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BGH-Urteil: Keine Werbung an Kinder für kostenpflichtige Angebote in Free-to-Play-Games

Screenshot Runes of Magic - http://www.runesofmagic.com/de/Wodurch finanzieren sich Free-to-Play-Spiele, wenn sie doch angeblich kostenlos sind? Natürlich mit dem Verkauf von Ausrüstung für die Spielfigur, bessere Rüstung, stärkere Waffen, coolere Klamotten. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes könnte jetzt allerdings das ganze Geschäftsmodell Free-to-Play in Deutschland über den Haufen werfen.

Langer Weg durch die Instanzen

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hatte Gameforge verklagt: Im Online-Game „Runes of Magic“ hatte die Firma für ihre kostenpflichtigen Zusatzangebote geworben: „Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse ‚Etwas'“, dazu gab es den Direktlink zum Shop. Der vbvz hatte speziell gegen diese Werbeaktion geklagt, weil „eine unmittelbare Kaufaufforderung an Kinder nach dem Anhang des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verboten ist“, teilt der Verband auf seiner Website mit: Gameforge nutze die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern aus.

Die entsprechende Werbung lief in „Runes of Magic“ im Jahr 2009. Seitdem hat die Klage einen längeren Weg durch die Instanzen gemacht. Zwei Gerichte hatten vorher schon gegen den vzbv entschieden und die Klagen zurückgewiesen:


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Sowohl das Landgericht Berlin als auch das Kammergericht hatten entschieden, dass die Aussage auch in Verbindung mit einem Link, der das Angebot konkretisiert, nicht die Voraussetzungen einer unmittelbaren Kaufforderung an Kinder erfülle; der Kaufappell sei ja nicht „unmittelbar“ in die Produktwerbung integriert worden. Zudem war nach Ansicht der Vorinstanzen auch nicht der Spieltrieb der Kinder unlauter ausgenutzt worden.

Und auch wenn es jetzt ein gegenteiliges Urteil gibt, ist das Verfahren trotzdem noch nicht beendet und der Sachverhalt nicht geklärt. Denn: Gameforge ist zum anberaumten Gerichtstermin nicht erschienen. Damit ergeht zwar automatisch ein Urteil zugunsten der anwesenden Partei, also des Klägers. Dabei handelt es sich aber um ein Versäumnisurteil, und nicht um ein Urteil nach Sachlage.

Versäumnisurteil mit Folgen?

Trotzdem hat der BGH eine grundlegende Erklärung (Aktenzeichen I ZR 34/12 – 17. Juli 2013) abgegeben, die prinzipiell der Klage zustimmt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und Gameforge hat jetzt erst einmal zwei Wochen Zeit, um Einspruch zu erheben.

Welche Folgen sich daraus nun für Free-to-Play-Games und ähnliche Geschäftsmodelle ergeben, hängt von der weiteren juristischen Aufarbeitung ab. Wenn daraus ein Grundsatzurteil wird, das Werbung, die sich an Kinder richtet, innerhalb von Computerspielen verbietet, könnte nicht nur das Modell Free-to-Play in Deutschland untergehen. Denn Spiele-Apps, die sich an Kinder richten und ebenfalls oft zusätzliche kostenpflichtige Inhalte anbieten, würden dann wohl gleichermaßen von diesem Urteil betroffen sein.

Und dann? Nunja. Free-to-Play ist ja prinzipiell eine etwas zweischneidige Sache. So cool es ist, dass Spiele erst einmal kostenlos angeboten werden, auch die Designer und Publisher wollen natürlich daran verdienen. Das ist auch absolut richtig – Arbeit soll bezahlt werden. Allerdings darf die Gewinnmaximierung nicht allein den Ton angeben. Unternehmen ist aber oft gerade dieser Teil besonders wichtig, da können Immersion und Spielwitz auch ruhig mal leiden. Mit ein wenig Fingerspitzengefühl sollten sich aber eigentlich beide Interessen vereinen lassen. Ist das wirklich so schwer?

Bild: Runes of Magic

Über den Autor

Thorsten Nötges

Thorsten Noetges ist Nerd, Gamer,und seit 1995 im Internet zu Hause. Er hat von 2013 bis 2014 über 100 Artikel auf BASIC thinking veröffentlicht.

9 Kommentare

  • Es ist auch richtig so, das Modell f2p hat die Spieleindustrie ziemlich zerstört, je früher dieser Trend aufhört, desto besser.
    Dieses Urteil sollte dabei helfen.

  • Ehrlich gesagt sollten die Richter alle Spiele generell verbieten!
    Gegen die Verdummung der Menschheit!
    Ole!

  • @Siegbert

    Schlimm ist auch die permanente Werbung überall, vom Internet, Fernsehen, Radio bis zur Werbetafel im abgelegensten Dorf, wird die Umwelt beeinflusst das Leben der Menschen immer mehr Werbung.
    Es wird durchaus Zeit für etwas mehr „Werbe Hygiene“ im Alltag und sicher gilt auch hier „Weniger ist oftmals mehr“

  • Mich würde mal interessieren woran man festmacht ab wann sich ein Spiel an Kinder richtet?
    Reicht hier eine entsprechende Angabe in den AGB: „Teilnahme ab 18“ um das auszuschließen?
    Und wie sieht es mit Spielen aus bei denen ein Account zwar durch einen Erwachsenen angelegt werden muss aber der auch durch einen Minderjährigen gespielt werden darf (quasi unter Aufsicht)?

  • @Steve

    Ja ok dann können sie ja gleich RTL, die Bild, Sendungen wie: „Frontal 21“ und Kommentare wie deines Verbieten!

    „Gegen die Verdummung der Menschheit!
    Ole!“

  • Um aus der Nummer raus zu kommen, muss man bei der Anmeldung in Zukunft dann vermutlich bestätigen, dass man älter als 13 Jahre ist, denn bekanntlich sind Kinder ab 14 Kinder keine Kinder mehr, sondern Jugendliche.
    Facebook macht es doch genauso.

    Generell F2P zu verurteilen halte ich aber für falsch, da es durchaus eine breite Spanne an Implementationen gibt.

  • Interessant, genau aus diesem Grund hab ich (bin selber Spieleentwickler) bisher immer auf diese Kaufangebote verzichtet. Vielleicht gibt es ja nun mal Klarheit wie hier rechtssicher vorzugehen ist.

    Aber vermutlich wird die Chance verpasst und es wird einfach nur ein neues Betätigungsfeld für Abmahnanwälte geschaffen.

  • Totale Verschwendung von Steuergeldern! Dann sind die Spiele ab sofort ab 18 und die Kids bestätigen dass sie 18 sind und gut.

    Außerdem verstehe ich die Aufregung über F2P nicht. Die unternehmen verdienen mehr und viele spielen für lau. Da sich ja auch gezeigt hat das „Pay to Winn“ nicht langfristig funktioniert gibt es auch keine Einschränkungen im kompetitiven Spiel. Also was soll die Aufregung?

  • Kinder dürfen diese Verträge ohne ihre Eltern ja auch nicht abschließen. Sie sollten solche Angebote wirklich nicht sehen. In der Praxis ist bloß die Frage, wie man es hundertprozentig vermeiden kann.