Wirtschaft

Telekom kooperiert mit Fon. Und stärkt eine WLAN-Community, die dank der Störerhaftung keine breite deutsche Zukunft hat.

geschrieben von Michael Müller

Die CeBIT startet. Und erste Neuerungen plätschern aus Hannover in die große, weite Technikwelt. Den Anfang machte am Montag die Telekom. Eine Kooperation mit der WLAN-Community Fon erlaubt Telekom-Kunden ab Sommer 2013 den Zugang zu Millionen offener Drahtlosnetzwerke weltweit. Wenn sie denn mitmachen. In Bonn nennt man dies „Innovation durch Kooperation“. Dabei handelt es sich treffender um Service-Erweiterung durch Zusammenarbeit.

„WLAN To Go“ als Option für alle Telekom-Kunden

Die Idee von Fon ist nicht neu. Wer sein WLAN freigibt, erhält kostenfrei Zugang zu allen anderen WLANs innerhalb der Community. Ein Geben und Nehmen also. Sozial. Crowdsourced. Mit dieser Idee ist Fon nicht nur in Ländern erfolgreich, die über eine lückenhafte oder schlechte Mobilfunkversorgung verfügen – auch in hochentwickelten Technologiestaaten wie Frankreich, Belgien oder Großbritannien gehören Fon-HotSpots zum funkenden Stadtbild. Doch kein Grund jetzt als weniger teilfreudiger Deutscher in Scham zu versinken, ist dies weniger der sozialen Großherzigkeit anderswo zu verdanken. Vielmehr war Fon in Deutschland bisher mangels Kooperationen nur dünn vertreten.

Nun soll Fon also auch in Deutschland populärer werden. Und die Deutsche Telekom agiert als Mittelsmann zwischen Kunde und Fon-Community. Dabei haben all jene Telekom-Kunden Zugriff auf die weltweiten Fon-HotSpots, wenn sie ihr Telekom-Internet auch für andere Fon-Nutzer freischalten. Dazu ist spezielle Hardware nötig, die eine Trennung von privatem und öffentlichem Internet vornimmt. Konkret wird dies bei der Telekom mit dem Speedport W724v möglich sein, weitere Modelle sollen folgen. Wie die Telekom über Twitter wissen lässt, ist die Fon-Nutzung mit einer FRITZ!Box von AVM oder älteren Speedport-Modellen nicht möglich. Wer keinen eigenen Fon-HotSpot betreiben möchte, kommt als Telekom-Kunde mit gebuchter HotSpot-Flatrate immerhin in Deutschland kostenfrei in alle Fon-Netzwerke. Visualisiert sieht das so aus:


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Weltweiten Zugang zu allen Fon-HotSpots haben alle, die etwas zur Community beitragen.

Weltweiten Zugang zu allen Fon-HotSpots erhalten alle, die etwas zur Community beitragen.

Interessant ist die Technologie, mit der Fon und Telekom die zweifelhafte Störerhaftung in Deutschland umgehen. So ist spezielle Hardware nötig, um einen Fon-HotSpot bereitstellen zu können – in Deutschland zum Start der angesprochene W724v. Dieser ist in der Lage zwei voneinander unabhängige WLANs aufzubauen. Eines privat, das andere öffentlich und von allen Fon-Usern nutzbar. Dies sorgt für ein hohes Maß an Datenschutz und schafft quasi zwei voneinander unabhängige Netze, verspricht die Telekom. Durch die bestehende Kooperation zwischen Fon und der Telekom als Internetanbieter mit rechtlicher Sonderstellung und Providerprivileg ist der Telekom-Kunde als Anschlussinhaber aus dem Störerhaftungs-Schneider. So ist das öffentliche WLAN quasi ein solches der Telekom. Alles gut.

