Wirtschaft

Gerücht: Amazon investiert in Spracherkennungssoftware – Was will der Online-Händler mit einem Siri-Klon?

Ganz leise und auch nur unbestätigten Quellen zufolge hat Amazon Evi gekauft, ein britisches Unternehmen, das im Prinzip ein Siri-Imitat ist. Genau genommen ist es nicht nur ein Imitat, sondern lizenziert auch die gleiche Sprachtechnologie wie Apple – doch was will Amazon damit?

Hochrangige Evi-Manager ausgetauscht

Die Übernahme in Höhe von 26 Millionen Dollar soll wohl schon Ende letzten Jahres erfolgt sein – offiziell bestätigt wurde sie jedoch noch nicht. Allerdings wurden alle hochrangigen Manager von Evi durch Personen ausgetauscht, die in Verbindung zu Amazon UK stehen. Auch wenn beide Seiten bisher Kommentare verweigern, ist das doch ziemlich mysteriös.

Doch wozu braucht Amazon die iOS- und Android-App? Schon im Januar gab der Onlinehändler bekannt, dass er mit Ivona Software einen polnischen Spezialisten übernommen habe, der in Konkurrenz zu Nuance steht, der Sprachtechnologie, die sowohl von Evi und Siri lizenziert wird.


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Obwohl Ivona eine Software zur sprachlichen Textausgabe ist, wurde schon zum Jahresanfang gemunkelt, dass Amazon einen Siri-Konkurrenten entwickeln wolle, obwohl die Software eher dazu geeignet wäre beispielsweise eBooks vom Kindle vorzulesen. Mit der jüngsten Aqkisition verdichten sich allerdings die Anzeichen, dass Amazon noch mehr vorhat.

Integration auf dem Kindle – und weiter?

Relativ einleuchtend ist, dass eine entsprechende Software auf dem Kindle eingesetzt würde, um Siri-ähnliche Spracheingaben zu ermöglichen. „Techcrunch“ selbst spekuliert, dass Amazon eventuell auch an einem eigenen Smartphone arbeitet – ein freilich nicht ganz neues Gerücht. Dazu könnte passen, dass Amazon seinen Appstore inzwischen in knapp 200 Ländern anbietet und jüngst richterliche Rückendeckung bekommen hat, den Begriff „App Store“ auch nutzen zu dürfen – Apple hatte dagegen geklagt.

Aber was will Amazon mit einem eigenen Smartphone? Es würde mich zwar kein bisschen wundern, wenn CEO Jeff Bezos solch ein Gerät morgen aus dem Hut zaubern würde – schließlich weiß man bei Amazon nie – aber so wirklich Sinn macht es nicht, es sei denn Mobile Commerce (in seiner mobilsten Urform) ist tatsächlich der nächste große Hit.

Kaufen User wirklich mehr mobil ein?

eBay-CEO John Donahoe argumentiert zwar, dass mCommerce wachsen würde und dass User beim Warten in der Starbucks-Schlange die eBay-App benutzen und (Achtung Zitat!) „Autos kaufen“ würden. Abgesehen davon, dass mich das sehr skeptisch macht, hat eBay mit seinem Auktionsmodell eine andere Natur als Amazon.

Sicher, die Nutzer kaufen bestimmt mehr mobil ein, aber ich wage zu bezweifeln, dass das für Amazon ein derartiger Wachstumsmarkt wäre, dass man dafür ein eigenes Handy braucht, zumal unklar ist, ob der mobile Umsatz nicht einfach nur den stationären Umsatz kannibalisiert.

Hinzu kommt, dass Amazon mit dem Kindle ja ein mobiles Gerät anbietet, auch wenn das nicht in die Hosentasche passt und somit auch nicht immer dabei ist. Auf der anderen Seite liest man auf dem Handy-Bildschirm wohl kaum eBooks und das war ja auch mit einer der Gründe, warum Amazon den Kindle gelauncht hat.

Weshalb sollte Amazon jetzt ein Smartphone rausbringen?

