Wirtschaft

Mobile Apps: Apple versus Google – eine einseitige Lovestory

geschrieben von Michael Müller

Android gegen iOS. Google gegen Apple. Das ist der allgemeine Ton, der gleichbleibend und deutlich wahrnehmbar durch die Medienlandschaft brummt. Nicht zuletzt sogar von Google-Vorstand Eric Schmidt, der tönte Android habe den Kampf gegen iOS gewonnen. Da werden Wachstums- und Verkaufszahlen verglichen, die Anzahl der verfügbaren Apps gegenüber gestellt, aber stets vergessen, dass man im Grunde genommen Apple mit Birnen vergleicht. Insbesondere aus strategischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten fällt es schwer, die mobilen Plattformen iOS und Android auf Augenhöhe zu betrachten. So ähnlich sich beide Systeme auch anfühlen mögen, so unterschiedlich sind die Strategien beider Unternehmen. Und das ist gut so, profitiert durch Wettbewerb am Ende ja auch der Kunde. Was von vielen als starkes Konkurrenzgebaren und intime Feindschaft aufgefasst wird, kennt eigentlich nur einen Gewinner. Google.

Geschlossen oder offen – ganz egal

Das hat nicht nur primär etwas damit zu tun, dass es sich bei iOS um ein selbstenwickeltes, geschlossenes System handelt, dass nur von einem Koch gewürzt und verändert wird. Ganz im Gegensatz zu Android, einem kostenfreien Open-Source-System, in dem bei Bedarf eine ganze Mannschaft an Köchen mit handverlesenen Bits und Bytes den Löffel schwingen kann. Das ist nicht neu. Neu, oder treffender formuliert, verändert ist seit Kurzem die Rolle von Google. Natürlich konkurrieren beide Systeme miteinander. Dadurch, dass Google allerdings auf allen existierenden Plattformen mit eigenen Apps präsent ist, unterläuft der Suchmaschinenriese die natürlichen systematischen (Hardware-)Grenzen mit Hilfe eigener Software mehr als je zuvor. Wodurch Google genau das Geschäftsfeld stärkt, das den Konzern zu Reichtum und Ansehen gebracht hat: intelligente Werbung.

Was war das ein Ding mit der neuen Maps-App in iOS 6. Zugegeben, die Abkehr vom Kartenmaterial von Google war ein protektionistischer Zug von Apple mit dem Ziel, die eigene Plattform, die generierten Daten sowie die daraus resultierende eigene Marktmacht zu stärken. Desaströs, wie schlampig die Integration der neuen Maps-App folglich umgesetzt wurde. Immerhin, iOS ist jetzt ein wenig freier von Google. Will man meinen. So ist es aber nicht. Nicht zuletzt auch durch den Fehltritt bei der Karten-Anwendung hat Google jetzt ganz neue Möglichkeiten, sich innerhalb des iOS-Subsystems auszubreiten. Zu profitieren. So wurde die neue Google-Maps-App vor wenigen Tagen von der breiten Öffentlichkeit sehr positiv aufgenommen. Schnell kletterte die App auf den Ranglisten der kostenlosen Helferlein auf die Spitzenposition. Google der Retter. Wieder da, was ein Glück.


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Tief und fest verankert

Doch dem nicht genug. Viele sind sich nicht darüber bewusst, dass sich Google Mail (GMail) per Exchange-Schnittstelle in das iOS-Mailprogramm integrieren lässt. Das ermöglicht eine nahtlose Synchronisierung von Kontakten, Kalender und sogar E-Mail mit Push-Funktion in Echtzeit. Ohne Umwege, ohne Zusatz-Software, ohne Mehrkosten. Diesen Joker der Unwissenheit spielt Google jetzt aus und vermarktet eine eigene GMail-App für iOS, die sich wachsender Beliebtheit erfreut. Dies erlaubt es Google, die Nutzungsgewohnheiten der Nutzer auch mit Hilfe von Apple-Geräten zu analysieren. Mit der Option, irgendwann innerhalb der eigenen Apps auch personalisierte Werbung zu schalten, wie es teils bei den Android-Pendants schon heute der Fall ist.

Das wäre innerhalb der Apple-Karten-Anwendung nicht möglich gewesen. Will heißen: das Wissen über die eigenen Kunden wächst, wodurch sich Werbung besser personalisieren lässt. Ganz egal ob dies anhand von Informationen aus den eigenen E-Mails oder Wegbeschreibungs- und POI-Suchanfragen über die Maps-Applikation geschieht. Google ist fest und tief in iOS verankert, vielleicht sogar mehr denn je – zwar nur noch über eigene Apps, die es manuell zu installieren gilt. Gemessen an der aktuellen Beliebtheit allerdings bei einem nicht zu unterschätzenden Prozentsatz der gesamten Apple-Kundschaft.

Mit guter Software auf jede Plattform

Google unterstützt Apple somit aktiv dabei, sein mobiles Betriebssystem mit eigenen hochqualitativen und nutzvollen Apps zu verbessern und aufzuwerten. Allerdings eben in eigenem Interesse, nämlich durch effizientere Daten von fremden mobilen Plattformen die eigenen Werbeaktivitäten zu optimieren. Das macht Microsoft nicht. Das macht Apple nicht. Aber Google. Der Gigant, dessen Android-Software auf Smartphones so weit verbreitet ist, wie keine andere. Google, der Heilsbringer, ist somit überall vertreten. Kann seine Ad-Sales vorantreiben und auf den Plattformen anderer gutes Geld verdienen. Dank sehr guter Software, kundenorientierter Entwicklung und scheinbar effizienter Analyse der Benutzer-Anforderungen.

