Grün

Bon Voi-age? Das Scooter-Sharing aus Schweden im Selbsttest

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Was taugt das Scooter-Scharing von Voi in Nürnberg? (Foto: Voi)
geschrieben von Christian Erxleben

Sie „überfluten“ jetzt auch die deutschen Städte. Die Rede ist – natürlich – von den E-Scootern, insbesondere beim Scooter-Sharing. Doch was taugen diese Angebote? Welche Unterschiede gibt es? Das wollen wir wissen und testen deshalb nach und nach die Angebote. Heute schwingt sich Christian Erxleben in Nürnberg auf die E-Roller des schwedischen Anbieters Voi.

Am Anfang stand der Download. Wer weiß: Vielleicht beginnt die Bibel der App-Jünger mit diesem oder einem ähnlichen Satz. Zumindest beginnt so meine Reise durch Nürnberg mit den E-Scootern von Voi.

App die Post: So kommst du an deinen Voi-Roller

Denn bevor ich mich auf die Roller schwingen kann, muss ich mir die Voi-App (für iOS und Android) herunterladen. Und die App wiederum lässt sich nur mit aktivierten Ortungsdiensten öffnen.


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Das ist schon einmal nervig, wenn man nur kurz checken möchte, ob es verfügbare Roller in der Nähe gibt. Schließlich hat nicht jeder Nutzer stets den eigenen Standort am Smartphone aktiv.

Die Sicherheitsinstruktionen bei Voi

Bevor ich dann tatsächlich losdüse, informiert mich der schwedische Mobilitäts-Dienstleiter noch über die Vorschriften. Zusammengefasst sieht das auf einem Screen so aus:

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Bei Voi kann niemand sagen, er hätte die Regeln fürs E-Scooter-Fahren nicht gekannt. (Foto: Screenshot / App)

Zum Schluss stimmst du dann noch den obligatorischen Datenschutzbestimmungen zu – und das war es dann.

Darüber hinaus gibt es für Nutzer noch einen Hilfe-Bereich. Dieser findet sich auch direkt in der Navigationsleiste wieder und beantwortet tatsächlich viele Fragen, aber eben auch nicht alle.

Wer dann jedoch Voi kontaktieren möchte, braucht ein wenig Geduld. Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten:

  1. Den Chat innerhalb der App
  2. Die offiziellen Kanäle von Voi auf Facebook und auf Twitter
  3. Eine E-Mail-Adresse

Keiner dieser Kommunikationswege ist für die schnelle Rückfrage geeignet. Auf den sozialen Medien kommt erschwerend hinzu: Die Kommunikation findet dort in englischer Sprache statt. Und auch wenn es viele Leser nicht wahrhaben wollen: Gerade in der älteren Generation kann nicht jeder Nutzer diese Sprache.

Auf meine Frage, ob ich denn auf dem Bürgersteig fahren darf, wenn die Alternative eine vierspurige Straße ist, habe ich über Facebook tatsächlich relativ schnell eine Antwort erhalten (nein, darf man nicht!) – aber eben nur auf Englisch. An dieser Stelle gibt es also durchaus noch Nachbesserungsbedarf.

Auf dem Weg zum E-Scooter

Nachdem ich mich nun informiert und vorbereitet habe, mache ich mich auf den Weg zum nächstgelegenen Scooter. Diesen finde ich bequem über die Karte in der Voi-App. Beim Klick auf den entsprechenden Roller sehe ich zudem, wie es um den Ladestand bestellt ist.

In meinen Tests kam es jedoch vor, dass manchmal auf der Karte vermerkte Roller nicht vorhanden waren. Woran das lag, weiß ich leider nicht. Im Durchschnitt bin ich aber zum nächsten E-Scooter von der Haustür aus fünf Minuten gelaufen.

Look and Feel – and Helm?

Sobald ich dann meinen E-Scooter finde, erblicke ich einen stabilen Roller. Farblich gesehen, erstrahlt der Scooter in Schwarz und matten Neon-Rot-Tönen. Das Konstrukt wirkt sicher – und das hat sich auch während der Fahrt bestätigt.

