Wirtschaft

Todeskandidaten des vergangenen Wochenendes: PCs, Hardware und Online-Journalismus

Eine beliebte Disziplin im Online-Journalismus (ja, oft auch hier), ist es, Dinge für tot zu erklären. Vielleicht sollte mal jemand hingehen und eben das mit dem Online-Journalismus tun. Ach so, hat schon jemand gemacht; konsequent. Am vergangenen Wochenende las ich dann zusätzlich noch zwei Beiträge, die Hardware oder Teile davon für tot erklärten: „Es ist offiziell: Die Ära der Personal Computer ist zu Ende“, schreibt Arik Hesseldahl von All Things D. Der Analyst Jay Goldberg, der einen Gastbeitrag für VentureBeat verfasste, ging noch einen Schritt weiter und schrieb: „Hardware ist tot„.

Was verbirgt sich hinter den Killer-Headlines? Hesseldahl geht auf eine neue Statistik von IHS ein, dem Marktforschungshaus, das früher iSuppli hieß. Demnach sank die Produktion von DRAM-Baueinheiten (Arbeitsspeicher) für PCs im 2. Quartal erstmals unter 50 Prozent; auf 49 Prozent, um genau zu sein. Warum alleine das nun das Ende einer Ära bedeuten soll, schreibt Hesseldahl leider nicht. Es ist nämlich nicht so, dass Post-PC-Geräte die anderen 51 Prozent ausmachten. Smartphones beanspruchen 13 Prozent der DRAM-Chips, Tablets gerade einmal 2,7 Prozent. Der Rest sind Server, Workstations, Hochleistungsrechner und eingebettete Systeme. Wie ein Tod des PCs klingt das für mich nicht. Womit Hesseldahl allerdings Recht hat, ist, dass die Verhältnisse sich langsam verschieben.

Ein vollwertiges Tablet für 45 Dollar


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Im kommenden Jahr sollen Tablets und Smartphones zusammen schon 27 Prozent der weltweiten DRAM-Bestände konsumieren, PCs dann nur noch 43 Prozent. Ja, es bewegt sich etwas in Richtung Mobilität. Aber die Trendwende vollzieht sich nur langsam, wie es immer so ist, ähnlich wie bei CDs oder DVDs. Interessanter finde ich Goldbergs Artikel. Er war kürzlich im südchinesischen Shenzhen unterwegs, der Hardware-Fabrik der Welt, wenn man so will. Auf einem lokalen Markt erstand er dort ein sehr ordentliches 7-Zoll-Tablet („A-Pad“) mit Wifi, Android 4.0 und Frontkamera für umgerechnet 45 US-Dollar. Das Ding sei vollkommen ausreichend für die eigenen Bedürfnisse. 20 bis 40 Millionen Stück davon würden alleine in diesem Jahr davon hergestellt und vornehmlich auf dem ostasiatischen Markt verkauft werden. Goldbergs Fazit:

„Die Wahrheit ist, wenn dein Unternehmen heute Hardware verkauft, ist dein Geschäftsmodell mehr oder weniger tot. Niemand kann mit dem Hardwareverkauf Geld verdienen, wenn er es mit der harten Wahrheit eines 45-Dollar-Tablets aufnehmen muss, das bereits massenweise ausgeliefert wird.“

Die Hersteller müssten also andere Wege finden, um Geld zu verdienen. Apple könne derzeit noch eine Marge machen, indem es iOS, Content-Stores, „einen Haufen Magie“ und eine leichte Bedienbarkeit anbiete. Hersteller, die sich alleine auf Hardware-Verkauf verließen, müssten mittelfristig scheitern. Wer sich also schon lange gewundert hat, warum Google und Amazon ihre jüngsten Tablets so billig anbieten: Zum einen fallen die Preise für Hardware tatsächlich rapide. Zum anderen ist es ein Lockmittel für Kunden, um Geld für Content auszugeben, wodurch die Tablets subventioniert werden. Gerüchte, dass Microsoft das Surface-Tablet für 200 US-Dollar anbieten könnte, klingen da gar nicht einmal so absurd, auch wenn sie wahrscheinlich nicht stimmen. Microsoft-Chef Steve Ballmer hat den Rahmen am vergangenen Wochenende etwas weiter eingekreist und Preise zwischen 300 und 800 Dollar in Aussicht gestellt.