Somit sind es nicht nur die Verkaufszahlen von Smartphones mit Android, die von Google dominiert werden. Es ist vielmehr auch die übersichtliche Auswahl an hochqualitativen Must-Have-Apps, die auf jeder mobilen Plattform nachgefragt werden. Eine beachtliche Leistung, die vom Kunden mit privaten Daten bezahlt wird. So gesehen ein fairer Deal, sind die Apps von Google ja allesamt von wirklich sehr hoher Qualität – und kostenlos. Eine klassische Win-Win-Situation zwischen Anbieter und Kunde also. Mit den Plattform-Entwicklern als (kleine?) Verlierer und Mittel zum Zweck. Schon fast genial.

Foto: (c) Flickr / Tsahi Levent-Levi

Über den Autor

Michael Müller

Michael tritt seit 2012 in über 140 Beiträgen den Beweis an, trotz seines Allerweltnamens real existent zu sein. Nach Abschluss seines Wirtschaftsstudiums arbeitete er einige Jahre als PR-Berater, bevor er 2016 als Tech-Kommunikator bei einem deutschen Spezialglas-Hersteller einstieg.

5 Kommentare

  • „….durch effizientere Daten die eigenen Werbeaktivitäten zu optimieren. Das macht Microsoft nicht. Das macht Apple nicht.“

    Das stimmt so nicht auch Microsoft und Apple erheben und sammeln diese Daten ebenfalls für „Microsoft Advertising“ bzw. Apples „iAds“.
    Da gibt es keinen Unterschied im Sammeln oder Intergration im OS System daher möchten ja Apple oder MS ihre eigenen Kartendienste oder Apps und Google möglichst Rausdrängen, nur ging es mangels Qualität vorerst „in die Hose“, aber die Strategie ist die gleiche.
    Es gibt schließlich auch MS – Apps oder Dienste für das Android System oder iOS bzw umgekehrt.

  • Stimmt, ist ein wenig unklar ausgedrückt. Es ging mir eher darum, die eigene Software auf fremde Plattformen zu drücken. Das macht in diesem Ausmaß nur Google. Dass auch MS oder Apple Daten erheben wollte ich damit nicht anzweifeln 😉 Habe es ein wenig umformuliert. Sollte nun passen.

  • Ich würde weniger von „Software“ sondern Webdiensten Sprechen, ein Google – Maps, Docs oder Gmail ect sind im klassischen Sinne kaum herkömliche Software.
    Trozdem ist plattformübergreifend nicht unbedingt Untypisch für MS oder Apple, wie ein „iTunes für Windows“ oder offizelle „MS Outlook-App und MS Office für Android“ zeigen.
    Natürlich ist Google hier Voreiter und hat sicher die meisten Plattformübergreifenden Apps für seine Online Dienste, aber andere holen auf.
    Klassische „Software“ wie ein Photoschop oder MS Office zu Portieren ist eine andere Geschichte und diese hat Google eigentlich nicht, welche bei MS oder Apple noch teilweise das Hauptgeschäft sind.

  • Wenn man das zb mit Konsolen vergleicht, ist das ja genau das Gegenteil, was Google da macht. Ein Halo auf der PS3 bzw. ein Gran Turismo auf der Xbox?

    Ich finds komisch, Google hat echt gute Services, die könnten die eigentlich gut exklusiv machen. Das spricht zwar wahrscheinlich gegen Googles eigtentliche Absichten, aber wenn Sie sich immer so bekriegen, warum nicht?!

    Apples Siri ist zb auch exklusiv. Und ich geh mal davon aus, dass sehr viele Entwickler in erster Linie fürs iPhone entwickeln – somit hat Apple auch hier wieder exklusive Sachen.

    Und ich kann’s auch voll verstehen, ich stell mir das unheimlich nervig vor, für ein System zu entwickeln, was jeder Hans und Franz selber ändern kann. Man muss da glaube ich sehr viel berücksichtigen: verschiedene Auflösungen, unterschiedliche Hardware im allgemeinen etc.

    Das fängt ja schon bei mobilen Webseiten an… Schon da ist es echt nervig, dass jedes Android Gerät ne andere Auflösung hat. Von den ganzen verschiedenen Browsern ganz zu schweigen. Natürlich ist es nicht sehr schwer, irgendwelche Grafiken automatisch herunter rechnen zu lassen, doch ist die Frage, ob das Ganze dann noch effektiv ist. Beispielsweise im Hinblick auf die Bandbreiten.

    Klar ist es im Grunde genommen cool, dass Google sein System offen hält – sonst würde Google ja auch wahrscheinlich nichts verdienen durch Ihre ganze Werbung, aber – und da sind wir wieder bei den Konsplen – meiner Meinung nach ist Apples weg aus Entwickler Sicht um einiges angenehmer und dann letzenendes auch aus Verbraucher Sicht …

  • „Eine klassische Win-Win-Situation zwischen Anbieter und Kunde“?

    Lustig, zu diesem Thema habe ich erst letzte Woche ein Buch gelesen, wo im Schlusskapitel genau diese Frage aufgeworfen wurde („Ist Google Böse“ von Jens Kilgenstein). Seit dieser Lektüre ist mir erst bewusst geworden, wie komplex das Netzwerk von Google mittlerweile ist und wo überall Daten gesammelt und zusammengeführt werden. Und das es auch relativ viel Aufwand erfordert, dich diesem Mitlauschen auch nur annähernd zu entziehen (Stichwort „Browser-Fingerprint“).