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Google Streetview: Verfahren wegen massenhafter WLAN-Scans eingestellt

CeBit 2010: Der Stand von Google Streetview

Nicht nur Fachanwälte für Strafrecht erleben derartige Entscheidungen tagtäglich, für Datenschützer aber dürfte die Einstellung eines aktuellen Verfahrens gegen Google wie ein Schlag ins Gesicht wirken. Warum? Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat bekanntgegeben, man sehe keinen ausreichenden Anlass für das Einreichen einer öffentlichen Klage wegen des Vorwurfs massenhafter WLAN-Scans. Die Ermittlungen gegen den Internetkonzern werden nach 33 Monaten mit dem Ergebnis eingestellt, es könne schlichtweg kein Tatverdacht erkannt werden.

Manche Beobachter mögen jetzt ein wenig verwirrt sein, denn im Vorfeld der Strafanzeige waren vereinzelte Staatsanwälte der Meinung, dass das Schwarz-Surfen über fremde WLAN-Router durchaus eine Straftat sein soll. Wenn also eine Privatperson den WLAN-Router seines Nachbarn anzapft, soll das augenblicklich strafbar sein. Wenn aber der weltgrößte Konzern systematisch seine Mitarbeiter per Pkw durch Hamburg und viele andere Städte schickt, um nach dem Gießkannenprinzip alle WLAN-Router im Empfangsbereich abzuscannen, um die Daten einzusammeln und später auszuwerten: Das soll dann urplötzlich legal sein.

Was ist denn da los? Hat man bei der Staatsanwaltschaft HH Angst vor den Google-Anwälten oder dem Unternehmen selbst? Ging es dabei vielleicht eher darum, ein langwieriges Verfahren zu vermeiden, weil es der Staatsanwaltschaft insgesamt doch weniger wichtig ist? Oder wartet man lieber darauf, dass jemand eine Klage einreicht, sollte das nach der Einstellung tatsächlich noch passieren? In dem Fall müsste sich ein Gericht damit befassen, und nicht mehr die Hamburger Staatsanwälte.


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Online-Marketingmesse in Köln 2008 - Stand von Google Hintergrund: Die durch den Blogger und Rechtsanwalt Jens Ferner eingereichte Strafanzeige vom Februar 2010 lautete auf das Abhören, Abfangen und Ausspähen von Daten laut Telekommunikationsgesetz und Bundesdatenschutzgesetz. Ein Techniker hatte zuvor berichtet, dass man diverse Datenfragmente der WLAN-Router selbst dann einsammeln könne, wenn man sich nicht in den Router einloggt, weil einem das dafür nötige Passwort fehlt. Ferner wollte den Sachverhalt daraufhin grundsätzlich prüfen lassen. Er kritisierte, Google habe bei den Touren ihrer Streetview-Autos quer durch die Republik jede Menge Datenfragmente aller Router in Reichweite eingesammelt. Die Staatsanwaltschaft sollte klären, ob sie den zielgerichteten Empfang der Daten bereits als „abhören“ des Funkverkehrs laut §89 TKG ansieht.

Denn: Die Sammelleidenschaft von Big G ändert schließlich nichts daran, dass die vom heimischen PC oder Smartphone verschickten Daten nur für den eigenen Router bestimmt sind, nicht für Google oder die Allgemeinheit. Das ist ja auch einer der Gründe, warum so viele Menschen ihr WLAN verschlüsseln und keinen Freifunk anbieten. Und eigentlich hätte Google spätestens bei der Überspielung der von den Pkws eingesammelten Daten alle Datenfragmente der Router löschen müssen. Anderenfalls kann man wohl kaum von einer „versehentlichen Erfassung“ sprechen. Strittig war übrigens auch die Fragestellung, ob Daten nichtöffentlich sind, selbst wenn diese unverschlüsselt übertragen werden.

Kürzlich hat die Hamburger Staatsanwaltschaft ihren Bescheid verschickt. Darin teilte sie mit, dass das Abfangen der MAC-Adressen und Namen drahtloser Netzwerke keinen Empfang von Nachrichten darstelle und somit nicht strafbar sei. Da keinerlei technische Hürden überwunden worden seien, sei dies laut §202a Strafgesetzbuch ebenfalls nicht strafbar. Die empfangenen Datenfragmente wurden als frei verfügbar eingeordnet, womit das Bundesdatenschutzgesetz außen vor bleibt. Zudem geht man davon aus, Google könne glaubhaft nachweisen, dass sie keine Datenfragmente vorsätzlich abgefangen haben. MAC-Adressen und SSIDs seien demnach überdies keine schützenswerten Daten.

