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Das letzte Aufbäumen: BlackBerry bringt BBM auf iPhone und Android

BlackBerry

BlackBerry wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, in die Bedeutungslosigkeit abzusinken. Der BlackBerry Messenger, einst der Messaging-Vorreiter, wird ab Sommer auch als iOS- und Android-App verfügbar sein. Besser spät als nie?

„Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen“

Die BlackBerry-Manager überbieten sich dabei, die Nachricht als Erfolgsmeldung zu verkaufen. „Die Nutzer hätten jahrelang darum gebeten“, so Andrew Bocking, Vice President Software Product Management, „und jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen.“

Das ist natürlich Marketing-Geplänkel – und obendrein auch völlig gelogen. Schon seit längerem wollte BlackBerry seine beliebte Messenger-App auf andere Plattformen portieren, doch Thorsten Heins, der im Januar 2012 das Steuer bei BlackBerry übernahm, hielt nicht viel von der Idee.


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„Man habe das Wachstum der anderen Plattformen erkannt“

Jetzt wird endlich umgeschwenkt – überzeugend ist vor allem das Wachstum der anderen OS-übergreifenden Plattformen. Ich weiß ja nicht, aber wenn BlackBerry erst jetzt erkannt hat, dass WhatsApp, Facebook Messenger, Kik und wie sie alle heißen grandiose Wachstumsraten vorweisen können, zeugt das zumindest von schlechter Marktbeobachtung. Zur Erinnerung: Anfang des Monats gab WhatsApp bekannt, 200 Millionen aktive User zu haben – Twitter kommt auf 150 Millionen. Kik wächst um 200.000 User pro Tag. Und das passiert alles nicht erst seit gestern.

Wenn jetzt noch Google seine Kommunikationsplattform Babel vorstellt – eventuell schon heute oder morgen bei der I/O-Konferenz – wird es ziemlich eng auf dem plattformübergreifenden Messenger-Markt. Macht aber nix, denn Thorsten Heins verkündet, dass der Schritt, den BBM für andere Plattformen zu öffnen, ein Vertrauensbeweis sei. Man sei davon überzeugt, dass der BBM eine unabhängige Messaging-Lösung werde.

Frisierte Nutzerzahlen?

Die Zuversicht nimmt Heins aus den Nutzerzahlen: 60 Millionen User habe der Dienst. Pro Tag würden 10 Milliarden Nachrichten hin- und hergeschickt. Beeindruckend, aber leider auch unglaubwürdig. Im Schnitt müsste jeder User 166 Nachrichten pro Tag schreiben – oder eine Nachricht alle acht Minuten– damit man auf 10 Milliarden Nachrichten kommt.

WhatsApp hat die imponierende Marke übrigens letzten August geknackt – mit deutlich mehr als 100 Millionen aktiven Usern. Apples iMessage hingegen kommt auf zwei Milliarden Nachrichten pro Tag – bei 500 Millionen iOS-Geräten.

Man kann also getrost sagen, dass die Android- und iOS-Apps des BBM ein reiner Verzweiflungsakt sind, die Messenger-Plattform noch zu retten. Doch es ist mehr als fraglich, ob das gelingt.

Eingeschränkte Funktionalität, iOS 6 und Android 4.0 vorausgesetzt

Denn warum sollten sich iOS- und Android-User die App zulegen? Damit sie mit ein paar Freunden, die noch ein BlackBerry benutzen, chatten können? Es ist ja nicht so, dass WhatsApp, Kik und der Facebook Messenger nicht schon längst für BlackBerry erhältlich wären. Mal ganz abgesehen davon, dass die BBM-Apps nur iOS 6 sowie Android 4.0 und höher unterstützen – fast die Hälfte der Android-Phones laufen aber noch mit älteren Versionen.

Doch damit nicht genug: Zum Start werden die iOS- und Android-Apps auch nicht die volle Funktionalität unterstützen, sondern nur Messaging und eine Gruppen-Funktion. Sprachfunktionen sollen später folgen. Aber Heins weiß, was für den BBM spricht: Er ist kostenlos. WhatsApp kostet ja sage und schreibe 1 Dollar im Jahr. Da kann der User richtig was sparen. Ach nee, Facebook Messenger ist kostenlos. Kik auch.

Der richtige Zeitpunkt…guter Witz!

