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Vom Froschschenkel zur Fahrzeugrevolution: Die Geschichte der Brennstoffzelle

geschrieben von Marinela Potor

Wasserstoff wird schon seit Jahrzehnten, vor allem in Form der Brennstoffzelle, als umweltfreundliche Alternative zu Benzin und Diesel gehandelt. Doch abseits der Energiediskussion: Wusstet ihr, dass die Brennstoffzelle darüber hinaus auch eine ziemlich spannende Geschichte hat?

Hättet ihr zum Beispiel gewusst, dass die Idee hinter der Brennstoffzelle schon über 200 Jahre alt ist? Oder, dass ein Franzose den Wasserstoff „getauft“ hat? Wir haben für euch in einer Übersicht die wichtigsten, interessantesten aber auch ungewöhnlichsten historischen Fakten zur Brennstoffzelle zusammengefasst.

1780-1839: Am Anfang stand der zuckende Froschschenkel

1780 könnte man als das Geburtsjahr der Brennstoffzelle (und übrigens auch der Batterie) bezeichnen. Der italienische Naturforscher Luigi Galvani stellt hier zum ersten Mal fest, dass chemische Energie in elektrische Energie umgewandelt werden kann.

Zugegeben, so ganz war Galvani nicht klar, was er da eigentlich entdeckt hatte. Er hatte in seinem Feldversuch Froschschenkel mit zwei Metallen verbunden (Kupfer und Eisen). Ja, ihr habt richtig gelesen – Froschschenkel. Jedes Mal, wenn die Schenkel das Metall berührten, zuckten die Muskeln in den Schenkeln zusammen. Ohne es zu wissen, hatte Galvani einen Stromkreis hergestellt: Zwei Metalle, einem Elektrolyten (die Flüssigkeit in den Froschschenkeln) und einem Stromanzeiger (die zuckenden Muskeln).

Tatsächlich war es der italienische Physiker Alessandro Volta, der 1783 die sogenannte voltaische Zelle entdeckte. Zwischen zwei trockenen und einem nassen Leiter wird Strom erzeugt. Das führte zur Entwicklung der ersten modernen Batterie – sowie der Entdeckung der Elektrolyse.

1838 / 1839 wurde zum ersten Mal wahrhaftig das Prinzip der Brennstoffzelle gefunden. Christian Friedrich Schönbein war es, der 1838 eine (einfache) Brennstoffzelle baute. Er umspülte zwei Platindrähte in Salzsäure mit Wasserstoff und merkte, dass zwischen den Drähten eine elektrische Spannung entstand.

Ein Jahr später baut William Robert Grove eine Spannungsquelle, ebenfalls aus Platindrähten mit Wasserstoff und Sauerstoff – und verbindet diese zu einer Batterie. Damals gab es das Wort Brennstoffzelle allerdings noch nicht. Grove nennt seine Erfindung eine „Gasbatterie“.

1787 – 1900: Vom Wassermacher zum Mondgas

Apropos Namensgebung, einen wichtigen Zwischenschritt wollen wir euch nicht vorenthalten. Das wissenschaftliche Wort für Wasserstoff (Hydrogen) wurde 1787 von Antoine Lavoisier erfunden. Und zwar nachdem er Folgendes bemerkte: Wenn man Wasserstoff in Sauerstoff verbrennt, bleibt am Ende Wasser übrig. Chemisch gesehen verbinden sich Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser: 2H2 + O2 –> 2H2O.

Hydor kommt dabei vom griechischen Wort „Wasser“, Genes bedeutet „erzeugend“. Wortwörtlich übersetzt müsste Wasserstoff demnach eigentlich Wassermacher heißen.

Ende des 19. Jahrhunderts arbeiten die beiden Chemiker Carl Langer und Ludwig Mond an verbesserten Brennstoffzelle. Sie nutzen dafür ein Brenngas aus einer wasserstoffhaltigen Mischung aus Kohle, Luft und Wasser – und nennen es Mondgas, nach Ludwig Mond. Letztendlich prägen sie damit aber den Begriff „Brennstoffzelle“.