Die Autos von Google-Streetview auf der CeBit 2010Trotzdem darf man sich getrost fragen, was Google überhaupt mit den ganzen Informationen anfangen wollte. Aus meiner Sicht kann von einem zufälligen Empfang (oder möglicherweise einer Auswertung der Daten) keine Rede sein. Wer seine Leute quer durchs Land schickt, um die Informationen in dicht besiedelten Wohngebieten abzugreifen, der hat sich das vorher genauestens überlegt, und die kostenträchtigen Fahrten bis ins letzte Detail durchgeplant.

Zumindest juristisch scheint die Angelegenheit nun allerdings abgeschlossen zu sein. Google gab bereits vor zwei Jahren bekannt, man wolle keine WLAN-Scans mehr durchführen, zumindest nicht in Deutschland. Vielleicht ist dies einer der Gründe dafür, warum Bing Streetside für deutsche Städte nicht verfügbar ist. Microsoft möchte wahrscheinlich weder unzählige Häuser verpixeln, noch irgendwelche Klagen riskieren, weil bei ihren Fahrten ebenfalls Daten der umliegenden WLAN-Routern eingesammelt wurden. In welchem Umfang dies geschah, ist nicht bekannt. Meine Presseanfrage aus dem Januar 2012 hatte die Sammlung von Microsoft zumindest bestätigt.

Bilder: Lars Sobiraj

(Lars Sobiraj)

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Ehemalige BASIC thinking Autoren

Dieses Posting wurde von einem Blogger geschrieben, der nicht mehr für BASIC thinking aktiv ist.

20 Kommentare

  • Meine Vermutung wäre, dass Google seine Positionierungsmechanismen (die bisher ja auch schon unter anderem auf WLAN-IDs zurück greifen) mit den Daten noch weiter verbessern wollte.

  • Die Einstellung des Verfahrens war von Anfang an abzusehen.

    Hier eine kleine Erklärung für Unbedarfte:

    Google sammelt die Daten für ihre WLAN-Ortung. Wer das nicht kennt: Android-Smartphones können damit etwa ihre Position auch ohne GPS ziemlich präzise bestimmen, indem anhand der verfügbaren WLAN-Netze per Triangulation der Standort bestimmt wird. Sehr coole Technik, denn GPS-Ortung dauert zu lange und ist in Städten, wenn überhaupt möglich, ungenau.

    Google braucht, damit das funktioniert, natürlich eine möglichst vollständige Zuordnung der WLAN-APS zu GPS-Koordinaten (also eine „WLAN-Karte“. Sie haben daher in ihre Street View-Fahrzeuge WLAN-Antennen eingebaut und einen Sniffer (Kismet) mitlaufen lassen, der die Beacons (Aussendungen der Access Points, die damit der Welt ihre SSID und ihre MAC mitteilen) als Rohdaten zur späteren Auswertung mitloggt.

    Der (simple) Fehler: Kismet schneidet normalerweise *alle* empfangenen Rohdaten mit. Für Google sind diese sowieso nutzlos und sie haben Kismet daher so konfiguriert, dass es nur die Beacons aufzeichnet. Das hat aufgrund eines Konfigurationsfehlers nicht funktioniert und es wurde alles mitgeschnitten. Könnte daran liegen, dass genau ein Mitarbeiter dafür verantwortlich war.

    Bemerkt hat das erstmal niemand, da die Auswertungssoftware den Rest ignoriert hat und die Beacons ja trotzdem auswerten konnte.

    Irgendwann ist es ihnen dann aufgefallen und sie haben von sich aus (!) die Datenschutzbehörden informiert. Sie hätten es genauso gut unter den Teppich kehren können.

    Sie haben die Festplatten mit den Daten gelöscht, und selbst wenn sie doch jemand angeschaut hätte wäre nicht viel verwertbares darunter gewesen. Ein einzelnes WLAN wird höchstens ein paar Sekunden lang empfangen, und da ja nur passiv empfangen wurde dürften auch eine Menge Übertragungsfehler dabei sein. Es wurden also aus UNVERSCHLÜSSELTEN Netzwerken jeweils ein paar Sekunden an zusammenhangslosem Datenverkehr aufgezeichnet. Wenn sich jetzt jemand in genau dem Moment über eine ebenfalls unverschlüsselte HTTP-Verbindung (was bei keiner der großen Webseiten der Fall ist) ein Passwort verschickt hätte, wäre es womöglich aufgezeichnet worden. Aufgrund eines Fehlers, den der Konzern von sich aus gemeldet hat.

