Wirtschaft

Unser Weg zum Start-up, Teil IV: Selbständig im Nebenerwerb – was muss ich beachten?

geschrieben von Denis Rotthardt

In der wöchentlichen Serie „Unser Weg zum Start-up” berichtet Gründer Denis Rothhardt von seinem Weg zum eigenen Unternehmen und nimmt den Leser mit auf eine spannende Reise hinter die Kulissen der Start-up-Gründung. Diesmal: Was muss ich bei Selbstständigkeit im Nebenerwerb beachten?Deutschlands Bürokratie ist im Ausland berühmt. Jeder, der schon einmal versucht hat, etwas kompliziertere Anträge in irgendeinem Amt durchzubekommen, weiß: Deutsche Bürokratie bringt den Normal-Bürger dem Wahnsinn näher als alle Psychopharmaka zusammen.

Ich selber arbeite auch im öffentlichen Dienst und erlebe unsere Bürokratie auch von der anderen Seite. Da steckt, für Außenstehende kaum zu glauben, echt viel Arbeit hinter. Alles, was irgendwie mal relevant werden könnte, wird säuberlich notiert und säuberlich abgelegt unter säuberlich angefertigten Aktenzeichen in säuberlich angelegten Ordnerstrukturen.

Das ist ein ausgeklügeltes System, was meist recht gut funktioniert. Leider stellt man aber auch oft fest, dass man, sobald man eine gewisse Logik erkannt hat, auf dem Holzweg ist. Ich habe ernsthaft die Erfahrung gemacht, als In- und Outsider dieses Systems, dass man niemals davon ausgehen sollte, dass man es endlich begriffen hat.

Dann ist man falsch. Man sollte keinesfalls versuchen, den „Passierschein A38“ zu finden. Immer Schritt für Schritt vorgehen. Automatisch ergeben sich dann einige relevante Aspekte, die beachtet werden müssen.

Genehmigungen

Zum Beispiel die Gewerbeanmeldung. Dies geschieht beim Gewerbe- oder auch Finanzamt. Da gibt es Unterschiede musste ich mir erklären lassen. Letztendlich hängt es auch vom jeweiligen Sitz des Unternehmens und der Tätigkeit ab. Wenn ich Freiberufler sein möchte, ist das Finanzamt zuständig, als Gewerbetreibender dann halt das Gewerbeamt. Das ist eine der leichteren Aufgaben.

Weitere Frage für uns war auch die Zuständigkeit einer Kammer. Wir beschäftigen uns als Start-up mit Software-Programmierungen, aber auch mit einer weiteren Idee: Mit dem simplen „Erfinden“ oder Herstellen mehrere Produkte aus Pappe bzw. Papier. Wo lasse ich also das Unternehmen eintragen? Industrie- und Handelskammer? Oder doch eher Handwerkskammer? Oder gar keine Kammer, weil ja irgendwie Programmierer auch Freiberufler sind?

Ganz ehrlich, wir wissen es schlichtweg immer noch nicht. Einfach nachfragen bei den Kammern schien uns zu gefährlich, da ja jede Kammer an zahlenden Neu-Mitgliedern interessiert ist. Als Unternehmen an sich existieren wir ja auch nicht so wirklich. Mal ganz davon abgesehen, dass wir das Start-up noch nicht gegründet haben, sondern in der sogenannten Vorgründer-Phase sind, sind wir uns noch nicht einig, welche Unternehmensform wir gründen wollen.

Die Unternehmensform werde ich in einem weiteren Bericht gerne nochmal aufdröseln, jedoch steht für uns immernoch eine viel grundlegendere Frage im Raum. Wann soll aus uns Einzelpersonen und Einzelunternehmern mehr als nur eine Kooperation werden. Es muss irgendwann ein konkretes Unternehmen werden, das steht fest. Aber warum sollte ich schon Verpflichtungen gegenüber einer Kammer oder dem Gewerbe- bzw. Finanzamt eingehen, wenn noch gar kein Produkt zumindest ansatzweise marktreif ist?

Sobald man die Genehmigungs- und Eintragungswelle losgetreten hat, stehen weitere Abgaben oder zumindest Überlegungen, wie man damit umgeht, vor der Tür. Zum Beispiel bedeutet eine selbständige Nebentätigkeit zu Hause auch, dass man in seinen privaten Räumen geschäftlich tätig ist. Damit sollte man zumindest mal darüber nachdenken, ob man von seinem Vermieter eine Einverständniserklärung einholen sollte. Vielleicht klinge ich jetzt katholischer als der Papst, aber wir mussten feststellen, dass beispielsweise in dem Mietvertrag für meine private Wohnung die unternehmerische Nutzung ausgeschlossen ist. Das könnte durchaus, im Falle der Veröffentlichung, echte Probleme geben.