1937: Vom Hoffnungsträger zum tragischen Unglück

Anfang des 20. Jahrhunderts wird die Brennstoffzelle intensiv im Labor erforscht. Eine praktische Anwendung ist jedoch der Zeppelin. Was allerdings so vielversprechend für den Passagierflug beginnt, endet am 6. Mai 1937 mit einem tragischen Unglück. Der Zeppelin „Hindenburg“ verunglückt bei einem Passagierflug über New Jersey. Dabei verbrennen 200.000 m3 Wasserstoff. 62 der 97 Passagiere können gerettet werden.

Doch auch wenn es nicht der Wasserstoff war, der sich entzündet hat (die Umhüllung des Zeppelins hatte durch elektrostatische Aufladung Feuer gefangen), ist dies ein tiefer Einschnitt in die Nutzung von Wasserstoff als Fahrzeugantrieb.

1959 – 1966: Von den Anfängen der Brennstoffzellenfahrzeuge zur Raumfahrt

Dennoch ist die Forschung an der Brennstoffzelle damit natürlich nicht gestorben. Francis Bacon beispielsweise forscht mehr als zwei Jahrzehnte an einem Brennstoffzellen-System. 1959 stellt er schließlich eine Kombination aus Drucktank und Brennstoffzelle vor, die der Batterie an Leistung sogar überlegen ist.

Im gleichen Jahr stellt das Unternehmen Allis-Chalmers aus Milwaukee, Wisconsin das weltweit erste Brennstoffzellenfahrzeug vor: den Allis-Chalmers-Brennstoffzellentraktor. Auch wenn es ein Einzelstück ist, der Traktor demonstriert die Leistungsfähigkeit von Brennstoffzellen als Antriebsform.

Im Jahr 1966 kommt das erste Brennstoffzellenauto auf den Markt, der Electrovan von General Motors. Auch dieser ist allerdings nur zu Demonstrationszwecken gedacht. Auch Siemens entwickelt in dieser Zeit ein Boot, das mit der Brennstoffzellen-Technik betrieben wird.

In den 60er Jahren wird Wasserstoff ebenfalls zum ersten Mal in der Raumfahrt angewandt. Ein Vorteil der Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle für die Astronauten: Sie lieferte nicht nur Energie, sondern auch Trinkwasser.

1980er: Von ersten Anwendungen zu Wüstenplantagen

Angesichts der weltweiten Ölkrise Ende der 1970er Jahre kommt der deutsche Physiker Reinhard Dahlberg aus Heidelberg auf eine damals wahnwitzig klingende Idee: Er will solare Wasserstoff-Plantagen in den Wüstengebieten mit der intensivsten Sonneneinstrahlung der Welt aufstellen. Der mittels Solarzellen gewonnene Strom soll damit in großen Massen in Wasserstoff umgewandelt werden – welcher dann per Pipeline zum Beispiel nach Deutschland transportiert wird. Verrückte Idee? Dahlberg nennt es lieber eine „realistische Utopie“ und glaubt: Das ist umweltfreundlicher und wirtschaftlicher als fossile Brennstoffe.

Das 21. Jahrhundert: Vom U-Boot zum Toyota Mirai

Seit Ende des 20. Jahrhunderts wird die Brennstoffzelle im industriellen Ausmaß genutzt. Dazu gehören unter anderem Anwendungen wie die U-Boote der Howaldtswerke-Deutsche Werft Kiel sowie die Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen für die Strom- und Wärmeversorgung in Haushalten.

In der Fahrzeugentwicklung sind es vor allem japanische Autohersteller, die auf die Brennstoffzelle als Antriebsform setzen. Neben Honda und Hyundai landet Toyota mit dem Modell „Mirai“ einen unerwarteten Verkaufsschlager – der Beginn eines neuen Zeitalters für die Brennstoffzelle?

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.