So langsam zweifle ich wirklich an der Kompetenz des BlackBerry-Managements. Doch damit nicht genug – man verkauft den User noch für dumm und erklärt eine längst überfällige sowie im Vergleich zur Konkurrenz schlechtere Messaging-Plattform als das Allheilmittel schlechthin. Weil jetzt der richtige Zeitpunkt sei. Weil die User darum gebeten hätten. Dass ich nicht lache!

Bild: BlackBerry

Über den Autor

Robert Vossen

Robert Vossen hat erst Los Angeles den Rücken gekehrt und dann leider auch BASIC thinking. Von 2012 bis 2013 hat er über 300 Artikel hier veröffentlicht.

18 Kommentare

  • Zugegeben, der Einstieg kommt spät, ist aber aus strategischen Gründen lange Zeit verschoben worden. BBM sollte ein Alleinstellungsmerkmal für die Blackberryplattform sein und somit die Kundschaft weiterhin an die Marke binden. Der BBM war ja für viele Kunden der einzige Grund, der Marke Blackberry treu zu bleiben. Mit dem neuen Betriebssystem und neuen Geräten kann man sich den Mitbewerbern stellen und ist in der Lage den Dienst zu öffnen, da man nun endlich mehr zu bieten hat. Ich wünsche dem Unternehmen den verdienten Erfolg! Vielleicht schafft es Blackberry auf den dritten Platz der mobilen Plattformen! Blackberry 10 ist eine erfrischende alternative zu iOS & Co.

  • Robert, selbst für einen Meinungsartikel scheint mir dieser Text doch unnötig emotional. Du wirkst persönlich angegriffen; dabei geht es um eine banale Mitteilung zu einem Produkt und den damit einhergehenden Marketing-Phrasen. Das ist doch völlig unnötig. Die beleidigte Attitüde lässt auch den Analyse-Teil Deines Artikels schlecht weil hastig recherchiert erscheinen.

    • Du kannst mir glauben, ich fühle mich von BlackBerry nicht persönlich angegriffen, aber die Pressemitteilung ist ein Witz. Ich habe überhaupt nix gegen Marketing-Floskeln, aber man sollte es nicht übertreiben.

      Und welcher Analyse-Teil ist deiner Meinung nach denn hastig recherchiert?

  • Da kann ich Tim nur beipflichten. Der BBM ist die Mutter aller Messenger und tatsächlich extrem beliebt. Ausserdem klingt das hier so als wäre BlackBerry länst tot was nicht ansatzweise der Fall ist. So kann nur jemand schreiben der noch niemals den BBM genutzt hat 😉

    • Du hast zwar Recht, ich habe den BBM noch nicht benutzt, aber die Kritik bezieht sich nicht auf den BBM selbst, sondern auf die Tatsache, dass der Schritt viel zu spät kommt und dann noch mit lächerlichen Marketing-Floskeln angepriesen wird.

  • Ich finde es gerade gut, dass der Artikel eher einem Kommentar zuzuordnen ist und nicht einfach nur (wie auf vielen anderen Tech-Blogs) die Info „BBM nun auch für iOS und Android“ + vielleicht eine Zukunftsprognose („werden sie es schaffen?“) rausposaunt.
    Der Autor bezieht ihr Stellung und teilt uns seine persönliche Einstellung mit und hinterfragt dabei kritisch die (meiner Meinung nach lachhafte) Pressemitteilung von Blackberry.
    Danke – und weiter so!

  • > Dass ich nicht lache!

    Lachen dürfte allerdings Steve Jobs von seiner Wolke – wurde doch noch zu seinen Lebzeiten bekannt, dass die Führungskräfte von RIM seinerzeit das iPhone 1 nach seiner öffentlichen Vorstellung für einen Fake erklärten, der schlichtweg nicht zu produzieren sei…
    Ähnlich dachten wohl auch die Chefs bei Nokia und von Steve Ballmer sind einige abfällige Äusserungen aus dieser Zeit bekannt.
    Und so stehen auch die beiden letztgenannten Firmen inzwischen am Abgrund, bzw. sind imFalle Nokia genau genommen schon über die Klippe getreten.
    Sorry, aber für Fehlversagen im Management gibt es für BWL-Spacken nunmal die Höchststrafe, und die heisst oft genug: Pleite! Schade, dass auch bei RIM/BB nun viele kreative Geister und fähige Ingenieure mit in den Strudel geraten.

  • nunja, wie soll ich sagen – wenn ich nur meine highschool-freunde hätte, würde mir mein whatsapp auf dem iphone völlig genügen.
    gibt aber noch das stichwort business. oder england. und bei beiden macht blackberry doch einiges aus. wenn man nun also zu einer dieser peer groups mehrere Kontakte pflegt, macht der bbm vielleicth doch auch auf dem iphone spaß.
    abgesehen davon macht blackberry aus meiner sicht – nach jahrelangem verzögern und treffen von fehlentscheidungen – mit und seit der veröffentlichung von bb10 verdammt viel richtig.

