Sonstiges

„Das ist keine Übung!“ – Google meint es ernst mit Google Fiber

Eric Schmidt, Vorsitzender des Google- Verwaltungsrat hat bei der gestrigen „New York Times Dealbook Conference“ unterstrichen, dass sein Konzern es mit Google Fiber ernst meine.

Nötig wurde die Klarstellung, nachdem er das Vorhaben zunächst als eines der spannendsten Experimente bezeichnet hatte, das Google gerade verfolge. Man betreibe Google Fiber jedoch wie einen Unternehmenszweig und sei dabei zu entscheiden, wohin man als nächstes expandieren wolle.

Ist Google Fiber ein Bluff?

Erst vor wenigen Wochen habe ich geschrieben, dass es sich bei Google Fiber wahrscheinlich eher um einen großen Bluff handele, als um ein wirkliches Geschäftsinteresse. Man macht damit den anderen Internet-Anbietern Druck, das Netz weiter auszubauen und schiebt die leise Drohung hinterher: „Zur Not machen wir es selbst“.


Neue Stellenangebote

Growth Marketing Manager:in – Social Media
GOhiring GmbH in Home Office
Senior Social Media Manager:in im Corporate Strategy Office (w/d/m)
Haufe Group SE in Freiburg im Breisgau
Senior Communication Manager – Social Media (f/m/d)
E.ON Energy Markets GmbH in Essen

Alle Stellenanzeigen


Abgesehen von der Aussage, dass man Google Fiber ernst nehme, blieb Schmidt aber vage, wie es weitergeht. Stattdessen verwies er auf die vielen Startups, die sich seit dem Google Fiber-Start in den angeschlossenen Stadtteilen von Kansas City angesiedelt hätten, um von der schnellen Leitung zu profitieren. Und natürlich schlug Schmidt noch den Bogen zum ganz großen Kino und pries den Gigabit-Anschluss als Quasi-Revolution für unser aller Alltag. So seien künftig nämlich auch holographische Videokonferenzen oder 3D-Multiplayer-Games möglich – man müsste das Haus also kaum noch verlassen.

Viel Service für wenig Geld

Doch ungeachtet der ungeahnten Möglichkeiten der Zukunft: Google Fiber lässt bereits heute wenig Wünsche offen. Gigabit-Geschwindigkeit für 70 Dollar pro Monat gibt es nirgendwo sonst. Für 50 Dollar mehr und einen 2-Jahres-Vertrag gibt es noch ein Nexus 7 Tablet als „Fernbedienung“, 1 TB Speicher bei Google Drive und natürlich die TV-Box mit Videorekorder und optionalen VoD-Diensten dazu. Klingt fast zu schön um wahr zu sein.

Gäbe es dieses Angebot auch in Deutschland, man könnte sicher sein, dass die Fiber-Anschlüsse wie warme Semmeln weggehen würden. Dazu gibt es noch Premium-Service – etwa das Versprechen, dass der Google-Installateur sich nach dem Zeitplan des Kunden richtet. Und das funktioniert offenbar tatsächlich – bisher sind mir jedenfalls noch keine Beschwerden zu Ohren gekommen.

Google kann sich Google Fiber kaum leisten

Also, wann und wohin will Google expandieren? Unklar. Klar ist nur, dass es sündhaft teuer für den Konzern wird. Goldman Sachs hat ausgerechnet, dass es 140 Milliarden Dollar kosten würde, die USA mit Glasfaser-Kabeln zu überziehen. Google hat aber „nur“ 45 Milliarden Dollar in der Kasse – da fehlt also noch etwas.

Sicher, man will Google Fiber auch nicht von heute auf morgen installieren, doch selbst wenn man 25 Prozent seiner jährlichen Investitionen von 4,5 Milliarden Dollar in Google Fiber stecken würde käme man auf 830.000 neu angeschlossene Haushalte pro Jahr. Das sind 0,7 Prozent der amerikanischen Eigenheime. Unter diesen Voraussetzungen wird es also zumindest ein langwieriger Prozess, zum nationalen Fiber-Anbieter zu werden.

Hinzu kommt, dass die Einnahmen aus Suchmaschinenwerbung wohl kaum explodieren werden, nur weil man die Google-Seite noch schneller laden kann. Google hat aber wohl Dienste im Portfolio, die davon langfristig profitieren würden, von YouTube und Google TV bis hin zum lukrativen aber vorerst eingestellten Google TV Ads.

Es scheint, als werde Google Fiber entweder das Super-Produkt von Google – sowohl für den Kunden als auch den Konzern – oder es bleibt bei einem großen Bluff. Ich bleibe (vorerst) bei Letzterem.

Bild: Flickr / Techcrunch

Über den Autor

Robert Vossen

Robert Vossen hat erst Los Angeles den Rücken gekehrt und dann leider auch BASIC thinking. Von 2012 bis 2013 hat er über 300 Artikel hier veröffentlicht.

11 Kommentare

  • „… Gigabit-Geschwindigkeit für 70 Dollar pro Monat … 50 Dollar mehr + 2-Jahres-Vertrag = Nexus 7 Tablet als Fernbedienung, 1 TB Speicher bei Google Drive und natürlich die TV-Box mit Videorekorder und optionalen VoD-Diensten dazu.“

    „Klingt fast zu schön um wahr zu sein.“ – Klingt nicht nur so ist es. Ich bezahle zurzeit für VDSL 25 schon 50 Euro im Monat + 25 GB Cloudspeicher. Aber was Google da bietet ist für jeden Nerd ein Traum!