Amazon dürfte mit einem Smartphone also weniger verdienen als mit seinem Tablet – auch das wird einer der Gründe sein, warum Amazon nicht schon längst ein eigenes Handy im Angebot hat. Und was hat sich im Vergleich zu vor ein paar Jahren geändert, abgesehen davon, dass Tablets weiter verbreitet sind? Strukturell nicht viel würde ich sagen.

Wozu akquiriert Amazon also zwei Sprach-Spezialisten? Ich würde darauf tippen, dass man Apple und Google nicht einfach kampflos das Feld überlassen und eine entsprechende Funktion auf dem Kindle integrieren möchte.

Ob sich dadurch mehr eBooks verkaufen? Ich halte das für fragwürdig – Bezos vermutlich auch. Aber zumindest ist man technisch auf Augenhöhe mit der Konkurrenz, das ist ja ebenfalls etwas Schönes.

Bild: Flickr / William Christiansen (CC BY 2.0)

Über den Autor

Robert Vossen

Robert Vossen hat erst Los Angeles den Rücken gekehrt und dann leider auch BASIC thinking. Von 2012 bis 2013 hat er über 300 Artikel hier veröffentlicht.

5 Kommentare

  • Vielleicht wollen sie ja auch nur demnächst Bücher auf dem Kindle Vorlesen lassen , dies würde durchaus Sinn ergeben. Aber eine Konkurrenz für Hörbücher werden.

  • Glaube nicht, dass das eine Konkurrenz für Hörbücher werden soll. Und wenn, dann erst in einigen Jahren. Noch kann ein computervorgelesener Text keinem menschlichen Vorleser in Sachen Stimmfärbung, Betonung, nachmachen verschiedener Personen durch verstellen der Stimme usw. was vormachen.

    Da scheint mir die Spekulation über ein eigenes Amazonphone schon einleuchtender. Wäre ja nicht das erste Mal, dass Amazon auf einen erfolgreichen Zug mit einem eigenen Produkt aufspringt.

  • Warum kommt denn keiner von Euch darauf?

    Wie haben wir vor E-Commerce (von Katalogen abgesehen) bestellt: „Zweimal die 12 Kostbarkeiten mit Sauce süß-sauer bitte.“

    Kein Getippe, kein Preisvergleich, nichts.

    Einfach in die Amazon-App labern und das neue Notebook / xPhone / whatever ist gekauft.

    Natürlich dann nicht bei einem Teilnehmer im Marketplace, sondern direkt bei der Amazone (watch da AGB of da Spracherkennung).

    Nicht unpfiffig.

  • Einem meiner Professoren nach (entweder „Kognitive Systeme“ oder „Mensch-Maschine-Kommunikation“) geht es auch um das, was TheThe sagt. Ich kann mich zwar nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden, aber ich habe auch kein Smartphone und bin daher im mobilen Bereich immer noch offline 😀

    Der Prof meinte auch, dass amazon jetzt etwas verspätet auch in die Spracherkennung einsteige, weil erkannt wurde, dass man in Zukunft auch per Voice einkaufen wird.

    Wenn die Sprachsteuerung wirklich zunimmt (wovon man vermutlich wirklich ausgehen kann, weil die Systeme besser werden), nimmt der Einkauf in dem Bereich wahrscheinlich auch wirklich zu. Amazon geht ja glaub schon länger in den mobilen Bereich, weil die Menschen auf dem Weg zur Arbeit oder in die Stadt die Werbung sehen und dann dort auch das beworbene Produkt ansehen / evtl. sogar kaufen wollen.

    Ich bin da wieder skeptischer, aber zumindest aufn Merkzettel würde ich es mobil wahrscheinlich auch legen. Ansonsten überlege ich bei Kaufentscheidungen aber doch recht lange, daher sind klassische Elektronikläden auch nicht gut für mich geeignet 😀

    Man merkt wohl, ich denke objektiv, dass die Richtung mit dem Voice-Kaufen an sich schon stimmt, nur kann ich es mir subjektiv nicht vorstellen, weil mein eigenes Kaufverhalten ganz anders und viel zu unspontan ist.

  • Mit einer Spracherkennungssoftware kann man, soviel ich weiß, Texte mit Sprache eingeben.