  • man mag ja darüber streiten können, ob der artikel für ein kommerzielles blog nun zu viel persönliche häme beinhaltet oder nicht. allerdings würde es mir schon lange schwer fallen, bei nachrichten über RIM eine ernste miene zu wahren. der laden ist mittlerweile eine lachnummer sondersgleichen, und die kürzliche ankündigung zur weltherrschaft aufsteiegen zu wollen hilft da auch nicht wirklich weiter.
    vielleicht ist es größenwahn? satire? oder vielleicht doch nur galgenhumor?

  • WOW. Das nenne ich bias. Ich glaube sofort – wie in einem der Kommentare zu lesen – das Sie, Herr Vossen, noch nie den BBM benutzt haben. Aber fangen wir von vorne an.

    „Das letzte Aufbäumen“, „Marketing-Geplänkel“, „völlig gelogen“, „guter Witz“? Was ist das bitte für ein Artikel und was für eine Objektivität?

    Den BBM zu öffnen ist keine strategische Kleinigkeit. Und wenn es lange geplant ist, Heins sich aber bisher dagegen gesträubt hat – wo ist da die Lüge? Heins hat das ganze zuvor als zu früh angesehen, nun ist der Zeitpunkt gekommen. Das hat nichts mit Marketing (wovon Sie meinem Anschein nach nichts verstehen) Geplänkel oder Lügen nichts zu tun.

    Und nun mal zum Zeitpunkt überhaupt. Der BBM war jahrelang eine DER Kern-Value-Propositions von BBRY, Nutzerzahlen und vor allem Nutzerverhalten (vor allem dazu kommen wir gleich noch) haben das unterstrichen. Er ist aber auch aus BBRYs altem Betriebssystem und vor allem der BBRY-eigenen Infrastruktur entstanden. Darauf fußt(e) er, darauf aufbauend wurde er entwickelt (BIS/BES). Es war technisch schlicht nicht möglich, diesen auf andere Plattformen zu bringen und ihn gleichzeitig kompatibel zu halten. Was glauben Sie, Herr Vossen, warum das PlayBook ohne BBM kam? Weil es Kompatibilitätsprobleme zwischen der neuen und alten Plattform und der Infrastruktur gab. Der BBM ist kein einfacher Internetmessenger wie ICQ, KIK oder WhatsApp. BBRY hat lange gebraucht, um den BBM zu entkoppeln und QNX-kompatibel zu machen. So ist es nunmal.

    „Frisierte Nutzerzahlen?“

    Diese Unterstellung ist ja eine riesige Frechheit. Dafür gibt es eine simple Erklärung: BBRY-Nutzer haben ein gänzlich anderes Chat-Verhalten als iOS- oder Android-Nutzer. Der Grund liegt in Betriebssystem und vor allem der Hardware-Tastatur. Die Tastatur kann man bald blind bedienen, erreicht enorme Schreibgeschwindigkeiten und durch das taktile Feedback der Tastatur geht einem dies in Fleisch und Blut über und macht sogar Spaß. Es klingt überzogen, aber in der Tat ist das Schreiben für geübte BBRY-Nutzer auf einer BBRY-Tastatur kaum aufwendiger als sprechen und es hat daher einen gewissen Suchtfaktor (ich übertreibe nicht). Eine Nachricht abschicken kann man darüber hinaus einfach, in dem man die Enter-Taste drückt, was ebenfalls blind geschieht. Dadurch kommt es, das man öfter und auch länger chattet, sich nicht unbedingt kurz fasst und vor allem 5 oder 6 kleinere, zusammenhängende Einzelnachrichten rausfeuert, statt einer großen, wie es bspw iPhone-Nutzer tun. Ich kann ein Lied davon singen – ich habe BBRY-Nutzer unter meinen Freunden, mit denen ich per BBM chatte, sowie „normalos“, mit denen ich per WhatsApp chatte (meist iPhone-Nutzer). Ergebnis ist ganz deutlich: die iPhone-Nutzer sind weit schreibfauler, wenn sie schreiben, dann meist mit bestimmtem Anliegen, sie fassen sich kurz, und wenn etwas mehr gesagt werden muss, kommt ein großer Text auf den man minutenlang wartet. Schreibfluss oder echte Unterhaltungen kommen praktisch nicht auf. BBM-Nutzer mit QWERTZ-BB hingegen hacken auch einfach mal drauf los was ihnen so durch den Kopf geht und feuern es einfach raus, als würden sie neben einem sitzen und mal eben anhauen „hey, schau dir das mal an…“. Dasselbe bei Gruppen-Chats. wenn du BBM-Gruppenchats mit 4 oder 5 Leuten gewohnt bist oder mal erlebst hast und triffst dann auf 3 iPhone’ler oder Android’ler in einem WhatsApp-Gruppenchat, kommst du aus dem Gähnen nicht mehr heraus. Jede Nachricht dauert eigentlich und es sind trotzdem nur wenige Worte, kleine Jokes kommen nicht zustande, ständig redet man aneinander vorbei, weil das GGü so auf die Touch-Tastatur konzentriert ist. Von daher sind die 166 Msgs am Tag absolut kein Problem. Während WhatsApp eine Art SMS 2.0 ist, ist der BBM unter BB-Usern ein wirklicher CHAT im wörtlichen Sinne.

