Grün

E-Scooter in der Stadt? Her mit den Helmen und Verboten!

Katja Diehl, Mobilität, Glosse, Greta Thunberg
In unserer Mobility Mag Glosse "Ganz schön verfahren" teilt Katja Diehl gewohnt scharfzüngig aus.
geschrieben von Gastautor

Vom fahrerlosen Auto bis Carsharing, vom E-Scooter bis zum E-Bike: Die Art, wie wir von A nach B kommen, verändert sich gerade massiv. Eine, die mittendrin im Geschehen steckt, ist Mobilitätsexpertin Katja Diehl. Über das, was sie alles erlebt – von tragisch bis komisch – berichtet sie regelmäßig in der Mobility Mag Glosse. Diesmal fordert sie: freie Fahrt für freie Bürger! 

Endlich – es war vorher schon nicht auszuhalten. Immer mehr Radfahrende auf den Spuren, die den Autos gehören. Geärgert hat mich das – GEÄRGERT! Ich habe ja nix gegen Menschen, die sich anders als mit dem Auto fortbewegen, aber doch bitte nicht auf meiner Spur.

Frau wird ja wohl noch mal hupen dürfen, wenn sie noch schnell bei gelborange rechts abbiegen will. Denn der Aerobic-Kurs beginnt pünktlich und ist meine einzige Bewegung in der Woche.

Mir wurde jedoch in diesem Jahr erstmal ganz anders. Ich wurde in meinen Routinen gestört.

Müssen wir dem PKW noch mehr Raum wegnehmen?

In Berlin fingen sie im Frühjahr an, sogenannte Protected Bike Lanes zu bauen. Zwar nur ganz kurze Strecken, aber mal ehrlich: Müssen wir dem PKW noch mehr Raum wegnehmen? Und diesen dann auch noch mit so Pöllern schützen? Da ist doch schon so wenig.

Es muss doch ausreichen, ein wenig Farbe auf die Straße zu pinseln. Zumal diese, wie in Berlin geschehen, sich dann auch bei Regen wieder abwäscht. Was ich persönlich ganz praktisch finde. Protektionszonen für Radrrrrowdys können sich meinetwegen immer kurz nach der feierlichen Eröffnung wieder verpi(n)seln.

Dann ist meine Ruhe wieder hergestellt, die Politik hatte ihren Auftritt (ich verstehe ja, das man sowas heutzutage machen muss) und ich kann beim Fahren wieder locker den Ellenbogen raushängen lassen.

Platz da! Freie Fahrt für freie Bürger!

Ellenbogen raushängen lassen? Na klar! Das sieht ja nicht nur total schick aus, mit der Ellenbogen-Technik kann man sich auch noch gut Platz freiräumen, wenn da mal wieder ein Radfahrer in der Spur stört.

Ich will meinen Platz nicht teilen, an meinem Gefährt hängt schließlich die gesamte deutsche Wirtschaft! Auch wenn ich mir mein großes Auto nur auf Pump leisten kann, so habe ich doch nun wirklich mehr Rechte als diese Ökoversifften auf ihren Rädern.

Aber wie ich da so etwas bange wurde, kam vor ein paar Wochen Hilfe von ungeahnter Seite: Die E-Stehroller. Insgeheim hatte ich ja schon Angst, dass es bald eine ernsthafte Debatte rund um neue Platz- und Raumverteilung in den Städten gibt – und diese vielleicht auch noch zuungunsten von Autofahrern ausgeht.

Daher sage ich: Danke euch für die E-Stehroller!! Auf die konzentrieren sich in der Sommerpause grad‘ partei- und lobbyübergreifend alle. Der Hass steht ihnen in den Augen, regulieren wollen sie seine Nutzung, sie nennen das Gefährt doof – nicht dessen Nutzer. Das gefällt mir! Schließlich machen wir es mit dem Auto genauso.

Und diese Nebelkerze hilft mir, dass keiner mehr davon spricht, ob es diskussionswürdig ist, dass ich in der Stadt zwar

  1. sehr viele Möglichkeiten hätte, mich ohne Auto zu bewegen, und
  2. mein mit Lindenspucke, Dreck und Blättern nahezu natur-getarnter Drittwagen immer erst mühsam fahrbereit gemacht werden muss –

denn: Wenn ich fahren will, dann will ich das auch in Berlin, München und Hamburg raumgreifend.

Also: Beschäftigen Sie sich bitte weiter mit diesem neuen Mobilitätsangebot. Diskutieren Sie es schon vor der Chance, die man ihm einräumen könnte, kaputt, dann sind nämlich auch die irgendwann wieder von meiner Spur runter.

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Gastautor

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