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Was kommt nach dem Hype? Abwärtstrend bei Pinterest, Draw Something und Co.

Erinnert ihr euch noch an Draw Something, das heißeste Facebook-Spiel seit Menschengedenken? Zynga kaufte es vor rund einem Monat für mindestens 180 Millionen US-Dollar. „Dumpingpreis“ schrieen da die einen. Das Spiel sei doch bestimmt eine Milliarde oder mehr wert – wie zuletzt Instagram, Evernote oder Square.

Nun, es stellt sich heraus, dass es für Draw Something schon wieder leicht abwärts geht. AppData ermittelt aktuell einen Abwärtstrend bei dem Spiel, und das schon in der zweiten Woche in Folge. Es ist Verlust auf hohem Niveau: Das Spiel liegt immer noch bei 36,3 Millionen monatlichen Nutzern auf Facebook. Aber es geht nicht weiter aufwärts. Und Zynga hat Draw Something inzwischen auch mit eigenen Spielen wieder überholt: Gefragt und an der Spitze der AppData-Statistik sind aktuell wieder „Klassiker“ wie TexasHoldem und CityVille. Größter Aufsteiger war vergangene Woche Zynga Slingo. Trotz der neuen Erfolge sank Zyngas Aktienkurs binnen zwei Monaten sogar um rund 40 Prozent von 15,91 auf zuletzt 9,02 US-Dollar. Es ist doch nicht alles Gold, was hypt.

Treue ist wieder angesagt


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Vielleicht muss man relativieren. Je mehr Nutzer das Web hat, von desto kürzerer Dauer sind Trends. Viele Startups schaffen es gerade um die Jahreswende in die Schlagzeilen, weil dann viele Menschen zu Hause sind, Freizeit haben und neue Dinge ausprobieren. Heißer Trend Anfang 2011 war das Projekt Quora. Man las viel darüber, wie das Frage-Antwort-Portal den Journalismus verändern würde. Wenige Wochen später gab es Quora zwar noch, aber der Journalismus war noch der gleiche, und ist es heute immer noch. Nur von Quora hörte man nicht mehr viel. Bis vor wenigen Tagen, als das Startup es im aktuellen Goldrausch der Branche wieder in die Schlagzeilen schaffte: 30 bis 50 Millionen Dollar Risikokapital sammelte das junge Unternehmen in einer zweiten Finanzierungsrunde ein bei einer Bewertung von 400 Millionen Dollar. Warum nicht gleich eine Milliarde, fragte der Business Insider. Dabei hatte Quora nicht einmal aktuelle Nutzerzahlen vorgelegt.



Und dann war da noch Pinterest. Ein Riesenhype zu Beginn des Jahres; Übernahmegerüchte und Milliardenbewertungen inklusive. Motto: So lasst euch doch bitte für möglichst viel Geld kaufen! Nun stellt sich heraus, dass sich das Interesse an Pinterest schon wieder merklich abgekühlt hat. Nach einem Redesign der Seite meldeten sich nur noch 8 statt bis dahin 12 Millionen Nutzer via Facebook über die App an. Verantwortlich ist für diesen Schwund möglicherweise ein technischer Fehler. Aber auch bei Google Trends und gemessen an den eindeutigen Besuchern gingen Wachstum und Interesse an Pinterest erheblich zurück. Mögliche Erklärung: Viele hatten davon gehört, wollten einfach mal schauen, was da los ist – und kamen nicht wieder.

Augen auf, Kopf einschalten

So ähnlich dürfte es in Kürze vielleicht auch Instagram ergehen, das stramm auf die 50 Millionen Nutzer zumarschiert. Zweifelhaft, dass dieses stolze Wachstum noch lange anhält. Und so erscheinen langsames Wachstum und Nutzertreue wie bei Foursquare plötzlich überraschend attraktiv. Die Location-App brauchte vergleichsweise lange drei Jahre, um 20 Millionen Nutzer auf seine Seite zu ziehen. Seit sich viele Apps über Facebook verbinden und es dafür halbwegs verlässliche Metriken gibt, scheint sich der Aufstieg und Fall beliebter Apps massiv beschleunigt zu haben. Anwendungen, die in wenigen Wochen mehrere Millionen Nutzer generieren, sind keine Seltenheit mehr. Journalisten und Blogger (ja, auch wir!) lesen bei ihrer Recherche plötzlich nur noch die gleichen Themen und stimmen in den Kanon der Erfolgsmeldungen mit ein. Deswegen sollte in Zukunft bei Autoren wie bei Lesern eine gesunde Skepsis angebracht sein.

