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„Die WG“: Vom Versuch, über YouTube eine deutsche Comedyserie zu etablieren

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Vor ein paar Tagen schrieb ich einen Post über wirtschaftliche Hintergründe in der Filmbranche, der kontrovers diskutiert wurde. Unabhängig davon erreichte uns eine Mail eines Filmproduzenten, der uns seine Comedy-Serie vorstellte und darüber hinaus seine Sicht der Dinge erläutert.

Kein Sendeplatz für die deutsche Serie

Patrick Fuchs ist Produzent des knapp halbstündigen Piloten der Comedy-Serie „Die WG“ und hat ihn bei YouTube hochgeladen. Der Schritt ist eigentlich unüblich, denn normalerweise schickt ein Autor oder Produzent seine Idee zum Sender, es wird lange diskutiert und häufig verläuft es im Sande, denn die Sender fürchten Risiko wie der Teufel das Weihwasser. Und Comedy, insbesondere für die junge Zielgruppe, gilt eines als der am meisten gefürchteten Genres – Sendeplätze sind hier Mangelware.

Grundsätzlich wird in der Branche der Zustand der deutschen Serie bedauert, doch kaum ein Sender traut sich aus der Deckung – man könnte ja einen Flop produzieren! Die Leidtragenden sind die Filmproduzenten, die gute Ideen haben und ihre Stoffe trotzdem nicht loswerden.


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Eine Anmerkung von mir: Noch schlimmer ist es bei einer Serie wie dem „Tatortreiniger“: Die Serie wurde vom NDR in Auftrag gegeben, unter anderem mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet und wird von Kritikern hoch gelobt. Doch der NDR sieht sich dennoch nicht in der Lage, im regulären Programm einen Sendeplatz für sein kleines Juwel zu finden. In den Weihnachtsferien 2014 sollen die zwei neuen, schon längst abgedrehten Episoden ausgestrahlt werden. Ein Armutszeugnis.

Pilotproduktion aus eigener Tasche

Daher kam die Überlegung, so Fuchs, zu YouTube zu gehen: Man will zeigen, dass es eben doch Interesse an solchen Stoffen gibt und auch das Argument widerlegen, dass alles im Internet, was über fünf Minuten ginge, viel zu lang sei.

Bislang hat der Pilot 9.500 Video Views erhalten. Nicht sonderlich viel im YouTube-Zeitalter, wo Psy in wenigen Tagen knapp 40 Millionen Views verzeichnen konnte. Doch laut Fuchs musste man komplett aufs Marketing verzichten – das wäre schlichtweg zu teuer gewesen.

Apropos zu teuer: Die Produktion des Piloten wurde aus der eigenen Tasche bezahlt, das Budget bewegt sich im niedrigen fünfstelligen Bereich. Beim „Tatort“ würde das nicht einmal für eine Minute Filmmaterial reichen.

Hauptberufliche Schauspieler hoffen auf Werbespots

Ein Grund für das geringe Budget: Die Schauspieler, die das hauptberuflich machen, haben größtenteils auf ihre Gage verzichtet, weil sie an das Projekt glauben. Und natürlich hat man die Hoffnung, dass man gutes Material für sein Showreel produziert und vielleicht für einen Werbe-Spot gebucht wird – da verdient man als unbekannter Schauspieler noch am ehesten etwas.

Das ist nicht ungewöhnlich, denn wer nicht gerade der eine von hundert ist, der den Durchbruch schafft, schauspielert laut Fuchs eh zu 90 Prozent kostenlos – und verdient sich als Promoter in der Fußgängerzone was dazu.

Vertriebswege im Internet funktionieren noch nicht

Wie sieht’s mit dem Internet aus? Der junge Zuschauer ist schon mal da – immerhin. Aber die Vertriebswege funktionieren noch nicht. Von YouTube erhoffen sich die Macher jedenfalls keine großen Umsätze – bei dem Piloten ist schließlich keine Werbung zu sehen. Den Bezahlkanälen von YouTube steht man auch skeptisch gegenüber. Grundsätzlich eine tolle Sache, aber ob es in Deutschland, das ohnehin eine starke Free-TV-Kultur hat, überhaupt funktioniert, muss sich noch zeigen.

Bei Patrick Fuchs mischen sich jedenfalls Freude und Skepsis. Freude über das überwiegend positive Feedback, das man bislang zum Piloten erhalten hat und Skepsis, ob das unterm Strich reicht, um einen Auftrag zu bekommen eine komplette Staffel zu produzieren. Sollte dies der Fall sein muss das Budget pro Episode aber aufgestockt werden, um ein paar Ecken und Kanten, die der Pilot zweifelsohne noch mit sich bringt, auszumerzen.

Also, schaut euch „Die WG“ an und bildet euch eine Meinung – vielleicht wird dann der Versuch von Patrick Fuchs und der Crew belohnt. Mir gefällt der Pilot jedenfalls, auch wenn er an der ein oder anderen Stelle noch ausbaufähig ist.

Bild: Die WG / Patrick Fuchs

Über den Autor

Robert Vossen

Robert Vossen hat erst Los Angeles den Rücken gekehrt und dann leider auch BASIC thinking. Von 2012 bis 2013 hat er über 300 Artikel hier veröffentlicht.

7 Kommentare

  • Sieht schon manchmal ein bisschen billig aus, aber ein oder zwei Schauspieler können da schon was und es hat ein paar ganz gute Momente.

  • Echt klasse!
    Ich hoffe das sie einen Sender finden der das produzieren lässt!
    Diese Serie wäre eine echte Revolution des deutschen Fernsehens!

  • Na ja, haut mich jetzt auch nicht vom Hocker und hat so vieles, was ich bei deutscher Comedy so hasse: Die Gags sind mau, die Figuren klischeehaft, die Schauspielleistungen dröge. Wenn schon eine Sitcom mit um die 30-Jährigen, die in einer WG leben und nicht erwachsen werden, dann geht nichts über das geniale, britische Spaced.