Ein weiteres Beispiel für Probleme stellen Abgaben an die GEMA oder GEZ dar. Privat ist das hoffentlich bei allen geregelt, aber als eingetragenes Unternehmen ergeben sich hier ganz andere Verpflichtungen. Darauf sollte man achten.

Meldepflichten

Ist das Unternehmen, egal in welcher Unternehmensform, erstmal beim Gewerbe- oder Finanzamt angemeldet, kommt neben der Genehmigungswelle auch die Meldepflichtwelle. Denn Renten- und Krankenversicherung müssen auch Bescheid wissen. Wenn man arbeitslos ist, muss man sogar die Agentur für Arbeit informieren. Ebenso wie man sich gesetzlich unfallversichern muss. Hier gilt die Meldepflicht gegenüber der zuständigen Berufsgenossenschaft.

Und was meint ihr, was man erstmal lostritt, wenn Mitarbeiter eingestellt werden?

Lange Rede, kurzer Sinn: Die Anmeldung eines konkreten Unternehmens oder als Einzel-Unternehmer ist ein bürokratischer Moloch. Was ich hier geschrieben habe, ist ja nur die zarte Spitze des Eisberges.

Ich hoffe, ich habe euch nicht allzu sehr mit diesem Bürokratie-Wahnsinn genervt, aber es ist halt leider ein notwendiges und unbedingt zu beachtendes Übel. Auch Michelangelo musste nach der Erschaffung seiner grandiosesten Skulpturen den Raum ausfegen. Ähnlich sehe ich die deutsche Bürokratie. Um alles in friedlicher Ordnung zu halten, sollte man sich dran halten.

Meistens!

Wir werden uns erst vollständig gründen, wenn wir unser Produkt bzw. unsere Produkte tatsächlich mit dem Markt in Berührung bringen wollen, weil sie ausgereift sind. Es wäre doch Unsinn, vor dem ersten verdienten Taler (wenn es überhaupt klappt) schon 10 Taler ausgegeben zu haben oder die Motivation und Begeisterung für die umzusetzende Idee in der wahnsinnigen Suche nach dem berühmten Passierschein A38 zu verlieren.

Nächste Woche geht es weiter mit „Unser Weg zum Start-up“

Über den Autor

Denis Rotthardt

Denis Rotthardt ist Gründer und hat auf BASIC thinking über seinen Weg zum Start-up in der gleichnamigen Kategorie berichtet.

5 Kommentare

  • naja das mit der Wohnung und Ausschluss verweise ich mal auf das hier:

    Es ist zwar grundsätzlich zulässig in den Mietvertrag Klauseln aufzunehmen, die jede gewerbliche Nutzung des Wohnraumes ausschließen. Doch der Mieter kann nachträglich um Erlaubnis bitten, die Wohnung auch anderweitig nutzen zu können. Nach einem Urteil vom 10.04.2013 des Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen: VIII ZR 213/12) muss der Eigentümer diese auch erteilen, sofern die angestrebte Tätigkeit die Mietsache und andere Hausbewohner nicht mehr beeinträchtigt als eine reine Nutzung zu Wohnzwecken.

    Es ist daher davon auszugehen, dass Klauseln, die gewerbliche Nutzung grundsätzlich untersagen, unwirksam sind. Sie schränken die persönliche Lebensgestaltung des Mieters nach Ansicht der Rechtssprechung zu sehr ein.

    Quelle

    Und da nun Programmiertätigkeiten im Nebenerwerb sicher kein Riesen Publikumsverkehr nach sich zieht kann / darf der Vermieter die teilweise gewerbliche Nutzung der Wohnung nicht verbieten.

    Bezüglich der Behörden und Meldungen „man“ kann sogar einfach so los legen ohne Meldung bei den Behörden und Ämtern vorausgesetzt es ist nebenberuflich und wird am Ende des Jahres bei der Steuererklärung angegeben mit allen Einkünften etc. spätestens nach 1-2 Jahren sollte man aber dann der Gewerbeanmeldung nach kommen, wenn die Gewerbeanmeldungspflicht besteht siehe hierzu freie Berufe!

    Bezüglich den Kammern am besten vorbei schauen erzählen was man machen möchte und die sagen dann einem ob sie zuständig sind oder nicht! So und nun kommt es. Am besten tief Stapel. Sagen man beginnt damit erst und weiß auch gar nicht ob man in dem und dem Bereich tätig wird, da noch keine Kunden / Aufträge da sind.

