Sonstiges

Bundesgerichtshof: Internet gehört zur Lebensgrundlage

Da werden sich deutsche Internetnutzer freuen: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Internet ein Grundrecht sei zur Lebensgrundlage gehöre und Internetanbieter einen Schadenersatz zahlen müssen, wenn der Anschluss ausfällt. Man sollte aber nicht erwarten reich zu werden, wenn der Anbieter das nächste Mal die Internetverbindung blockiert.

Privatmann verklagt freenet

Was war passiert? Ein Privatmann aus Fürstenfeldbrück hatte gegen freenet, deren Breitband-Geschäft inzwischen zu 1&1 gehört, geklagt, nachdem er zwei Monate keinen Zugang zum Internet hatte. Im Vorfeld hatte er den Tarif gewechselt, freenet hat einen Fehler gemacht und sah sich anscheinend nicht dazu in der Lage, diesen in den nächsten zwei Monaten zu korrigieren. Das Ergebnis: Der gute Mann hatte keinen DSL- und Festnetzanschluss mehr und das Fax-Gerät faxte auch nicht. Ein Anbieter für mehrere Kommunikationsmittel kann also auch ein ziemlicher Nachteil sein.

Nun haben die Karlsruher Richter geurteilt, dass das Internet auch im privaten Bereich von zentraler Bedeutung für die Lebensführung sei, weswegen ein Anspruch auf Schadenersatz bestehe. Allerdings beläuft sich der lediglich auf einen gewissen Prozentsatz des jeweiligen Monatstarifes. Als Vorbild dient das Auto: Muss ein Halter sich aufgrund eines Unfalls einen Mietwagen nehmen, kann er 40 Prozent des Preises vom Verursacher erstattet bekommen.


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Anspruch auf Schadenersatz sinkt bei vorhandenen Alternativen

Verfügt man beim Internetausfall aber über ein internetfähiges Handy oder Tablet – sprich ein alternatives Gerät – fällt der Anspruch geringer aus. Dies ist auch die Begründung, warum dem Herrn kein Schadenersatz auf den toten Festnetzanschluss gewährt wird; sein Handy diente nämlich als Alternative.

Deswegen begrüßt auch 1&1 das Urteil – der zeitweise von der Öffentlichkeit abgeschnittene Kläger verlangte nämlich einen Tagessatz von 50 Euro als Schadenersatz. Dem kam das Gericht jedoch nicht nach. Auch wenn es für 1&1 nun nicht so teuer wird wie zunächst befürchtet, könnte das Urteil den Kundenservice der Internetanbieter verbessern.

Erteilt der BGH Netzsperren eine Absage?

Doch auch aus einem anderen Grund ist das Urteil eine Notiz wert: Nach Lesart von 1&1 und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist das Grundsatzurteil auch eine Absage an die in der Politik immer wieder diskutierten Netzsperren.

Das wird die Content-Industrie, die sich sehr für eine entsprechende Regelung einsetzt, nicht gerade erfreuen. Das in Frankreich praktizierte „Three Strikes“-Modell zeigt dort nämlich Wirkung: Die Urheberrechtsverletzungen gingen seit Inkrafttreten des Gesetzes mit dem klangvollen Namen „Hadopi“ spürbar zurück. Zwischen 2009 und 2011 wurden 822.000 verdächtige Internetnutzer angeschrieben von denen sich letzten Endes nur 165 auch beim dritten Mal erwischen ließen und somit einen Monat ohne Internet verbringen mussten.

Auch wenn der Bundesgerichthof nun zunächst das Internet als Grundrecht Lebensgrundlage klassifiziert, glaube ich nicht, dass die Netzsperren gänzlich vom Tisch sind. Denn auch wenn das Internet nun in den elitären Kreis der Wirtschaftsgüter aufgenommen wurde, deren Ausfall sich „auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt“, muss man auch seine Pappe abgeben, wenn man sich volltrunken hinters Steuer setzt. Und wer so doof ist und sich trotz Benachrichtigung drei mal erwischen lässt, dem tut ein Monat frische Luft wahrscheinlich auch ganz gut.

Bild: Flickr / balleyne

Über den Autor

Robert Vossen

Robert Vossen hat erst Los Angeles den Rücken gekehrt und dann leider auch BASIC thinking. Von 2012 bis 2013 hat er über 300 Artikel hier veröffentlicht.

9 Kommentare

  • Zuerst einmal eine gute Entscheidung.Endlich hat ein Gericht die nunmal herrschende Gegebenheiten Rechnung getragen,das man heute ohne Internet Anschluss es nur schwer möglich ist zu leben.

    Alleine weil das FA auch inzwischen Internet als Selbstverständlichkeit für jeden Bürger ansieht ist diese Entscheidung richtig!

    Entschädigung

    Leider werden die meisten trotz diesen Urteil kaum was erhalten.Zu einen stellt sich die Frage innerhalb welche Frist muss ein Provider alles richten.Keiner kann erwarten das sein Provider dies innerhalb von 6 Stunden schafft.Ich schätze das dann die ersten 2 Werktage ohne,auch ohne ein Cent Entschädigung sein wird.

