Ich wusste es, ich wusste es. Sobald irgendein armer Irrer es wieder einmal wagt, mit Chemikalien im US-Luftraum herumzuexperimentieren, drehen alle durch. Doch lasst mich direkt zum Anfang noch in aller Deutlichkeit sagen, dass ich die Tat – und vor allem die Absichten – des Nigerianers Abdulmuttalab für furchtbar unmenschlich halte. 40 Jahre Knast? Ja, das könnte passen!
Denn auch, wenn sein Anschlag gescheitert ist, so hat der 23-Jährige doch das erreicht, was er erreichen wollte: Dazu zählt zum einen, Angst und Schrecken zu verbreiten und zum anderen der westlichen Welt wieder ein paar Freiheiten zu rauben. Seit dem 11. September haben die Behörden den Finger am Abzug, bei jedem Vorfall wird die Messlatte für Sicherheitsmaßnahmen höher gelegt. „Das ist Klebstoff“, sagt die Reisende. „Und wenn Sie ihn mit an Bord nehmen möchten, muss ich Sie bitten, einen Schluck davon zu nehmen“, sagt der Uniformierte. Danke, Herr Schuhbomber!
Links und rechts des Atlantiks gibt es Anbetracht dieser Ereignisse jedes Mal ein reflexartiges „Mehr Kontrollen!“ – und so auch in diesem Fall. Seit der Sache am Samstag reißen die Gerüchte nicht mehr ab, Flugreisende berichten per Twitter reihenweise über erste Einschränkungen beim Handgepäck und noch genauerem Filzen bei den Sicherheitsschleusen. Laut der „New York Times“ dürfen Passagiere während der letzten Stunde ihres Fluges nun nicht mehr den Platz verlassen. Vielleicht gibt es dann bald neben den Kotztüten weitere wasserdichte Behälter – mit anderer Aufschrift.
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Für größte Aufregung sorgt aber derzeit der Plan der Transportation Security Administration, die gestern Abend erstmals Stellung zu den Vorfällen bezog und mitteilen ließ, dass man nach einer Vielleicht-machen-wir-es-vielleicht-auch-nicht-Politik den Passagieren erlauben will, bestimmte Gegenstände mit an Bord zu nehmen. Diese ausgeklügelte Form der Desinformation soll Verwirrung unter den potentiellen Terroristen stiften – für viele Reisende, die nun in die USA einfliegen, dürfte sie einfach nur nervig bis ungeheuer ärgerlich sein. Laut TechCrunch müssten einige von ihnen ihre Laptops, iPods, Kindles, CD-Player, tragbaren DVD-Player und Nintendo DSes am Gate stehen lassen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass die scharfen Einreisebedingungen der USA bereits Schuld daran waren, dass Obama wie ein geprügelter Hund aus Kopenhagen abziehen und zusehen musste, wie sein geliebtes Olympia-Megaevent 2016 nach Rio de Janeiro und nicht in seine Heimatstadt Chicago verlegt wird: Die Amis seien einfach zu unfreundlich zu ihren Gästen, speziell an den Sicherheitsschleusen, mutmaßte die „New York Times“ damals selbstkritisch.
In Deutschland lässt man sich glücklicherweise nur wenig von der Hysterie anstecken, doch ich gehe jede Wette ein, dass Wolfgang Schäuble jetzt aus seinem Meer von Haushaltsplänen aufblickt, sich auf die Unterlippe beißt und leise von Nacktscannern träumt. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach geht da gemäßigter ans Werk: Nacktscanner seien zwar eine nette Sache, für die Praxis aber noch nicht genug ausgereift. Andere Geräte müssten her, „die Tatmittel leichter erkennbar machen, ohne dabei die Privat- und Intimsphäre der Passagiere zu verletzen“. Vielleicht haben es einige Leser nicht mitbekommen, wo der jetzige Attentäter sein Bombenset (bestehend aus Pulver und einer mit Flüssigkeit gefüllten Spritze) beim Betreten der Maschine versteckte. Der „Spiegel„: „Nach eigenen Angaben hatte Abdulmuttalab diese beiden Komponenten in seine Unterhose eingenäht.“ Wenn das Department of Homeland Security diese Passage bereits mit einem gelben Marker umrandet hat, dürften sich jetzt viele Sicherheitsleute an US-Flughäfen auf baldige Peep-Shows freuen.
Ich finde es wichtig, jedes Mal auf beide Seiten hinzuweisen. Natürlich will niemand von fundamentalistisch derangierten Damen und Herren beim Flug nach Hause in die Luft gesprengt werden. Doch wenn die nun beschlossenen Pläne dazu beitragen, dass das Reisen mit dem Flugzeug für aufrechte Bürger und zahlende Kunden zur noch größeren Schikane wird, dass sie lieber gleich darauf verzichten, dann ist niemanden geholfen. Wie weit will man noch gehen? Fußabdrücke, Probe der Mundschleimhaut, Scan des Mageninhalts? Und das alles für die Sicherheit?
Wie nervös die Menschen bereits sind, kann man an einem neuen Zwischenfall sehen, der sich gestern, abermals auf einem Flug der Northwest Airlines, zutrug. Ein Nigerianer schloss sich in der Toilette ein und wehrte sich dagegen, auf seinen Platz zurückgebracht zu werden. Als die FBI-Sicherheitskräfte ihn nach der Landung festnahmen, war auch klar, warum: er hatte sich eine Lebensmittelvergiftung eingefangen.
(André Vatter / Foto: Pixelio – Fotograf: Pixel Horst)