  • Ja das Angebot ist schon (im Vergleich zu jetzt) ein Traum.
    Aber es muss immer einen geben, der das wagt.

    War damals als die Telekom den ISDN-Flat-Tarif für 79 DM rausbrauchte ein Meilenstein. War sonst nur surfen pro Minute üblich.

    Nun gibt es die ersten Handy-Allnet-Tarife (ok beim Surfen ist das noch immer nur mit Datenvolumen). Aber zahlte man vorher 60-80cent/min

    Nun macht Google den nächsten Schritt. In vielleicht 5-10 Jahren werden viele bereits ebenfalls damit ausgestattet sein (oder Vergleichsangebote). Vielleicht ist LTE da genau diese Alternative (wenn natürlich etwas langsamer)

    Es muss immer einen geben, der mutig genug ist.

  • Naja LTE bezweifel ich etwas, weil da ist die Bandbreite nicht gegeben um alle Bundesbürger damit auszustatten bzw. zu versorgen. Wenn müsste man ganz Deutschland mit Masten pflastern.
    Wie oft gesagt eine zweier Lösung aus schnellen Kabel-Gebundenen Anschlüssen und LTE wäre eine gute Lösung um alle mit schnellen Anschlüssen zu versorgen.
    Aber mir würde ja auch schon mein VDSL25 reichen wenn ich die ganzen Zusätze von oben noch bekommen würde 😉 oder auch das der Techniker sich an mich anpasst und nicht ich an ihn. Ich kann sagen bin froh das ich Gleitzeit habe…

  • also die berechnung von den anschlusskosten würde ich ja gerne mal sehen. so grob überschlagen möchte man gerade meinen der gute mann von goldman sachs hat das ganze linear hochgerechnet. nach dem motto „0,75% der gesamtkosten entsprechen 0,75% der haushalte“. ob die 830.000 haushalte in north dakota stehen, oder vielleicht doch in new york city ist sicherlich nebensächlich.

    daneben wäre es ja durchaus denkbar, dass sich google einfach einen der kleineren netzbetreiber einverleibt, und damit auf einen schlag eine reichweite von 10 millionen haushalten oder mehr bekommt.

    das ganze kann man aber durchaus auch etwas kritischer betrachten. sollte es wirklich so weit kommen, dann bietet google vom inhalt, über die leitungen bis hin zur hardware der endkunden alles an. was google dann wohl zum thema netzneutralität sagen würde?

  • Ich würde es alleine schon nehmen weil der Service der momentanen Netzanbieter einfach so unverschämt schlecht ist.

    Es gibt einfach einige Unternehmen die wissen einfach was die Kunden wollen. Apple mit ihren iphone, Amazon mit ihrem Service und der Einfachheit, google mit seinem Nexus 4 für 300,- und seinen zick anderen Diensten…

    Komisch habe ich jetzt eine deutsches Unternehmen vergessen?

  • „Dazu gibt es noch Premium-Service – etwa das Versprechen, dass der Google-Installateur sich nach dem Zeitplan des Kunden richtet.“

    Selten so gelacht. Wenigstens die Versprechen eines Telkos haben sie schon. Jetzt mal im Ernst, das tun die Techniker aller Anbieter, nur halt im 3-Stunden-Slot und das hat seine Grüne.

    Ich behaupte, da ist jemand größenwahnsinnig geworden – Ob Schmidt jetzt selber oder der Berater der es ihm ins Ohr geflüstert hat.

  • Vielleicht verfolgt Google eine ganz andere Ziele statt wie von Goldman Sachs vermutet, die USA mit Glasfaser-Kabeln zu überziehen.
    Viel Interessannter wäre die „Leuchtturm Strategie“, ein „Dubai City“ des Netzanschluß in den USA welches so Attraktiv für Firmen und Bewohner wird wie selbige Stadt mitten in der Wüste?
    Vielleicht sagen die Leute zukünftig ich wohne in einer „Google Stadt“ als Lebenswerten-Qualitätsbegriff mit permanenten Google Netz , Google Cars , ökologisch und Modern ect.
    Ich könnte mit Vorstellen das Google so etwas Vorschwebt?

  • @robert: schonmal nachgerechnet wie viel 830.000 eigenheime geld einbringen würden wenn sie alle den vertrag abschließen würden für 70 und seie es nur die hälfte? 😉

    • Das sind 700 Millionen Dollar Umsatz im Jahr. Umsatz, nicht Gewinn! Selbst, wenn das Reingewinn wäre, würde es ca. 7 Jahre dauern, die Investitionen wieder reinzuholen…

  • Ich glaube das werde ich hier in Deutschland nicht mehr erleben. Wir surfen hier auf dem Land unter 2 Mbit. Bei den genannten Zahlen bekomme ich Tränen in den Augen 😉

  • Ganz ehrlich, was sind denn schon 7 Jahre. Ich weiß noch genau, damals habe ich 2 Jahre auf DSL warten müssen…

    Sollen die doch erstmal die Großstädte ausbauen.