Infografik-WLAN-TO-GO

Nur in Deutschland neu

Die Telekom ist dabei kein Innovator, so wie sie es darstellt. In anderen Ländern bestehen schon lange Kooperationen zwischen Fon und Telco-Firmen. So ist beispielsweise die BT Group (British Telecom) seit 2007 als erster großer Telekommunikations-Konzern im Fon-Boot. Gleiches gilt für Belgacom, den größten Telco in Belgien, der seit Ende 2011 dabei ist. Die Popularität in den Industriestaaten ist somit durch das Zusammenspiel von Fon und lokalen Carrier-Größen begründet, weniger durch die Gutmenschlichkeit der Einwohner. Was ein Glück. Und ich hatte beim ersten Lesen der Pressemitteilung schon das Gefühl, wir Deutschen seien unsozial. Der Situation angemessen unsozial, wohlbemerkt. Sind die Spielregeln für freie WLANs hierzulande ohne konkrete Trennung von privatem und öffentlichem (Provider-)WLAN alles andere als, sagen wir, fair.

Störerhaftung weiter problematisch

Schöne, heile WLAN-Welt. Wäre da nicht die bereits angemerkte Störerhaftung. In Deutschland sieht die Rechtsprechung vor, dass Betreiber von drahtlosen Netzwerken für Vergehen haftbar gemacht werden können, die von ihren Netzwerken aus getätigt wurden. Ganz egal wer es war. Brisanter Stoff, wird so der Anbieter eines WLANs in die Pflicht genommen, für etwaige Verstöße der Mitnutzer zu haften. Einerseits sinnvoll, da so leichtfertige Bundesbürger für naiv unverschlüsselte Netzwerke haftbar gemacht werden können. Und offene private WLANs folglich keine frei zugängliche Spielwiese sind, auf denen Rechtsverstöße unverfolgt bleiben. Andererseits absurd, diejenigen für Straftaten in die Pflicht zu nehmen, die schlicht und höchstwahrscheinlich unwissend das Mittel zum Zweck bereitstellen. Schließlich haftet der Staat auch nicht für die Straßen, auf denen täglich Straftaten geschehen. Zugegeben, natürlich kein wirklich treffender Vergleich. Und doch Ausdruck für die Absurdität, mit der dieses Thema beladen ist.

Ich kann nur hoffen, dass diese juristische Schieflage durch neue Gesetze korrigiert und konkretisiert wird, um den flächendeckenden Ausbau von frei zugänglichen, schnellen Funknetzwerken nicht zu hemmen. Andernfalls haben WLAN-Communities wie Fon in Deutschland einen schlechten Stand und keine rosige Zukunft. Immerhin: mit der Telekom hat Fon einen starken Partner an der Hand, der mit vielen Millionen DSL-Kunden immerhin eine gute Basis dafür bildet, dem Crowdsourcing-Projekt zu Popularität zu verhelfen. Allerdings sind neue Kooperationen mit anderen Internetanbietern nötig, um die Störerhaftung auch an Telekom-fremden DSL-Anschlüssen in Deutschland zu umgehen. Das dämpft die Hysterie ein wenig.

Hut ab vor allen Kämpfern

Entsprechend gilt mein Respekt an dieser Stelle all jenen, die für Freifunk kämpfen. Auch Fon und der Telekom. Schippern die beiden Partner doch mit Deutschland in schwer schiffbare Gewässer. Dies allerdings mit einem unsinkbaren Kreuzfahrtschiff, dem die deutsche Rechtsprechung nichts anhaben kann. Schade für all jene sozialen Surfer, die bei einem anderen Provider zuhause sind.

Bilder: Fon (Screenshot) / Telekom

Über den Autor

Michael Müller

Michael tritt seit 2012 in über 140 Beiträgen den Beweis an, trotz seines Allerweltnamens real existent zu sein. Nach Abschluss seines Wirtschaftsstudiums arbeitete er einige Jahre als PR-Berater, bevor er 2016 als Tech-Kommunikator bei einem deutschen Spezialglas-Hersteller einstieg.