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Der erste Eindruck; Die Voi-Scooter sind stabil. (Foto: Christian Erxleben)

Neben der Klingel, dem Gas-Hebel, einer Handbremse und einer Bremse am Hinterrad kommt der E-Scooter von Voi ohne viel Schnickschnack aus. Einen Helm – ein sehr wichtiges Gadget – gibt es leider nicht. Den muss der Nutzer also selbst mitbringen.

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Den Helm muss der Nutzer mitbringen.

Grundsätzlich zeigt der Test: Wer tatsächlich E-Scooter fährt – und das gilt im Allgemeinen – und auf einen Helm verzichtet, gefährdet sich selbst. Aufgrund der hohen Geschwindigkeiten und der Fahrt auf Straßen mit Autos ist ein Helm wie auf dem Rad eigentlich Pflicht.

Im Gegensatz zum Fahrrad ist jedoch die Navigation des E-Scooters deutlich steifer. Wer schnell eine Kurve fahren möchte, um einem Gegenstand auszuweichen, braucht schon sehr gute Fahr-Skills. Denn gerade Kurven-Fahrten sind auf den Rollern nicht ohne.

Los geht’s!

Zum Entsperren des Rollers und zur Verbindung benötigst du dann zudem noch eine Bluetooth-Verbindung. Der sichtbare QR-Code in der Mitte des Lenkers ist dein Zugang zum E-Scooter von Voi. Das Einscannen klappt unkompliziert über den Start-Screen der App.

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Zum Entsperren scannst du einfach den QR-Code am Lenkrad mit dem Smartphone. (Foto: Christian Erxleben)

Die Grundvoraussetzung ist selbstverständlich, dass du in der Voi-App deine Zahlungs-Informationen hinterlegt hast. Zur Auswahl stehen dir dabei Kredit- und Debitkarten sowie Paypal. Aber keine Sorge: Deine Bezahl-Methode hinterlegst du bereits bei der ersten Anmeldung.

Die Kosten für eine Fahrt setzen sich aus zwei Faktoren zusammen:

  • Einmalig ein Euro beim Entsperren des Rollers
  • 15 Cent pro gefahrener Minute

Wer also beispielsweise eine Stunde mit dem E-Scooter von Voi unterwegs ist, zahlt zehn Euro.

Für die erste Fahrt würde ich persönlich dringend ein paar Extra-Minuten einplanen. Das Fahren auf E-Rollern ist komplizierter als gedacht. Für einen sicheren Stand und ein erstes Gefühl für den Roller solltest du zunächst ein paar Runden in einer ruhigen Seitenstraße drehen.

Denn auch wenn es in den Videos so simpel aussieht: Die Fahrt auf einem E-Scooter ist nicht mit anderen Fortbewegungsmitteln vergleichbar.

Ein weiterer Ratschlag: Nutze die maximale Geschwindigkeit wirklich nur dann aus, wenn du Vertrauen in deine Fähigkeiten hast und keine anderen Verkehrsteilnehmer vorhanden sind.

Ansonsten haben fünf Kilometer pro Stunde weniger auf dem Tacho auch noch niemandem geschadet.

Berge, Kopfsteinpflaster und Co.: Fahrgefühl

Wie ist es nun, tatsächlich auf dem Roller zu stehen? Zunächst einmal: Wer sich zu Beginn ein paar Minuten zum Üben genommen hat, navigiert im Anschluss relativ sicher über die Straßen.

Doch spaßig ist die Fahrt mit einem E-Scooter nicht immer. Der Grund dafür: Das Gefährt gibt wirklich jede Unebenheit auf dem Boden an den Fahrer weiter. Das beginnt bereits bei gewöhnlichen Gehwegplatten.

Abenteuerlich wird es dann, wenn du dich aufs Kopfsteinpflaster begibst. Wer dabei keinen sicheren Stand hat, sollte lieber absteigen. Die Schleuderkur für Kopf und Körper gibt es andernfalls für Mutige gratis obendrauf.

Fernab davon gilt für jede Fahrt: Vorsicht. Ob es nun das Kopfsteinpflaster oder die Straßenbahn-Schienen sind: Wer in diesen Situationen einen Moment unaufmerksam ist, liegt schnell auf der Straße – und das wird ohne Helm dann schnell schmerzhaft und blutig.

Angenehm sind die Voi-Scooter jedoch für Städte mit vielen Hügeln und Bergen. Dank des ordentlichen Antriebs erklimme ich auch steile Anstiege relativ bequem und ohne Anstrengungen.

