Technologie

Liebe Bundesregierung: Bitte nehmt euch ein Beispiel an Frankreich

Das Wochenende begann mit einem Paukenschlag: Google-Verwaltungsratschef Eric Schmidt und Frankreichs Präsident Francois Hollande haben ein Abkommen geschlossen, wonach der Suchmaschinenkonzern 60 Millionen Euro in einen Fond für digitale Investitionen einzahlt und den Print-Verlagen zu zusätzlichem Umsatz im Digitalgeschäft verhelfen soll. Im Gegenzug fällt das drohende Leistungsschutzrecht für Online-Artikel aus.

Hollande spricht von „Weltereignis“

Schmidt und Hollande überboten sich dabei, die Besonderheit des Deals herauszustellen. Hollande sprach von einem „Weltereignis“, Schmidt von einer „historischen Einigung im Interesse des französischen Volkes“. Große Worte. Man könnte fast meinen, man hätte eine Art Kubakrise an der Seine abgewendet.

Zweifelsohne ist das Abkommen ein guter Schachzug von allen und für alle beteiligten Parteien. Ganz so historisch ist es aber nicht – wenigen Wochen zuvor wurde in Belgien eine ähnliche Einigung erzielt. Auch ist der nun gefundene Kompromiss weniger überraschend als zunächst kolportiert – noch vor zwei Wochen wurde über die Investitionshöhe verhandelt: Google bot 50 Millionen Euro, die Verlage wollten 70-100 Millionen Euro.


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Win-Win-Win-(Win)

Neben Schmidt und Hollande zeigen sich auch die französischen Verlage zufrieden mit der Einigung. Man hat also eine klassische Win-Win-Win-Situation geschaffen. Wenn man den User mitzählt, der somit weiterhin problemlos Zugang zu Informationen erhält, kommt man sogar auf vier Wins.

Es bleibt spannend zu sehen, wie der französische Vorstoß die Diskussion über das deutsche Leistungsschutzrecht beeinflusst. Denn auch in Berlin wird man nach Paris geschielt haben, obwohl man sich noch zwei Tage vorher im Rechtsausschuss von Sachverständigen über den Gesetzentwurf hat beraten lassen. Dass Google zu der Sitzung nicht eingeladen wurde, spricht Bände. Und dennoch ist, insbesondere nach dem Wunder von Paris, das Leistungsschutzrecht ziemlich unwahrscheinlich geworden.

Warum das Leistungsschutzrecht nicht kommen wird

Grund 1: Das Gesetz wäre ein zahnloser Tiger, denn die Verlage sind auf den Traffic von Google angewiesen. Das wissen beide. Und wie in Belgien würde Google die Verlagsseiten vermutlich spätestens einen Tag nach der Gesetzesverabschiedung aus dem Gesamtindex werfen, nur um ein paar Tage später eine Einigung á la Belgien und Frankreich mit den Verlagen vorzustellen. Auch das wissen beide.

Grund 2: Das Gesetz ist insbesondere in der Netzgemeinde höchst unpopulär. Dennoch wird der Entwurf zunächst weiter in den Fraktionen beraten, dann im Rechtausschuss verabschiedet, dann zur zweiten und dritten Lesung im Bundestag behandelt und schließlich durch Bundestag und –rat verabschiedet. Da sind noch einige Hürden zu nehmen, doch im September wird gewählt, die Koalition hat im Bundesrat keine Mehrheit mehr und SPD und Grüne könnten mit einer Anti-Leistungsschutzrecht-Kampagne auf Stimmenfang in der Netzgemeinde gehen.

Mit gefletschten Zähnen verhandelt es sich besser

Und dennoch werden die Bundesregierung und die Verlage das Gesetz weiter thematisieren, denn eine Drohkulisse verbessert die Position am Verhandlungstisch. In Frankreich hat das schließlich bestens funktioniert, doch Deutschland ist für Google mit einem geschätztem Umsatzanteil von 2,5 Milliarden Euro nach USA und UK vermutlich der drittwichtigste Markt. Da verhandelt man doch gerne.

Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn in irgendwelchen Hinterzimmern bereits schon an der deutschen Übersetzung der französischen Einigung gearbeitet wird. Dazu passt auch der Kommentar von Springer-Manager Christoph Keese, einem der stärksten Verfechter des Leistungsschutzrechts, zu dem Deal in Frankreich: Der Vergleich sei ein Erfolg, wenn auch rechtspolitisch nicht ideal. Das Leistungsschutzrecht sei daher besser und solle vom Bundestag zügig verabschiedet werden. Daraus kann man auch lesen: Grundsätzlich eine gute Einigung, aber wir würden da gerne noch einmal drüber verhandeln. Man öffnet sich für Gespräche, bleibt bei seiner Drohung und steht somit nicht als Wendehals da.

Mein Fazit: Die Drohkulisse wird auch weiter aufrecht gehalten, um das Gesetz dann entweder zu verschleppen oder ganz zu beerdigen und stattdessen eine belgisch-französische Lösung vorzustellen. Eric Schmidt wird dann von einer historischen Einigung im Sinne des deutschen Volkes sprechen, Angela Merkel vermutlich von einem „guten Tag“ für Deutschland.

Bild: Deutscher Bundestag

Über den Autor

Robert Vossen

Robert Vossen hat erst Los Angeles den Rücken gekehrt und dann leider auch BASIC thinking. Von 2012 bis 2013 hat er über 300 Artikel hier veröffentlicht.

22 Kommentare

  • Wie die Faust auf’s Auge. Zwar verstehe ich nach wie vor nicht, warum Google überhaupt irgendetwas zahlen sollte, dennoch wird es vermutlich genau darauf hinauslaufen.

  • Liebe idioten,

    der titel sagt alles, es sind leute wie Sie, die die Lobby von Google und die Google machenschaften unterstuetzen. Arme Welt sag ich da nur. An dem Tag an dem Eric Schmidt einen Audience bei Frau Merkel erhaelt werde ich nur noch kotzen und hoffe darauf das dies nie passieren wird, dies stellt nicht nur eine verletzung aller moeglichen Rechte dar, nein es ist ein schlag ins Gesicht jedes Geschaeftsfuehrers auf der gesammten Welt. Google kauft sich frei und wird dafuer auch noch bejubelt ! Wo ist den hier noch irgendwelche Gerechtigkeit! Warum waehlen Sie nicht Eric Schmidt als Kanzler ? Oder als US Presidenten ? Es sind arrogante Leute wie Eric Schmidt die Kriege heraufbeschwoeren, kaum ist mit Frankreich fertig faengt er streit mit China an ! Ich hoffe sehr das dieser mann gestoppt wird bevor er noch mehr schaden anrichtet als er schon getan hat und an Sie liebe Redaktion, bitte ueberdenken Sie ihre Artikel die absolut nicht akzeptabel sind.

    Aus Frankreich

    • @ Markus:

      „Liebe Idioten“ – aha. Ich lasse deine Anrede jetzt einfach mal stehen, bitte Dich in Zukunft aber, Beleidigungen zu unterlassen. Das unterstützt auch die Aussagekraft des übrigen Textes, da man dann auch gewillt ist, diesen zu lesen. Nur ein Tipp am Rande. 😉

    • Im Ernst, wenn du irgendein Argument anfügen würdest, würde ich ja gerne darauf antworten. Den Link zur Kriegserklärung von Eric Schmidt fände ich aber interessant…

  • @Christion Wolf

    ja das kann sein aber da gehen leider die pferde mit mir durch wenn ich solche sachen lese!
    Ich verstehe es einfach nicht wie man so denken kann, Google macht keinen von euch geschenke und der kauf von den franzosen ist keineswegs legal und keineswegs ein beispiel fuer den rest der Welt. Nur weil der Herr Schmidt eine Suchmaschine hat die gott und die welt verarscht muss man ihn ja nicht wie ein Staatsoberhaupt empfangen und ihn den Arsch kuessen, sorry sowas ist absolut nicht normal.