Massenweise Hardware zu immer niedrigeren Preisen und alles sieht irgendwie gleich aus. Woran erinnert uns das? Ja, an den Stand des Online-Journalismus. Stefan Plöchinger, Chefredakteur von Sueddeutsche.de, bezeichnete ihm auf dem DJV-Fachkongress „besser online“ in Bonn als „peinlich“, was natürlich stimmt. Verbesserungsvorschläge allerdings hatte er nicht. Einig sind sich irgendwie alle, dass sich was ändern muss. Sein Kollege Wolfgang Blau von Zeit Online weist einmal dezent darauf hin, dass ein Leistungsschutzrecht nicht die Lösung sein könne. Martin Weigert beklagte kürzlich den Häppchen-Journalismus der Techblogs. Lösungen für die Problematik: Schnell sein, anders sein, Qualität liefern, eine Meta-Ebene schaffen. Bei Tablets sieht das so aus, dass Apple damit punktet, seinen Fans „das gewisse Etwas“ zu liefern, Google mit sehr guter Hardware zum vergleichweise günstigen Preis und Microsoft mit seinem in jeder Hinsicht kantigen Format. Die PC-Industrie kann es nur noch mit neuen Geräteklassen und mehr Features versuchen (noch Ultrarer als Ultra). Und der Journalismus? Siehe: The Verge.

Bild: Sean MacEntee (CC BY)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

17 Kommentare

  • Zusammengefasst ist so aber gar nicht die Hardware tot, sonder lediglich der ehemals „lukrative“ Geschäftszweig. Also jener, wo man auf dieses 45 Dollar Tablet noch mal, bar jeden Gewissens, 150 Dollar drauf schlagen konnte. Gute Entwicklung, finde ich!

  • Ich bin dann mal der erste: Das 45 US Dollar-Tablet möchte ich auch! Zum Journalismus & dem, was da noch so alles kommt, bleibt mir zunächst einmal nichts Deiner Ausführung hinzuzufügen- we will see& lg aus Bochum 🙂

  • @#1 Guido
    Es mag zwar verlockend klingen, aber wie man am Beispiel Apple und Amazon sehen kann stecken darin auch Gefahren. Die geschlossenen Systeme…
    Und ein anderes Problem sehe ich auch: Müll.
    Wenn mein Tablet nur 45 Dollar kostet kann ich mir ja theoretisch jeden Monat ein neues kaufen und habe gegenüber einem iPad immer noch gespart… Nur dabei die 12fache Menge Müll produziert… Und wieviel Disziplin und Geduld die Menschen besitzen, so etwas zu verhindern? Glaube ich nicht daran!

  • Das ist das Geschäftsmodell mit dem Spielekonsolenhersteller schon seit Jahren fahren. Sie bieten stark subventionierte Hardware an und verdienen erst einmal mit den Inhalten darauf Geld. Nintendo waren mit der Wii die Ersten, die ein Gerät nicht subventioniert angeboten hatten – was hinsichtlich der verbauten „alten“ Hardware auch nicht nötig war.

    Es funktioniert aber auch nur dann, wenn man die Leute zum Inhaltekauf bewegen kann.

  • Sehr schöner Artikel, am besten gefällt mir das Ende. Die Hardwareindustrie ist mit ihren Modellbezeichnungen die letzten Jahre nicht sorgfältig umgegangen wenn 2012 schon überall die Superlative Ultra steht. 2024 heißt es wahrscheinlich UltraDeineMuddahWirdWeinen 🙂

  • Puh, habe vor 6 Wochen meinen PC abgebaut und zu den Eltern verfrachtet (Büro zu Kinderzimmer umgebaut…).
    Irgendwie habe ich den bei meinen Eltern noch nicht aufgebaut, der Bedarf ist nicht mehr da.
    Scheinbar bin ich einfach zu alt, da ich nichts mehr zocke.
    Für alles andere gibt es Tablets und Notebooks.

  • Gestorben ist (wie GG oben schon schrieb) vor allem das Geschäftsmodell minderwertige Betriebssysteme auf irgendwie zusammengeklöppelten Komponenten in billigen Gehäusen zu spielen – und den Kunden mit dem Schrott alleine zu lassen.
    Der „Gipfel“ dieser Abzocke ist schon lange vorbei, als Vobis und Escom damit ein Vermögen machten 8und teils wieder verbrannten); nun also sterben auch die Acers und HPs dieser Welt…
    Ich weine ihnen keine Träne nach!

    Das wiedergeborene Konzept erinnert mit Apple und Android ein wenig an die Zeiten von C64, Amiga und Atari.
    Alles geschlossene Systeme, aber deutlich besser für den Nutzer als Ramsch-Hardware zum Tagespreis zusammenzustecken und darauf hoffen, dass die resultierenden Treiberprobleme vom Kunden und/oder Microsoft irgendwie gelöst werden!

