Technologie

„Quantified Self“-Selbstversuch: Die erste Woche mit einem Fitnesstracker

geschrieben von Tobias Gillen

Ich stehe Fitnessbändern und der ganzen „Quantified Self“-Bewegung kritisch gegenüber. Brauche ich wirklich einen Tracker für meine Schritte? Für meine Ernährung? Für meinen Schlaf? Da ich aber finde, dass man alles zumindest mal ausprobiert haben sollte, werde ich das Jawbone UP24 die nächsten vier Wochen tragen und hier in regelmäßigen Updates von meinen Erfahrungen berichten. Die erste Woche.

Schlicht und einfach: Punkt für das UP24

Was gleich auffällt ist das Gewicht des UP24. Mit seinen 21 Gramm (19 Gramm in der kleinsten, 23 Gramm in der größten Version) fällt es am Handgelenk fast nicht auf. Auch die Gummi-Beschichtung aus hypoallergenem TPU-Gummi stört nicht und liegt nicht unangenehm auf der Haut. An einem Ende des Bandes befindet sich ein Knopf, über den mit verschiedenen Klick-Mustern verschiedene Modi gestartet werden können. Am anderen Ende liegt unter einer Kappe der Klinkenanschluss, über den das Akku mit einem USB-Adapter geladen wird. Zudem werden über zwei LEDs der Akkuladestand und die einzelnen Modi angezeigt.

Von den Äußerlichkeiten macht das UP24 durchaus was her. Es wirkt wie ein modisches Accessoire und kann in verschiedenen Farben bestellt werden. Damit bekommt es schonmal die ersten Pluspunkte von mir: Es ist einfach und schlicht. Ich will schließlich kein Monstrum am Handgelenk tragen, das zu bedienen ich einen zweiwöchigen Lehrgang absolvieren müsste.


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App enttäuscht

Was mich besonders anspricht ist die Stoppuhr-Funktion. Wenn ich mich auf mein Rennrad setze, aktiviere ich die Stoppuhr mit einem kurzen und einem langen Klick auf den Button. Bin ich fertig, deaktiviere ich sie mit selbiger Kombination wieder. Wenn ich dann später wieder in Reichweite meines Smartphones bin (synchronisiert wird über Bluetooth 4.0 Low Energy), kann ich nachträglich die Art der Aktivität einstellen. Somit kann ich locker den ganzen Tag mit dem UP24 auskommen, ohne auch nur eine Minute mit der App zu verdaddeln.

Apropos App, da sind wir auch gleich beim großen Schwachpunkt des UP24. Denn leider hagelt es im App Store seit dem letzten Update negative Rezensionen und Bewertungen. Meiner Meinung nach: völlig zurecht. Denn auch ich musste die App schon mehrfach neustarten, einmal sogar komplett löschen und nochmal installieren.

Schlaftracking nicht beständig

Aber auch wenn die App läuft, finde ich sie nicht besonders ansprechen. Die Synchronisierung funktioniert eher schlecht als recht, manchmal syncht das UP24 drei, vier Mal hin und her und springt in der Anzeige der zurückgelegten Schritte, bis es sich irgendwann einpendelt. Auch das Schlaftracking ist – naja – mehr so mittelgut. Denn trotz Tri-Achsen-Beschleunigungssensor und „intelligenter Rechenverfahren“ bekomme ich teils wirklich wirre Ergebnisse am nächsten Morgen.

Das war nicht immer so: In den ersten Nächten war ich überrascht, wie genau das UP24 meine Wachzeiten erfasst, alles deckte sich mit dem, was ich aus der Nacht in Erinnerung hatte (was üblicherweise nicht viel ist, aber das stimmte immerhin). Wie genau das Band die Leicht- und Tiefschlaf-Phasen erfasst – keine Ahnung. Insgesamt macht der Rhythmus aber Sinn, wenn ich ihn grob mit einer kurzen Internetrecherche abgleiche.

Nun aber zu den wirren Ergebnissen: Letzte Nacht war ich um kurz nach Mitternacht im Bett, habe den Button lange gedrückt gehalten und die LED hat mir mit dem Mond signalisiert, dass der Schlafmodus jetzt aktiviert wurde. In der Statistik wird aber nur der Zeitraum von halb 4 Uhr bis zum Erwachen gegen kurz nach 7 Uhr angezeigt. Logischerweise erreiche ich dann nicht meine festgelegten Ziele (Schlaf: 7:30 Stunden). Hier ist dann eine manuelle Nachjustierung nötig, die aber dann natürlich keine Details über die Schlafqualität anzeigt.