    Was heißt Verzweiflungsakt und retten des Messengers? Man will ihn eben ausbauen und der BBM bietet wirklich gute Features, Video-Chat und Screen-Share kommen ebenfalls. Hinzu kommen ebenfalls Channels. Und auch wenn einem Herrn Vossen kein Grund dazu einfällt, auf den BBM umzusteigen oder ihm eine Chance zu geben, es gibt Kontinente und Länder da sind die Marken BBM und BBRY sehr bekannt und vor allem der BBM nach wie vor beliebt – da können Sie sich als Deutscher, in dessen Land BBRY nie ein Thema war und der selbst nie einen BBRY oder den BBM genutzt hat, nur schwer eine Meinung bilden.

    Letztendlich hängt es von den Features, dem Design und der Performance der App ab. Und kommen noch Added Values wie die Channels hinzu, das Teilen von Musik und Video und das kostenlos bei einem wirklich vertrauenswürdigen Unternehmen wie BBRY, dann ist das ganze einen Download wert – ganz einfach. Und sobald das mehrere tun, ist ein Wechsel schnell getan, denn warum sollte man loyal ggü Messaging-Services sein? Einer Schrott-App wie WhatsApp heult doch niemand eine Träne nach.

    Bei diesem Artikel fällt mir mal wieder auf wie bedenklich es ist, dass jeder seine Stammtisch-Parolen in „Artikel“-Form einfach so ins Netz stellen kann. Ich habe schon zu viele Schwachsinnige Meinungen von selbsternannten Tech-Bloggern zum Thema BBRY gelesen.

    • Lieber JBGaultier,

      ich will gar nicht auf alles eingehen, sonst wird das genauso lang wie ihr Kommentar, das wollen wir ja keinem zumuten. Allerdings verstehe ich nicht, warum man jemandem Unwissenheit vorwerfen muss („Das hat nichts mit Marketing (wovon Sie meinem Anschein nach nichts verstehen) Geplänkel oder Lügen nichts zu tun.“), nur weil er anderer Meinung ist. Aber gut.

      Ein wichtiger Aspekt bei Messaging-Diensten sind Netzwerkeffekte und daraus entstehende Wechselkosten. Alleine deswegen ist es unwahrscheinlich, dass der BBM plattformübergreifend Erfolg haben wird. Gleichzeitig ist das aber auch der Grund, warum der BBM innerhalb der BB-Welt und in einigen Ländern wie GB so erfolgreich ist – im Übrigen lebe ich als Deutscher gerade in Los Angeles und habe vorher ein Jahr in London gelebt; ich habe also schon BlackBerrys gesehen.

      Dass es lange Zeit Sinn gemacht hat, den BBM geschlossen zu halten, ist auch richtig. Aber mit WhatsApp & Co. ist das Alleinstellungsmerkmal verloren gegangen und das – meiner Meinung nach – schon vor etwa zwei Jahren. Da hätte es Sinn gemacht, den BBM zu öffnen – und wenn es jetzt möglich ist, den BBM zu portieren, muss es andere Gründe gegeben haben, warum man das vorher nicht gemacht hat. Im Übrigen wollte Heins Vorgänger den BBM schon viel eher öffnen. Und: Wir reden hier lediglich von einer Ankündigung einer iOS/Android-App und einem angekündigten späteren Update mit Features wie Voice und Screen-Share.