    Gründungsform Einzelunternehmung ist am leichtesten, es sei denn man hat schon feste Aufträge bzw. Partner mit denen man zusammen starten will. Bezüglich GmbH und co teuer und vor allem sehr Bürokratische Buchführung nicht als Start empfehlenswert!

    • Hey KFR,
      jetzt habe ich wieder etwas dazu gelernt. Danke! Die geschäftliche Nutzung der privaten Räume ist also doch unkompliziert möglich. Es gibt so viele Infos, die man beachten muss und die nützlich sein könnten, dass einem einiges, leider auch recht relevantes, durch die Lappen geht. Schön, dass es Leser wie dich gibt, die mit konstruktiven Kommentaren aufwarten können.
      Trotzdem bin ich immer noch ein wenig zögerlich, meine privaten Räume und Gerätschaften (Rechner, Drucker, etc.) anzugeben. Denn sollte, tatsächlich und unerwartet doch mal ein Haftungsfall eintreten, hafte ich mit allem, was ich geschäftlich genutzt bzw. angegeben habe, auch und gerade mit meinen privaten Vermögensgegenständen. Da bin ich immer noch sehr vorsichtig. Mein Ausweg besteht immer noch in der Option, alles zu entwickeln und so weit wie möglich voranzutreiben, um dann erst im letzten Augenblick das eigentliche Unternehmen zu gründen.

  • Also wenn Du einen Gewerbeschein hast, dann bist Du schon mal nicht Freiberufler, ganz einfach 😉

    Meine Erfahrungen sagen folgendes (Achtung: Dies ist keine Rechts-/Finanzberatung):
    Als Freiberufler wirst Du eigentlich nur anerkannt, wenn Du zum einen ein entsprechendes Studium vorweisen kannst (ja, lustigerweise kann laut Staat ein „Gelernter“ nicht freiberuflich arbeiten). Und dann musst Du auch noch die entsprechenden Tätigkeiten machen. Hierzu gehört auf jeden Fall NICHT der Verkauf eines eigenen Produktes (also keine Apps oder andere Software), da dies als gewerbliche Tätigkeit eingestuft wird. Und nnur wenn deine gewerblichen Einnahmen sehr gering sind (was das genau bedeutet, kann jeder Finanzbeamte selber entscheiden, aber irgendwo bei 10 % waren das meiner Meinung), geht es noch durch.
    Wenn Du also nur deine Entwicklertätigkeit als Dienstleistung anbietest, könntest Du Freiberufler sein. Möchtest Du aber hauptsächlich Produkte/Apps… verkaufen, dann bist Du gewerblich.

    PS: Ich war mal zwei Jahre freiberuflich tätig und kenne daher die ganzen Tücken. Mittlerweile hab ich ein Gewerbe 😉

    • Hallo Carsten,
      diese Bürokratie kann einen fertig machen, oder?!? Das war auch mein Verständnis des ganzen. Wenn man also ein Produkt entwickelt, kann man Freiberufler sein. Wenn man es dann allerdings verkaufen will, muss man ein Gewerbe anmelden. So weit, so gut. Dummerweise weiß man ja aber auch nie, wie gut das Produkt auf dem Markt zündet. Da gilt es dann wieder x-zig andere Aspekte zu beachten. Letztendlich habe ich irgendwann begriffen, dass es selbst bei einem Startup immer mindestens einen Gründer geben muss, der sich nicht um das Produkt an sich sondern um das ganze Drumherum kümmern muss. Was nutzen einem noch so gute und motivierte Ideen haben, wenn diese in bürokratischem „Gefummel“ untergehen?!?

  • Sehr geehrter Herr Rothardt,
    ich bin Mitarbeiter der IHK und berate u.a. Existenzgründer in steuerlicher und gesellschaftsrechtlicher Hinsicht. Ich erhalte in diesem Rahmen viele Fragen nach der Einstufung von Unternehmen als Freiberufler, Gewerbetreibende oder Handwerker. Bitte seien Sie versichert, dass wir hier – wie auch an allen anderen Stellen – keine „Akquise“ betreiben. Die Mitgliedschaft in der IHK knüpft an die Veranlagung zur Gewerbesteuer an, sie wird damit letztlich vom Finanzamt festgelegt. Diese Einstufung hat für uns auch „Tatbestandswirkung“, wir selbst haben da also keine Prüfkompetenz.

    Vielleicht kann ich oder ein(e) Kollege/in der IHK Ihnen künftig einmal bei Fragen weiterhelfen -ich würde mich freuen.

    Freundliche Grüße
    T.Rolfes