10.000 Schritte werden im Alltag schwer

Bei den Schritten bin ich hingegen sehr zufrieden mit der Erfassung. Kurze Tests, in denen ich die Schritte gezählt habe, deckten sich nahezu vollständig mit den Daten des UP24. Fraglich halte ich hier allerdings die empfohlene Schrittanzahl von 10.000. Wer täglich mit dem Auto oder der Bahn zur Arbeit fährt und dann acht bis neun Stunden im Büro sitzt, wird wohl kaum an diese Anzahl kommen. Abends hat man ja dann meist auch keine Lust mehr, die restlichen 7.000 Schritte abzureißen.

Ich habe mein Ziel daher auf 8.000 Schritte festgelegt und dieses am Wochenende auch erreicht. Unter der Woche wird es allerdings auch hier schwer, zumal ich meistens von Zuhause aus arbeite, wodurch mir selbst der Weg ins Büro wegfällt. In dem Fall: Wohl dem, der zwei Kilometer Fußmarsch zur Arbeitsstelle hat. (Was nicht heißen soll, dass das Ziel falsch gesetzt ist. Es ist ja durchaus begrüßenswert, wenn man dadurch trotzdem den ein oder anderen Spaziergang mehr macht – darum geht es ja letztlich.)

Fokus mehr auf Ernährungstracking

Noch nicht sehr ausführlich habe ich mich bislang mit der Erfassung von Lebensmitteln befasst, durch die das UP24 sogenannte Lebensmittelpunktzahlen verteilt, die mir anzeigen, wie gesund (oder ungesund) ich mich ernähre. Als Ziel habe ich hier angegeben, dass ich gerne 5 Kilogramm zulegen möchte. Ich bin gespannt, wie das UP24 dabei helfen möchte, denn eigentlich dürfte es auf die Gewichtsabnahme spezialisiert sein.

Darauf werde ich mich in der nächsten Woche mehr fokussieren und mich dann mit weiteren Eindrücken zurückmelden. Falls ihr Fragen habt: Her damit!

Nutzt ihr Tracker wie das UP24 im Alltag? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

Artikelbild: Jawobone; Bild: Screenshot

Über den Autor

Tobias Gillen

Tobias Gillen ist Geschäftsführer der BASIC thinking GmbH und damit verantwortlich für BASIC thinking und BASIC thinking International. Seit 2017 leitet er zudem die Medienmarke FINANZENTDECKER.de. Erreichen kann man ihn immer per Social Media.

12 Kommentare

  • Hallo Tobias,

    ich bin gespannt, was bei deinem Test als Fazit heraus kommt. Aufgrund meiner Website habe ich einige Tracker getestet und ich muss auch sagen, dass es vor allem auf die Benutzerführung und Darstellung der Daten in den Apps ankommt, hier zeigen einige namhafte Hersteller, dass sie auf diesem Gebiet noch Nachholbedarf haben. Mir hat vor allem Garmin und Withings gefallen, super gemacht. Wenn du willst, kannst du dir auf meiner Seite die Portale ansehen, ich habe Screenshots in den Testberichten.

    VG
    Hörnchen

  • Randnotiz: Die 10.000 Schritte haben sich seit eh und je eingebürgert als Tagesziel. Gibt verschiedene „Experten“, die diese Anzahl für gesunde Menschen auf welcher Basis auch immer „empfehlen“.

    Dass man die mit einem Bürojob nicht so ohne weiteres erreicht, ist ja gerade das Problem. Ein solcher Tracker soll einen doch anhalten, mehr Schritte zu tun!

    In einer Verwaltung hier gab es eine Aktion, bei der man für Treppensteigen Punkte sammeln konnte und ein „Sieger“ festgestellt wurde. Oder man geht Wandern um wenigstens die Wochenbilanz auszugleichen. Oder Geocachen. Oder Ingress spielen. Oder oder. 😉

    Es ist aber doch nie der Sinn, das Ziel herunterzusetzen…. 😀

    • Hey, klaro, das schreibe ich ja auch in der Klammer. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass es fast nicht zu schaffen ist. Aber auch ich finde es erstrebenswert, mehr zu tun und habe vorerst das Ziel auf realistische 8.000 runtergesetzt. Sollte ich irgendwann merken, dass ich die locker schaffe, setze ich es auch wieder hoch 🙂

  • ich benutze die Up App übrigens ohne das Fitnessband. Da wird der interne Schrittzähler des iPhone 5/6 benutzt. Traingingsaktivität muss man dann zwar von Hand eingeben, das geht allerdings einfach und schnell.