    Weshalb also die Aufregung?

  • Jop, da gehts um Lokalisierungsdienste. Dass die Detuschen da wieder völlig irrational und panisch drauf reagieren, zeigt wie fortschrittlich wir sind.

    Die juristische Bewertung kann ich nicht beurteilen; Mein Gerechtigkeitsgefühl bestätigt die Entscheidung.

  • tom hat natürlich recht.
    jedoch fehlt nur das wort: „Internet“.
    Google ist weltgrößter Internetkonzern.

    wundert mich, das du anscheinend, richtig liest, die dinge hinterfragst und nachprüfst, aber andererseits nicht auf die naheliegendste Betrachtung gekommen bist.

  • @Breakstuff
    Das “Internet” ist nichts anderes als ein Stück Software Protokoll welches zudem keinem Gehört wie vielleicht zum Vergleich unsere Schrift oder Sprache.
    Was Google wirklich ist, ist mit der größte Serverbereiber und hat dadurch mit die größte Speicher und Rechenleistungen in der Welt.
    Serverfarmen sind die Fabriken des 21.Jh
    Auch eine “Cloud” besteht nun einmal nicht aus Wolken sondern vielen Harddisk.
    Woher Google die Gelder dafür hat? weil sie „nebenbei“ noch der größte „Datenhändler“ und „Werbevermärkter“ sind, was auch ihr Kerngeschäft ist.
    Hinter den Schlagwort „Internetkonzerne“ verbergen sich also lediglich alt bekannte Geschäftsmodelle in einer neuen „Verpackung“.

  • @Breakstuff:
    Nach „Aktiva-Summe“ ist die Deutsche Bank das größte Unternehmen der Welt. Für Privatkunden bieten sie Onlinebanking, für den Interbankenverkehr werden sämtliche Zahlungsströme „über das Internet“ abgewickelt. Ist es deswegen ein „Internetkonzern“?
    Also sorry, aber was ist denn die Definition eines „Internetkonzerns“?

    @Mika:
    Japp, da hast du wahrscheinlich Recht. Mann kann davon ausgehen, dass Google die größten Serverkapazitäten hat. Aber trotzdem fehlt mir hier irgendwo die Quelle … und außerdem dann immer noch die Berechtigung, es den „weltgrößten Konzern“ zu nennen.
    McDonald’s brät vermutlich weltweit täglich das meiste Fleisch. Wird es deswegen der „weltgrößte Konzern“? Nur weil man bei irgendwas führend ist.
    Ich finde es einfach unseriös, wenn man irgendetwas superlativisch bezeichnet, aber dann die Betrachtungsart nicht angibt. Das finde ich an dem Artikel stilistisch höchst unsauber und darauf bezieht sich meine Kritik. 🙂
    Noch was anderes: Warum ist Google denn Datenhändler? Ich habe noch nirgendwo eine Option gefunden, Daten da zu kaufen oder zu mieten. 🙂
    Sie nutzen Daten und sie sind Basis ihres Geschäfts. Und nun nehmen wir mal Burger King: Nur weil die Pommes haben, sind sie kein Salzbergwerk. 🙂

  • „Mann“ bezieht sich übrigens darauf, dass hier nur Kerle diskutieren – oder ich mich vertippt hab…
    Wann wird man(n) denn hier mal solche Fehlerchen nachträglich mal bearbeiten können, liebes Basic Thinking? 🙂

  • @ Tom

    Die Definition eines Internetkonzerns is laut Duden:
    „Konzern, dessen Geschäftsbereich im Internet liegt“.

    Also klar definiert. Stell dir einfach eine Welt ohne Internet vor. Alle Konzerne die dann noch ihre Dienstleistungen anbieten können, sind keine Internetkonzerne.

    Der gebrauch von superlativen geht mir auch auf die nerven. Aber das ist ein allgemeines prob. und nicht nur von Basic oder in diesem Beitrag.