    Aber selbst wenn es länger dauert wird kaum was gezahlt.Grund Da man 1 Monat Internet für rund 30 Euro bekommt,dürfte es dann pro Tag rund 1 Euro Entschädigung sein.

    Eine andere interessante Frage in diesen Zusammenhang.

    Müssen jetzt die ALG 2 (Hartz 4) Sätze erhöht werden?

    Derzeit sind im Grundbetrag knapp 25 Euro für Telefon & Co vorgesehen.Hierin sind aber auch die Kosten für Ersatz wenn die Geräte mal ersetzt werden müssten.

    Da die knapp 25 Euro bisher eher auf ein Telefonanschluss ausgelegt war (dies kostet um die 18 Euro) müssten die Regelsätze auch erhöht werden.

    Vielleicht findet sich ein Anwalt der so ein Prozess kostenfrei führt?

  • Bisherige „Three Strikes“-Modelle sind „Auslaufmodelle“, da sich das Filessharing mehr zu Cloud Hostern verlagert weg von wirklichen „Sharing“ wie Bittorrent ect. welche damit Überwacht werden.
    Auch der Angebliche Rückgang in Frankreich bezieht sich darauf das die Torrent Traffic zurückgeht , was aber nicht bedeutet das Urheberrechtsverletzungen deshalb weniger werden, es Verlagert sich nur.
    Der nächste Streit wird wohl deshalb um Deep Packet Inspection (DIP) und eventuellen einhergehenden Verbot von privaten Anonymisierungsdiensten ausgefochten werden, ebenso um die Verschlüsslungstechniken wie man am jüngsten Beispiel von Kim Dotcoms „Mega“ schon erkennen kann.

  • lieber autor dieses textes, bitte bitte überarbeite dieses werk nochmal, sonst glaubt noch jemand den unsinn, der hier steht. schon die überschrift dieses beitrags ist leider falsch. grundrechte sind abwehrrechte des bürgers gegen den staat. hier geht es um schadensersatz zwischen privatpersonen, also gerade nicht um grundrechte gegenüber dem staat. der bgh definiert in seiner entscheidung das internet nicht als grundrecht, sondern gewährt ersatz für abstrakten nutzungsausfall. eigentlich logisch: der parallelfall des ersatzes für abstrakten nutzungsausfalls bei autos beruht auch nicht auf einem grundrecht auf autos. ein solches gibt es nämlich nicht. insofern ist die aussage der jusitzministerin irreführend. sie zieht jetzt aus der wertschätzung des bgh für das internet in dieser entscheidung den schluss, dass auch der staat gegenüber seinen bürgern das internet garantieren muss und daher netzsperren nicht gehen. nur für das verhältnis der bürger zum staat ist der bgh grundsätzlich gar nicht zuständig. er hat bezüglich netzsperren durch den staat nichts zu melden.
    der vergleich mit dem mietwagen ist hier leider auch falsch dargestellt, es ist genau andersrum. vergleichbar ist der fall des abgeschalteten internets laut bgh vielmehr mit dem fall, dass ein autobesitzer gerade keinen mietwagen bei ausfall seines eigenen autos nimmt. der schädiger, der den ausfall des eigenen autos verursacht hat, muss dann auch schadensersatz leisten, obwohl dem geschädigten mangels mietwagenkosten gar kein konkreter schaden entstanden ist.
    wer diesen beitrag liest und glaubt, ist leider sehr schlecht informiert. da stellt sich dann die frage, wie glaubhaft andere artikel auf basicthinking sind, wenn die recherche immer so abläuft wie in diesem fall.
    max

    • Danke für den Hinweis, ist korrigiert. Man merkt wohl, dass ich kein Jurist bin…

      Deinen Hinweis mit den Netzsperren finde ich auch richtig. Steht ja aber auch so im Artikel 🙂

  • grundrecht ist hier vielleicht das falsche wort. sagen wir doch einfach der zugang zum internet ist ein menschenrecht. was menschenrecht ist oder nicht ist, bestimmt glücklicherweise nicht die deutsche gerichtsbarkeit, sondern die vereinten nationen. und in bezug auf internet haben sie das ja auch schon entschieden.

    natürlich ist so ein menschenrecht wie alles andere von der UN nicht mehr als eine hohle phrase und kann – wie auch das recht auf zugang zu frischem wasser – natürlich nicht eingeklagt werden. wäre ja schließlich auch etwas kompliziert, wasser vom staat einzuklagen, wenn die EU selbiges gerade privtisiert.

    aber trotzdem, so ein menschenrecht ist doch was feines …

  • Der Hartz 4 Regelsatz sollte nicht aus diesem Grund erhöht werden. Außerdem werden die Verantwortlichen wieder darauf verweisen, dass Internetkosten ohnehin schon im Sazt enthalten sind.

  • Das Internet stellt eine der wichtigsten Informationsquellen der letzten Jahre dar. Wem der Zugriff auf diese Informationen verweigert werden sollte der würde gleichzeitig aus dem leben ausgegrentzt. Das darf nicht passieren und deshalb finde ich dieses Urteil gut.