Sonstiges

Amazon erhält ein Patent für einen digitalen Second-Hand-Laden

Amazon hat sich ein Patent für eine eigentlich triviale und doch äußerst interessante Idee sichern lassen: Den Second-Hand-Laden für digitale Güter. Der Antrag wurde zwar schon 2009 eingereicht, aber erst jetzt vom amerikanischen Patentamt anerkannt. Hollywood reagiert zunächst nicht begeistert.

Das Patent sieht vor, dass digitale Objekte von eBooks über Audio- und Videodateien bis hin zu Apps von dem Originalkäufer weiterverkauft werden können. Nach Abschluss des Verkaufs soll sichergestellt sein, dass er keinen Zugriff mehr auf das Originalobjekt hat. In der analogen Welt klappt das ja einwandfrei.

Wie funktioniert der digitale Second-Hand-Verkauf?

Doch in der digitalen Welt fürchten die Musik- und Filmindustrie, dass das System technisch nicht funktioniert – eine Kopie ist schließlich ruckzuck erstellt. Wie überprüft man also, dass der Verkäufer nicht eine Kopie erstellt hat und dann diese oder das Original verkauft?


Neue Stellenangebote

Growth Marketing Manager:in – Social Media
GOhiring GmbH in Home Office
Senior Social Media Manager:in im Corporate Strategy Office (w/d/m)
Haufe Group SE in Freiburg im Breisgau
Senior Communication Manager – Social Media (f/m/d)
E.ON Energy Markets GmbH in Essen

Alle Stellenanzeigen


Amazon geht dazu nicht ins Detail, doch das Startup ReDigi betreibt nach diesem Vorbild in den USA bereits einen Second-Hand Laden für „gebrauchte“ Musik-Dateien. Man beruft sich dabei auf die „First-sale doctrine“, ein wichtiger Abschnitt im amerikanischen Urheberrecht, die genau dieses Problem regeln soll. So erlaubt der Gesetzestext eben, alte Bücher und Kassetten auf dem Trödel weiterzuverkaufen – vervielfältigen darf er die Original-Werke aber natürlich nicht. Da EMI und Capitol Records genau das aber bei ReDigi befürchten, wird der Fall und somit auch die Doktrin derzeit vor dem Obersten Gerichtshof der USA verhandelt und diskutiert.

Wer erbt eigentlich meine iTunes-Mediathek?

Eine gleichzeitig lustige, aber auch ernstzunehmende Variante der Problematik, wird derzeit zwischen Bruce Willis und Apple ausgefochten: Der Filmstar will sicherstellen, dass seine wohl ziemlich große iTunes-Mediathek nach seinem Tod an seine Kinder vererbt wird – und eben nicht an Apple zurückgeht. Auch wenn ein Gerichtsverfahren unwahrscheinlich ist, so ist die Thematik rechtlich durchaus relevant.

Doch zurück zu Amazon: Gesetzt den Fall, dass dem Online-Händler aus rechtlicher Sicht keine Steine in den Weg gelegt werden, könnte das ein enormes Geschäft werden. Man denke nicht nur an alte Musiksünden, die man nicht mehr in seiner Mediathek haben möchte, sondern auch an teure Bücher für das Studium oder Spiele und Software, die man ausprobiert hat, aber nicht mehr braucht.

Amazon und der „personalized data store“

Hinzu kommt: Um sicherzustellen, dass die Originaldatei auch tatsächlich gelöscht wird, schreibt Amazon im Patent von einem „personalized data store“ aus dem die persönlichen Dateien eben an andere verkauft werden. Auch wenn die Geschichte noch nicht konkret ist heißt das wohl: Ich kann nur Produkte verkaufen, die ich bei Amazon gekauft habe und dann auch nur über Amazon. Praktisch, dass Amazon derzeit pro Verkauf eine Provision von 15 Prozent einstreicht.

Und so würde sich die Marktmacht von Amazon wohl rasant vergrößern, denn zum einen bindet man die Kunden noch weiter an sein Imperium, zum anderen baut man enorme Netzwerkeffekte auf. Und da man fortan ein Lehrbuch in zahlreichen preislichen Varianten anbieten könnte – neu, gebraucht, Kindle-Edition und gebrauchte digitale Version – würde man auch gleich noch neue Kunden ansprechen. Das kann also noch äußerst spannend werden.

Wie leicht bekommt man ein Patent?

Doch unabhängig von der Sprengkraft des digitalen Second-Hand-Ladens stellt sich mir die Frage, wie so ein Patent überhaupt vergeben wird? Denn im weitesten Sinne ist das eingereichte und gewährte Patent lediglich eine Adaption von einem relativ üblichen Vorgang von der analogen in die digitale Welt. Und ruckzuck hat man eBay & Co. ausgesperrt. Kleine Empfehlung meinerseits: Wer eine gute Idee hat sollte diese schleunigst an das US-Patentamt schicken.

Bild: Flickr / William Christiansen (CC BY 2.0)

Über den Autor

Robert Vossen

Robert Vossen hat erst Los Angeles den Rücken gekehrt und dann leider auch BASIC thinking. Von 2012 bis 2013 hat er über 300 Artikel hier veröffentlicht.

9 Kommentare

  • Das wird für Amazon und seine Ebooks auch funktionieren.

    Für Audio und Video sehe ich bei dem mittlerweile üblichen mp3 Format schwarz.

  • Hinzu kommt aber das digitale Güter viel mehr an bestimmte Hardware oder Plattformen gebunden sind als Analoge.
    Man stelle sich vor der Vater hat seine Musiksammlung in der Apple „Welt“ iTunes, die Tochter aber lebt aber rein in der Windows „Welt“ und zukünftig sind diese Formate völlig Incompatible zueinander.

    Wir brauchen wohl neben einem digitalen Urheberrecht auch ein digitales Eigentumsrecht als Herrausforderung des 21.Jh.

  • Ist denn das Patent auch in Deutschland gültig? Ich meine mich an ein Gerichtsurteil zu erinnern, dass die Möglichkeit zum Weiterverkauf von digitalem Eigentum (Programmen) erzwingt. Das wurde damals (irgendwann 2012) so gewertet, dass man es auch auf Ebooks und Musik anwenden könnte.
    (Und was so alles als Patent durchgeht… Manchmal möchte man nur den Kopf schütteln.)

    • Ich weiß leider nicht, ob das Patent auch in Deutschland gültig wäre. Glaube ich zunächst aber mal nicht…

  • So, nun werden digitale Waren also wiederverkäuflich, während physische Datenträger immer mehr nur zur einmaligen Verwendung verkauft werden. Siehe zukünftig wohl PS4 und XBOX.

    Sollte sich das im größeren Stil durchsetzen werden optische Datenträger wohl in den nächsten 5-10 Jahren ausgestorben sein und es wird sich alles in der Cloud abspielen.

  • Wenn Amazon es schafft, die Technik zu etablieren, ist das ein genialer Schachzug: So verdienen sie einmal am Verkauf der Ebooks, später erneut am Verkauf der „gebrauchten“ Exemplare. So massiv wie Amazon derzeit den Kindle und Ebooks bewirbt, stehen die Chancen sicher gut. Und für Kunden dürfte der Anreiz, Ebooks zu kaufen, auch noch größer werden. Sie bekommen schließlich eine legale Möglichkeit, einmal gelesene Ebooks zu verwerten, sprich zu verkaufen.