  • @Breakstuff:

    Danke für den Beitrag.
    Ich stimme dir in einem Punkt aber nicht zu – nämlich in der Interpretation des Duden-Satzes. Das Problem dabei ist diese kurzweilige Definition. (Ich sehe gerade nicht nach, ob es da noch ein paar Sätze mehr gibt.)
    Denn welches Unternehmen hat heute noch einen(!) Geschäftsbereich? Auf Anhieb fällt mir keins ein. „Konzerne“, die nur ein Tätigkeitsfeld haben, schon gar nicht. Die Definition ist also per se realitätsfern, wenn man über Organisationen einer gewissen Mindestgröße spricht.

    Für mich ist „Internetkonzern“ eine hohle Phrase. Auch hier: Was wäre bei einer anderen Betrachtung? Ein Papierkonzern ist dann ein Unternehmen, das ohne Papiereinsatz seine Produkte und Dienstleistungen nicht mehr anbieten kann…?
    Ich verliere mich hier vielleicht auch ins Kleinteilige.

    Aber ich bleibe dabei. „Weltgrößter Konzern“ – so wie im Artikel verwendet – ist Quatsch.
    Es steht weder „Internetkonzern“, noch sonst etwas sinnsvolleres/definierenderes da.
    Vielleicht kann man es so sagen: Google ist auf keine etablierte Art als „weltgrößter Konzern“ zu sehen. Aber es ist ein verdammt großes und einflussreiches Unternehmen.

    Wäre da einfach nur „eine der reichweitenstärksten („größten“) Suchmaschinen der Welt“ gestanden, wäre es auf jeden Fall richtig gewesen und man hätte sich hier ein paar Kommentare über schlechten Stil sparen können. 🙂

  • „Geschäftsbereich im Internet liegt“
    Ist eher eine „unsaubere“ Definition vom Duden, da viele bis Heute nicht wissen (verstehen) was überhaupt das „Internet“ ist?
    Das Internet ist lediglich ein Begriff für ein Netzwerkprotokoll mit welchen man mehere Rechner Verbinden und ein Netzwerk unter diesen aufbauen kann.
    Ümgangsspachlich wird aber heutzutage alles in und um diesem Netzwerk als „Das Internet“ bezeichnet, was aber meist gespeicherte Daten aller Art von Text bis Video Daten in riesigen Datencentern sind.
    Wem diese Datencenter (Server) gehören bestimmt auch weitgehend über diese Daten und deren Nutzung, einer der großen davon ist Google.

  • Verstehe nicht warum wir bei diesem Thema jedes Mal so pimmelig sind. Jeder nutzt Google, die meisten kostenlos. Viele nutzen Streetview, Facebook und was weiß ich nicht alles und dann wird immer rumgeheult wenn mal ein Unternehmen wie Google oder Facebook bischen komische Sachen anstellt. Wenn es die Leute wirklich so dermaßen stört, am besten einfach gar nicht mehr googeln oder facebooken – oder einfach nicht darüber meckern.

  • Die Aktion war purer Aktionismus. Jedem, der sich näher damit beschäftigt hat, war von Anfang an die Aussichtslosigkeit eines Verfahrens bekannt.

  • Ich finde die Idee gar nicht mal so schlecht so kann man sich einen Überblick verschaffen, wo man hinreisen möchte. Aber das es jetzt eingestellt werden musste hat schon seine Gründe.

  • Also der Artikel hat mich wirklich zum erstaunen gebracht. Mich hatte es damals schon gewundert wie man sooo dreißt sein kann. Was Google mit den Daten im Endeffekt möchte ist ja klar… Geld verdienen. Wie? Tja, das bleibt wohl Google Geheimnis.
    Grüße euer Webdesigner

  • „…..immer rumgeheult wenn mal ein Unternehmen wie Google oder Facebook bischen komische Sachen anstellt“

    Es ist meist nicht „Google oder Facebook“ welche mit den Daten welche sie von den Nutzern ihrer Dienste Sammeln und Verkaufen „komische Sachen“ anstellen , sondern meist diejenigen welche sie Erbweben.
    Vielleicht dein (oder zukünftiger) Arbeitgeber, Versicherung, Bank … oder der Staat.

  • Daten = Geld. Deshalb sammelt Big G wie ein Eichhörnchen alles. Ich denke es wird zum einen wie schon geschrieben um Lokalisierungsdienste, um personalisierte Werbung und eventuell um Datenverkauf. Wie immer vertraue ich auf Google und hoffe das diese Maßnahmen mir im Endeffekt das Leben erleichtern.

  • @yikz,
    dein Beitrag wäre als Artikel viel interessanter gewesen, als der Quatsch, der stattdessen gepostet wurde.