      Ich bezweifle auch nicht 166 Messages am Tag bei einzelnen Usern. Im Durchschnitt (jeder User, jeden Tag) kommt mir das aber zu viel vor. Und ein Fragezeichen hinter „Friesierte Nutzerzahlen“ impliziert ja, dass es Skepsis ist – und keine Unterstellung.

      Zu guter Letzt: Ich erhebe gar nicht den Anspruch, objektiv zu sein. Meinetwegen ist der Artikel provokant geschrieben, aber ich habe überhaupt nichts dagegen, dass Sie eine andere Meinung haben. Ich würde aber empfehlen, Pressemitteilungen kritisch zu lesen und nichts anderes habe ich meiner Meinung nach gemacht.

  • „…ich will gar nicht auf alles eingehen, sonst wird das genauso lang wie ihr Kommentar, das wollen wir ja keinem zumuten.“

    Na schau‘ an, ich habe es mit der leibhaftigen technischen Elite zu tun, wie es „Alles über iPhone, iPad…“ im Blog-Subtitle schon vermuten lässt. Besonders passend als auch ironisch kommt hier der Titel „BASIC thinking“ daher. Aber nun gut, ich hoffe Sie lesen meinen Kommentar dennoch.

    „Zu guter Letzt: Ich erhebe gar nicht den Anspruch, objektiv zu sein.“

    Das habe ich in der Tat zu spät gesehen (das es sich hier eher um eine Kolumne handelt). In sofern: granted und sorry.

    Aber dennoch möchte ich noch einmal auf den BBM eingehen. Ich verfolge BBRY nun seit etwa 4-5 Jahren, seitdem ich selbst Nutzer geworden bin. Ich erinnere mich an Jim Balsillies Aussprache ggü. einer Öffnung des BBM hin zu anderen Plattformen sehr wohl. Wer Herrn Balsillies Lebenslauf allerdings besser kennt, weiß, dass er zuvor CFO war. Der Mann kann mit Zahlen umgehen, ist aber kein Ingenieur (wie Lazaridis). Wenn also durchsickert, das Herrn Balsillie sich zum Zeitpunkt X für einen Plattform-übergreifenden BBM ausgesprochen hat, sagt das rein gar nichts über die technische Umsetzbarkeit aus. Als das Space Shuttle Challenger im Jahre ’86 am Himmel über Florida in einem Feuerball explodierte, ging das auf Zahlen-Jongleure zurück, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf Ingenieure hören wollten. Nur so nebenbei dazu, was reine Ökonomen mit Technik am Hut haben.

    Aber zurück zum BBM – hängen wir ihn doch bitte nicht höher als er ist. Er war einmal ein gewisser USP, aber er ist nicht BBRYs Kerngeschäft. Ob die Plattform-Öffnung nun an technischen oder strategischen Hürden in der Vergangenheit gescheitert ist, sei einmal dahingestellt. Ich denke durchaus das sie sich den BBM so lange wie möglich exklusiv bewahren wollten und ich denke das war völlig richtig, wenn wir die letzten 2 Jahre betrachten. In den westlichen Industrienationen ist der BBRY-Marktanteil in diesem Zeitraum stetig gesunken und das sicher nicht, weil der BBM exklusiv war. Eine BBM-Öffnung hätte hier nicht geholfen, die Massenabkehr abzuwenden. Sie hätte wohl sogar eher das Gegenteil bewirkt. Wo BBRY hingegen in diesem Zeitraum starken Zuwachs hatte, waren Entwicklungsländer. Und das vor allem durch den BBM und den Daten-sparsamen BIS. In Südostasien laufen noch heute viele iPhone und Android-Besitzer mit einem günstigen BBRY als Zweitgerät rein für die BBM-Nutzung herum – man kann darauf bislang nicht verzichten. Und damit kommen wir gleich zum Haken: BILLIG-BlackBerrys. Die durchschnittliche GPM für diese Geräte ist unheimlich niedrig. Das heißt: zu wenig für ein nachhaltiges Geschäftsmodell, aber gerade genug um BBRY durch die schweren letzten 2 Jahre zu helfen und über Wasser zu halten. Man konnte dadurch Cash zur Reinvestition generieren, das in BB10 einfloss. Hätte man den BBM hingegen früher geöffnet, hätte man diesen nötigen Boom in den Entwicklungsländern u.U. nie erlebt – und hätte damit gleichsam einen schwächeren Start-Stack für BB10 und eine ggf. spätere Plattform-Öffnung gehabt. Vielleicht, Herr Vossen, erkennen Sie bereits, das es manchmal hilft, über das „BASIC thinking“ hinauszugehen. Sie stellen es so hin (bzw sind Sie legitimer weise der Meinung; legitim im Sinne freier Meinungsäußerung), als hätte BBRY mit WhatsApp abermals die Hände in den Schoß gelegt und Winterschlaf gehalten, während der Sachverhalt und sich anbietende Gegenmaßnahmen doch so eindeutig auf dem Teller lagen. Diese Denke halte ich in der Tat für sehr BASIC.