14 Kommentare

  • Brauchen wir das? Warum nicht einfach kostenlose Hotspots nutzen?
    Bereits heute ist fast überall irgendwo ein kostenloser WLAN Hotspot zu finden. Hilfe bei der Suche bieten div Apps oder Portale wie http://www.shareair.net

  • „Und offene private WLANs folglich kein rechtsfreier Raum sind.“

    War diese Wortwahl jetzt Absicht? Hätte nie gedacht, dass ich auf einem Techblock den Satz „X ist kein rechtsfreier Raum“ lesen muss.
    Das ist doch der Unsatz des Jahrzehnts und sollte doch bei jedem Leser in dickes Kopfschütteln verursachen.

  • „Rechtsfreie Räume“ ist eine Erfindung von „Neusprech“ Politik und hat ungefähr den gleichen Aussagegehalt wie die Antwort auf die Frage ob auf der „Datenautobahn“ die STVO gilt oder im Glasfaserkabel „rote Lichteilchen“ schneller sind als Grüne………..

    • Tatsächlich? Man merkt, wie unpolitisch ich doch bin 😉 Habe den Satz umgestellt und hoffe, dass meine Texte nun mit keinen Parteien oder Politik im Allgemeinen mehr in Verbindung gebracht werden.

  • Ja da stimme ich zu. „Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein!“. Da könntet ihr auch gleich noch ein paar schöne CDU-Banner auf der Seite einbauen. Vll im Artikel noch ein paar „alternativlos“ einbauen. 😀 Just kidding. Aber ich finde für das Gesetz der Störerhaftung gibt es einfach keine Pro-Argumente. Es ist nur mal wieder ein Steigbügel der unflexiblen Musikindustrie, die damit auch das letzte bisschen Sympathie verspielen will.

  • klingt gut, aber dafür müsste mal als erstes diese unwahrscheinlich nervige einwahl in die telekom-hotspots entfallen – browser-fenster öffnen, vorgegebenen, schweinelangen benutzernamen (telefonnummer@t-mobile.de) und vorgegebenes kennwort eingeben, agb akzeptieren und los. dann ist schonmal mehr als eine minute weg. sowas geht nicht im vorbeigehen, geschweige denn -fahren…

    Ich fürchte aber, ein einheitlicher WLAN-Zugang, der wie das WLAN zuhause gespeichert wird und sich automatisch verbindet ist technisch hier nicht möglich, oder wie?

  • @timo Ich nutze eine Telekom Hotspot App, die mich automatisch in die Hotspots verbindet! Geht schnell und in der Fußgängerzone habe ich eigtl. immer im vorbeigehen Hotspots der Telekom.

  • Hi,
    ich find die Idee total gut, und JA, wir brauchen das. Kostenlose WLAN-Abdeckung sollte ein Grundgut sein, dass allen frei zur Verfügung steht. Je größer die Netzabdeckung, umso besser!!
    Ich war früher schon totaler FON-Fan und würde mich freuen, wenn jetzt die Telekom im Rücken für den endgültigen Durchbruch sorgt.

  • Ja timo, das dürfte die von Thomas gemeinte App sein! Hatte ich auch schonmal testweise installiert, musste allerdings verwundert feststellen, dass mein Tarif gar keine WLAN-Flatrate beinhaltet. Haha, so kann’s gehen 😉

  • Das war mal ein gelungener Zug vom pinken T. Allerdings mal wieder Jahre nachdem es schon in anderen Ländern gemacht worden ist. Ich habe das gefühl, dass es unendlich lange dauert bis sich deutsche Firmen umgeschaut haben und gegen alles abgesichert haben, was da an Klagen oder sonstwas kommen könnte. Anders verstehe ich nciht, warum UK oder skandinavische Länder da so deutlich schneller voran gehen. Und leider bin ich nicht bei der Telekom =(

  • Ich war früher auch bei Fon, aber da es hier in der Gegend fast unbekannt ist hat es auch niemand genutzt.
    Jetzt bin ich bei Freifunk, das wird bei uns in der Nachbarschaft auch gut angennomen.
    Allen die Gerne ein offenes Wlan betreiben würden, aber sich wegen der Strörerhaftung nicht treáuen kann ich nur Anrahten sich an den Nächsten Freifunk Verein zu wenden.
    Die Kosten für die Hardware sind gering und es kann auch von leuten genutzt werden die Garkeinen Internetzugang haben.