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Apple-Vertriebspolitik: Provider legen Beschwerde bei der EU ein

geschrieben von Felix

Apple hält mit seiner Firmenpolitik viele Mobilfunkanbieter an der kurzen Leine. Denn wer den Verträgen des Konzerns nicht zustimmt, darf auch keine iPhones vertreiben. Diese Verträge haben es aber offenbar in sich: die Provider müssen sich verpflichten, bestimmte Mengen abzunehmen und ihr Marketing auf das iPhone auszurichten. Nun beschweren sich die Mobilfunker bei der Europäischen Kommission. Ob und wie die EU aber nun einschreitet und Apple zu einer anderen Vertragspolitik verpflichtet oder gar bestraft ist noch unklar.

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Kampf hinter den Kulissen

Seit meinem ersten Nokia 6210 war mir die Preisgestaltung von Mobiltelefonen immer schon etwas suspekt. Irgendwie habe ich das Ding jedenfalls für 1 Euro bekommen, mit Vertrag versteht sich. Bis heute finde ich beispielsweise auf eBay die merkwürdigsten Angebote für ein neues Telefon: Mobilfunkvertrag plus Fernseher oder Motorroller inklusive Telefon ohne Zuzahlung aber mit 24-Monaten-Mobilvertrag. Kurzum: Es ist recht undurchschaubar, was sich hinter den Kulissen tut, bis ein Telefon mit SIM-Karte den Endkunden erreicht. Noch undurchschaubarer ist, wie die Mobilfunkunternehmen überhaupt an die Handys der Hersteller kommen.

Im Unterschied zu anderen Herstellern setzt Apple seit dem ersten iPhone massiv auf exklusive Verträge mit einzelnen Providern. In den Staaten war dies AT&T, in Deutschland die Telekom. Dies hat sich mittlerweile geändert, in den USA läuft nun ein Prozess gegen diese Vertriebspolitik. Der Vorwurf: Kunden können ihr iPhone nach einem Anbieterwechsel nicht mehr benutzen. Die nun gegen Apple erhobenen Vorwürfe setzen diesem altbekannten Problem aber nun noch eins obendrauf.

Apples Pusher-Mentalität: Take it or leave it

Die Konditionen, die Apple den Mobilfunkprovidern aufbürdet, sind recht rigoros: Laut Informationen der „New York Times“ legt Apple fest, wie viele iPhones der Vertragspartner in einem bestimmten Zeitraum (i.d.R. 3 Jahre) absetzen muss. Mit 200 bis 300 Euro lässt sich Apple dann auch jene iPhones bezahlen, die nicht verkauft wurden, als „Werbekostenzuschuss“. Der US-Provider Leap Wireless International beispielsweise gab gerade bekannt, dass er wohl auf iPhones im Wert von 100 Millionen US-Dollar sitzen bleiben wird.

Auch die Werbung für das iPhone hat Apple durch die Vertragsgestaltung elegant ausgelagert: die Provider bezahlen die Werbefläche, dürfen am ihr Logo zeigen, die Werbung selbst kommt von Apple. Die hohe Abnahmezahl verpflichtet zudem indirekt, das Marketing stark auf das iPhone auszurichten. Wer diesen Bedingungen nicht zustimmt, der bekommt auch kein iPhone.

Hinter vorgehaltener Hand, Verbraucher im Blick

Bislang ist nur von unbekannten Mobilfunkunternehmen die Rede, die gegen Apple aufbegehren. Kaum verwunderlich, denn in den Verträgen mit Apple verpflichten sich die Mobilfunkunternehmen zum Stillschweigen über die Konditionen. Die Beschwerden, die nun die Europäische Kommission erreicht haben, sind dementsprechend nun erst einmal informell. Angeblich kommen sie von französischen Providern, aber auch aus anderen EU-Ländern. Ob die Kommission ein formelles Verfahren einleiten wird, ist indes noch offen. Wie aber bereits bei den Preisabsprachen mit E-Books, ist dies nicht unbedingt nötig, um eine Untersuchung zu starten.

Entscheidend für die Wettbewerbshüter ist dabei auch die Frage, ob sich durch die Vertragsbedingungen Nachteile für die Verbraucher ergeben. Der Druck, durch die hohen Abnahmekontingente das Marketing auf Apple auszurichten, legt zumindest die Vermutung nahe, dass die Konkurrenz dadurch schlecht wegkommt – zumal die anderen Hersteller nicht so viel Macht im  Smartphone-Markt besitzen, mit Ausnahme von Samsung vielleicht.

Machtkampf gegen den Platzhirsch?

Wie ein Mitarbeiter eines österreichischen Mobilfunkunternehmens treffend bemerkt, sind die Mobilfunkunternehmen ja durchaus auch selbst an der Situation Schuld. Sie wollten das Gerät verkaufen und haben sich deshalb aus freien Stücken auf die Verträge eingelassen. Die Beschwerden hinter vorgehaltener Hand sind vielleicht nun auch ein Hinweis darauf, dass die Apple-Konkurrenz aufgeholt hat.

