Netzdienstleister Cloudflare blockiert seit Kurzem KI-Crawler, die ohne Erlaubnis oder finanzielle Entschädigung auf Online-Inhalte zugreifen. Das US-Unternehmen will Website-Betreibern stattdessen die Wahl lassen: KI-Crawling zulassen, blockieren oder nur gegen eine Gebühr erlauben. In unserem Format „Break The News“ haben wir die Hintergründe entschlüsselt.
Hintergrund: Warum KI das Internet zerstören könnte
- Die großen Tech-Konzern füttern ihre KI-Modelle mit unzähligen Inhalten aus dem Internet. Um Erlaubnis bitten sie dabei nicht und eine Vergütung zahlen sie auch nicht. Vielmehr prellen sie schlichtweg die Zeche.
- Der “Deal” zwischen Google und Website-Betreibern, Inhalte gegen Reichweite (und damit Werbeeinnahmen) zu tauschen, gerät zunehmend in Gefahr. CEO Sundar Pichai gibt sich zwar weiterhin als Freund von Verlagen und Bloggern. Am neuen AI Mode von Google will er sie bislang aber nicht beteiligen.
- Laut eigenen Angaben wickelt Cloudflare rund 20 Prozent des weltweiten Internetverkehrs ab. Das Unternehmen testet derzeit ein „Pay for Crawl“-Modell, das Content-Erstellern künftig eine Bezahlung garantieren soll.
Einordnung
Cloudflare hat mit seinem neuen Modell einen Nerv getroffen – natürlich nicht ganz uneigennützig. Doch KI-Crawler sind vielen Internet-Unternehmen derzeit ein Dorn im Auge. Denn: Sie bedrohen ihr Geschäftsmodell.
Geht es nach Google, Meta und Microsoft, übernehmen künftig KI-Agenten die Navigation durchs Internet für uns – indem sie Informationen aufbereiten, bündeln und anschauliche verpacken.
Klingt vielleicht komfortabel, kommt aber einer Machtverschiebung im Internet gleich. Denn: Big Tech wird damit zu einem Gatekeeper der Inhalte im gesamten Netz. Zumal Unternehmen wie Microsoft eine merkwürdige Rechtsauffassung vertreten.
KI-Chef Mustafa Suleyman erklärte etwa kurzerhand auch geschützte Inhalte hinter Bezahlschranken zu „Fair Use“. Das soll den freien Zugriff zum Zweck des KI-Trainings rechtfertigen – führt das Urheberrecht aber ad absurdum.
Stimmen: „Es geht um das Überleben des Internets“
- Stephanie Cohen, Chief Strategy Officer bei Cloudflare, zeigt sich besorgt. Beim Fressverhalten von KI denkt sie im Vergleich zu Google und Co. auch langfristig: „Damit es ein Internet gibt, braucht man hochwertige, originelle und vielfältige Inhalte. Um es ganz klar zu sagen: Es geht um das Überleben des Internets. Deshalb hat Cloudflare beschlossen, die Standardeinstellungen in unserem Netzwerk zu ändern, um die Voraussetzungen für neue Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit KI zu schaffen.“
- Immer mehr US-Verleger werfen Google Diebstahl vor – und zwar nicht zu unrecht. Danielle Coffey, die unter anderem die New York Times vertritt, erklärte in einem Statement der Verlegerorganisation News/Media Alliance, „Links waren das letzte positive Merkmal der Suche, das den Verlagen Traffic und Einnahmen bescherte. Jetzt nimmt Google einfach Inhalte mit Gewalt und nutzt sie ohne Gegenleistung, was der Definition von Diebstahl entspricht.”
- Blogger Eric Holscher fasst es in einem Post auf seinem Blog “Read the Docs” unserer Meinung nach ganz gut zusammen: “KI-Crawler verhalten sich gegenüber den Websites, die sie durchforsten, nicht respektvoll. Das wird zu einer Gegenreaktion führen.“
Ausblick
Das KI-Crawling und -Training stellt nicht nur für Website-Betreiber, sondern auch für das Internet selbst eine Gefahr dar. Denn: Viele KI-Unternehmen scheinen nur von zwölf bis Mittag zu denken – und zwar ohne Rücksicht auf Verluste.
Doch langfristig könnten sie in Teufels Küche kommen. Denn es formiert sich Widerstand. Neben Cloudflare blockieren etwa bereits viele Medienunternehmen ihre Inhalte, um Content-fressenden KI-Modellen Einhalt zu gebieten.
Sollte sich Big Tech jedoch weigern, auf die Interessen der Website-Betreiber einzugehen, ist auch die Politik gefragt. Für Europa heißt das: Die Regulierung von Digitalisierung darf kein Spielball von Donald Trump werden.
Ansonsten droht ein Internet, in dem KI-Modelle sämtliche Inhalte aufsaugen, verdichten und umverpacken – bis am Ende nichts mehr übrig bleibt und sie nichts mehr “lernen” können.
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