    Auch das Nahrungsmitteltracking geht damit ganz gut. Allerdings benutze ich dafür lieber MyFitnesspal, da man hier die Portionen eindeutiger und genauer auswählen kann. Die Datenbanken scheint in etwas gleich zu sein und MyFitnesspal snct automatisch mit Fitbits Up

  • Interessanter Artikel.
    Ich, als jemand der nicht mal einen Facebook Account besitzt, halte nicht besonders viel von dieser quantified-self-Bewegung. Einspeisung von Daten in Apps, denen man bei Installation das Synchronisieren mit Online-Servern erlaubt, halte ich einfach für keine gut Art sich selbst zu bemessen. Wo wir beim nächsten Knackpunkt wären:

    Inwieweit bringt diese Selbst-Vermessung etwas und inwieweit ist das alles nur Spielerei?

    Ich habe Bekannte, die nutzen ihr Nike-Bändchen einmal die Woche um eine riesen Runde Laufen zu gehen, um anschließend die Karte ihrer absolvierten Jogging-Runde per Instagram mit der Welt zu teilen. Jeder sieht wie viel Kcal verbraucht wurden und wie ausdauernd, toll und respektabel weit die Person gejoggt ist. Das ist schließlich durch das Band bewiesen.

    Nun, wer nutzt aber diese „Quantified Self“ Sachen eigentlich sinnvoll? Wer nutzt sie so, wie sie eigentlich gedacht sind? Wer führt mit sich selbst EHRLICHE Selbst-Studien durch, bei denen er sein Verhalten NICHT nur wegen irgendeinem Band ändert, dass ihm hilft anzugeben, sondern seiner selbst wegen und um den perfekten sportlichen, ernährungstechnischen und lebensführenden Lifestlye zu analysieren und anzuwenden?

    An sich ist die Idee hinter „Quantified Self“ eine gute. Sie soll helfen, die Lebensumstände so anzupassen, dass man einen idealen Weg zum Leben finden kann, der zeitlich, sozial und gesundheitlich hervorragend ist. Dennoch ist es eben nur eine Idee die einem vorgegaukelt wird und nicht mehr. Man macht sich selbst zum Marketing-Instrument in dem man Daten an Apps liefert, die in Übermittlung kaum eingeschränkt sind; eigentlich VERWENDEN tut man diese Daten aber nur äußerst selten oder – noch häufiger – falsch, in dem man falsche Schlüsse über sein unnatürliches Verhalten trifft.

  • In wie fern ein Fitness Tracker Sinn ergibt muss am Ende des Tages jeder für sich entscheiden. Da gibt es wirklich die unterschiedlichsten Meinungen. Der eine mag zufrieden sein, sich am Tag mehr zu bewegen, als er es zuvor getan hat. Inwiefern das in Vitalfunktionen messbar ist, ist an dieser Stelle nicht wichtig. Ein anderer mag aber genau diese Daten wissen, um z.B. in einem bestimmten Leistungsbereich zu trainieren. Andere wiederum haben ein Spaß daran, sich mit Freunden und Familie einen virtuellen Wettkampf zu liefern.

    Man muss diese Gruppe ersteinmal sinnvoll auseinander dividieren, um nach den Zielen und dann der Sinnhaftigkeit zu suchen. Aber genau aus diesem Grund ist die Produktpalette ja auch so vielfältig. Für fast jeden gibt es heute ein Fitness Tracker. Mit und ohne Pulsmessung, Display und Smartphonesteuerung, etc. Da probieren sich die Hersteller aus meiner Sicht auch gerade ein wenig aus und nicht alle Produkte werden in der Form, wie wir sie heute sehen, morgen noch am Markt sein.

    Für viele ist es ein „Spielzeug“ und ein Spielzeug muss nicht immer einen tieferen Sinn haben, als dass man sich daran erfreuen kann.

  • Hallo,

    für mich persönlich sind 10.000 Schritte pro Tag auch ein zu hohes Ziel. Habe daher mein tägliches Schrittziel auf 6000 Schritte herabgesetzt. Dieses Ziel erreiche ich nun regelmäßig ein paar Mal pro Woche und die anderen Tage komme ich wenigstens sehr nah dran; trotz sitzender Tätigkeit. Um dieses Ziel zu erreichen, habe ich mir angewöhnt mehr Wege und Umwege zu gehen. Z.B. greife ich nicht mehr so oft zum Telefonhörer, sondern gehe öfter zu den Kollegen rüber, wenn es etwas zu klären gibt.

    Alles in allem finde ich an Schrittzählern gut, dass man ein Bild von seinem Aktivitätspensum bekommt. Dieses schätzt man oft falsch ein. Ohne Schrittzähler wird einem gar nicht wirklich bewusst, wie wenig man sich eigentlich bewegt.