Zwar ist davon auszugehen, dass die Provider auch weiterhin viel dafür tun werden, das iPhone im Sortiment zu haben, allerdings ist das Apple-Smartphone mittlerweile nicht mehr der einzige Verkaufsschlager. Vielleicht ist also jetzt tatsächlich genau der richtige Zeitpunkt, einem zu selbstsicheren Unternehmen die Stirn zu bieten. Unwahrscheinlich, dass die Verbraucher dadurch Nachteile erleiden würden.

Bild: Vinoth Chandar (CC BY 2.0)

Über den Autor

Felix

Internetabhängiger der ersten Generation, begeistert sich für Netzpolitik, Medien, Wirtschaft und für alles, was er sonst so findet. Außerdem ist er ein notorisches Spielkind und hält seine Freunde in der „echten Welt“ für unverzichtbar.

6 Kommentare

  • Ich sehe hier kein Problem. Wer iPhone verkaufen will macht den Schwachsinn mit. Wer nicht, verkauft eben andere Geräte. Warum also das Gejammere?

  • Ganz im Ernst – vor drei oder vier Jahren haben sich die Mobilfunkunternehmen die Finger nach einem mehr oder weniger exklusiven Vertrag mit Apple geleckt. Ich kann mich noch gut erinnern, wie an der Börse abgeschlossene Verträge mit steigenden Kursen honoriert wurden.

    Dass sich heute Widerstand gegenüber den Klauseln dieser Verträge regt, kann ich gut verstehen. Denn damals konnte man sich als Mobilfunkanbieter entscheiden, ob man EIN Smartphone oder GAR KEIN Smartphone im Angebot haben wollte. Heute hat der Verbraucher viel mehr Auswahl, und ist deshalb immer weniger bereit, einen Aufpreis für ein iPhone zu entrichten. Keine Überraschung, dass dieser Druck von den Mobilfunkanbietern an Apple weitergereicht wird.

  • Erschreckend was ich da lese, ich finde es aber dennoch gut und mutig, dass dieser unbekannte Mensch von dem Mobilfunkprovider die Infos mal öffentlich gemacht hat.

    Irgendwie wird Apple mir immer unsympathischer, dass beste Beispiel ist doch das Thema Sprachqualität oder genauer gesagt Roboterstimme beim iPhone 5. Sobald man im EDGE bzw. GSM Netz eingebucht ist und sich in Gebäuden befindet (ist eigentlich nur am Stadtrand und auf dem Land ein Thema), hat man meist diese digital verzerrte Stimme und der Grundgedanke des telefonieres wird unmöglich. Seit Oktober ärgere ich mich damit rum, das Internet ist voll mit Meldungen darüber und die Provider kennen auch alle die Problematik, aber sie verkaufen dennoch das iPhone weiter wie geschnitten Brot, obwohl man noch z.B. bei der Telekom im offiziellen Forum ankündigt, dass es Probleme gibt. Man lässt den Kunde förmlich ins Unglück rennen, aber nach der Erklärung leuchtet mir nun auch ein warum…

  • Ich habe überhaupt kein Mitleid mit dem Geheule der Provider!

    Sollen sie sich auf ihr natürliches Geschäftsfeld konzentrieren und dort Leistungen erbringen: d.h. Versorgungsqualität und Bandbreite für Sprache und Daten!

    Wer lieber Handys verkaufen will soll sich eine Geschäftsfläche an einer Ausfallstraße mieten und eine Leuchtreklame mit „Blöd-Markt“ dranschrauben.

  • Warum erinnert mich das ganze nur an die entspr. Verträge die M$ macht oder die „Logoprogramme“ wie von Intel.
    Den großen Unterschied sehe ich nicht. Wer die „Marktmacht“ hat spielt sie auch aus…..

  • @Frank: der Unterschied zwischen den OEM-Verträgen von M$ und Intel ist, dass Apple kein Quasi-Monopol auf Smartphones hat.
    Wenn Mobilfunkprovider das dringende Bedürfnis verspüren auch Telefone zu verkaufen (warum eigentlich? bei RWE kriege ich ja auch nicht den Toaster zum Stromvertrag), dann können Sie aus einer Vielzahl von Anbietern und Vertragskonditionen wählen.
    Das Apple eines der attraktivsten Produkte am Markt hat und deswegen härtere Konditionen einfordern kann als VEB Nokia ist halt Marktwirtschaft!
    Sollte Nokia wieder auf die Beine kommen und Apple nicht langsam was innovatives dem 5er nachschieben, wird halt Nokia die Konditionen verschärfen und Apple damit beginnen Kompromisse machen…