Denn so manches könnte sich als Eintagsfliege entpuppen. Wie die Foto-App Color, die vor einem Jahr 41 Millionen Dollar Wagniskapital einsammelte ohne auch nur einen einzigen Nutzer zu haben. Sie entwickelte sich seitdem mehrfach neu, tauschte viel Personal aus und ist heute eine App, mit der man anderen per Videoclip zeigen kann, was man gerade macht. Dafür hat man pro Video 30 Sekunden Zeit und kann den Clip mit maximal 5000 Leuten teilen. Ist das revolutionär und wirklich 41 Millionen Dollar wert? Das entscheidet ihr – je nach Stimmung und Hype-Zyklus.

(Jürgen Vielmeier)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

15 Kommentare

  • Ich wiederhole mich ja wirklich ungern aber:
    Wie kann eine Firma mit 20 Mitarbeitern, einer Serverfarm und vielleicht einer Handvoll Patente 1 Mrd € wert sein? Oder auch 500 Mio.?
    Da passt was nicht. Und hinterher ist das rumgeheule wieder groß: ‚Buähh, unser Geld ist weg‘. Speziell Zynga mit diesen klick-hier-und-da ’spielen‘ halte ich für eine Blase. Der Durchnschnittspieler ist dort wie lange regelmäßig online? 2 Wochen? Kommt er irgendwann wieder?? Bestimmt nicht, gibt interessanteres als ständig seine Wiese mähen zu müssen…
    BTW: Für 1 Mrd würde ich mir was Handfestes kaufen. Griechenland zum Beispiel… 🙂

  • Tja, bei den ADD-Kindern von heute muss man schon exakt den passenden Zeitpunkt erwischen, um Kasse zu machen. Ansonsten ist man schnell Schnee von Gestern…

  • Kann das Geschrei um Blasen und Hypes nicht ganz nachvollziehen. Mein Gott, dann platzen halt ab und zu auch mal welche. An solche Überhitzungen müßte man sich doch in der dynamischen Internetentwicklung langsam mal gewöhnt haben, ohne ständig großes Geschrei drum zu veranstalten. Diese ständige Aufregung um platzende Blasen nervt längst mehr als die Blasen selbst.

  • Mal eine Anmerkung zu den Grafiken: Die sind stark verfälschend vom Eindruck, da die ganze untere Latte (bei Pinterest z.B. die 8 Millionen) unterschlagen wird und man beim Ansehen den Eindruck bekommt, die 8 Millionen wären eher die Null-Grenze.

  • Ich denke hier treffen ein bisschen unser Verständnis vom Digital Native und die Realität aufeinander. Diese gehypten Dienste setzen von uns jedesmal aufs neue vorraus, das wir uns in einem neuen Ökosystem zurechtfinden. Von neuem Freunde adden, die Bedienung neuer Smartphoneapps lernen und diese in dne Alltag integrieren etc…für ein paar wichtige Dienste wie FB, Mails usw.ohne weiteres machbar, aber nicht für die vielen neuen Dienste. Müsste ich unterwegs auch noch meinen Pinterest-Feed, die Bilder meiner Instagram-Follower usw. adden – ich köme zu nix mehr. Wie viele Nutzer wollen das?

  • habt ihr drawsomething schon mal gespielt? die wörter die man malen soll, wiederholen sich einfach zu schnell. irgendwann wirds öde wenn man alles mal gemalt hat…

  • Wann lernen Industrie und Medien eigentlich mal dazu?
    Das Netz besteht nur aus Hypes. Yahoo, Moorhuhn, Second Life oder Studie VZ seien als Beispiele genannt. Hat jemand was gelernt? Nö, Instagram jagt durch alle Medien und kassiert anschließend 1 Mrd $. Bin ich der einzige, der sich dabei an den Kopf greift?
    Die Leute spielen jetzt ein paar Monate mit bunten Bildern herum und dann war es das. Her mit der nächsten Killerapp, die die Welt revolutionieren wird. FB hat sicherlich noch ein paar Milliarden übrig…

  • Nach der Übernahme von Draw Something (OMGPOP) veröffentlichte Zynga ein Update. Wer dieses installiert, muss der App daraufhin erlauben, in seinem Namen auf facebook posten zu dürfen (Statusnachrichten, Fotos usw.). Wer damit nicht einverstanden ist, kann das Spiel über sein facebook-Konto nicht mehr starten. Vielleicht haben ja wider Erwarten tatsächlich ein paar Nutzer ihre Zustimmung verweigert?! Das wäre doch wirklich sehr, sehr ärgerlich….

  • […] gibt aber auch schon die ersten Stimmen, die besagen, dass der Pinterest-Hype vorbei sei. So auch Jürgen Vielmeier von Basic Thinking, der sich auf die Facebook App Statistiken bezieht. Aktuell liegt Pinterest bei 8,3 Mio. monatlich […]