    „Ein wichtiger Aspekt bei Messaging-Diensten sind Netzwerkeffekte und daraus entstehende Wechselkosten.“

    Netzwerkeffekte ja, hohe Wechselkosten wohl kaum (dazu unten mehr). Ob der Plattform-übergreifende BBM Erfolg haben wird, oder nicht, mag diskutiert werden. Nur was ist an der ganzen Geschichte so lächerlich? Im übrigen würde ich sagen das die Wechselkosten eher gering sind. Im Maßgeblichen hängen diese von der Leistung ab. Schon der BBM ohne Voice, Video und Screen-Share ist WhatsApp mMn in einigen Belangen erhaben. Stellen wir uns also vor, es kommt der BBM auf den Markt und er bietet mehr Features, bessere Performance, bessere Reliability, ein schöneres Design, ist bereits bekannt, kommt von einem vertrauenswürdigen Unternehmen wie BBRY, genießt selbst (der BBM) bereits einen guten Ruf und hat bereits 60 Millionen Nutzer. Ebenfalls hat BBRY nach wie vor ein starkes Standbein in Unternehmen, dass heißt ebenfalls in den Industrienationen sind BBRYs samt vorinstalliertem BBM noch immer verbreitet. Und nun ist diese App kostenlos. Wie groß soll da die Hemmschwelle sein, sich den Messenger einfach mal herunterzuladen, um vielleicht mit den 1 oder 2 Leuten in Kontakt zu bleiben, die noch einen BlackBerry haben (und auf deren Geschäfts-BB der alten Riege WhatsApp verboten ist). Der Aufwand ist nicht groß, die Wechselkosten sind mMn eher gering. Ganz einfach deshalb, weil man viele Messenger parallel nutzen kann, dass Herunterladen und Ausprobieren ist kein großer Aufwand und schadet nicht – WhatsApp wird nach wie vor funktionieren, es ist ja nichts so wie bei eMail-Diensten oder gesamten Ökosystemen.

    Aber selbst wenn der BBM scheitert und das gesamte Unternehmen den Bach heruntergeht: ich verstehe nicht, wieso man sich allein über den Versuch lustig machen muss.

    „BASIC thinking“ schön und gut, aber ich wundere mich immer zu welch halbgaren Analysen sich manch ein Laie hinreißen lässt, zu Sachverhalten zu denen ihm zahlreiche Variablen fehlen und vor allem im Gegensatz zum Entscheidungsträger über den geurteilt wird fehlender CEO-Position eines Multi-Mrd-$-Unternehmens.

    • Ich versuche mich wieder kurz zu fassen. Zunächst: Ich lese alle Kommentare unter meinen Artikel. Allerdings weiß ich nicht, ob wir hier vergleichen müssen, wer hier mehr Ahnung von Marketing & Management hat oder wer hier der Laie ist. Bei mir kommt man ja bei einer Google-Suche etwas weiter – Sie sind komplett anonym. Können wir nicht einfach akzeptieren, dass der jeweils andere vermutlich auch weiß, wovon er redet? Man kann ja trotzdem zu einer anderen Meinung kommen.

      Zu Netzwerkeffekten & Co.: Aufgrund hoher Netzwerkeffekte sind die Wechselkosten hoch. Was Sie ansprechen sind Multi-Homing-Kosten. Und in der Tat, es „kostet“ nicht viel, mehrere Messenger installiert zu haben. Für iPhone/Android-User ist der Nutzen des BBM aber meiner Meinung nach nicht so groß, weil die meisten User ihre Freunde & Kontakte plattformübergreifend wohl bereits über andere Messenger erreichen. Wenn ich mich Recht erinnere, nutzen Sie ja trotz BlackBerry-Handy WhatsApp um mit iPhone-Usern zu kommunizieren. Ihre iPhone-Freunde brauchen also schon mal keinen iOS-BBM, um mit Ihnen zu schreiben. Hinzu kommt, dass der BBM erst ab iOS6/Android 4.0 verfügbar ist und auf Tablets erstmal nicht laufen wird. Aufgrund der zunächst fehlenden Funktionen ist er auch nicht wirklich ein besseres Produkt als WhatsApp & Co. Und nicht zuletzt: Die Formatkriege bei VHS/Betamax zeigen ja, dass sich nicht notwendigerweise das „beste“ Produkt durchsetzt.