Selbstwahrnehmung vs. Fremdwahrnehmung

Zu dieser Problematik muss ich tatsächlich sagen: Es ist schwer, die Eindrücke während der Fahrt mitzunehmen. Wie bereits angedeutet, ist es wichtig, den Blick stets auf der Straße zu belassen. Eine Analyse der anderen Verkehrsteilnehmer fällt dabei schwer.

Sobald ich mich jedoch mit dem Parken beschäftigt habe, habe ich schon ein paar abschätzige Blicke gespürt. „Ach, das ist so einer, der unsere Straßen verstopft“, sagen manche Blicke.

Und wenn wir schon beim Abstellen sind: Das klappt bei Voi auch wieder herrlich unkompliziert. Ein Knopfdruck in der App genügt und schon kannst du dein Gefährt parken. Wichtig dabei: Du kannst den Roller nicht innerhalb der Sperrzonen dauerhaft parken.

Daher solltest du dir vor der Fahrt bereits überlegen, ob du deinen E-Scooter an deinem Zielort überhaupt abstellen kannst.

Wie nützlich sind E-Scooter (von Voi) tatsächlich?

Die deutsche Politik propagiert die E-Scooter als Alternative für das Auto. Diese Einschätzung teile ich persönlich nicht. Die Scooter von Voi, Tier und Co. sind vielmehr Konkurrenz für das Rad und den öffentlichen Nahverkehr.

Einer der Hauptgründe dafür: Wer mit dem Auto unterwegs ist, transportiert häufig Gegenstände – zum Beispiel den eigenen Einkauf. Dies ist mit einem E-Scooter nicht möglich. Da ist der Weg zu Fuß sicherer und bequemer.

Tatsächlich gelingt es dem E-Scooter nicht einmal unbedingt, sich gegen den öffentlichen Nahverkehr durchzusetzen. Gerade in größeren Städten – und hier kommen ja die Roller vor allem zum Einsatz – sind die Verbindungen mit Bus, Straßenbahn und U-Bahn zumeist sehr gut ausgebaut.

Die nächste Haltestelle ist gerade einmal ein paar Meter entfernt. Im Zweifelsfall ist der Weg zum E-Scooter weiter.

Und auch preislich können Voi und Co. nicht unbedingt punkten. So kostet eine Fahrt innerhalb Nürnbergs – einer der teuersten Verkehrsverbände der Bundesrepublik – für einen Erwachsenen 2,75 Euro. Das entspricht einer Fahrtzeit von 12 Minuten auf dem E-Scooter.

Nur in den wenigsten Fällen reicht diese Zeitspanne aus, um die gleiche Strecke – mit dem gleichen Komfort – mit dem E-Scooter zurückzulegen. Eine Ausnahme bilden an dieser Stelle in meinen Augen lediglich Sonntage und Nächte. Denn zu diesen Zeiten sind die öffentlichen Verbindungen vielerorts relativ stark eingeschränkt.

Mein persönliches Fazit

Die Fahrt auf dem Scooter von Voi war auf jeden Fall ein interessantes und spannendes Erlebnis. Eine Alternative zu den anderen Verkehrsmitteln stellen die Roller für mich jedoch nicht dar, weil sie weder zeitlich noch preislich oder vom Komfort her die anderen Optionen ausstechen können.

Ich würde E-Scooter eher als Spaß-Fahrzeug einordnen. Eine Mobilitäts-Revolution lösen sie in meinen Augen nicht aus. Dafür bieten sie – zumindest aktuell – noch zu wenige Vorteile.

Nichtsdestotrotz empfinde ich es als wichtig, dass sich Deutschland neuen Technologien öffnet. Sollte sich herausstellen, dass die E-Scooter der falsche Weg sind, ist das in Ordnung. Entscheidend ist jedoch, dass wir von unserer ablehnenden Kultur Abstand nehmen.

Der einfachste Weg: Die E-Scooter einfach selbst mal ausprobieren!

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Über den Autor

Christian Erxleben

Christian Erxleben arbeitet als freier Redakteur für BASIC thinking. Von Ende 2017 bis Ende 2021 war er Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Ressortleiter Social Media und Head of Social Media bei BASIC thinking tätig.