  • Ich kann Bochum nur zustimmen. Es gibt fertige Systeme die einwandfrei laufen. Wenn man dann noch ein wenig Geld bei der Anschaffung auf den Tisch legt, hat man ein gutes und langlebiges System. Mein Laptop von Lenovo läuft von seit 5 Jahren wie eine eins…

  • Wofür man den PC noch braucht, ist z.B. die Videobearbeitung. Geht allenfalls noch auf besserem Notebook. Selbst mein Billig-PC mit nur 3 GB RAM kommt dabei an merkliche Grenzen. Zum lauten Abspielen und Organisieren von Mediatheken macht sich ein PC auch noch ganz gut, ist aber nicht mehr unbedingt notwendig. Viel schneller gehen am PC auch umfänglichere Schreib- und Organisationsarbeiten wie z.B. umfangreiches Eintüten von Google Alerts usw.
    Der Trend geht sicher zu einer starken Verdrängung des PC, der Anteil meiner PC-Nutzung beträgt nur noch um die 10-20 %, gänzlich entbehren kann man ihn aber auch im Privatbereich wohl noch nicht.

  • PCs aber auch Notebooks sehe ich nicht dem nahen Tode nach.

    Zwar werden Smartphones,Tablets und Internetfähige Fernsehen sicherlich diesen Konkurrenz machen,aber es gibt viele Anwendung auch private Natur die man lieber an ein PC macht als am Tablet & Co.

    Eher sehe ich eine andere Entwicklung kommen.

    Da viele Nutzer mit Ihr Smartphone oder Tablet auch zwischendurch schnell ins Netz gehen können, sinkt die Gesamtnutzung vom vorhandene PC.

    Zudem müssen wir alle ehrlich zugeben das die PCs inzwischen sehr leistungsfähig sind und die neuen Modelle kaum wirklich ein mehr an nutzen bringen.

    So verfahren viele Nutzer so

    Sie kaufen nicht schon nach ein paar Jahren wieder ein neuen PC sondern nutzen ihre vorhandene Geräte länger. Somit sinken die Verkaufszahlen, aber nicht weil die Nutzer sich von diese Geräte abwenden.

  • Korrekt, zumal PCs wohl auch eine längere Lebensdauer haben, wenn sie viel weniger genutzt werden.

  • @Peter, dazu passt ja auch das nicht tod zu kriegende (gute?) XP. Die Leute gewöhnen sich eben an Dinge und wer nicht zockt oder Videos bearbeitet, der kann auch mal 2-3 Jahre länger mit seinem Rechner klar kommen, und eben auch mit seinem Betriebssystem.

  • Der Online Journalismus geht seine Wege langsam aber sicher auch immer weiter in Richting Facebook und weg von den Blogs. Man vergleiche die zwischen direkten Kommentar unter dem jeweiligen Artikel und den Kommentaren des Artikels auf FB…

  • Seit ich in der glücklichen Lage bin ein IPAD zu besitzen, bin ich sogar mehr als davon überzeugt, dass PCs zumindest für den privaten Gebrauch sterben werden und finde gleichzeitig das IPad eines der genialsten Erfindungen seit es das Internet gibt. Auch wenn das mit den verfügbaren Apps noch in den Kinderschuhen steckt, ähnlich wie das Einbinden in eine Netzwerkumgebung mit entsprechender Berücksichtigung von Sicherheitskriterien. Aber die Clouds-Technologie wird’s mit der Zeit schon richten. Ich freue mich drauf und hoffe, dass ich es noch erleben darf. Für den privaten Gebrauch sind PCs in meinen Augen nach wie vor viel zu kompliziert, nicht nur in der Bedienung auch in der Wartung (Installationen, Updates, Problembehebung). Dieses Kabelgewirr – auch wenn es viele Komponenten bereits kabellos gibt – geht einem auch zunehmend auf den Geist. Dazu kommt jedoch, dass Menschen, die eh bereits den ganzen Tag am Pc sitzen und arbeiten müssen abends nicht unbedingt auch noch davor hocken wollen. Mit nem Tablet kann man die üblichen Dinge (email / surfen) auch auf dem Sofa lümmelnd, im Garten oder im Café erledigen und findet wieder Spaß daran. Für ältere Menschen ist ein Tablet auf jeden Fall eher empfehlenswert als ein PC, schon allein wegen der einfachen Bedienbarkeit. Unter jüngeren ist es wohl einfach Kult. Bleibt auch noch zu hoffen, dass es für aufwendige Grafikarbeiten, Videos oder Spiele, also alles, was richtig Power braucht, auch irgendwann eine vernünftige Tablet-Loesung gibt – wie auch immer die aussehen mag.

  • @Peter: welche arbeiten machst Du denn lieber am Pc als am Tablet? Ich konnte noch nichts finden, außer Grafikarbeiten, aber das ist eher mangels Alternative.