      Es ist müßig zu diskutieren, wie sich BlackBerrys Marktanteile entwickelt hätten, wenn man den BBM früher geöffnet hatte oder wie das den Start von BB10 beeinflusst hätte. Da können wir beide nur mutmaßen und das bringt uns nicht weiter. Und ich bleibe dabei: Die Marketing-Phrasen, mit denen BlackBerry den Schritt angekündigt hat, sind lächerlich – by the way, ich komme aus dem Marketing. Und darauf bezog sich auch die Kritik in dem Artikel.

      Bevor Sie den nächsten Kommentar schreiben: Ich werde von meiner Seite die Diskussion einstellen, wenn wieder so etwas kommt wie „Laie“, „wovon Sie nix verstehen“, „als Deutscher…schwer eine Meinung bilden“, „über BASIC thinking hinausgehen“, „halbgare Analysen“ – da hab ich schlichtweg keine Lust drauf. Ich greife Sie ja auch nicht persönlich an.

  • Lieber Hr. Vossen und JBGaultier,

    ich habe den Artikel und die Kommentaren durchgelesen und soweit verstanden dass Sie beide Recht haben dürfen.

    Nun ja, die Frage ist warum.

    Als Software-Entwickler in Deutschland, der aus dem asiatischen Bereich stammt, kenne ich sowohl die europäische als auch die asiatische Marketingstrategien.

    Nun schreibe ich lieber die Gründe warum Sie beide Recht haben könnten. Dabei bitte ich um Entschuldigung, falls das Schreiben nicht so „Nativ-Deutsch“ zu verstehen sein soll.

    1. Sie schreiben Ihre Meinungen von verschiedenen Perspektiven:

    – Herr Vossen schreibt nach seiner BBM Marketing-Perspektive und er hat völlig Recht dass es schon etwas zu spät ist BBM in andere OS zu portieren, wenn Blackberry-Nutzer schon z.B. Whatsapp benutzen um mit anderen OS-Nutzern zu kommunizieren.

    Von diesem Punkt gesehen sind die Sätze für die BBM-Marketing tatsächlich übertrieben. Ob die Zahlen frisiert sind, kann ich nicht behaupten. Die asiatischen BBM-Nutzer könnten schon über 500 Sätze pro Tag senden. Eine Nachricht innerhalb acht Minuten? Definitiv zu lange. Ich vermute trotzdem dass 10 Milliarden mal an irgendeinem Tag erreicht wurde. Also quasi bis zu 10 Milliarden. Ob es mal wieder erreicht wird, momentan sieht es jedenfalls nicht so aus.

    – JBGaultier hat meiner Meinung nach auch Recht, dass es hier schließlich um BBRY handelt und nicht nur BBM. Da Blackberry heute schon Geräte auf dem Markt hat, die mit anderen Smartphones von der Gesamtleistung vergleichbar sind, ist es tatsächlich „der richtige Zeitpunkt“, mittels BBM gegen andere Messaging-Plattformen zu kämpfen. Vor zwei Jahren hätte man zwar anfangen können und eventuell sogar den Messaging-Plattformkampf gewinnen, aber BBRY will ja ihr Hardware-Geschäft schützen. Jetzt wo BBRY vergleichbare Hardware produziert, will BBRY auch in den Messaging-App-Kampf eintreten. BBRY hat den Wachstum anderer Plattformen zwar längst erkannt, aber BBM war tatsächlich der fast einzige Grund (QWERTY auch) warum die Geräte in Asien noch beliebt waren (mittlerweile noch bekannt als Zweit-Handy neben Samsung-HTC-Android, Nokia WP, oder Apple iPhone).

    2. „Jetzt ist es der richtige Zeitpunkt“

    Marketing-Phrase oder Tatsache? Ich würde auch sagen „Beides“. Um zu sagen dass „es etwas zu spät ist (BBM zu portieren), aber doch besser zu spät als gar nichts“, hört sich blöd an. Also doch eine Marketing-Phrase. Jedoch die Tatsache dass BB10-Geräte nicht schlecht sind, könnte ein Grund sein, dass BBRY jetzt den Hardware-Sektor nicht durch App schützen muss. Außerdem ein gutes BBM-App für Android und iOS könnte ein Vorgeschmack geben wie zuverlässig BBRY-App ist (und eventuell zur Schlussfolgerung dass BBRY-Geräte auch zuverlässig sind).

