streiken, macht das gar nichts. Ich benutze die Offline-Playlisten auf meinem Smartphone nur. Neues Album, gefällt, ab in die Playliste und offline-verfügbar machen – so einfach und genial. Ich bin nur noch mit Simfy unterwegs und möchte es keinen Tag missen. Keine 100derte GB’s MP3s, die mir Plattenspreicher klauen!

  • Ich stehe diesen ganzen ,,Cloud“ Diensten eher kritisch gegenüber und bin auch auf deren Entwicklung gespannt. Nach all den ganzen Datenlöchern und Pannen sind die meisten doch froh Ihre Daten oder auch Musik-MP3 Files auf dem eigenen Rechner zu haben. Außerdem will ich auch noch am Strand im Urlaub ohne Online-Gebühren meine Musik geniessen können…

  • Guter Artikel. Finde das Thema Cloud-Musikdienste interessant und mit z.B. simfy, napster und nun google music gibt´s ja auch (preislich) attraktive Angebote, aber mal im Ernst: Wer nutzt das denn tatsächlich? Wer lädt wirklich seine 10.000 oder was weiß ich wieviele Songs in die Cloud, um sie dann für seine Bekannten verfügbar zu machen? Ich denke, es wird noch dauern, bis das in der Breite populär wird.

    Ich selber gehöre eher zur Kategorie „Sammler“ – nur, dass ich mittlerweise anstelle von CDs fast nur noch MP3-Alben kaufe. Aber die habe ich dann statt gestreamt lieber im Eigenbesitz aufm PC und kann sie problemlos mal für ´nen Freund brennen oder mir CD-Compilations fürs Auto zusammenstellen. Simfy werde ich aber trotzdem mal antesten.

    Grundsätzlich finde ich´s jedenfalls gut, dass die Musikindustrie endlich die Zeichen der Zeit erkannt hat und sich nicht mehr gegen innovative Angebote wie Cloud-Musikdienste sperrt.

  • Ich wäre vorsichtig mit der Behauptung, dass die Musikindustrie mit derartigen Streamingangeboten weniger verdient. Ähnlich, wenn auch nur weitestgehend linear, funktionieren TV und Fernsehen auch und an den dortigen Abgaben verdienen die Künstler recht gut.

  • das ist sehr war ich kenne viele Keunstler die machen sehr hohe gewinne ich lebe hier mit vielen und einige meine Freunde sind kuenstler. gruss aus marbella chris