  • @markus

    Liebe idiot,

    der titel sagt alles, es sind leute wie Sie, die die Lobby von Verlage und die Verlage machenschaften unterstuetzen. Arme Welt sag ich da nur. An dem Tag an dem Zeitungen einen Audience bei Frau Merkel erhaelt werde ich nur noch kotzen und hoffe darauf das dies nie passieren wird, dies stellt nicht nur eine verletzung aller moeglichen Rechte dar, nein es ist ein schlag ins Gesicht jedes Geschaeftsfuehrers auf der gesammten Welt. Verlage kauft sich frei und wird dafuer auch noch bejubelt ! Wo ist den hier noch irgendwelche Gerechtigkeit! Warum waehlen Sie nicht Verlageals Kanzler ? Oder als US Presidenten ? Es sind arrogante Leute wie Verlage die Kriege heraufbeschwoeren, kaum ist mit Frankreich fertig faengt er streit mit China an ! Ich hoffe sehr das dieser mann gestoppt wird bevor er noch mehr schaden anrichtet als er schon getan hat und an Sie liebe Redaktion, bitte ueberdenken Sie ihre Artikel die absolut nicht akzeptabel sind.

    Aus Deutschland

    • @ Mini:

      Auch dich möchte ich bitten, Beleidigungen zu unterlassen. Ansonsten hilft leider nur noch, derartige Beiträge nicht mehr durchzulassen. Das möchte ich aber eigentlich nicht. 🙂

  • @Mini

    keine eigenen Worte ? Kopieren einfuegen ist auch einfacher als was produktives zu schreiben.

  • Man hat also eine klassische Win-Win-Win-Situation geschaffen. Wenn man den User mitzählt, der somit weiterhin problemlos Zugang zu Informationen erhält, kommt man sogar auf vier Wins.

    Verloren haben allerdings alle Internetmedien, die nicht von einem „klassischen Verlagshaus“ betrieben werden (etwa Onlineauftritte von TV-Sendern, oder Online-Standalones). Denn denen stehen keine Mittel aus dem Topf zu, in den Google jetzt einzahlen soll. Und ebenso verloren haben alle Suchmaschinen und Aggregatoren jenseits von Google, insbesondere kleinere Anbieter. Diese können sich nämlich keine 60 Mio. Euro Schutzgeld leisten.

    Im Endeffekt wurden also zwei Monopole gestärkt. Ein relativ junges bei den Suchmaschinen, und ein altes bei dem Geschäft mit Nachrichten. Ob das wirklich ein Zugewinn für den Verbraucher ist, darf bezweifelt werden.

    • Sehe ich nicht so: Die anderen Suchmaschinen und Aggregatoren sowie Blogs & Co. müssen demnach nun auch kein Leistungsschutzrecht bezahlen, was sie wohl hätten machen müssen, wenn ein entsprechendes Gesetz verabschiedet worden wäre.

      Andere Online-Medien: Die haben zwar nicht so eine starke Lobby wie die Verlage, aber soweit ich weiß, hat sich bislang noch kein TV-Sender über die Suche von Google beschwert.

  • Vortrefflich formuliert. Allerdings mache ich mir selbst wenig Hoffnung, dass Frankreichs Beispiel hierzulande Schule macht. Leider…

  • Ich sehe es wie @TecoScr – darüber hinaus: Eine Regierung, gleich welchen Landes, hat ein enormes Interesse daran keine kleinteilige Medienlandschaft entstehen zu lassen. Da kann man nämlich nicht einfach zum Hörer greifen und einen Chefredakteur anwulffen. Daher wird jede Regierung ihr tunlichstes unternehmen, dass eine Medienlandschaft mit möglichst geringer Unternehmensdichte und jeweils hohen Leserschaften bestehen bleibt. Und das ist unsere heutige Verlagslandschaft. Blogger und freie Journalisten, die unabhängig berichten, sind da nur im Weg. Leider hat sich Google durch die Allianz aus Verlagen und Regierung jetzt in die Situation drängen lassen, diese Strategie zu unterstützen.
    Dabei ist das eigentlich gar nicht in Googles Sinne. Wer sich ein wenig mit Googles Philosophie beschäftigt, wird merken, dass Google kleinteilige Landschaften viel lieber sind. Google fördert kleine Einzelhändler im Web, damit Amazon und ebay keine Preise bei Adwords diktieren können. Gleiches gilt auch für News. Der Deal mit Frankreich ist zumindest für Google kein „Win“ und für den User auch nicht (siehe mein vor-vor-Redner)

    • So lange man nicht an Verschwörungstheorien glaubt, ist das nicht richtig. Nicht umsonst werden Fusionen zwischen Axel Springer und ProSiebenSat.1 untersagt, um keine zu starke Meinungsmacht entstehen zu lassen.