    3. Als Entwickler habe ich verschiedene Geräte und App getestet. Dabei fällt mir auf, dass der Markt für Messaging noch relativ offen ist. Whatsapp kommt anscheinend mit dem rasenden Nutzerwachstum nicht klar: Es gibt immer mehr Verzögerungen, z.B. sowohl bei iOS, Android als auch WP7/8. KIK ist schneller und zuverlässiger, jedoch mit großem RAM-Verbrauch. iMessage hat auch Verzögerungen und nur für Apple-Geräte. Es gibt noch viele anderen, die man nutzen kann. Ganz vorn ist anscheinend Whatsapp, klarer Sieger wie Google im Bereich Suchmaschine ist noch nicht festzustellen.

    Kurzgefasst, gegen Whatsapp wird BBM heute nicht gewinnen, aber es ist noch nicht zu spät, BBM einzuführen. Dabei muss BBRY dafür sorgen, dass BBM richtig gut und zuverlässig funktioniert.

  • „Aufgrund hoher Netzwerkeffekte sind die Wechselkosten hoch.“

    Wer sagt das denn?

    Die Höhe des Netzwerkeffektes bestimmt nicht gleichzeitig auch die Höhe der Wechselkosten, dass ist auch vom Lock-In-Effekt abhängig. Nehmen wir Facebook. Man hat zig Funktionen, man hat sich an das Interface gewöhnt, hat seine Timeline immer schön gepflegt und zig Fotos hochgeladen. Das nenne ich einen hohen Lock-In-Effekt und dementsprechend hoch sind auch die Wechselkosten. Gleichzeitig ein MySpace-Profil zu pflegen wäre die Mühe nicht wert. Nur was kostet es mich, eine Mesyaging-App herunterzuladen und 2 oder 3 Kontakte hinzuzufügen, wenn auch nur um zu testen, was bei einem Messenger ja schnell get an ist. Und hier hat man alsgleich einen Fuß in der Tür. Und sollte sich herausstellen das das Chatten mit App XY mehr Spaß macht, wird man beginnen mit jenen Kontakten nur noch diese App zu nutzen und anderen die App weiterempfehlen. Ich sehe da keine hohen Kosten.

    Und auch nach mehrmaligem Durchlesen kann ich weder Marketing-Geplänkel noch glatte Lügen erkennen.

  • Übrigens haben die User in der Tat darum gebeten. Vor etwa 2 Jahren haben im Rahmen einer diesbzgl. Umfrage auf CrackBerry über 70% mit JA gestimmt.

    Und beschränken wir den Nutzen von Messengern doch bitte nicht auf den Kernnutzen, sowie ach jedes Auto von A nach B fährt. Ginge es allein darum, könnten wir Nachrichten und Daten crossplatform auch per E-Mail verschicken – macht aber keiner.

    Und zu iMessage. Nicht nur ist iMessage geschlossen, sondern es ist auch nichts weiter als eine automatisierte Erweiterung der SMS-App. Konkurrenz ist iMessage daher für niemanden.

  • BBM ist in arabischen Raum extrem beliegt und verbreitet (Wenn ich in Abu Dhabi oder Dubai bin, sehe ich so viele Blackberrys wie Androiden und Äpfel zusammen in D (oder den USA). Auch in Afrika sehe ich fast nur Blackberrys! Die sind da extrem verbreitet und folglich dort auch der BBM. In der Tat: In D ist BBM kaum verbreitet.
    Wenn ich die Handys zähle, die in Berlin nachmittags zum Latte Macchiato auf die Starbucks-Tische gelegt werden und diese Zahl als die Grundgesamtheit meiner persönlichen Gegenprobe betrachte, würde ich mich auch fragen, wie Blackberry überhaupt noch Nutzer ihrer Plattform anführt. Das ist aber der ganze Kuchen, der dort an Smartphone-Nutzern zum Vorschein kommt. Auch hatte ich in Deutschland dann und wann mal die Ehre, Gast bei Jagden zu sein, bei denen wichtige Politiker und Unternehmer (mit Ihren Firmenjets und Fahrern) angereist sind. Da waren plötzlich auch nur noch Blackberrys auf den rustikalen Tischen aus groben Baumstämmen, an denen zur Mittagspause Bockwurst und Grünkohl mit Bier serviert wurde…