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„Fahren die wirklich von allein?“ BVG testet autonome Minibusse mit Fahrgästen

BVG autonome Minibusse Charité
Foto: BVG / Andreas Süß
geschrieben von Marinela Potor

Autonome Fahrzeuge haben in Deutschland noch Seltenheitswert. Doch es tut sich was: In Berlin transportieren ab sofort fahrerlose Minibusse Fahrgäste. Das gemeinsame Testprojekt der Berliner Verkehrsbetriebe, der Charité – Universitätsmedizin Berlin und dem Land Berlin könnte der Anfang einer selbstfahrenden Zukunft in Deutschland sein.

Während in den USA Unternehmen von Apple bis Google seit Jahren fahrerlose Autos testen, sind solche Tests in Deutschland noch eine Schlagzeile wert.

Neben dem autonomen Bus der Deutschen Bahn im bayrischen Bad Birnbach und den autonomen Shuttles am Frankfurter Flughafen hat Deutschland nun ein weiteres fahrerloses Pilotprojekt in Berlin. Gemeinsam mit der Charité wollen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und das Land Berlin untersuchen, wie Fahrgäste die autonome Technologie annehmen.


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Dazu wurde 2017 das Projekt „Stimulate“ ins Leben gerufen. Die Wissenschaftler prüften dabei die autonomen Minivans der Hersteller EasyMile und Navya auf Herz und Nieren. Nun geht das Projekt in die nächste Phase: Ab sofort fahren die Minibusse mit Fahrgästen an Bord.

Charité-Gelände wie Mini-Stadtverkehr

„Es war eine ganz neue Erfahrung und hat sehr viel Spaß gemacht,“ fasst BVG-Pressesprecher Markus Falkner seine ersten Eindrücke im Gespräch mit Mobility Mag zusammen. Die Jungfernfahrt fand auf am Campus Charité Mitte statt.

Die Strecke ist insgesamt 1,2 Kilometer lang und hat neun Haltestellen. Ab April sollen noch zwei weitere Routen am Campus Virchow-Klinikum hinzukommen. Die erste ist 0,8 Kilometer lang und hat acht Haltestellen, die zweite ist 1,5 Kilometer lang und hat neun Haltestellen.

Die Busse sind von Montag bis Freitag von 9 Uhr bis 16 Uhr im Einsatz. Sie bieten Platz für sechs bis elf Passagiere.

BVG autonome Minibusse Innenraum

Die autonomen Minibusse transportieren bis zu 11 Personen (Foto: BVG / Andreas Süß)

„Niemand hat einen Joystick“

Die insgesamt vier Shuttles fahren dabei mit maximal 12 Kilometer pro Stunde. Zwar soll im ersten Jahr noch eine Begleitperson die Fahrt kontrollieren und im Notfall eingreifen, doch die Minibusse fahren schon jetzt autonom.

Die ersten Reaktionen der Fahrgäste lagen zwischen freudiger Neugier und Skepsis, berichtet Markus Falkner: „Fahren die wirklich von allein? Funktioniert das auch? Das haben viele der ersten Fahrgäste gefragt. Die Minibusse fahren die gelernte Strecke tatsächlich völlig autonom. Niemand hat einen Joystick in der Hand oder Ähnliches.“

Die Fahrzeuge nehmen die Umgebung anhand von vorprogrammierten Informationen und über mehrere einander überlappende Laser wahr. Der Fahrstil sei auf „maximal passive Fahrt“ programmiert, sagt Falkner.

Das bedeutet: Bei der kleinsten Bewegung auf der Strecke, halten die Busse. „Einige todesmutige Reporter sind vor den Bus gerannt und waren überrascht wie frühzeitig und sanft die Bremsung war“, erklärt Falkner.

Perfektion ist nicht zu erwarten

Besonders angesichts des tödlichen Unfalls mit einem autonomen Uber-Fahrzeug vor gut einer Woche ist es der BVG wichtig zu betonen, wie sicher die eigenen Minibusse sind. Falkner gibt aber ebenfalls zu bedenken, dass es sich bei den Minibussen um einen wissenschaftlichen Testbetrieb handelt.

Unfälle seien zwar nicht zu erwarten, aber es sei immer noch ein Test, bei dem alle Beteiligten – von den Technikern bis zu den Fahrzeugen – noch die Feinheiten lernten. „Immer wenn man etwas lernt, kann man Fehler machen. Ich gehe daher davon aus, dass der Testbetrieb nicht perfekt sein wird, aber das ist ja auch Sinn der Sache. Aus diesen Fehlern werden wir lernen und passende Lösungen finden.“

Autonome Minibusse im Berliner Straßenverkehr?

Die Tests finden nicht zufällig auf Charité-Gelände statt. Erstens ist damit keine spezielle Genehmigung erforderlich. Zweitens handelt es sich bei den Campussen um eine Art Stadtverkehr in Minitaturform.

Es gibt Verkehrswege, Schilder, Fußgänger, Menschen in Rollstühlen, Tiere, parkende Fahrzeuge und Krankenwagen – wie im typischen Stadtverkehr auch. So könnten die Fahrzeuge optimal auf einen eventuellen Einsatz im „wirklichen“ Stadtverkehr vorbereitet werden.

Ab 2019 sollen die Shuttles ohne Begleitperson auf den Strecken unterwegs sein. Im Frühjahr 2020 wird der Testbetrieb voraussichtlich abgeschlossen sein. Ist die Akzeptanz gut und die Technik überzeugend, ist es denkbar, den Einsatz der selbstfahrenden Minibusse auszuweiten.

Mit den entsprechenden Genehmigungen wären sie für den Betrieb der letzten Meile möglicherweise sinnvoll, sagt Markus Falkner. „Wenn man zum Beispiel an der U-Bahn-Haltestelle aussteigt und noch 800 Meter bis zum eigenen Haus hat, es aber regnet und man fünf schwere Taschen dabei hat und wirklich keine Lust zu laufen oder mit dem Fahrrad zu fahren, dann wäre so ein Shuttle eine denkbare Lösung.“

Auch auf schwach ausgelasteten Strecken könnte die BVG sich den Einsatz der autonomen Minibusse vorstellen.

Bisher sind das noch sehr ferne Zukunftspläne. Ob und wofür genau die Fahrzeuge eingesetzt werden, hängt von den Ergebnissen im aktuellen Testbetrieb ab.

Doch wer weiß, möglicherweise fahren in fünf Jahren tatsächlich die ersten autonomen Shuttles durch Berlin…

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

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