  • Sollen bloß aufpassen, dass es nicht läuft wie damals beim Dosenpfand. Das Gesetz war eigentlich auch nur als Drohkulisse verabschiedet worden, um die Wirtschaft zu einer höheren Mehrwegquote zu zwingen. Diese wurde nicht eingehalten und am Ende musste ein Gesetz in Kraft gesetzt werden, dass so eigentlich niemand haben wollte.

  • Wenn man es genau nimmt soll oder muß Google eigentlich nur dafür Zahlen egal ob mit franz Abkommen oder dem deutschen LSR weil die „Analog Industrie“ das Wesen des Internet nicht Versteht oder Verstehen will.
    Im Internet gibt es nun einmal keine abgeschlossenen Bereiche gurch den Hyperlink HTTP ist alles miteinander Verbunden und Teil eines einzigen großen Organismus welcher nicht Funktionieren kann wenn bildlich gesprochen die Linke Hand Sonderechte gegenüber der Rechten Fordert.

  • Die Verlage müssen sich folgendes bewusst sein.

    Sie sind als Trafficlieferant eher auf Google angewiesen als umgekehrt.Würde jetzt ein Gesetz in DE kommen,der es Google erschwert auf solche Inhalte zu verwiesen (oder besser gesagt nur wenn Google an die Verlage was zahlt) dann „fliegen“ solche Inhalt raus.

    Google kann aber auch über Jahren ohne diese Verweise leben,wobei es immer mehr Alternativen auch im Netz gibt.

    Würden aber die Verlage aus Google fliegen wäre von ein Tag auf den anderen mindestens 2/3 vom Traffic weg.Ergo sinken deren Werbeeinnahmen auf solche Seiten und letzten endlich sind die,die Verlierer.

    Einerseits kann ich die Verlage verstehen indem Sie versuchen eine gute Verhandlungsposition aufrecht zu erhalten, aber viel sinnvoller wäre wenn diese in direkte Gespräche mit Google gehen würden um gleich eine für beide Seiten passende Lösung zu finden.

    Zudem hat unsere Regierung und Bundestag derzeit viel andere Fragen die eher endlich mal angegangen werden müssen,als sich mit so was zu beschäftigen.

  • Es ist unsinnig, dass Google eine Sonderbehandlung bekommt und es sollte doch um eine langfristige Lösung gehe. Wer weiß wie es in ein paar Jahren mit GraphSearch aussieht.

  • Etwas mehr Recherche darüber, wie sich Frankreichs Zeitungen bisher finanziert haben und dass Google nun Leistungen an die Zeitungen übernimmt, die eigentlich der Staat hatte übernehmen wollen, der nun aber zu klamm ist um sich das noch leisten zu können, wäre schon wünschenswert gewesen. Nun kann Google fröhlich mitbestimmen, wo es langgeht. Schöne neu Zukunft.

  • @Peter
    Ohne Google-Traffic wären viele Verlage sicherlich schlecht dran. Aber solange es keine wirklich in der Breite funktionierende Methode zur Finanzierung kostenfreier Inhalte gibt, bleibt ein zentrales Problem bestehen. Der Ansatz von Google unter dem Stichwort „First Click Gratis“ scheint mir da interessant. Die Verlage belieben mit ihrem gesamten Content im Index, der Besucher kann den betreffenden Artikel kostenfrei lesen (auch wenn er eigentlich hinter einer Paywall liegt). Will der Leser aber auch andere Artikel anschauen, wird er auf ein Abo, auf eine Registrierung o.ä. hingewiesen. So können die Verlage Google weiterhin als Traffic-Lieferant nutzen, erhöhen aber ihre Chance, online Einnahmen abseits der Werbung zu generieren.